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Veröffentlicht am 27.11.2016

Mehr Krimi als Thriller

Kontrolle. Macht. Tod.
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Der laut Buchcover titulierte Psychothriller ließ mich leider ziemlich kalt. Nach meinem Empfinden ist dieser Roman eher ein Krimi als ein Thriller. Denn nicht überall, wo ein Serienmörder seine Finger ...

Der laut Buchcover titulierte Psychothriller ließ mich leider ziemlich kalt. Nach meinem Empfinden ist dieser Roman eher ein Krimi als ein Thriller. Denn nicht überall, wo ein Serienmörder seine Finger Messer im Spiel hat, ist auch ein Psychothriller drinnen!

Der Fokus liegt ebenfalls klar bei der Emittlungsarbeit. In "Kontrolle.macht.Tod." wird diese von einem Privatdetektiv um die Fünzig erledigt. Die Polizei spielt nur am Rande eine kleine Rolle. Molden, ein sehr sympathischer Mann, ermittelt hier in seinem ersten Mordfall. Dabei kommt er eher wie die Jungfrau zum Kinde, denn normaler Weise beschäftigt er sich eher mit kleinen Fällen, wie Ehebruch oder Kaufhausdiebstahl. Doch durch den Auftrag einer besorgten Mutter, deren Sohn durch einen anonymen Anrufer angezeigt wurde, gerät Molden immer tiefer in den Fall, bei dem junge Frauen auf brutal Weise ermordert werden. Zunächst geht die Polizei nicht von einem Serientäter aus, da dieser seine Tötungsweisen ändert. Doch nach dem dritten Mordfall innerhalb kurzer Zeit ändert sie die Meinung.

Gefallen hat mir, dass in diesem Thriller auch die Opfer dem Leser näher vorgestellt werden. Man begleitet sie kurze Zeit in ihrem Leben, wodurch man eine intensivere "Beziehung" zu ihnen aufbaut, aber ihren Tod auch schmerzlicher mitverfolgt. Überhaupt befinden sich in diesem Buch herrlich normale Charaktere, die mitten aus dem Leben gegriffen sind.
Molden...irgendwie kann ich mich nicht erinnern, dass jemals sein Vorname erwähnt wurde, ist ein sehr sympathischer Charakter, von dem ich gerne noch etwas mehr Hintergrundinformationen erfahren hätte. Eine Liebesgeschichte benötige ich in einem Krimi oder Thriller allerdings nicht wirklich. So fand ich den Part um seine neue Liebe Greta ganz nett, aber richtig überzeugen konnte sie mich nicht und bis auf das Ende, wäre sie auch nicht wirklich notwendig gewesen. Einige Szenen wirkten für mich dabei auch nicht sehr realistisch.
Der Spannungsbogen flaute in der Mitte ziemlich ab, stieg aber zum Showdown am Ende deutlich nach oben. Die Auflösung war jedoch für mich sehr stimmig und der Titel des Buches, der auch immer wieder aufgegriffen wurde, war Programm.

Leider wusste ich bereits bei der Hälfte des Buches, wer der Täter ist. Das Motiv war einfach zu klar und deutlich. Auch der Versuch des Autors kurz vor dem Ende den Leser mit einer überraschenden Wendung in die Irre zu führen, klappte bei mir nicht. Als langjähriger Thrillerleser lief diese Finte des Autors bei mir ins Leere....

Schreibstil:
Den Schreibstil von Klaus Schuker fand ich etwas steif und ziemlich sachlich. Die Sätze sind eher kurz und nüchtern gehalten. Einzig die Dialoge lockerten die Geschichte etwas auf und brachten auch etwas Humor in den Kriminalfall. Die Kapitel sind mit "Tag 1,2,3 usw. durchnummeriert und daneben ist der dazugehörige Wochentag angeführt. Erzählt wird in der 3. Person.

Fazit:
Ein sympathischer Privatdetektiv, aber leider ein sehr vorhersehbarer Kriminallfall...mehr Krimi als Thriller. Kann man lesen, muss man aber nicht. Schade!

Veröffentlicht am 07.11.2016

Venedig im Winter

Das Café der kleinen Wunder
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Wer die Bücher von Nicolas Barreau kennt, der weiß, was ihn erwarten wird. So ist das auch bei "Das Café der kleinen Wunder" der Fall, auch wenn dieser Roman doch einige kleine Schwächen gegenüber "Das ...

Wer die Bücher von Nicolas Barreau kennt, der weiß, was ihn erwarten wird. So ist das auch bei "Das Café der kleinen Wunder" der Fall, auch wenn dieser Roman doch einige kleine Schwächen gegenüber "Das Lächeln der Frauen" oder "Paris ist immer eine gute Idee" aufweist.

Dies beginnt bereits bei unserer Protagonistin Nelly, die für mich als junge Frau anfangs nicht authentisch genug war. Barreau hat zwar immer etwas verträumte und eigenwilligere Charaketere in seinen Romanen, die man einfach lieben muss, aber Nelly war auf der einen Seite zu kindisch und auf der anderen Seite wie eine alte Frau. Dabei ist sie 25, hat furchtbare Flugangst, liebt die Langsamkeit und ist total verliebt in ihren Professor. Sie himmelt diesen heimlich an, wie eine Vierzehnjährige. Dieser schätzt sie zwar, aber weiß nichts von ihrer Schwärmerei. An dem Tag, an dem sie ihre Gefühle endlich offenbaren möchte, erfährt sie, dass er sich mit einer Kollegin verlobt hat und nach Bologna ziehen wird. Für Nelly bricht eine Welt zusammen. Sie verschanzt sich in ihrer Wohnung und entrümpelt eine alte Kiste mit Büchern ihrer geliebten Großmutter. Dabei findet sie einen Roman mit einer geheimnisvollen Inschrift: AMOR VINCIT OMNIA - Die Liebe besiegt alles.
Genau denselben Satz, der auf dem Ring steht, den ihr ihre Nonna geschenkt hat. In ihrer Verzweiflung handelt sie zum ersten Mal in ihrem Leben spontan und geht den Spuren ihrer Großmutter nach. Sie kauft sich ein Zugticket nach Venedig, der Stadt aus dem der Autor des Buches kommt. Und weil sie ihr Leben ändern möchte, kommt auch gleich die neue rote Handtasche, die sie schon monatelang in einem Schaufenster bewundert hat, mit. Etwas naiv denkt sie, dass es im winterlichen Venedig wärmer als in Paris sei, da es doch südlicher liegt, doch auch die Lagunenstadt erwartet sie mit Regen und Wolken. Es ist düster und grau und dann verliert Nelly auch noch ihre neue rote Handtasche....

Die Nelly aus Paris war für mich sehr realitätsfremd und "alt". Sie lebte ein Leben wie eine alte einsame Frau (und ich bin auch nicht mehr jung, aber mein Leben sieht doch ganz anders aus) und war aber auf der anderen Seite naiv wie ein Teenager. Ich konnte mich so überhaupt nicht in Nelly hineinversetzen. Erst als sie den amerkanischen StraßenmusikerSsean kennenlernt und das geheimnisvolle Buch entdeckt, wird sie etwas lebhafter. Und als sie dann selbstständig nach Venedig fährt, wundert man sich plötzlich über die "neue Nelly", die über ihren Schatten springt. Als sie ihre Handtasche verliert und dadurch den attraktiven Valentino kennenlernt, ist eigentlich der Fortgang der Geschichte klar.
Normalerweise gelingt es dem Autor oder wer immer hinter dem Pseudonym steckt, mich mit seinen zwar weniger anspruchsvollen, aber trotzdem zu Herzen gehenden Romanen zu berühren und in der Geschichte zu versinken. Doch diesmal hat mich die kleine Liebesgeschichte kaum ergriffen und auch das Geheimnis, deswegen Nelly eigentlich nach Venedig gereist ist, wird erst kurz vor dem Ende aufgelöst. Es verliert sich als Nebensächlichkeit, um plötzlich auf den letzten Seiten wieder im Mittelpunkt zu stehen.

Gefallen haben mir die wundervollen und bildhaften Beschreibungen der Lagunenstadt. Die kleinen Gässchen und der Flair von Venedig (auch wenn ich KEIN Fan der Stadt bin!), die typischen italienischen Zwischenfälle und die Lebensweise. Das gefiel mir schon in allen anderen Romanen, wobei sich dort aber alles um Paris dreht. Der Szenenwechsel nach Venedig hat mir gut gefallen, denn der Rest des Plots ist ziemlich ähnlich wie in den anderen Romanen von Nicoals Barreau.

Schreibstil:
Wer Barreau kennt, der weiß, was er bekommt....und liebt dies auch. Der Schreibstil ist flüssig und emotional. Die überraschenden Wendungen werden erwartet und eine kleine Vorsehrbarkeit ist auch erwünscht. Vorallem erzählt er sehr bildhaft über eine Stadt, dessen Gerüche und Geschmäcker.....man fühlt und riecht und lebt in seinen Büchern einfach mit. Auch die Romantik kommt nie zu kurz.

Fazit:
Wieder eine nette Geschichte des Autors, jedoch eines der schwächeren Bücher aus seiner Feder. Leider konnte mich diesmal auch die Protagonistin und die Liebesgeschichte nicht richtig "abholen". Nur die wunderbare Atmosphäre konnte wieder voll punkten. 3 1/2 Sterne gibt es von mir dafür!

Veröffentlicht am 29.10.2016

Britt-Marie konnte mich nicht überzeugen

Britt-Marie war hier
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Wer von Fredrik Backman "Oma lässt grüßen und sagt es tut ihr leid" gelesen hat, kennt Britt-Marie, die Hauptprotagonistin aus diesem Roman, bereits als nörgelnde und pedante Frau. Sie ist nicht gerade ...

Wer von Fredrik Backman "Oma lässt grüßen und sagt es tut ihr leid" gelesen hat, kennt Britt-Marie, die Hauptprotagonistin aus diesem Roman, bereits als nörgelnde und pedante Frau. Sie ist nicht gerade ein Sympathiecharakter und das ändert sich auch nicht in ihrer eigenen Geschichte, die der Autor hier geschrieben hat. Denn Britt-Marie treibt ihre Mitmenschen an den Rand des Wahnsinns...

Britt-Marie ist anders. Neben ihrem zwanghaften Putzfimmel ist sie außerdem unhöflich und pingelig. Als ihr Ehemann sie betrügt, verlässt sie ihn und ist das erste Mal völlig auf sich alleine gestellt. Sie ist jedoch so weltfremd, dass es beim Lesen richtig weh tut ;) Mit ihrer Art nervt sie nicht nur den Leser, sondern auch die Dame am Arbeitsamt, die sie aufsucht, um einen Job zu finden. Keine leichte Angelegenheit für eine Frau jenseits der Sechzig und ohne jegliche Joberfahrung. Die einzige Chance ist der Job als Hausmeister im Jugendzentrum von Borg.

Natürlich ist die Handlung und auch die Erzählweise, wie vom Autor gewohnt, gewollt überzogen.Es kommt auch der Humor nicht zu kurz, doch die "Sonnenscheingeschichte" mit dem das Buch beworben wird, trifft hier nicht zu, denn die Grundidee ist bedrückend. Der Ort Borg in Schweden steht für viele kleine Orte in ganz Europa. Die Auslagerung der Geschäfte außerhalb des Ortszentrums und die fehlenden Perspektiven für die Menschen sind hier ein zentrales Thema. Fredrik Backman kann auch sozialkritisch! Auch Britt-Marie wird damit konfrontiert, denn eigentlich wird auch sie nicht mehr gebraucht. Und in Borg selbst ist das Einzige, das den Einwohnern geblieben ist, die Liebe zum Fußball. Nur leider ist die Mannschaft furchtbar schlecht und ihnen fehlt noch dazu ein Trainer. Da kommt Britt-Marie gerade richtig, die jedoch völlig ungeeignet für den Job ist. Sie hasst Fußball, die lauten und quengelnden Kinder und ihre unsaubere Umgebung. Doch mit der Zeit arrangieren sich die Einwohner von Borg und Britt-Marie....

Durch ihre agressive Art und ihrem Putzzwang fällt es einem schwer Sympathie für Britt-Marie aufzubringen. Doch dem Autor gelingt es im Laufe des Romans, dass der Leser diese spröde Frau doch noch irgendwie zu lieben beginnt. Man kann auch sehr viel zwischen den Zeilen lesen und die Geschichte hat sicherlich Potenzial, doch mich konnte sie nicht wirklich begeistern. Nur streckenweise fand ich in einem guten Lesefluss und in die Handlung hinein und lebte mit Britt-Marie mit. Doch der Rest ließ mich eher kalt und das Ende hat mich leider eher negativ überrascht.
Für mich konnte keines seiner Folgebücher mit "Ein Mann namens Ove" mithalten und ich fürchte, dass wird mein letzter Roman des Autors gewesen sein.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten, die Sätze sind kurz und wirken eher schlicht. Es gibt viele Wiederholungen und unzähliche Nebencharaktere, denen es teilweise an Tiefe fehlt und man deswegen auch etwas den Überblick verliert. Der gewohnte Humor des Autors blitzt nur hin und wieder durch. Die Gesellschaftskritik und die Ernsthaftigkeit zwischen den Zeilen wurde jedoch von Fredrik Backman trefflich umgesetzt.


Fazit :
Insgesamt bekommt der Roman von mir gerade noch 3 Sterne, denn die Geschichte konnte mich nicht durchgehend fesseln und auch das Ende war nicht ganz meins. Die Sozialkritik, die durchschimmert, fand ich allerdings gelungen.Trotzdem denke ich, dass es mein letztes Buch des Autoren gewesen ist....

Veröffentlicht am 28.09.2016

Roros und seine Geheimnisse

Das Geheimnis der Mittsommernacht
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Den Roman der Autorin Christine Kabus durfte ich in meiner ersten Leserunde bei der Lesejury von Bastei Lübbe lesen. Dieser besteht aus zwei verschiedenen Handlungssträngen, die Ende des 19. Jahrhunderts ...

Den Roman der Autorin Christine Kabus durfte ich in meiner ersten Leserunde bei der Lesejury von Bastei Lübbe lesen. Dieser besteht aus zwei verschiedenen Handlungssträngen, die Ende des 19. Jahrhunderts spielen und deren Hauptprotagonisten Sofie Svarstein und Clara Ordal sind.

Im ersten Erzählstrang lernen wir Sofie kennen, Tochter des in Røros hochangesehenen Kupferminenbesitzers Ivar Svartstein. Dieser ist ein hartherziger Mann, dessen Frau gerade beim Versuch, ihm endlich den ersehnten männlichen Erben zu schenken, verstarb. Während Ivar einfach zu den Tagesgeschäften übergeht und seine egoistische Tochter Silje kaum eine Träne verdrückt, ist Sofie, die Jüngste der Familie zu Tode betrübt.

Im zweiten Erzählstrang lernen wir Clara Ordal kennen. Gemeinsam mit ihrem Mann Olaf und dem kleinen Sohn Paul sind sie im Begriff von Bonn nach Deutsch-Samoa auszuwandern. Ein verlockendes Jobangebot hat den Juristen seine Zelte in Deutschland abbrechen lassen, doch kurz vort der Abreise erhält er einen Brief von seiner Mutter aus Norwegen, seiner ursprünglichen Heimat. Olaf, der den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen hat, wird gebeten an das Sterbebett seiner Mutter zu eilen. Clara besteht auf eine Reise in Olafs Heimat, bevor sie in die Südsee aufbrechen. Doch kaum angekommen, erkennen die Beiden, dass alles ganz anders ist, als sie dachten und kurz darauf kommt es in Røros zu einem folgenschweren Unglück....

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Sofie und Clara erzählt, wobei mir im Laufe des Romans Clara mehr ans Herz wuchs. Bis sich die beiden Frauen schlussendlich treffen, dauert es aber geraume Zeit. Und auch das im Klappentext angekündigte gemeinsame Geheimnis ist mehr "Aufhänger", als es die Geschichte der beiden Frauen beeinflusst.
Beide Frauen müssen sich jedoch in der Männergesellschaft behaupten. Sofie, die von ihrem Vater kaum wahrgenommen wird, interessiert sich sehr für die Rolle der Frau und das gesellschaftliche System in Norwegen. Sie beginnt ehrenamtlich in der kleinen Bibliothek zu arbeiten, jedoch bleibt sie trotzdem die etwas naive reiche Tochter ihres Vaters. Clara hingegen steht nach einer persönlichen Tragödie plötzlich als alleinstehende Mutter mit Kind und noch dazu als verhasste Katholikin in Røros da. Für sie ist es lebensnotwendig Arbeit zu finden, um für Paul zu sorgen und ihnen ein Dach über dem Kopf zu gewährleisten.

Rund um diese beiden Frauen hat Christine Kabus eine Geschichte geschrieben, die teilweise leider sehr vorhersehbar ist. Es ist nicht nur einmal passiert, dass ich mir nach einem bestimmten Satz der Autorin, bereits ausmalen konnte, was passieren wird - und genauso traf es auch ein! Somit hatte ich leider wenige Überraschungsmomente! Dazu gab es kleine unlogische Passagen. Auch verlor sich Christine Kabus immer wieder in Nebenschauplätze und einige begonnenen Handlungsstränge, wie die anfangs oftmals erwähnten politischen Vorgänge, verliefen sogar ins Leere. Die teilweise detaillierten Beschreibungen ließen in der Mitte des Romans einige Längen aufkommen, nur die bildhaften Darstellungen der winterlichen norwegischen Landschaft war hier eine Ausnahme. Man spürt direkt die Begeisterung und Liebe der Autorin zu Norwegen. Leider genügt das nicht für einen Roman, der mich überzeugen soll......dazu war er viel zu vorhersehbar.

Schreibstil:
Christine Kabus schreibt flüssig und sehr bildhaft. In diesem Roman war er allerdings auch teilweise zu detailliert. Die bildhaften Beschreibungen der norwegeischen Landschaft fand ich jedoch gelungen und hat Fernweh in mir ausgelöst, vorallem weil Norwegen schon seit Jahrzehnten auf meiner "unbedingt besuchen wollen"-Liste steht!

Fazit:
Leider hat mich mein erstes Buch der Autorin enttäuscht zurückgelassen. Die Geschichte hatte unnötige Längen, war klischeehaft und vorhersehbar. Ich werde der Autorin trotzdem noch eine Chance geben, denn bisher habe ich nur sehr gute Rezensionen zu ihren anderen Romanen gelesen und außerdem habe ich noch ein Buch im SuB Regal.

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Cover
Veröffentlicht am 27.09.2016

Ein Plädoyer an den Frieden

Marlene
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Ich liebe Romane, die während der Weltkriege spielen und "Honigtod" hatte mir letztes Jahr, als ich es las, sehr gut gefallen. Mit "Marlene" hatte ich allerdings so meine Probleme...

Der Einstieg beginnt ...

Ich liebe Romane, die während der Weltkriege spielen und "Honigtod" hatte mir letztes Jahr, als ich es las, sehr gut gefallen. Mit "Marlene" hatte ich allerdings so meine Probleme...

Der Einstieg beginnt in der Gegenwart bzw. im Jahr 2012. Marlene ist eine alte Dame und hat ihre Memoiren niedergeschrieben. Kurz vor der Veröffentlichung hat sie ihre Familie und Freunde zusammengerufen und möchte ihnen ihre Lebensgeschichte als Widerstandskämpferin in eigenen Worten erzählen. Dabei ist mir ein Zitat in Erinnerung geblieben, das Marlene als fast 94-jährige zu ihren jungen Freunden sagt: "Wann halten wir noch inne, wann holen wir Atem? Wir sind so rasant geworden, wir überholen uns ja noch selbst!" ...und dem kann ich wirklich nur zustimmen!

Und so knüpft das Buch direkt dort an, wo "Honigtod" aufgehört: In der Prinzregentenstraße in München inmitten zerbombter Häuser. Auch das Haus ihrer Freundin Deborah und ihren Bruder Wolfgang ist nur mehr Schutt und Asche. Marlene ist überzeugt, dass beide den Tod gefunden haben und entschlossen, die gemeinsam begonnene Arbeit allein fortzusetzen. So führt Marlenes Weg weg von München und zurück nach Polen, wo sie sich mit weiteren Widerstandskämpfern treffen und gegen das Naziregime kämpfen will. Die erst 15-jährige Trudi schließt sich Marlene ungefragt an.
Die gemeinsame Zugfahrt lässt die beiden Frauen bereits erahnen, dass ihre Pläne nicht so leicht umzusetzen sind. Die folgenden leider unwahrscheinlichen Zufälle und einige zähe Passagen ließen mich schwer in die Geschichte hineinfinden. Sie begann mich zu ermüden und ich legte den Roman immer wieder zur Seite. Auch das Verhalten von Trudi und Marlene war teilweise so unglaubwürdig, dass mir die Erlebnisse fast wie in einem James Bond Film vorkamen. Marlene, bekannt als Wiederstandskämpferin, wird immer wieder verhaftet und normaler Weise hätte spätestens die zweite Festnahme ihren sicheren Tod bedeutet. (Ich spoilere hier jetzt nicht wirklich, wenn ich sage, dass sie alles überlebt, denn im Prolog erzählt sie ja ihre Geschichte) Dieser Abschnitt und der folgende, den Trudi und Marlene in Ausschwitz verbracht haben, konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen, vorallen nachdem ich schon andere Lektüre über Ausschwitz gelesen habe.

Das letzte Drittel fand ich dann wesentlich besser. Es zeigte die schwierige Zeit der Besetzung durch die Aliierten. Man liest zwischen den Zeilen wie unterschiedlich die Besatzungsmächte sich gegenüber den Deutschen verhalten haben und wie schlecht es den Menschen nach Beendigung des Krieges ging. Marlene kämpft auch noch nach dem Ende des Krieges für ihre Werte und für die Freundschaft zu Deborah.

Gerade im letzten Teil des Buches erinnert Hanni Münzer daran, wie schnell uns wieder ein Weltkrieg einholen kann und wie erschreckend nahe wir bereits an einem solchen Punkt stehen.
Die Geschichte über Marlene soll nicht nur unterhalten und zerstreuen, sondern auch wachrütteln und an diese schreckliche Zeit erinnern, die wir nie vergessen dürfen!

Schreibstil:
Der Schreibstil von Hanni Münzer ist flüssig und lässt sich gut lesen. Manchmal ist er sehr ausführlich, dann wieder gar nicht. Man merkt allerdings, dass die Autorin viel recherchiert hat und es gelingt ihr auch hervorragend über diese schreckliche Zeit zu berichten, ohne diese zu verherrlichen oder zu zensieren.
Den Kapiteln werden sogenannte "Zeitsplitter" vorangestellt. Hier erfährt der Leser zur damaligen Zeit aktuelle Schlagzeilen, Fakten oder Wehrberichte.

Fazit :
Die Autorin hält hier ein Plädoyer für den Frieden und erinnert, wie schnell sich Geschichte wiederholen kann. Sehr gut recherchiert! Trotzdem konnte mich die Geschichte, besonders im Mittelteil, nicht packen. Kritisieren muss ich auch die eher unglaubwürdigen Zufälle, die mich enttäuscht zurück lassen.