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Veröffentlicht am 05.03.2019

spannende Fälle mitreißend dargestellt mit tollem Schreibstil

Mörder
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„Strafverteidigung ist Pokern mit dem Schicksal eines Menschen. Und du bist als Verteidiger permanent »All In«.“ (Veikko Bartel im Vorwort von Mörder)

Worum geht’s?

Wie bereits das Buch „Mörderinnen“ ...

„Strafverteidigung ist Pokern mit dem Schicksal eines Menschen. Und du bist als Verteidiger permanent »All In«.“ (Veikko Bartel im Vorwort von Mörder)

Worum geht’s?

Wie bereits das Buch „Mörderinnen“ handelt auch das Buch „Mörder“ von Fällen aus der beruflichen Laufbahn des Autoren Veikko Bartel als Strafverteidiger. In zahlreichen Tötungsdelikten hat er Leute vertreten, die das schlimmste Verbrechen unseres Gesetzbuches begangen haben: Sie haben getötet. Nachdem bei „Mörderinnen“ Frauen auf der Anklagebank saßen, geht es in diesem Buch um sechs Fälle mit männlichen Angeklagten, um einzigartige Einblicke in die Arbeits- und Gedankenwelt eines Strafverteidigers und die ewig währende Frage: Wieso töten Menschen? Denn der Autor erzählt hier die Geschichten der jeweiligen Tat und ihrer Umstände.

„Mörder“ ist unabhängig vom Vorgänger-Buch „Mörderinnen“.

Schreibstil / Gestaltung

Auch das Cover von Mörder besticht wieder durch ein schlichtes, unaufdringliches – wenngleich auch etwas klischeehaftes - Cover mit einem schemenhaften Gestalt in schwarz mit Kapuze und dem üblichen Hinweis „Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers“. Man erkennt auf jeden Fall die Stimmigkeit im Verhältnis zu Mörderinnen und empfindet auch hier ein nüchterne, sachliche Atmosphäre ohne viel Brimborium. Das Buchcover ist erneut ein Schutzumschlag, unter dem sich dieses Mal ein schönes, mattschwarzes Buch mit dem weißen Schriftzug des Titels und Autors am Buchrücken verbirgt. Insgesamt ist die Gestaltung erneut sehr stimmig.

Das Buch umfasst insgesamt sechs Fälle, die in jeweilige Abschnitte gegliedert sind und dem ein äußerst kurzes Vorwort (im Vergleich zu Mörderinnen) vorgestellt ist. Die jeweiligen Fälle haben keine eigene Untergliederung in Unterabschnitte, werden jedoch teilweise mit einem kurzen Epilog abgeschlossen. Jeder Fall ist in sich geschlossen und kann somit eigenständig gelesen werden. Der Umfang der Fälle variiert von etwa 25 bis 60 Seiten.

Sprachlich überzeugt Mörder wie auch bereits Mörderinnen durch einen angenehmen Schreibstil, eine verständliche Erzählweise und der gut ausgeprägten Fähigkeit des Autors, mit Sprache umgehen zu können. Die Gratwanderung zwischen spannendem und einfühlsamem Bericht gepaart juristischen Erklärungen gelingt hervorragend.

Mein Fazit

Wo fängt man an, wo hört man auf, wenn man über dieses Buch reden möchte. Ich habe unzählige Real Crime Bücher gelesen, ich bewege mich beruflich in genau diesem Bereich und dachte, dass Veikko Bartel „Mörderinnen“ kaum toppen kann. Und doch saß ich hier, mit einem Buch, welches mich weit über die Lesezeit hinaus beschäftigt hat und musste feststellen: Er hat sich selbst übertroffen.

Während mich bei „Mörderinnen“ neben dem tollen Schreibstil vor allem überzeugt hat, dass ein Buch über die vergleichsweise seltene Tätergruppe der Frauen geschrieben wurde, war es bei „Mörder“ wahrscheinlich die Vielzahl an Momenten, die sich in mein Gedächtnis gebrannt haben und mich mit jeder Menge „was würde ich tun“-Fragen zurückgelassen hat. Denn der Autor verlangt dem Leser – vielleicht für den Leser teilweise unbewusst – ab, dass er selbst seine Bewertungen und Meinungen fällt. Im Vordergrund des Buches steht größtenteils die Tat und wie es zu dieser Tat kam, nebensächlich ist meist das Urteil, denn der Leser wird permanent vor die Frage gestellt: Ist das Urteil so in dieser Weise verständlich? Veikko Bartel leitet dabei gern mit dem Urteilsspruch ein, um den Leser im Anschluss daran regelrecht an den Kopf zu werfen, dass er sich nicht vorschnell ein eigenes Urteil bilden soll. Zu keiner Zeit bleibt dabei außer Acht, dass es sich um teils juristische Inhalte handelt, die vielen Lesern nicht alltäglich sind, weshalb viele Sachen erklärt werden. In „Mörderinnen“ hatte ich teilweise das Gefühl, dass hier einige Erklärungen auf der Strecke blieben, während hier mit Fußnoten und auch im jeweiligen Epilog zahlreiche Fragen beantwortet werden. Man merkt dem Autor dabei auch an, welche „Standardfragen“ er immer wieder im Rahmen seiner beruflichen Laufbahn beantworten musste und sicher wird sich der ein oder andere Leser ertappt fühlen, wenn Herr Bartel ansetzt zu „jetzt könnte man meinen, dass..“. Die lehrreichen Erklärungen wirken dabei aber nie belehrend.
Mörder ist ein interessanter Einblick in eine sehr vorurteilsbehaftete Welt der Strafverteidigung, welche der Autor durch seinen Berufs- und Büroalltag erklären möchte. Es gibt einige Anekdoten, die das Buch ein wenig auflockern (etwa, als der Autor an der Supermarktkasse stehend in einem Telefonat eine Leiche beschrieb und die gesamten Anwesenden mithören konnten oder wie er seinem Bodyguard in Indien entkam, um an Straßenständen zu essen). Aber nie verliert Veikko Bartel sein eigentliches Ziel – den Fall – aus den Augen, wenngleich es hin und wieder aber auch längere Umwege gibt, etwa im Kapitel „Der Scharfschütze der Fremdenlegion“, wo der Autor nach Indien fliegt und sehr eindrucksvoll von seinen Erlebnissen dort berichtet. Er stellt fast immer den Mandanten in den Vordergrund und verfällt auch bei guten Verteidigungszügen nicht in eine ausufernde Selbstbeweihräucherung, wie man es von anderen Autoren des Genres kennt.

Die Auswahl der Fälle ist erneut gut gelungen, insbesondere, dass sie nicht alle in die gleiche Kerbe schlagen und nicht alle den gleichen Verlauf nehmen. Etwas unterschiedlich in der Erzählung ist das Kapitel „Der Scharfschütze der Fremdenlegion“ (der Ausflug nach Indien thematisiert mehr das indische Rechtssystem und die damit verbundenen Erlebnisse) und das letzte Kapitel „Der Serienvergewaltiger, der Tod von Frau Meyer und das Gewissen eines Strafverteidigers“. Eines haben aber alle Fälle gemeinsam: Sie zeigen für mich, dass Recht oftmals nicht schwarz oder weiß ist. Denn der Leser wird mitgenommen auf eine Reise, die zwischen Entsetzen, Emotionen und einem gewissen Grad an Verständnis für einige zu der vielleicht erschreckenden Erkenntnis führen wird, dass auch hinter einem Fall, wo ein Mensch das Leben eines anderen nimmt, nicht immer menschliche Abgründe liegen müssen, sondern manchmal auch menschliche Schicksale stecken können. Fast jeder Fall in diesem Buch hallte dabei in mir nach und ich ertappte mich immer wieder, wie ich auch später über einzelne Punkte nachdachte. Herr Bartel hat mir mit einer Frage jedoch tatsächlich tagelange Alpträume beschert: Haben Sie sich jemals gefragt, wie Sie reagieren würden, wenn jemand Sie anruft und fragt, was er nach der Tötung einer Person tun soll?


Das letzte Kapitel des Buches spricht vor allem über das Bild eines Strafverteidigers in der Realität, seine Rolle im Strafverfahren und seine Bedeutung für die rechtsstaatliche Ordnung. Es war ein Kapitel, was für mich fast wie ein therapeutischer Epilog wirkte, denn es geht hierbei um Fragen, denen sich ein Strafverteidiger regelmäßig stellen muss: Hat ein Strafverteidiger ein Gewissen? Der Autor erläutert für mich sehr schön die Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, den Spagat zwischen seiner Rolle im System und seinem eigenen Gewissen anhand eines Falles. Veikko Bartel beherrscht die Kunst, ebendiese Rolle des Strafverteidigers eindrucksvoll zu erläutern, ohne den Strafverteidiger wie ein Monster wirken zu lassen, welches rücksichtslos auf der Seite des vermeintlich Bösen steht. Und er entlässt den Leser mit einer verborgenen Frage, die fast so wirkt, als sei er an ihr zerbrochen.

Und so beende ich dieses Werk, bei dem man die Liebe des Schreibers zu einem Beruf, der ihn sicher öfter zur Verzweiflung und zu Selbstzweifeln gebracht hat, mit der festen Überzeugung, dass ich dem letzten Satz in diesem Buch nicht zustimme und verbleibe mit der Hoffnung, dass dieses Buch nicht das letzte Buch von Veikko Bartel sein wird. Denn er beherrscht die Kunst, den Leser in eine unbekannte Welt zu entführen und ohne sensationslüsterne Schilderungen zu fesseln und zu begeistern, auch wenn ich nicht immer komplett seine Ansichten teile. Von mir aus könnte der Autor auch über Rotlichtverstöße, Hausfriedensbruch oder Ladendiebstahl schreiben – ich bin mir sicher, ich wäre genauso überzeugt. Denn Veikko Bartel zählt für mich – spätestens nach diesem Werk, wenn nicht bereits seit Mörderinnen, welches ich ebenfalls jedem ans Herz legen kann – zu einem der besten True Crime Autoren der Gegenwart.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 24.02.2019

verwirrend, unglaublich spannend und sicher keine Highschool-Story

Silver Swan - Elite Kings Club
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„Es ist alles ein Spiel, Kätzchen. Und du befindest dich auf einem ziemlich verqueren Spielbrett.“ (Bishop zu Madi in Silver Swan)

Worum geht’s?
Mal wieder muss Madi wegen ihres reichen Vaters umziehen. ...

„Es ist alles ein Spiel, Kätzchen. Und du befindest dich auf einem ziemlich verqueren Spielbrett.“ (Bishop zu Madi in Silver Swan)

Worum geht’s?
Mal wieder muss Madi wegen ihres reichen Vaters umziehen. Diesmal in die Hamptons, wieder an eine neue Schule, wieder voller verdammt reicher Kids. Doch diese Schule ist anders. Denn hier trifft Madi auf eine Gruppe verdammt gutaussehender, aber auch verdammt gefährlicher Jungs, die von alle nur als „Elite Kings Club“ betitelt werden. Die anderen haben Respekt vor ihnen, verehren sie und ihre Rolle geht weit über die Schule hinaus. Alle sagen, sie sollte sich von ihnen fernhalten. Aber Madi wagt das Spiel mit dem Feuer. Und ehe sich Madi versieht, befindet sie sich in einem Strudel aus Geheimnissen, Machtkämpfen und Lügen…

Silver Swan ist der erste Teil der Elite Kings Club Buchreihe vom Amo Jones. Das Buch ist nicht abgeschlossen und wird in Band 2 fortgeführt.

Schreibstil / Gestaltung
Das extrem düstere Cover ist bereits ein extremer Hingucker. Patronenhülsen, Kratzer, Einschusslöcher, eine Art gefiedertes Diadem – die Marschrichtung wird hier bereits vorgegeben: Es wird dunkel. Das Cover hatte bereits in der Programmvorschau meine Aufmerksamkeit erregt.

Das Buch besteht aus 30 Kapiteln, die alle einen eher längeren Umfang haben. Die Geschichte wird ausschließlich aus Sicht von Madi in der Ich-Perspektive erzählt, die Geschichte enthält keine Rückblenden und wird linear erzählt.

Der Schreibstil von Amo Jones ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Viele kurze Sätze, deutliche Sprache – bereits der Schreibstil baut eine gewisse Atmosphäre auf. Der Schreibstil wirkt trotzig, sprunghaft, unkontrolliert, launisch und zeitweise lustlos – das ist aber alles so gewollt und das ist, was dieses Buch zu einem Erlebnis werden lässt. Ist man anfangs noch irritiert und stolpert vielleicht ein wenig in das Buch, so fängt dieser doch eher ungewöhnliche Schreibstil einen sehr schnell ein und lässt einen nicht mehr los.

Mein Fazit
Silver Swan ist für mich ein absoluter Überraschungshit und bereits jetzt eines meiner 2019-Highlights. Wieso ist das so? Ich habe zu dem Buch gegriffen, da der Klappentext interessant klang. Ich habe eine nette, standarisierte Highschool-Geschichte erwartet mit einem Haufen reicher Jungs, die von ihrem zu vielen Geld vielleicht mal kiffen oder durch die Betten springen, aber ansonsten auch mehr Badboy-Schein als Badboy-Sein ausstrahlen. Erwartest du das auch? Dann nimm deine Beine in die Hand und lauf – dieses Buch ist alles, aber keine 0815-verkitschte-Wannabe-Badboy-Geschichte.

Silver Swan ist nicht harmlos. Silver Swan ist nicht lieb und nett. Silver Swan ist durch und durch düster. Wenn ich Silver Swan beschreiben müsste, würden mir als erste Adjektive folgende einfallen: Verwirrend, vereinnahmend, verkorkst und verquer. Aber das alles in einer positiven Art und Weise.

Es fängt bereits bei den Protagonisten an. Im Fokus der Geschichte steht Madi, ihr Stiefbruder Nate und der Anführer des Elite Kings Club, Bishop. Dazu kommen etwa zwei Hände voll weitere Charaktere, von denen einige mehr Vorkommen haben als andere. Madi ist kein typisches Mädchen, sie ist taff und nicht auf den Mund gefallen. Sie testet gerne Grenzen aus und spielt regelmäßig mit dem Feuer. So oft möchte man ihr zurufen, dass sie aufhören soll, dass sie sich verbrennen wird, dass sie das Weite suchen soll. Wird man sauer auf sie, weil sie es nicht tut? Ich nicht. Denn obwohl der gesunde Menschenverstand wohl in vielen Situationen anders reagiert hätte, so passt die Verhaltensweise sowohl zu Madi als auch zur Botschaft des Buches perfekt. Sämtliche männliche Charaktere sind unsympathisch. Das wäre eigentlich ein Grund, ein Buch nicht zu lesen. Aber die Jungs sind auf eine betörende Art und Weise unsympathisch. Sie kennen keine Grenzen, sie kennen keine Gefahr und wahrscheinlich kennen sie auch das Wort „nein“ nicht. Habe ich hier erwartet, dass mal wieder Schnösel mit ein wenig 50 Shades of Grey daherkommen, so hat mir das Buch bereits ziemlich weit am Anfang die Beine weggerissen. Nein, die Jungs hier sind böse. Sie spielen es nicht, sie sind es. Dabei sind die Jungs permanent undurchsichtig und verwirrend, dass man nie weiß, wer Freund, wer Feind ist, dass man nie weiß, ob jetzt gerade Wahrheit oder Lüge dominiert und wieso sie etwas tun. Aber zu keiner Zeit wirkt es, als sei hier übertrieben worden oder als hätte man gestörte, psychisch kranke Charaktere vor sich – die Jungs sind nur kaputt, auf ihre Art.

Der Leser wird hier in eine Welt entführt, auf die er sich einlassen muss. Das ist klar und das muss gesagt werden. Hier gibt es keine Rosen, keine Abschlussbälle, kein romantisches erstes Mal. Hier gibt es jede Menge Rätsel, einige härtere Erotikszenen, viel Grobheit, viel Rücksichtslosigkeit und noch mehr Lügen. Dieses Buch ist kein Liebesroman, wenn überhaupt könnte man das Buch im Genre Dark Romance einsortieren. Vordergründig ist das Buch eine Art mysteriöse Suspense-Geschichte, bei der der Leser nicht ein und nicht aus weiß, sich an jeden Strohhalm klammert und dennoch regelmäßig untergeht. Es ist ein Buch, bei dem die Charaktere absolut sprunghaft sind und man hierfür regelmäßig keine Erklärung erhält, ein Buch, bei dem man das Gefühl hat, eine geheime Botschaft übersehen zu haben – und es macht einem verrückt. Man möchte es verstehen, man möchte es begreifen und man möchte wissen, welche Bedeutung die Enthüllungen, die Lügen und die Machtkämpfe in dem Buch haben, wieso einige Charaktere handeln, wie sie handeln. Aber nur in wenigen Fällen bekommt man diese Erlösung und es ist mehr als klar, dass Band 2 und Band 3 erst wirklich Licht in diese verquere dunkle Welt geben wird.

Eigentlich mag ich Bücher nicht so gern, bei denen ausschließlich aus Sicht einer Person erzählt wird. Oftmals finde ich es schade, dass man hierdurch die Gedanken und Intentionen anderer Charaktere nicht erfährt. Bei Silver Swan ist es allerdings absolut gelungen, dass wir nur aus Madis Sicht die Geschichte erfahren. Denn so hat der Leser zu jeder Zeit das gleiche Wissen und die gleichen Grundlagen wie Madi sie hat, der Leser hat ihr gegenüber kein überlegenes Wissen und kann sich so mehr auf ihre Entscheidungen einlassen.

Falls sich jemand von dem Highschool-Setting abschrecken lässt, so sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Charaktere wesentlich älter wirken und einem hier nur minimal das Thema Highschool präsentiert wird. Hier gibt es kein Highschooldrama, dafür haben die Jungs keine Zeit. Ihre dunkle Welt ist schon dramatisch genug.

Silver Swan ist von Anfang an ein Pageturner. Die Geschichte saugt einen auf und wirbelt einen durch die Gegend. Von Anfang an gibt es ein Haufen Geheimnisse, viele Lügen, unbeantwortete Fragen und jede Menge Rätsel. Man hofft inständig, Antworten zu finden. Stückchenweise werden einem Puzzleteile vor die Füße geworfen und am Ende spuckt das Buch einem mit vielen Fragen und keinen Antworten wieder aus. Das einzige, was bleibt, ist die Frage:
„Woher kommt der Eindruck, dass mir nach wie vor ein wichtiges Teil des Puzzles fehlt?“ (Madi in Silver Swan)

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]


Veröffentlicht am 23.02.2019

wunderschöne Geschichte mit wunderschönen Worten

Writers in New York
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„Mein Herz pochte, als mir plötzlich ein Stein vom Herzen fiel. Ich tippte Worte, von denen ich selbst nicht einmal gewusst hatte. Denn sie kamen direkt von meinem Herzen und wir alle wissen, dass mein ...

„Mein Herz pochte, als mir plötzlich ein Stein vom Herzen fiel. Ich tippte Worte, von denen ich selbst nicht einmal gewusst hatte. Denn sie kamen direkt von meinem Herzen und wir alle wissen, dass mein Herz und ich bisher nicht besonders viel miteinander kommuniziert haben.“ (Alec in Writers in New York – Jedes Wort ist für dich)

Worum geht’s?

Freiheit. Das ist, wonach India sucht, als sie kurzerhand von Alabama nach New York kommt, um Kreatives Schreiben zu studieren. Nur ein paar Monate Auszeit von ihrem Elternhaus, was ihre Liebe zum Schreiben nicht verstehen und nicht tolerieren will, ein paar Monate machen, was sie möchte – das ist alles, was India will. Aber New York hält so viel mehr für sie bereit, besonders als sie auf ihren Nachbarn Alec trifft. Alec, begnadeter Frauenaufreißer und noch begnadeter darin, keine Gefühle zu haben, möchte auch schreiben. Doch schon bald kann er nicht mehr schreiben, denn seine Gedanken werden nur noch von India beherrscht…

Writers in New York ist in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung

Writers in New York hat eines der schönsten Cover, was ich jemals gesehen habe. Eine weiche, feminine Farbgebung gepaart mit einem Blick aus dem Fenster auf die Skyline New Yorks und das Notizbuch passen durch ihre träumerische Ausstrahlung perfekt zum Buch. Es ist einfach ein absoluter Hingucker.

Die Geschichte wird wechselnd aus Sicht von India und Alec in der Ich-Perspektive erzählt. Der jeweilige Erzähler wird durch eine entsprechende Überschrift auch genannt, allerdings merkt man auch inhaltlich sofort, ob Alec oder India erzählt, da beide in ihrer sprachlichen Gestaltung unterschiedlich sind. Die Geschichte ist größtenteils linear erzählt. Zu Beginn eines jeden Kapitels gibt es ein passendes Zitat oder einen Auszug aus einem Liedtext.

Das Buch lässt sich leicht und flüssig lesen, die sprachliche Darstellung ist stets verständlich und von durchschnittlicher Art. An einigen Stellen wird Umgangssprache oder vereinzelt leicht vulgäre Begriffe aus dem Erotikbereich verwendet, die jedoch in einem passenden und angemessenen Kontext integriert werden.

Mein Fazit

Angezogen wie eine Motte vom Licht wollte ich wissen, was sich hinter diesem wunderschönen Cover verbirgt. Erwartet habe ich eine schwere Geschichte über zwei junge Menschen, deren Lebenstraum es ist, zu schreiben und deren Weg in einer fast schon philosophischen Art geschildert wird und gar nicht wirklich in das New Adult Genre passt. Doch was habe ich bekommen?

Die Geschichte beginnt unmittelbar mit Indias Umzug nach New York und dem Aufeinandertreffen mit Alec. Spätestens ab hier war klar, welchen Verlauf die Geschichte nehmen wird. Die beiden jungen Erwachsenen, die nebeneinander wohnen und sich gewissermaßen anfreunden und die ewig währende Frage „ist es nur Freundschaft“ ist aus anderen Genrekollegen hinlänglich bekannt. Aber bereits der Einstieg in das Buch hat mir verraten, dass mich hier doch kein gewöhnliches Buch erwartet. Es ist nicht, dass die Story besonders innovativ daherkommt und mit großen Überraschungen aufwartet. Tatsächlich empfand ich den Spannungsbogen der Geschichte als sehr niedrig bis kaum vorhanden, Großteile der Story waren zumindest erwartbar und bis auf einige Ausreißer passiert ziemlich wenig. Dafür bedient sich die Autorin aber auch keinerlei Fake-Drama und unnötiger Klischee-Drama-Punkte, um die Geschichte unnötig zu belasten. Für gelegentlichen Herzschmerz und feuchte Augen war dies auch gar nicht nötig.

Aber – und jetzt kommt das große Aber: Die Kunst dieses Buches ist nicht, zwei Menschen eventuell zueinanderfinden zu lassen, nein, die Kunst dieses Buches ist die Art und Weise, wie die Story beschrieben wird. Noch nie ist mir ein Buch untergekommen, was mich sprachlich so begeistert hat. Die Autorin hat eine unglaubliche Begabung, mit Sprache und Worten umzugehen. Sie zaubert in fast schon magischer Weise ein Buch, welches mich fast ausschließlich durch die Eigenart der Erzählung gefesselt hat. Bereits nach einigen Seiten habe ich verstanden, dass dieses Buch nicht nur eine Liebesgeschichte sein soll, sondern für die Autorin zugleich eine Liebeserklärung ist: Eine Liebeserklärung an das Schreiben und die Worte, durch die sie wunderschöne Geschichten erzählen kann. Denn bei Writers in New York geht es nicht nur um Alec und India. Es geht um die Kunst des Schreibens, um die Magie des Lesens und die Macht der Worte.

Das Buch gewährt für mich noch nie dagewesene Einblicke in das Leben einer Person, die durch ihre Worte die Welt begeistern möchte. Während ich schon immer Bücher gelesen habe, war mir nie wirklich bewusst, was eigentlich alles hinter den Seiten steht, die ich in der Hand halte. Selbstzweifel, der Schaffensprozess, aber auch Gedanken der Autorin finden sich hier teilwiese wieder. Und immer wieder habe ich mich gefragt, wie viel biografischer Inhalt in diesem Buch wohl verarbeitet und versteckt ist. Es gibt grandiose Passagen über den Einfluss von Büchern auf ihre Leser, auf den Einfluss von Lesern auf Autoren und ich habe mich sicher ein dutzend Male regelrecht ertappt gefühlt, dass ich dachte „oh ja, so sehe ich das auch“ oder „ja genau, das sind mein Gründe“.

Mit Alec und India werden einem zwei grundverschiedene, aber irgendwie auch gleiche Charaktere vorgesetzt. Vereint durch die Liebe zum Schreiben, aber geteilt in ihrer Art ist Alec mürrisch, glaubt nicht an Gefühle und für ihn ist sein ganzes Leben nur Recherche und Inspiration für seine Werke, während India hingegen schreiben möchte, doch es ist, als müsse sie erst lernen, wie man schreibt und wie man Inspiration erlangt, denn sie wird von Selbstzweifeln und der Frage geplagt, ob ihre Flucht nach New York richtig war. Und während Alec ihr die Lektionen erteilt, die sie benötigt, um sich zu verbessern und an sich selbst zu glauben, hofft der Leser stets, dass er anfängt zu verstehen, dass er eingeigelt in seine kreative Welt die Schönheit der Realität verpasst. Mehr als einmal möchte man Alec schütteln und ihm zeigen, dass er sich immer wieder selbst sabotiert. India war von Anfang an ein durchweg sympathischer Charakter, während Alec nicht immer Begeisterung in einem auslösen konnte. Beide haben ihre Päckchen der Vergangenheit zu tragen, doch ich empfand es so, dass hierbei vielmehr die Entwicklung von Alec und seine Hintergrundgeschichte im Vordergrund stand. Ein wenig mehr zur Thematik um India und ihre Eltern wäre schön gewesen. Lobend möchte ich an dieser Stelle aber zugleich erwähnen, dass die Autorin es geschafft hat, Alec und India in jeweiligen Kapiteln so eigenständig zu gestalten, dass beide ihre eigene Persönlichkeit haben und widerspiegeln können.

Generell ist es so, dass die Geschichte unaufhaltsam auf ihren dramaturgischen Höhepunkt zusteuert, dann aber mit einigen Twists kurz hintereinander daherkommt. Die größte Enthüllung war für mich persönlich dabei vorhersehbar und ich hatte diese Wendung – wenn auch erst deutlich später – fast so erwartet. Die Umsetzung der Wendung fand ich dabei aber durch den mehrfachen Twists etwas kompliziert und für manche Leser sicher nicht ad hoc verständlich. Lediglich ein Aspekt der Wendung hatte ich so nicht erwartet und gerade dieser Aspekt führte leider dazu, dass ich kurzzeitig Probleme hatte, wieder in das Buch zu finden, da ich mich regelrecht manipuliert und ein Stück weit auch emotional betrogen gefühlt hatte. Doch nach zahlreichen Seiten hatte diese wunderschöne Geschichte sich dann auch wieder in mein Herz zurückgeschlichen und konnte mich mit einem zwar klischeehaften, aber wunderbar passendem Ende begeistern.

Einzig ein kleiner Faktor hat mich persönlich ein wenig gestört: Im Buch werden neben vielen Buchthemen auch zahlreiche Fandoms aus Serien und Büchern angesprochen. Ich finde so etwas immer etwas schwierig, weil viele Leser sicher nicht alle angesprochenen Themen gesehen oder gelesen haben und sich ausgeschlossen fühlen könnten, wenn sie nicht verstehen, was die Autorin verdeutlichen möchte, wenn sie zB von der Beziehung von Chuck Bass und Blair Waldorf redet oder Erkenntnisse aus Modern Family verwerten möchte.

Alles in allem ist Writers in New York eine runde, sehr angenehme und sehr liebevolle Geschichte. Und am Ende habe ich mich dieses eine Mal ausnahmsweise nicht hauptsächlich in die Geschichte zweier Liebender, nicht in die Charaktere selbst oder ihre Erlebnisse verliebt, sondern in die unvergleichliche Schönheit der Worte, mit denen die Autorin diese Geschichte so einfühlsam, behutsam und wunderschön für immer und ewig niederschreibt.

+++ es folgen im Weiteren mögliche Spoiler +++

An dieser Stelle möchte ich noch etwas zu dem bereits angesprochenen, etwas komplexeren Twist sagen. Bereits kurz vorm eigentlichen Twist habe ich das Gefühl gehabt, kurzzeitig den Faden verloren zu haben, weil aus dem Nichts plötzlich eine zweite India als Geist-India in die Story kommt und zudem diverse Buch- und Seriencharaktere real werden. Ich war an der Stelle tatsächlich verwirrt und war an der Stelle der Auslösung, dass alles nur ein Traum gewesen sein soll, kurzzeitig am überlegen, das Buch abzubrechen, da diese abstruse Wandlung für mich keinen Sinn ergab. Als wenige Seiten später dann die Erkenntnis eintrat, dass hier ein Buch im Buch präsentiert wurde, war ich erleichtert. Ich hatte bereits bis zu diesem Punkt diesen Twist erwartet, dass am Ende alles die von Alec und India niedergeschriebene Liebesgeschichte der beiden war, insbesondere da die Charaktere selbst immer wieder damit kokettierten, wie gut sie als Protagonisten in einem Liebesroman wären und teilweise zum Leser sprachen.

Wieder einige Seiten später erfuhr man dann, dass Alec dieses Ende für das Buch vorgesehen hat, weil das reale Ende – Indias Rückkehr und Alecs Weggang – ihm nicht gefiel. Und an dieser Stelle fing es dann ungewollt an, dass ich mich gefragt habe, wie viel von dem, was ich gelesen habe, deren tatsächlicher Liebesgeschichte entsprach. Und dieser Gedanke ließ mich leider dann etwas länger nicht los. Mein Problem damit war wahrscheinlich, dass ich mich durch Alecs Manipulation an ihrem Ende betrogen gefühlt habe und die mehreren Twists hintereinander einfach zu oft die Gefühle umgeworfen haben und ich mich nicht wieder auf das Buch einlassen wollte, weil jederzeit wieder die Enthüllung hätte kommen können, dass es nur ein weiterer Twist in der Liebesgeschichte zweier Autoren ist. Ein Glück konnte mich die Geschichte aber kurz danach dann doch wieder einfangen.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise von Netgalley und dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 18.02.2019

etwas anderes Geschichte mit manipulativem Superarschloch

Dirty Love: Ich will dir gehören!
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„Ich war wütend auf mich selbst. Mehr als auf alles andere war ich wütend, in diese Falle gegangen zu sein. Ich war wütend, denn wenn ich es nicht gewesen wäre, wäre ich verletzt gewesen und ich war mir ...

„Ich war wütend auf mich selbst. Mehr als auf alles andere war ich wütend, in diese Falle gegangen zu sein. Ich war wütend, denn wenn ich es nicht gewesen wäre, wäre ich verletzt gewesen und ich war mir ziemlich sicher, dass sich das noch schlimmer angefühlt hätte.“ (Sabrina in Dirty Love 1)

Worum geht’s?

Als Sabrina voller Freude ihren neuen, perfekten Job in New York antritt, ist alles perfekt. Bis er auftaucht: Donovan. Einer ihrer Chefs, ein schwarzer Fleck in ihrer Vergangenheit, seit Jahren das Objekt ihrer Begierde. Denn Sabrina und Donovan verbindet ein Erlebnis und seit zehn Jahren verfolgt es Sabrina. Und jetzt plötzlich steht er wieder vor ihr. Sie weiß, dass in seiner Welt Macht und Sex die Grundlage seines Lebens sind. Sie weiß, dass er sie jederzeit wieder zerstören kann, wie damals vor zehn Jahren. Sie weiß, dass er ihr Verderben sein wird. Und trotzdem kann sie nicht anders…

„Dirty Love – Ich will dir gehören“ ist Band 1 einer Dilogie und nicht in sich geschlossen. Die Geschichte wird in Band 2 fortgeführt.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover des Buches zeigt einen jungen Mann im Anzug in einem Sessel sitzen. Es passt sehr gut zum Buch und zu dem Bild, welches von Donovan gezeichnet wird, ist zugleich aber auch sehr schlicht und wenig aufsehenerregend.

Das Buch besteht aus zwei Teilen, der erste Teil „Dirty Boys“ spielt zeitlich vor der Hauptgeschichte (vor 10 Jahren) und umfasst etwa 15% des Buches, während der zweite Teil „Dirty Men“ in der Gegenwart spielt und den Großteil des Buches ausmacht. Das Buch wird ausschließlich aus Sicht von Sabrina in der Ich-Perspektive erzählt. Nur im zweiseitigen Epilog erhält man kurz Einblick in Donovans Gedankenwelt.

Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Es ist stets verständlich geschrieben. Sprachlich wird es regelmäßig deftiger und in einem gewissen, angemessenen Maße auch leicht vulgär. Das Buch enthält explizite Erotikszenen und zahlreiche Beleidigungen.


Mein Fazit

Zu Dirty Love habe ich aufgrund der Empfehlung einer Freundin gegriffen. Ich mag hin und wieder auch Bücher, in denen der Mann nicht der klischeehafte Gentleman ist. Was mich bei Dirty Love erwartet, hätte ich jedoch nicht vorhergesehen.

Die Geschichte findet ihren Beginn in der Vergangenheit, zu dem Zeitpunkt befindet sich Sabrina noch in Harvard und es gibt einen Abend, der viel verändert für ihr weiteres Leben. Donovan lernt sie bereits in Harvard kennen und seine Rolle ist hierbei in mehrerlei Hinsicht für sie lebensverändernd. Bereits in diesem Abschnitt lernt man sehr schnell die Gangart des Buches kennen: Hier erwartet einen keine konventionelle Liebesgeschichte, hier geht es viel um Dominanz und Machtspielchen.

Fast forward zehn Jahre später treffen nun beide wieder aufeinander. Grundlegend geht es bei dem Buch jetzt primär darum, ob die beiden zueinanderfinden – in welcher Art auch immer. Ich muss an dieser Stelle vorsorglich den Hinweis aussprechen, dass einige Stellen des Buches für einige Leser triggernd sein könnten oder verstörend. Unter anderem werden in diesem Buch auch Vergewaltigungsfantasien thematisiert. Es gibt zahlreiche Erotikszenen, die teilweise auch grob sind oder als grenzwertig empfunden werden könnten. Darüber sollte man sich im Klaren sein. Die Autorin verlässt in meinen Augen nie den Bereich der angemessenen Einkleidung und sämtliche Vorkommnisse sind mit dem Vorwissen um die Charaktere auch gut erklärbar. Dennoch könnten sie bei Zartbesaiteten für Bauchschmerzen sorgen.

Den Leser erwartet hier ein phasenweise sehr intensives, stellenweise sehr heißes und teilweise auch sehr verwirrendes Katz-und-Maus-Spiel. Hier spielt es dem Buch in die Karten, dass man ausschließlich Sabrinas Sichtweise kennt. Ihre Gedankenwelt schwankt zwischen „ich weiß, dass ich mit dem Feuer spiele und mich immer wieder verbrennen werde“ und „ich kann und will nicht mehr“. Die Verbindung zwischen Donovan und Sabrina ist in vielerlei Hinsicht speziell, verquer und ungewöhnlich.

Sabrina ist ein sehr taffer, schlagfertiger Charakter, der zugleich aber einige Päckchen zu tragen hat und mit einigen ihrer Gedanken nicht im Reinen ist. Sie hat ziemlich düstere Gedanken und es scheint, als sei Donovan der einzige, der in irgendeiner Weise ihre Denkweise nachvollziehen kann. Immer wieder möchte man Sabrina wahlweise schütteln, ihr zurufen aufzuwachen oder sie irgendwo festketten, damit sie nicht in ihr Verderben laufen wird. Aber teilweise ist sich der Leser nicht sicher, ob sie wirklich in ihr Verderben oder vielleicht doch in ihre Erlösung laufen könnte. Denn Donovan ist in diesem Buch die Stärke. Er ist ein sehr dominanter Charakter, der gewissermaßen furchteinflößend ist. Es ist faszinierend, wie er immer wieder mit einem Satz schafft, eine Situation komplett zu verändern. Er ist arrogant, er ist hochgradig manipulativ, er ist knallhart. Und hiermit spielt die Autorin sehr gut. Es gibt viele Szenen, in denen ein kleiner Hoffnungsschimmer herankocht und mit nur einem Satz, teilweise nur einem Wort ist es, als hätte der Leser einen Eimer Eiswasser abbekommen oder sei durch eine verbale Ohrfeige wieder in die Realität geholt worden. Ich würde sogar so weit gehen, dass ich behaupte, mir ist in sämtlichen Büchern bisher kein Charakter wie Donovan untergekommen. Er verdient regelrecht den Titel „größtes Bucharschloch ever“. Im Epilog hat die Autorin dann aber mit nur einem Abschnitt mein Herz in tausend Einzelteile zerspringen lassen.

Auch wenn phasenweise das Buch sehr überdreht wirkt, konnte es mich durchweg gut unterhalten und hat mich an emotionale und rationale Grenzen geführt. Sabrina und Donovan sind interessante, aber auch spezielle Charaktere und die Storyline wartet mit einigen Grenzerfahrungen auf. Lässt man sich aber darauf ein, in diese komplizierte und verquere Beziehung einzusteigen, wird man hier ein starkes Buch finden, was viel Freude und Verzweiflung bereiten kann.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 13.02.2019

humorvoll, natürlich, etwas fürs Herz

Corporate Love - Bentley
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„Vielleicht brauchte er weniger Glitter und Glamour als vielmehr jemanden, der ihn fröhlich machte.“ (Emmy in Corporate Love - Bentley)

Worum geht’s?

Bentley ist 32, gutaussehend, extrem erfolgreich ...

„Vielleicht brauchte er weniger Glitter und Glamour als vielmehr jemanden, der ihn fröhlich machte.“ (Emmy in Corporate Love - Bentley)

Worum geht’s?

Bentley ist 32, gutaussehend, extrem erfolgreich und steinreich. Emmy ist 25, süß, studiert und nicht gerade mit Geld gesegnet. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein und dennoch führt das Schicksal ihre Wege an einem Morgen in einem kleinen Cafe zusammen – als Bentley über Emmys Rucksack stolpert und ausflippt. Schon bald kann Bentley die junge Frau nicht mehr vergessen und eher er sich versieht, stellt sie sein Leben auf den Kopf. Doch eine unbekannte Gefahr schwebt über Bentley und schon bald auch über Emmy…

Corporate Love – Bentley ist Band 1 einer bisher vierbändigen Reihe von Melanie Moreland. Band 2 und 3 sind bereits zur Erscheinung angekündigt. Band 1 ist grundsätzlich in sich geschlossen, einige Aspekte werden aber wahrscheinlich in den Folgebänden weitergehen.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist ein typisches Cover für einen CEO-Millionärsroman wie bereits zigmal gesehen. Es passt einigermaßen zum Buch, ist aber weder aufsehenerregend noch besonders.

Melanie Moreland kann mit einem leichten Schreibstil überzeugen. Das Buch lässt sich flüssig und über längere Zeit lesen. Das sprachliche Niveau ist durchschnittlich. Phasenweise ist das Buch sehr humorvoll, an anderen Stellen sehr gefühlvoll – die Autorin hat hier stets den richtigen Ton getroffen.

Das Buch wird linear aus Sicht von Bentley und Emmy in der Ich-Perspektive erzählt. Ungewöhnlicherweise ist dabei der Anteil der erzählenden Person ungleich verteilt, sodass Emmys Parts wirklich in einem geringen Verhältnis zu Bentleys Parts stehen. Somit steht ausnahmsweise der männliche Protagonist und seine Gedankenwelt im Vordergrund. Dies gewährt interessante Einblicke und setzt einen anderen Fokus als normal.

Mein Fazit

Reicher, sexy CEO trifft auf armes, kleines Mäuschen und beide entwickeln eine kuriose, unrealistische, viel zu übertriebene Beziehung, bei der er mit Geld alles zu kompensieren versucht und sie mit ihrer am Boden gebliebenen Art sein Leben verändert – genau das war meine Erwartung an dieses Buch. Eine 0815-Millionärs-Romanze mit viel Fake-Drama. So viel sei verraten: Meine Erwartung hätte kaum unrichtiger sein können! Denn Corporate Love 1 ist das absolut nicht.

Der Einstieg in das Buch gelang mir schnell und sehr gut. Der Schreibstil ist sehr angenehm und bevor ich mich versah, hatte ich bereits knapp die Hälfte des Buches gelesen. Die Geschichte beginnt unmittelbar mit dem Aufeinandertreffen von Bentley und Emmy im Cafe und bereits hier war ich von den Charakteren sehr begeistert, denn Emmy ist super schlagfertig und weist den reichen Schnösel direkt in seine Schranken. Nett, spritzig und frech ist aber nicht nur der Anfang, so zieht es sich durch das komplette Buch.

Zugegebenermaßen erfindet die Autorin das Rad natürlich nicht komplett neu. Es geht im Kern darum, ob und wie Bentley und Emmy zueinanderfinden könnten und welchen Einfluss sie dabei auf den jeweils anderen haben könnte. Auch ist die Konstruktion reicher Typ – Studentin allgemeinhin bekannt und zahlreich behandelt worden. Dennoch überrascht mich Melanie Moreland mit vielen Feinheiten und Besonderheiten. Zunächst wäre da der Punkt, dass fast das komplette Buch aus Bentleys Sicht erzählt wird. So etwas hatte ich bisher noch nicht, meist stand die Frau im Vordergrund. Es hat mir sehr gefallen und gab einzigartige Einblicke in seine komplexe Welt. Auch die natürlich benötigten Nebencharaktere – zufälligerweise 2 beste Freunde für Bentley und 2 beste Freundinnen für Emmy – waren zu erwarten, brachten aber viel Farbe und Abwechslung in die Geschichte und sind mit viel Liebe eingebracht. Dass die jeweiligen Charaktere wenig überraschend auch magnetisch zueinanderfinden und ihre eigenen Bände bekommen – absolut vertretbar und ich freue mich tatsächlich auch sehr darauf, die anderen besser kennenzulernen.

Was das Buch für mich aber viele andere Bücher überragen lässt: Die Natürlichkeit. Aus anderen CEO-Ich schenk dir die Welt-Schau wie reich ich bin-Büchern kennt man es: Das erste Date? Hier ist der Helikopter, Baby. Nimm diese Diamantohrringe, ich führe dich aus von New York nach Paris, wo wir in eine super exklusive Ausstellung gehen. Hier nicht! Bentley hat Geld, verdammt viel Geld, aber es steht nicht im Vordergrund der Geschichte. Ganz im Gegenteil wird oftmals auch thematisiert, wenn es teurere Geschenke gibt, was das für beide Charaktere bedeutet. Und das alles wirkte einfach so passend, so natürlich, so sympathisch. Kinodates mit Freunden und selbstgebackener Pizza – im hauseigenen Kinosaal. Geburtstagsparty beim Mexikaner mit viel Freude – mit der Limousine hingebracht. Das Buch schafft einen tollen Spagat zwischen Klischees und Bodenständigkeit. Man hat zu keiner Zeit das Gefühl, dass Emmy und Bentley nicht auf Augenhöhe agieren könnten. Auch die Sexszenen wirken angemessen und natürlich, hier gibt es keine 30 Orgasmen in einer Nacht.

Emmy und Bentley sind zwei starke Charaktere. Emmy ist bodenständig, von einer großen Fröhlichkeit, aber trägt auch aus ihrer Vergangenheit einige Päckchen mit sich. Sie hat oftmals einen frechen Spruch auf den Lippen und fordert Bentley regelmäßig heraus. Durch ihre intelligente Art bringt sie oftmals aber auch überraschende Aspekte in die Geschichte ein und überzeugt mit einer guten Auffassungsgabe und einem Gefühl für die Stimmung ihres Gegenübers. Bentley erfüllt einige CEO-Klischees, hat aber mehr Tiefe als viele seiner Buchkollegen. Denn: Er ist teils unbeholfen im Umgang mit Menschen, vor allem mit Frauen und Emmy. Er ist in einem starren Korsett gefangen, aus dem er lernen muss, herauszukommen. Sein scharfer Verstand und eine gute Menschenkenntnis helfen ihm regelmäßig, bei Emmy aber zweifelt er oft an sich und der Richtigkeit seiner Aktionen. Es war so erfrischend zu lesen, dass der CEO kein Superman ist, der perfekt in einer Frau lesen kann wie in einem Buch und sowieso allem und jedem überlegen ist. Die Nebencharaktere sind allesamt interessant, bekommen angemessen Raum um sich an sie zu gewöhnen oder in gewissen Situationen mitzuwirken, aber nicht zu viel, als dass man genervt ist – genug, um sich auf Band 2 zu freuen, ohne aufdringlich zu wirken.

Interessanterweise passiert in dem Buch über 2/3 relativ wenig. Es geht viel um die Charakter- und Beziehungsentwicklung, gepaart mit einigen Informationen zu Bentleys Firma. Im Hintergrund ist eine Story angelegt, dass Bentley regelmäßig Drohungen bezüglich eines neuen Grundstücks erhält, hier gibt es immer wieder einzelne Hinweise. Obwohl eigentlich wenig passiert, fesselt das Buch aber und vor allem gefällt es mir, dass nicht versucht wird, durch künstliches Drama Spannung reinzubringen. Wie oft hatte man, dass plötzlich irgendwelche Fotos auftauchen mussten, wo Frau sich sofort ihren Teil dachte, oder dass Mann durch irgendwelche zweideutigen Situationen seine Schlüsse zieht – irgendeine Art von Drama, um die Charaktere regelmäßig auseinander und wieder zusammen zu treiben. Die Autorin hier verzichtet vollendens darauf. Ich ziehe sogar den Hut, dass ich das Gefühl habe, erstmal eine realistische Beziehungsentwicklung vor mir zu sehen, bei dem zwei Erwachsene eine Eigenschaft haben, die man zwar erwartet, in fast allen Büchern aber vermisst: Die fundamentale Fähigkeit, bei Streit, Fragen und Unklarheiten miteinander zu reden! Hierdurch erlebt der Leser zwar keine emotionale Achterbahnfahrt, die braucht dieses Buch aber auch nicht. Das Buch spricht für sich. Genauso sind die Charaktere nicht gerade sprunghaft, sondern wohlbedacht und reflektieren meistens auch, bevor sie Entscheidungen treffen.

Erst im letzten Drittel des Buches wird gehörig an der Spannungsschraube gedreht. Hier überschlagen sich die Ereignisse und die Bedrohungsthematik entfaltet sich (zugegebenermaßen nicht unbedingt unerwartet) und mit ihr ein interessanter – wenn auch für mich erwartbarer – Plot rund um Bentleys Firma und Projekte. Und auch hier hat die Autorin wieder sehr realistisch gearbeitet. Sie gibt ihren Figuren Raum, sich „normal“ zu verhalten, während man aus anderen Büchern in solchen Situationen gerade den glatten und eiskalten CEO vorgesetzt bekommt.

Ich will nicht sagen, dass das Buch frei von Klischees ist. Natürlich ist es das nicht. Es ist auch nicht so, dass es unvorhersehbar ist, dass man permanent überrascht wird. Aber die liebevolle Gestaltung durch die Autorin macht das Buch einfach rund und sehr gut lesbar. Das Buch ist in vielerlei Hinsicht anders als der klassische Millionärsroman, erfüllt aber selbstverständlich auch einige klassische Aspekte des Genres.

Das Buch ist für mich ein sehr gelungenes Buch mit tollen Charakteren und Nebencharakteren, einer schönen Liebesgeschichte und ein wenig Spannung – ein top Buch, um den Kopf abzuschalten und sich einfach dahintragen zu lassen.

+++ es folgen im Weiteren mögliche Spoiler +++

Und endlich einmal ist es ein Buch, was nicht mit dem klassischen Ring-Ende daherkommt…

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise von Netgalley und dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]