Die Einsamkeit der kanadischen Wälder
Das Glück an meinen FingerspitzenJana kann es kaum erwarten, zu ihrem Onkel nach Kanada zu reisen. Dieser ist ein Naturforscher, der eine Blockhütte auf einer einsamen Insel besitzt. Während er sich seinen Forschungen widmet, genießt ...
Jana kann es kaum erwarten, zu ihrem Onkel nach Kanada zu reisen. Dieser ist ein Naturforscher, der eine Blockhütte auf einer einsamen Insel besitzt. Während er sich seinen Forschungen widmet, genießt Jana die Einsamkeit, denn ausser Wölfen, Bären und noch mehr Wildtieren, wird die Insel lediglich von einem Ehepaar bewohnt. Ein Ereignis aus Janas Vergangenheit hat die einst so lebenslustige junge Frau völlig verschreckt. Als Janas Onkel zu einer weiteren Tour aufbricht, macht sie sich zunächst noch keine Sorgen, doch er kommt nicht zurück. Dann plötzlich steht ein junger, verletzter Mann, Luke, vor ihrer Hütte und Jana muss ihm ihr Vertrauen schenken, denn es scheint nur einen Weg zu geben, ihren Onkel zu finden: sie müssen quer über die Insel, um Hilfe zu holen.
Meine Meinung
Schon vor einer Weile fiel mir dieses wunderschön gestaltete Cover auf und auch der Klappentext versprach eine interessante Geschichte. Ausserdem kannte ich bereits das ein oder andere Buch aus der Feder der Autorin und wusste, dass sie mit ganz viel Gefühl erzählt. Genauso ist es mit “Das Glück an meinen Fingerspitzen” in dem Julie Leuze eine Geschichte über zwei junge Menschen erzählt, die mit ihrer eigenen Vergangenheit zu kämpfen haben. Dabei schreibt die Autorin auch hier wieder mit sehr viel Emotionen und versetzt mit ihrem bildlichen Stil den Leser direkt auf die kanadische Insel. Mit einem wirklich gekonntem Maß an Details werden die Regenwälder der Insel lebendig und das Kopfkino startet schon auf den ersten Seiten. Dabei ist diese Geschichte nicht nur ein reines Jugendbuch, sondern auch perfekt für den erwachsenen Leser, der sich gerne in Geschichten fallen lässt. Das Buch ist so mitreißend, dass ich es an nur einem Abend verschlungen habe, denn auch die Tiefe der Charaktere lässt den Leser mitfühlen.
Aus wechselnder Perspektive in der Ich-Form lässt Julie Leuze ihre beiden Protagonisten Jana und Luke erzählen. Lange Zeit weiß der Leser lediglich, dass beide Charaktere mit einem traumatischen Erlebnis der Vergangenheit zu kämpfen haben. So ist Janas uns Lukes Trip über die Insel nicht nur ein Weg, um Hilfe zu holen, sondern auch ein Weg, wieder zu sich selber zu finden. Das die beiden sich dabei näher kommen und sich eine Liebesgeschichte entwickelt, war zwar vorhersehbar, aber passte hier einfach perfekt. Denn diese Liebesgeschichte spielt sich eher nebensächlich ab und im Mittelpunkt bleiben die Charaktere.
Jana kommt aus Deutschland und verbringt ihre Zeit bei ihrem Onkel in Kanada. Lange Zeit weiß man nicht, was der jungen Frau passiert ist, dass sie immer wieder zu regelrechten Panikanfällen neigt. Dabei ist ihr Traum ein Erlebnis, dass so richtig gut in unsere heutige Zeit passt und das typische Verhalten unserer Gesellschaft wiederspiegelt. Gemeinsam mit Luke beginnt Jana ihr Trauma zu verarbeiten und bekommt dabei wieder ein Gefühl dafür, wer sie selber ist und was sie erreichen möchte.
Auch Luke wurde intensiv gezeichnet, denn auch Lukes Vergangenheit birgt etwas, mit dem er zu kämpfen hat. Seine Freizeit verbringt er auf Touren durch die Wildnis und filmt diese Abenteuer, die er später auf seinem YouTube Kanal veröffentlicht. Doch genau das ist es auch, was ihn von seinem nicht allzu einfachen Alltag ablenkt und ihm Halt gibt. Auch für ihn ist diese gefährliche Tour auf der Insel ein Weg, zu sich selbst zu finden.
Diese beiden Charaktere stehen hier auch deutlich im Mittelpunkt, während weitere Personen nur am Rande auftauchen, von denen allerdings Lukes jüngere Schwester noch eine wichtige Rolle spielt. Viel mehr möchte ich aber an dieser Stelle gar nicht verraten.
Mein Fazit
Eine Geschichte mit intensiven Landschaftsbildern und mit einem sehr gefühlvollen Schreibstil, der Personen und Orte lebendig werden lässt. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die Protagonisten Jana und Luke, die beide mit einem Trauma der Vergangenheit leben lernen müssen und die auf dieser Reise nicht nur zueinander, sondern auch zu sich selber finden. Ein wunderbares Buch, das zum Nachdenken anregt und das in ferne Welten versetzt.