Ungewöhnliches Familiendrama, sehr poetisch erzählt, das nichts für die breite Masse ist, mir aber dennoch gut gefallen hat
Als die schwangere Thérèse darum gebeten wird, ihre Großmutter und Tante zu besuchen, ist sie nicht gerade begeistert, denn zu ihrer Familie hat die junge Frau leider keinen guten Draht. Daher wundert ...
Als die schwangere Thérèse darum gebeten wird, ihre Großmutter und Tante zu besuchen, ist sie nicht gerade begeistert, denn zu ihrer Familie hat die junge Frau leider keinen guten Draht. Daher wundert es Thérèse sehr, dass ihr die Großmutter ein Haus überschreiben will. Denn sie dachte eigentlich, es würde einst an ihren Vater gehen. Zudem ist ihre Großmutter im besten Alter, sehr rüstig und keinesfalls krank.
Thérèse scheut sich, allein nach Korsika zu reisen, daher sieht sie die Chance, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, als ihr, ihr melancholischer Privatlehrer William Cole , der sie in Sprachen unterrichtet, erzählt, dass er einst Biografien über berühmte Maler verfasste und lediglich den einen, den er für unendlich begabt hielt, niemals erreichen konnte der ebenfalls auf der schroffen Insel lebt. Thérèse gelingt es, den lebensmüden Lehrer zu überreden sie zu begleiten, der sich nach dem Tod seiner Tochter und der darauf folgenden Trennung von seiner Frau, vor einigen Jahren, bereits aufgegeben hatte.
Am Ziel trennen sich ihre Wege zunächst. Thérèse macht sich auf in die Villa ihrer Großmutter, die, wie sie es bereits erwartet hatte, wieder einmal kein gutes Haar an ihr und ihrem Vater lässt. Dennoch unterschreibt sie noch am gleichen Abend die Erbschaftsurkunde, die ihr ein Haus im Ort zusichert. In der Nacht wird Thérèse jedoch von Geräuschen unsanft geweckt. Kurz darauf findet sie ihre Großmutter tot auf. Sie wurde anscheinend ermordet und vor Angst flieht die frischgebackene Erbin. Kann es wirklich sein, dass Thérèses Vater aus Hass und Habsucht zum Mörder geworden ist? Sie mag das nicht glauben. Sicherlich, ihr Vater ist kein leichter Mensch, doch ein Mörder?
Unterwegs wird sie von einem jungen Mann auf der Straße aufgelesen, der sie in sein Haus bringt. Ihre Erleichterung und Neugier wandelt sich jedoch schon bald in Entsetzen, als sie am Morgen eracht und begreift, dass sie nun seine Gefangene ist. Wer ist der schöne, aber äußerst exzentrische junge Maler, der sie zu kennen glaubt und sobald er in die Enge getrieben wird, handgreiflich wird?
„Die Insel der letzten Geheimnisse“ von Emma Piazza, war ein Zufallsfund beim Stöbern im Buchladen, als ich auf der Suche war, nach einer geheimnisvollen Geschichte im Stile eine Kate Morton. Um es vorweg zu nehmen, man merkt es dem Roman an, dass es sich hier um ein Debüt handelt, denn die durchaus interessante, verzwickte Familiengeschichte, weist einige Logikfehler auf. Widersprüchlich sind beispielsweise die Beschreibungen des Vaters der Romanheldin. Ist er nun ein kaltherziger Mensch oder ein Familienmensch? Einerseits erinnert sich Thérèse an angeblich „schöne“ Kindheitserinnerungen, doch zeichnen diese eigentlich kein liebevolles Vaterbild, andererseits glaubt sie die Behauptungen ihrer Großmutter und Tante beinahe blind, obwohl sie ihren Vater doch liebt. Auch manche Handlungen fand ich überzogen und unglaubwürdig dargeboten, wie etwa die Szenen, in denen Thérèse von einem Mann gefangen gehalten wird, der angeblich unberechenbar ist, zu dem sie aber immer wieder zurückkehrt.
Obwohl ich nachvollziehen konnte, dass die Romanheldin diverse Familiengeheimnisse gerne ergründen möchte (und dass der Mörder ihrer Großmutter gefunden wird), neigt sie dazu, sie dermaßen dumm zu verhalten, dass man sich beim Lesen die Haare raufen möchte. Warum habe ich trotzdem lediglich einen Punkt bei meiner Bewertung abgezogen?
Erst einmal fand ich, dass der Roman aus der breiten Masse an Unterhaltungslektüre hervor sticht. Was zum einen am wunderbar poetischen Schreibstil liegt, den die Autorin an den Tag legt. Sicher, einige Figuren bleiben schemenhaft, beinahe plastisch beschrieben, doch wenn es um die Gefühlswelt von Thérèse und William geht, weist Emma Piazza ein äußerst sensibles Händchen auf. Zwar ist es ein eher düsterer Roman, den man hier geboten bekommt, doch fand ich, dass es der Autorin wunderbar gelungen ist, die Verlorenheit, ja beinahe, die Depression von Thérèse und William darzustellen. Und ich fand es ebenfalls sehr anrührend geschildert, wie William sich aus seiner Lethargie befreien kann und Thérèse endlich begreift, was sie wirklich will. Es ist keine einfache, leichte Kost und wird sicherlich Leser abschrecken, die sich, vielleicht auch anhand des Romancovers, eine fluffig leichte Sommerlektüre erhofft haben. Wer aber besondere Romane zu schätzen weiß, selbst wenn sie nicht perfekt sind, wird sich sicherlich genauso gut unterhalten fühlen, wie ich.
Kurz gefasst: Ungewöhnliches Familiendrama, sehr poetisch erzählt, das nichts für die breite Masse ist, mir aber dennoch gut gefallen hat.