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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2019

Ein Buch, dass zum Nachdenken anregt

Someone New
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Inhalt:

Als Tochter eines Firmenanwaltspärchens hat Micah einen festen Platz auf Parties der High Society. Diese Veranstaltungen sind für sie eher Pflicht als Kür. Das ist kein Wunder. Micah und ihre ...

Inhalt:

Als Tochter eines Firmenanwaltspärchens hat Micah einen festen Platz auf Parties der High Society. Diese Veranstaltungen sind für sie eher Pflicht als Kür. Das ist kein Wunder. Micah und ihre Eltern könnten kaum unterschiedlichere Vorstellungen vom Leben haben. In ihrer Freizeit zeichnet Micah gerne an einem Comic, sie ist ein absoluter Fan von Marvel- und DC-Verfilmungen und würde unheimlich gerne Kunst studieren. Ihren Eltern zuliebe hat Micah sich jedoch für ein Jurastudium beworben. Jedoch nicht in Yale, wie von diesen gewünscht, sondern im örtlichen College in Mayfield.

Die Situation zwischen Micah und ihren Eltern ist ohnehin stark belastet. Denn neben Micahs
zaghaften Versuchen der Emanzipation von ihren Eltern gibt es noch ein Thema, das die Familie spaltet. Micahs Zwillingsbruder Adrian ist vor einigen Jahren spurlos verschwunden. Vorangegangen ist ein heftiger Streit mit den Eltern. Adrian eröffnete seinen Eltern, dass er homosexuell ist und wurde von diesen prompt aus dem Haus geworfen. Dieses Verhalten und das folgende Schweigen der Eltern über die Geschehnisse hat Micah nicht verkraftet. Ihr Wunsch ist immer noch, ihren Bruder zu finden und bestenfalls wieder in die Familie zu integrieren.

Am Abend einer der unzähligen Hausparties von Micahs Eltern eskalieren die Ereignisse. Denn Micah gerät ins Gespräch mit einem der Kellner, Julian. Gemeinsam trinken sie ein Glas Sekt. In einer sehr ungünstigen Situation platzt plötzlich Micahs Mutter ins Zimmer. Schnell zieht diese ihre Schlüsse. Die Folgen sind fatal. Auch Julian wird kurzerhand vor die Tür gesetzt. Die Drohung der Mutter, dass sie dafür sorgen wird, dass Julian nie wieder eine Anstellung als Servicekraft finden wird, macht die Situation nicht besser.

Micah ist unglaublich froh, als sie endlich ihr Studium beginnen und in eine eigene Wohnung ziehen darf. Womit sie nie gerechnet hätte ist, dass Julian, an den sie noch oft denken musste, plötzlich als ihr neuer Nachbar in Erscheinung tritt. Dieser gibt sich jedoch betont distanziert, was Micah versteht. Dennoch sucht sie die Chance auf Wiedergutmachung. Doch das ist nicht einfach, denn Julian hat ein Geheimnis, dass er unter keinen Umständen teilen möchte.



Im Detail:

Nach dem Auszug aus der elterlichen Wohnung fällt eine kleine Last von Micah. Endlich kann sie jeden Tag mit T-Shirts ihrer Lieblingscomichelden herumlaufen. Sie kann sich der Suche nach ihrem Bruder widmen. Das Alleinleben macht sie Schritt für Schritt lebenstauglich. Wie wäscht man Wäsche? Wie baut man einen Schrank zusammen? Bei diesen Herausforderungen der Alltagsbewältigung wurde sie bisher von den Hausangestellten unterstützt.

Kurz nach dem Einzug stellen sich auch schon die ersten Nachbarn vor. Aurie und Cassie fallen schon auf den ersten Blick mit ihren merkwürdigen Elfenkostümen aus der Reihe. Bald schon kommt es zum ersten Treffen und Micah erfährt mehr über Live-Rollenspiel und Cosplay, aber auch über den weiteren Mitbewohner der beiden, Julian.

Für Micah ist klar, dass sie sich bei dem jungen Kellner, den ihre Mutter so kurzerhand vor die Tür gesetzt hat, entschuldigen muss. Schon alleine, weil er der Mitbewohner von Aurie und Cassie ist, zu denen sich allmählich eine Freundschaft aufbaut, aber auch, weil Julian Micah seit dem besagtem Abend einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen will.

Laura Kneidl Figuren wachsen dem Leser ans Herz. So sind Aurie und Cassie aufgrund ihrer unterschiedlichen Hautfarbe Opfer von Blicken und Gesprächen ihrer Mitmenschen. Ganz offensichtlich fühlen sie sich zueinander hingezogen. Doch irgendwie gelingt es ihnen nicht, ihre Zuneigung offen auszuleben. Lediglich beim Live-Rollenspiel finden die Figuren, die sie verkörpern, zueinander.
Adrian, dem eine innere Befreiung aus dem beengten, fremdbestimmten Lebensentwurf gelang. Der den damit verbundenen Bruch mit der Familie aber nur schlecht verkraftet.
Micah hingegen folgt, die Beziehung zu ihren Eltern betreffend, dem Motto "Wandel durch Annäherung“, obwohl sie deren Ansichten nicht teilt. Micah sagt, was sie denkt. Sie scheut sich nicht, ihrem Nachbarn nur mit einem BH bekleidet die Tür zu öffnen, wenn es die Situation eben verlangt. Ihre Vorliebe für Comics und schlechte Witze machen sie sympathisch.

Laura Kneidl präsentiert viele kleine Helden und auch komische Figuren. Allerdings haben sich einige Längen eingeschlichen, auch wenn der Roman mit einer Wendung, die ich so noch in keinem anderen Buch gelesen habe, viel an Tempo gewinnt.



Fazit:

Mit Someone New gelingt Laura Kneidl eine groteske und unterhaltsame Ode an das Anderssein in einem lebensbejahenden, wunderbaren Grundton. Gesellschaftskritik und Lesevergnügen, Nachdenken und Schmunzeln kommen in dem Buch irgendwie zusammen.
Die nicht durchgängig vorhandene Spannung verzeiht man gerne. Schließlich sollte man diese Geschichte unbedingt gelesen haben, regt der Text doch zum Nachdenken und Weiterdenken an.



Buchzitate:

„Sei deinen Freunden nah, aber deinen Feinden noch näher.“ - „Du klingst wie ein Comic-Bösewicht.“ - „Danke.“ - „Das war kein Kompliment.“

Veröffentlicht am 29.11.2018

Ein lehrreicher und lebhaft geschriebener Erfahrungsbericht

Hey Siri, willst du mich heiraten?
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Inhalt:

In „Hey Siri, willst du mich heiraten“, erzählt die Autorin Judith Newman von ihrem Leben mit ihren zwei Zwillingssöhnen, Henry und Gus. Es ist eine Geschichte rund um eine Familie, deren Sohn ...

Inhalt:

In „Hey Siri, willst du mich heiraten“, erzählt die Autorin Judith Newman von ihrem Leben mit ihren zwei Zwillingssöhnen, Henry und Gus. Es ist eine Geschichte rund um eine Familie, deren Sohn Gus mit Autismus diagnostiziert wurde. Die Autorin liefert nicht nur eine autobiografische Reportage über die Entwicklung eines autistischen Kindes, sondern beleuchtet alle relevanten Aspekte zum Thema.
Das Leben mit einem autistischen Jungen ist anders. Es stellt einen einerseits vor Probleme, dann aber gibt es wieder diese besonderen Momente, die andere Mütter wohl nie erfahren werden.



Im Detail:

Judith Newmann ist fast 40, ihr Mann 69 Jahre alt, als es nach sieben Jahren und 70.000 Dollar Investitionen endlich mit einer Schwangerschaft klappt. Die kleine Familie wird nach dieser langen Zeit mit Zwillingen belohnt. Henry und Gus. Bald schon stellt sich heraus, dass die Kinder sich mit ihren Eigenarten sehr voneinander unterscheiden. Gus wirkt als Baby sehr pflegeleicht. Er fordert nichts, er ist ruhig und zufrieden. Henry hingegen ist wesentlich lebhafter.
Es wird bald klar, dass Gus Verhalten sich auch von dem anderer Kinder stark unterscheidet. Er benötigt bei Tests eine deutlich längere Reaktionszeit. Er entwickelt absolut keinen Entdeckungsdrang, hat noch keinerlei Dinge in den Mund gesteckt, auch kann er immer nur ein Nahrungsmittel auf einmal zu sich nehmen. Er duldet keine zwei verschiedenen Speisen auf seinem Teller. Mit achtzehn Monaten spricht Gus immer noch kein einziges Wort. Stattdessen ist er in der Lage, Geräusche täuschend echt zu immitieren. Gus erster Satz, der wie aus dem Nichts herausgeschossen kam, lautete: „Die Sendung Bill Nye the Science Guy wurde zu großen Teilen von der National Science Foundation, der Corporation for Public Broadcasting und Zuschauern wie ihnen finanziert.“

Nachts sorgt Gus für schlaflose Nächte. Er steigt in das elterliche Bett und knetet sämtliche Körperteile der Mutter durch. Diese Angewohnheit ist ihm, bei aller Mühe nicht abzugewöhnen. Selbst abgeschlossene Türen umgeht er mit gewissen Tricks.

Gus denkt und handelt anders als die Menschen in seinem Umfeld. Er widerholt Sätze oder Geräusche gerne immer und immer wieder, er liebt Musik und kann es gar nicht leiden, wenn jemand falsch singt. Räumliches Denken fällt ihm schwer, was dafür sorgt, dass er manchmal nur wenige Zentimeter vor seinem Gegenüber steht und ihm lautstark etwas erzählt. Auch die Aktionen in der Nacht, bei denen er den Körper der Mutter durchknetet, haben mit dem Verlust des räumlichen Denkvermögens zu tun. Er versucht mit diesem Verhalten herauszubekommen, wo sein Körper endet und der nächste beginnt.

Judith Newman stellt sich in diesem Buch, die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass eines ihrer Kinder mit Autismus geboren wurden. Dazu gibt es allerhand Thesen. Jede einzelne trifft in einem bestimmten Maße auf sie zu. Babys, die kurz nach der Geburt keine körperliche Nähe erfahren, so ist bewiesen, gehen zu Grunde. Babys hingegen, die lediglich emotional vernachlässigt werden, entwickeln oft autistische Züge. Auch das Alter, in dem Judith und John ihr Kind geboren haben, war vielleicht nicht ganz optimal. Ebenso können Körpergewicht und Ernährung der Mutter ein Grund für die autistische Entwicklung des Sohnes gewesen sein.

Neben einigen Lebensausschnitten, misslungenen Versuchen in den Urlaub zu fahren, Erlebnissen bei Ausflügen und ähnlichem, stellt die Autorin in ihrem Buch auch andere namhafte Autisten vor. Sie erklärt, warum autistische Menschen eine Vorliebe für Filmbösewichte haben und warum sie in der Musik Ruhe und Entspannung finden können.

Der Titel des Buches „Hey Siri, willst du mich heiraten“, ist ein wenig irreführend. In diesem Werk geht es, wie man vielleicht annehmen möchte, nicht in erster Linie um die Beziehung zwischen Gus und seinem Handy. Es gibt aber zwei kurze Abschnitte, in denen die Autorin erläutert, warum die virtuelle Freundin so wichtig für ihren Sohn ist.



Fazit:

„Hey Siri, willst du mich heiraten?“ ist eine autobiografische Reportage über die Entwicklung eines autistischen Kindes. In dem Buch berichtet Judith Newmann vom Leben mit ihren Zwillingskindern und ihrem älteren Mann, einem Opernsänger, dessen Interessen sich stark von ihren eigenen unterscheiden.
Sie zeigt an konkreten Beispielen wie schwer es ist, als Mittlerin zwischen autistischer und nicht-autistischer Welt zu leben. Prägnant und für Laien gut verständlich wird Autismus vielgestaltig erklärt. Man erkennt schnell, dass man von Autismus - trotz zunehmender medialer Popularität – jenseits von vielen Klischees wenig weiß.
Dieses Buch ist äüßerst lehrreich, dabei sehr lebhaft und alles andere als trocken. Eine wichtige und hilfreiche Lektüre für diejenigen, die Autismus besser verstehen wollen.



Buchzitate:

Es dreht sich darum, dass Säuglinge, die vom Menschen total im Stich gelassen werden, bevor sie sich aus eigener Kraft entwickelt können, den Tod finden. Wird jedoch körperlich in einer Weise für sie gesorgt, die ihr Überleben ermöglicht, während sie in emotionaler Hinsicht im Stich gelassen oder überfordert werden, so werden sie autistisch.

Das Geräusch der Toilettenspülung war für ihn ein Elefant, der in der Schüssel saß, nach ihm griff und ihn hinunterzuziehen versuchte.

Veröffentlicht am 08.11.2018

Komprimierte Liebesgeschichte

Still Broken
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Inhalt:

Norah hat sich an ihrem neuen College für die ersten Kurse eingeschrieben, für ihre neue Wohnung sucht sie eine geeignete Mitbewohnerin. Die Bewerbung für die Schülerzeitung ist abgeschickt. ...


Inhalt:

Norah hat sich an ihrem neuen College für die ersten Kurse eingeschrieben, für ihre neue Wohnung sucht sie eine geeignete Mitbewohnerin. Die Bewerbung für die Schülerzeitung ist abgeschickt. Alles geht seinen Gang. Gemeinsam mit ihren zwei besten Freundinnen besucht sie wenige Tage später eine Wohnheimparty. Die Party ist bereits in vollem Gange, Norah ist leicht angetrunken , als einer der Partygäste sie plötzlich von hinten anschubst. Fast hätte sie das Gleichgewicht verloren, wenn sie nicht jemand am Arm gepackt und wieder auf die Beine gestellt hätte. Kurze Zeit später blickt Norah in die Augen ihres Retters. Dumm nur, dass auch ein anderes Mädchen um dessen Aufmerksamkeit buhlt und hierbei sehr erfolgreich scheint.

Noch lange Zeit später geht Norah der Typ mit der Lederjacke, dem harten und intensivem Blick und dem wuscheligen Out-of-Bed-Look nicht aus dem Sinn. Der Studentenalltag hilft ihr jedoch Abstand zu gewinnen. Als die Zusage für den Job bei der Schülerzeitung bei Norah eintrifft, ist sie vor Freude ganz aus dem Häuschen. Ein großer Wunsch wird wahr. Doch die Freude wird schnell getrübt, als sie erfährt, wer ihr als Mentor an die Seite gestellt werden soll. Es handelt sich um ihren Retter auf der Wohnheimparty, Max.

Bei diesem handelt es sich um den „klassischen Bad-Boy-Typen“. Kurze Zeit später sprechen Norah auch schon die ersten Freunde und Kommilitoninnen an. Ihr Interesse an dem gutaussehendem Jungen ist Norah im Gesicht abzulesen. Die Warnungen vor dem Jungen, bei dem es sich wahlweise um einen Dandy, einen Schürzenjäger oder einen Schwerenöter handeln soll, sind jedoch Legion.



Im Detail:

Es ist absehbar, dass Norah auch nach den Warnungen ihrer Mitschülerinnen nicht in der Lage ist, Max aus dem Weg zu gehen. Alleine der Job bei der Schülerzeitung sorgt dafür, dass sie dem attraktivem Jungen immer wieder über den Weg läuft. Max lässt sich, so sehr es Norah versucht, nicht aus ihrem Leben kürzen. Immer wieder taucht er unvermittelt auf und sucht ihre Nähe.

Sie sieht in Max das, was ihre Freunde und Mitschülerinnen nicht sehen wollen. So schimmert oft ein weiches, mitfühlendes Herz durch die raue Schale.

Die Geschichte von Still Broken erscheint auf den ersten Seiten vorhersehbar. Eine klassische Bad-Boy-Geschichte mit einer Protagonistin, die sich im Kontrast zu ihrem gesamten Umfeld durch ihre erfrischende Andersartigkeit abhebt.

Die Figuren bleiben jedoch nicht im Klischee stecken. Nach und nach werden ganz dezent kleine Hinweise in die Geschichte eingewoben. Max hat ein Geheimnis. Das merkt man, wenn er plötzlich schweigt, wenn das Thema auf seine Eltern fällt oder wenn er Norah im Schulflur mit einem anderen Mädchen zu verwechseln scheint. Als es dann darum geht, einen Artikel für eine Schülerzeitung zu schreiben, macht er dicht.

Über die Seiten hinweg holt Max seine Vergangenheit immer mehr ein. Zwar freut man sich, dass Norah allmählich Zugang zu dem Jungen findet, der gegenüber seinem Umfeld eine mentale Mauer errichtet hat. Alles wird aber unterspült von unserer Ahnung dessen, was da noch eskalieren wird.

Diese Vermutung wird im zweiten Teil des Buches auch bestätigt. Das sorgt einerseits für eine rasante und spannende Handlung, in der aber stellenweise Übertreibung und Überdramatisierung angelegt sind.

Sehr schön beschrieben wurden, gerade in der ersten Hälfte des Buches, die Dates, die Max und Norah in diesem Roman nutzen, um einander näher zu kommen. Max lässt sich einiges einfallen. Er entführt die Protagonistin an ungewöhnliche Orte und verschafft ihr somit Erlebnisse, von denen sie noch lange zehren kann. Auch die Entwicklung der Liebesgeschichte gefiel mir sehr. Als Leser spürt man, wie die Funken zwischen Max und Norah sprühen. Man merkt die Leidenschaft, die beide für einander empfinden.



Fazit:

Mit Max erwartet uns der klassische Bad Boy, mit einem selbstgefälligen Lächeln und gewollt unperfekt sitzenden Haaren. Er strotzt vor Selbstbewusstsein und Charisma. Ständig hat er wechselnde Frauenbekanntschaften.
Norah, die neu am College ist, gelingt es, einen Blick hinter Maxs Fassade zu werfen. Sie lässt sich von den warnenden Worten ihrer Kommilitoninnen nicht abschrecken. Nach und nach kommen sich beide näher. Im weiteren Verlauf des Buches erhält der Leser mit Norah Einblick hinter die Fassade der Figur.
Als dunkle Geheimnisse publik werden, müssen sich die Beiden mit Maxs Vergangenheit auseinandersetzen.

Gerade im ersten Teil gefiel mir die Entwicklung der Geschichte sehr. Im weiteren Verlauf des Buches kommt es aber stellenweise auch zu einer seifenoperhaften Überdramatisierung.

April Dawson erzählt ihre Geschichte atemlos. Das Tempo wird Seite um Seite weiter erhöht.
Leser/innen, die das zu schätzen wissen, werden mit Still Broken voll auf ihre Kosten kommen.
Darüber hinaus gibt es eine Liebesgeschichte, bei der man mitfiebert und an der man sieht, wie sie ihre Figuren verändert und beeinflusst.

Für mich eine Leseempfehlung für Leser/innen, die auf der Suche nach einer Geschichte fürs Herz sind.



Buchzitate:

Dieser Mann ist gefährlich. Er ist wie eine Droge, von der du nicht mehr wegkommst. Glaub mir, ich war ihm verfallen. Max ist gut in dem, was er tut, und das ist Herzen brechen.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Wie ein gelungener Kunstfilm

Meine beste Bitch
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Inhalt:

Seitdem ihre Mutter, eine Psychiaterin, von einem Patienten mit einer Schere angegriffen wurde, plagen Faina immer wieder gelegentliche Unruhezustände. Ob dieser Vorfall der Grund oder lediglich ...

Inhalt:

Seitdem ihre Mutter, eine Psychiaterin, von einem Patienten mit einer Schere angegriffen wurde, plagen Faina immer wieder gelegentliche Unruhezustände. Ob dieser Vorfall der Grund oder lediglich der Auslöser war, das weiß man nicht. Jedoch ist eins sicher, mit dem Kennenlernen von Nike, einem Mädchen, das genau weiß, was sie will, das immer nur voranstrebt und nie zurückblickt und irgendwie durch das Leben zu fliegen scheint, geht es Faina plötzlich besser. Die juckenden Achseln, das Zittern und die nervöse Niedergeschlagenheit lassen plötzlich nach. Doch als Nike ein Medizinstudium in Hamburg beginnt, verschlechtert sich ihr Zustand täglich. Zwar versprechen sich die Freundinnen fortwährende Treue, doch Faina ist zunächst erneut alleine.

Ein Eichhörnchenunfall wird sie jedoch schon bald aus ihrer inneren Einsamkeit erlösen. Auf dem Nachhauseweg begegnet Faina einem halb toten Tier. Sofort ist klar, dass sie es zum Tierarzt bringen wird. Die Ärztin blieb Faina in Erinnerung, da sie einst die mittlerweile tote Katze, der zwischenzeitlich verstorbenen Großmutter von ihren Zysten befreite und diese Zysten mit Stolz Oma und Enkelin präsentierte. Einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass ein Junge vorbeikommt, dessen äußere Erscheinung an einen Nerd erinnert: Hornbrille, abgetragenes Jacket.
Julian weiß zwar, dass er nicht der Held in der strahlenden Rüstung ist, doch ist er es, der Eichhörnchen und Retterin zur Tierärztin fährt.
Dies ist der Beginn einer ganz eigenartigen Freundschaft.

Studium und Zukunftspläne, all das scheint nicht mehr so wichtig, wenn Faina nur in der Nähe von Julian sein kann. So packt sie kurzerhand ihre Sachen und reist Julian hinterher. Nach Berlin, einer Stadt, in der Julian sich als Künstler versucht. Doch niemand hat gesagt, dass eine Liebe zu einem Künstler, der stets den Zwang zur Selbstverwirklichung spürt, einfach sein wird.



Wichtigste Charaktere:

Das Meine beste Bitch-Universum setzt sich aus den skurrilen Nahaufnahmen eigenartiger Charaktere zusammen. Ihre Entscheidungen und Erlebnisse machen diesen Roman zu etwas ganz besonderem. Daher möchte ich an dieser Stelle einige von ihnen kurz vorstellen:

Fainas Mutter hat einst Philosophie studiert und arbeitet nun als Psychiaterin in einer geschlossenen Abteilung. Sie ist der festen Überzeugung, dass es auf jedes Problem auch eine Lösung gibt. Ob man sie nun in Form von Vitaminspritzen oder mit einem Gang über den Friedhof erreicht. Irgendetwas davon wird schon zum seelischen und damit auch oft körperlichen Heil führen. Trotz ihrer weltoffenen Liberalität und Zivilität findet sie für ihre Tochter oft nur harte Worte.

Achim hat ein tieferes Verständnis der inneren Spannungen und Herausforderungen, denen Faina sich stellt. Er weiß, was sie braucht, um glücklich zu sein. Doch seine ruhige und liebevolle Art scheinen Faina nicht immer zu genügen. Sie scheint das Chaos zu suchen.

Und findet es unter anderem in dem rastlosen Julian, der ihr in einigen Punkten sehr ähnlich zu sein scheint. Denn Julian ist, genau wie Faina, auf der Suche. Eine Suche nach Echtheit und Freiheit, dem Lebenssinn, der irgendwo zwischen Selbstverwirklichung, Selbsterkenntnis und Selbstdarstellung zu finden sein soll.
Er ist Künstler - durch und durch. Mit einer Schwester, die nicht selten „durchgeknallt“ wirkt, wenn sie z.B. Faina in der Wohnung einsperrt und mit einer Scherbe bedroht, hat auch er es nicht immer einfach.

Letztlich gibt es da noch Nike. Das Mädchen, das gerne Demonstrationen veranstaltet, das immer nur in die Zukunft blickt und nie zurück. Voller Lebensfreude und voller Ideen sprintet sie voran und scheint Faina dabei schon ganz zum Anfang abzuhängen. Und dennoch ist es die Beziehung zwischen Nike und Faina, eine Freundschaft, die keinen Scham kennt und die so unzerbrechlich erscheint wie ein dicker Fels, die Faina ein Stück weit Heilung schenkt.



Im Detail:

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass weder das Cover, noch der Titel dieses Buches mich auf den ersten Blick angesprochen hätten. Auch den Klappentext sollte man aufgrund Spoilergefahr vielleicht besser nicht lesen. Doch hätte ich dieses Buch nicht empfohlen bekommen und hätte ich es somit nicht gelesen, ich hätte wirklich etwas verpasst.

Meine beste Bitch ist eine ganz besondere Geschichte. Voller skurriler Momente, voller Erlebnisse und voll von schrulligen Charakteren. Nicht selten musste ich schmunzeln, den Kopf schütteln und wollte unbedingt wissen, welche verrückte Situation sich auf den nächsten Seiten wohl ergeben würde.
Ich könnte tausende davon aufzählen, doch ich möchte mich an dieser Stelle einfach mal auf zwei kleine Beispiele beschränken und danach von Herzen den Rat geben, dieses Buch unbedingt zu lesen, um all die kleinen Details selbst zu entdecken und auf sich wirken zu lassen.

Ich habe mich entschieden, euch an dieser Stelle das Cover anhand der entsprechenden Szene im Buch zu erklären. An einer Stelle im Buch treffen sich Nike und Faina. Die alte Badewanne muss noch mit selbst erwärmten Wasser befüllt werden. Nike, die stets für neue Ideen zu haben ist, entschließt sich, frische Erdbeeren hinzuzugeben. Mit einer Melone als Snack begeben sich die Freundinnen ins Wasser. Sie schießen Fotos, die später in einer Kunstausstellung Anklang finden werden.

An einer anderen Stelle, weit vorne im Buch, wird von einem Hilfsprojekt gesprochen, an dem Nike an ihrer alten Schule teilnehmen musste. Da in Peru Meerschweinchen auf dem Speiseplan stehen, sollten die Kinder entsprechende Käfige bauen. Nike, eine bekennende Vegetariern mit Meerschweinchen als Haustieren, ist empört. Kurzerhand ruft sie eine ihrer legendären Demonstrationen auf den Plan. Wie diese aussieht und ob sie letztlich fruchtet, dass möchte ich an dieser Stelle einfach mal offen lassen. Lest selbst.



Fazit:

Meine beste Bitch ist ein Buch von Kunst, Liebe und Irrsinn, das man gelesen haben sollte.
Es lassen sich diverse skurrile Charaktere finden, welche allesamt dem Geiste eines Kunstfilms entsprungen sein könnten. Wer sich auf die vielen schrägen Momente einlässt, für den ist das Buch ein grandioses Leseerlebnis.



Buchzitate:

Es sind immer die winzigen Details, die unverzichtbar werden, nie das große Ganze. Die Kleinigkeiten haften uns oft wie unsichtbare Kaktusfeigenstacheln an. Gründlich, schmerzhaft und unwiderruflich.

Nike hätte auch Geheimagentin werden können. Eine, die nur aus versiegelten Mineralwasserflaschen trinkt und Angreifer mit Handkantenschlägen vertreibt. Was strategische Pläne zur Zielfokussierung anging, war Nike unschlagbar.

Veröffentlicht am 18.09.2018

Ein klein wenig schwächer als der Auftakt

Throne of Truth
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Achtung! Diese Rezension enthält Spoiler zu Band 1

Inhalt:

Elle wird aus einem Albtraum gerissen, nur um in einem anderen Alptraum zu landen. Als sie, da alles was sie über Penn zu wissen glaubte, auf ...

Achtung! Diese Rezension enthält Spoiler zu Band 1

Inhalt:

Elle wird aus einem Albtraum gerissen, nur um in einem anderen Alptraum zu landen. Als sie, da alles was sie über Penn zu wissen glaubte, auf den Kopf gestellt wurde, versucht von diesem Distanz zu gewinnen, trifft sie auf Greg und landet mitten in dem nächsten Desaster. Greg hat seine ganz eigenen Pläne mit Elle. Eine Enführung soll helfen diese Wünsche umzusetzen.



Im Detail:

Nachdem der erste Teil dieser Reihe mit einem Cliffhanger endete, wolle ich unbedingt wissen, wie es in Band zwei weitergeht bzw. wie die Geschichte rund um Penn und Elle ausgehen wird.

Schon im ersten Teil lernten wir mit Elle eine sehr selbstbewusste junge Frau kennen. Auch hier gelingt es Pepper Winters schnell den Charakter wiedererkennbar herauszuarbeiten.
Greg möchte nicht länger als Verlierer gelten. Er hat ein sehr klares Bild von seiner Zukunft vor sich: Ein sexuell erfülltes Leben an Elles Seite und zugleich eine finanziell abgesicherte Zukunft als Miteigentümer von „Belle Elle“. Für seinen Aufstieg ist ihm dabei jedes Mittel recht. Greg wird konstant belächelt. Allerdings ist er durch seinen labilen Geist eine Gefahr, die nicht unterschätzt werden sollte.

Band zwei wird dieses Mal nicht nur aus der Sicht von Elle erzählt. Eine weitere Perspektive, nämlich die von Penn, kommt hinzu. In Throne of Truth erfährt der Leser mehr von Penns Vergangenheit. Die Fragen, warum er Elle oft von obenherab behandelt hat, warum er stellenweise von Wut zerfressen ist, aber auch, was ihm vor und vor allem nach dem Treffen mit Elle widerfahren ist, werden hier geklärt.

Wiedereinmal holt Penn in Band zwei die Vergangenheit ein. Ob es ihm auch dieses Mal gelingen wird, sich aus der Schlinge, die ihm seine Widersacher geknüpft haben, zu ziehen, das möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Wenn man das Buch genießen will, sollte man vielleicht auch nicht ganz so streng nach Logiklücken (Stichwort: Negligee und Schweigen des Chauffeurs) suchen. Nicht immer erschien mir das Verhalten der Charaktere nachvollziehbar. Auch das Ende wird im Epilog durch eine Nacherzählung Penns übereilt herbeigeführt.



Fazit:

Dieser Abschlussband unterscheidet sich in der Erzählperspektive vom Vorgänger. Die Autorin beherrscht das Spiel mit verschiedenen Perspektiven routiniert. Der Roman handelt hauptsächlich von Elle und Penn, zwischen denen die Erzählperspektive wechselt.

Offene Fragen rund um Penns Vergangenheit, die den Leser in Band eins noch beschäftigt haben, werden hier geklärt. In diesem zweiten Teil schlägt das Schicksal erneut erbarmungslos zu.

Der Leser kann sich an originellen Formulierungen und spannenden Wendungen erfreuen, die schon angesprochenen Logiklücken versetzen dem Urteil allerdings einen Dämpfer.

Am Ende sind eigentlich alle Fragen geklärt. Der Fortgang des Geschehens wirkt jedoch - spätestens im Epilog - überstürzt.

Die Reihe nutzt das Potenzial, das man noch im Vorband entdeckt hatte, nicht durchgehend.