Die Wahrheit über die Wahrheit
Angststörungen und Depressionen sind wohl die mit am meisten verbreiteten Erkrankungen von Menschen auf der ganzen Welt und doch wird so wenig darüber gesprochen. Betroffene müssen sich zumeist erklären ...
Angststörungen und Depressionen sind wohl die mit am meisten verbreiteten Erkrankungen von Menschen auf der ganzen Welt und doch wird so wenig darüber gesprochen. Betroffene müssen sich zumeist erklären und stoßen doch eher selten auf Verständnis. "Mach doch einfach." - Das lässt sich so viel einfacher sagen, wenn man eben nicht betroffen ist. Und genau dieses Thema greift die Autorin Ava Reed in ihrem neusten Buch auf und zeigt eine mögliche, fiktive Variante dieser Krankheiten und eine Möglichkeit damit umzugehen. Zumeist läuft es weniger rosig ab und bis zu einer Diagnose dauert es selbst in der heutigen, aufgeklärten Zeit zumeist viel zu lange. Gerade Jugendliche haben es schwer, denn irgendwo zwischen Pubertät und dem älter werden gibt es eben auch die möglichkeit, dass einem alles entgleitet und sich eben nicht "heraus wächst". So eine Erfahrung muss auch unsere Protagonistin Leni machen und das ist alles andere als leicht.
Kämpfen. Kämpfen. Kämpfen. Das ist für Leni neuer Alltag, denn zunächst kämpft sie sich durch ihren Alltag und zuletzt muss sie kämpfen um überhaupt das Bett zu verlassen. Was es heißt so gefangen zu sein zwischen Logik und schierem Unmut, bringt uns Ava Reed sehr gut näher. Natürlich bleibt auch hier weiterhin der Fokus darauf, dass eben nicht jede Geschichte eben so abläuft, denn bei jedem Individuum zeigen sich Sympthome - körperliche wie Seelische - auf verschiedenste Art und Weise.
Lenis Weg zu erleben ist hart, ehrlich und wirklich sehr gut geschrieben. "Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen" konnte mich vor allem auch mit Lenis Tagebucheinträgen begeistern, welche im Buch Handgeschrieben und gezeichnet, von der Autorin selbst, daher kommen. Sie sind individuell und mit einer wirklich schönen Handschrift genau passend zu Lenis Stimmungen in Szene gesetzt. Da ein Tagebuch etwas sehr persönliches ist, geben diese Einträge noch einmal die düstersten Gedanken, die schlimmernsten Hoffnungen und die schlimmste Resignation Lenis wieder. Ganz so, wie es einfacher Fließtext nicht könnte.
Etwas später in der Geschichte lernen wir auch Matts kennen, mit dem ich ehrlich gesagt nicht so schnell warm wurde. Ich kann auch gar nicht sagen woran genau es lag, dennoch musste er sich meine Sympathie erst durch Taten verdienen. Es ist überraschend wie unterschiedlich Krankheiten sein können und wie ähnlich am Ende doch die Wünsche der Betroffenen sind: Heilung. Für den einen mag das ein reelles Ziel sein, für andere weiterhin ein Wunschtraum. Matts muss zunächst lernen, dass die Krankheit nicht sein Leben bestimmen sollte und das macht ihn schnell sehr greifbar. Mir gefiel der Matts der letzten Seiten am allerbesten!
Das Ziel des Lebens ist Leben. Doch was, wenn dir selbst das Atmen schwer fällt? Wo bleibt da das Leben? Und was ist das neue Ziel? Ich bin begeistert von Lenis Geschichte und von Matts und von all den ehrlichen Probleme von Jugendlichen, welche ohne Hilfe anderer sehr verloren wären.