Eine Dystopie ohne Action, jedoch mit umso mehr Sprachgewalt und Atmosphäre.
Die StraßeDie Welt nach dem Ende der Welt
Ein Mann und ein Kind schleppen sich durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur die Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee schimmert ...
Die Welt nach dem Ende der Welt
Ein Mann und ein Kind schleppen sich durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur die Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee schimmert grau. Sie haben kaum etwas bei sich: ihre Kleider am Leib, einen Einkaufswagen mit der nötigsten Habe und einen Revolver mit zwei Schuss Munition. Ihr Ziel ist die Küste, obwohl sie nicht wissen, was sie dort erwartet. Die Geschichte der beiden ist eine düstere Parabel auf das Leben, und sie erzählt von der herzzerreißend Liebe eines Vaters zu seinem Sohn....(Klappentext)
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"Dass die Welt auf einen rohen Kern nicht weiter zerlegbarer Begriffe zusammenschrumpfte.
Dass die Namen der Dinge langsam den Dingen selbst in die Vergessenheit folgten.
Farben. Die Namen von Vögeln. Dinge, die man essen konnte.
Schließlich die Namen von Dingen, die man für wahr hielt.
Zerbrechlicher, als er gedacht hätte.
Wie viel war schon verschwunden?"
(S. 81)
Dieses Buch beinhaltet eine Dystopie der ganz anderen Art, denn hier passiert im Grunde nicht viel. Keine Zombies, keine actiongeladenen Szenen und keine Bandenrivalitäten zwischen den Überlebenden.
Ein Vater und sein Sohn bewegen sich in einer dystopischen Welt auf einer Straße in Amerika nach Süden, um dem kalten Winter zu entgehen und um an der Küste eventuell Hilfe zu finden, eine Gemeinschaft von Überlebenden, die ihnen nicht ans Leder wollen. Man erfährt nicht, was der Auslöser für die postapokalyptischen Zustände sind oder in welchem Jahr sie sich befinden.
Man streift mit den beiden durch eine Welt, die nicht mehr so ist wie sie einmal war und nie mehr so sein wird. Eine Welt, in der es nichts mehr gibt außer verbrannte Erde, Ruß und Asche, welche selbst die Sonne nicht hindurch lässt. Eine Welt ohne Tiere, dafür mit umso mehr Überlebenden vor denen man sich in Acht nehmen muss. Denn was isst man, wenn es keine Tiere zum Schlachten mehr gibt und man von Hunger getrieben wird?
"Die Stadt war größtenteils ausgebrannt. Keinerlei Anzeichen von Leben.
Autos auf der Straße mit einer Aschekruste überzogen, alles von Asche und Staub bedeckt. Im getrockneten Schlick Fossilien.
In einem Eingang ein ledrig mumifizierter Leichnam. Der dem Tag eine Grimasse schnitt.
Er zog den Jungen näher an sich heran.
Vergiss nicht, dass das, was du in deinen Kopf lässt, für immer dort bleibt."
(S. 14)
Der Schreibstil ist flüssig und beinhaltet, trotz der düsteren und beklemmende Atmosphäre literarisch poetische Züge.
Der Erzählstil ist packend und die Dialogführung nur auf das Nötigste beschränkt. Doch gerade dies führt zu einer unheimlichen Ausdruckskraft der Gespräche zwischen Vater und Sohn.
"Wenn deine Träume von einer Welt handeln, die es nie gegeben hat oder nie geben wird, und du wieder glücklich bist,
dann hast du aufgegeben.
Verstehst du? Und du darfst nicht aufgeben.
Das lasse ich nicht zu."
(S. 169)
Der Autor entführt den Leser in eine unglaublich düstere und herzzerreißende Story voller Erschöpfung, Hunger, Angst, aber auch voller Liebe und Mut.
Aufgrund der äußerst plastischen Beschreibungen von Setting und Gefühlen, fiebert man mit den beiden mit - spürt den Hunger und die Angst in einem hoch kriechen, riecht und schmeckt Rauch und Asche, sieht die verbrannte Welt vor Augen. Hier wird das nackte Überleben von Vater und Sohn mit einer unglaublichen Sprachgewalt erzählt, welche einem als Leser die Gänsehaut rauf und runter laufen lässt.
Wie soll man in so einer Welt überleben und schafft man es trotzdem im Herzen gut und seinen Prinzipien treu zu bleiben? Kann man hier weiterhin zu den Guten gehören?
"Sie kampierten auf einem terrassenförmigen Stück Land jenseits eines zugefrorenen Baches an der Straße.
Der Wind hatte die Asche vom Eis geweht, und das Eis war schwarz,
sodass der Bach aussah wie ein sich durch den Wald windender Basaltpfad."
(S. 35)
Fazit:
Dieses Buch ist eines meiner absoluten Lesehighlights.
Der Autor schaffte es, mich mit dieser Story völlig einzunehmen. Ich habe voller Spannung die Seiten umgeblättert, habe geweint, nachdenklich vor mich hin gestarrt und manche Passagen mit Genuß mehrmals gelesen.
Eine vergleichbare Dystopie, welche mich trotz fehlender Action so sehr in die Story hineingesogen hat, ist mir noch nicht untergekommen. Eine Dystopie ohne Action, jedoch mit umso mehr Sprachgewalt und Atmosphäre.
© Pink Anemone