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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.04.2019

Spannungsarmer Beginn, packendes Finale

König des Schicksals
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„König des Schicksals“ ist der dritte Teil von Robyn Youngs Trilogie um Robert (the) Bruce und Schottlands Unabhängigkeitskrieg. Im Folgenden können daher Spoiler zu Teil eins („Rebell der Krone“) und ...

„König des Schicksals“ ist der dritte Teil von Robyn Youngs Trilogie um Robert (the) Bruce und Schottlands Unabhängigkeitskrieg. Im Folgenden können daher Spoiler zu Teil eins („Rebell der Krone“) und Teil zwei („Krieger des Friedens“) enthalten sein, nicht jedoch zu Band drei.

Dem Titel nach ist Robert endlich König Schottlands. Aber ohne Reich und Respekt ist es eine leere Bezeichnung. Nicht nur die Engländer Edwards I. setzen ihm weiter zu, auch unter den Schotten seines Reiches hat er viele Feinde nach seinem Mord an John Comyn. Sein fester Wille und wenige enge Getreue stehen ihm zur Verfügung, um sein Schicksal zu erfüllen.

Der Roman ist fast ausschließlich aus Roberts Perspektive verfasst, zwischendurch finden sich immer einmal wenige, häufig sehr kurze Abschnitte anderer Personen. Dies führt dazu, dass der Leser sich sehr gut in Robert hineinversetzen kann und mit ihm hofft und bangt. Vordergründig ist in Band drei Roberts Verzweiflung. Häufig erscheint alles ausweglos und auch als Leser denkt man, es kann nicht schlimmer kommen, aber es wird immer noch schlimmer. Vergangene Niederlagen schüren Roberts Selbstzweifel und wiederkehrende „Alles oder nichts“-Entscheidungen lassen die Verantwortungen auf seinen Schultern schwer werden. Diese Menschlichkeit und Authentizität habe ich bereits in den beiden vorangegangenen Bänden bewundert und sie machen für mich den ganz großen Reiz der Reihe aus.

Wie schon in Teil eins und zwei gab es hier allerdings auch einige Einbußen den Spannungsverlauf betreffend. Während es zuvor noch zu 4 von 5 Sternen gereicht hat, habe ich mich diesmal entschlossen, nur 3 zu vergeben. Grund dafür ist, dass ich mich in der ersten Hälfte wirklich gelangweilt habe. Wie oben schon erwähnt, gab es viele Niederlagen für Robert, aber in dieser steten Abwärtsspirale lag wenig Fesselndes. Dazu bleibt es dabei, dass die Handlung zwischendurch ein wenig zu langatmig und detailreich wiedergegeben wird, auch wenn nicht viel passiert. Besonders schwer fiel es mir, mich durch die Rückblicke zu kämpfen. Diese kommen zwar nicht häufig vor, sind dann aber mehrere Seiten lang und enthalten nicht wirklich wichtige Informationen für das aktuelle Geschehen. Meistens werden nur Hintergrundinformationen und die Geschichte bestimmter Charaktere und Beziehungen erörtert. Obwohl ich mit solchen Rückblenden sonst keine Probleme habe, hätte ich hier manchmal gerne vorgeblättert.

Hinten im Buch findet sich nach wie vor das Personenverzeichnis, das ich wieder kaum benötigt habe, da ich alle drei Bände der Trilogie fast unmittelbar nacheinander gelesen habe. Mir waren sehr schnell wieder alle wichtigen Charaktere präsent. Darüber hinaus gibt es eine Karte von Schottland, ein kurzes Glossar und – für mich immer besonders wichtig – Anmerkungen der Autorin.

Wie bereits vorweggenommen, komme ich insgesamt zu 3 von 5 Sternen. Historisch lässt Robyn Youngs Werk nichts zu wünschen übrig und ich bin immer noch fasziniert davon, wie sie den schottischen Unabhängigkeitskrieg auch zu meiner persönlichen Schlacht gemacht hat und Robert Bruce zu einem lebendigen, nachvollziehbaren Menschen. Mit einem strafferen, spannenderen Schreibstil könnte sie mich definitiv auch für ihre anderen Reihen begeistern.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Wunderbare Idee, aber noch ein paar Schwächen

Sturmtochter, Band 1: Für immer verboten (Dramatische Romantasy mit Elemente-Magie von SPIEGEL-Bestsellerautorin Bianca Iosivoni)
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„Sturmtochter – Für immer verboten“ ist der Auftakt zu Bianca Iosivonis Sturmtochter-Trilogie. Es war mit eine ihrer ersten Ideen und doch hat es viele Jahre in der Schublade und viele Überarbeitungen ...

„Sturmtochter – Für immer verboten“ ist der Auftakt zu Bianca Iosivonis Sturmtochter-Trilogie. Es war mit eine ihrer ersten Ideen und doch hat es viele Jahre in der Schublade und viele Überarbeitungen gebraucht bis zur Veröffentlichung in 2018.

Schottland wird von fünf Clans beherrscht, von denen jeder ein anderes Element kontrollieren kann. Die 17-jährige Avalee Coleman, kurz „Ava“, weiß nichts darüber, auch wenn ihr Elementarkräfte nicht fremd sind: Von ihrem Vater ausgebildet macht sie auf Skye Jagd auf gefährliche Elementare, häufig in Begleitung des geheimnisvollen Lance. Doch alles ändert sich an dem Tag, an dem sie feststellt, dass sie Wasser beeinflussen kann.

„Sturmtochter“ ist überwiegend aus Avas Perspektive geschrieben. Gerade in Fantasygeschichten, in denen jemand zuvor unbekannte Kräfte entdeckt, finde ich dies besonders gelungen. Der Leser kann so sehr gut nachempfinden, wie Ava die ganze Veränderung wahrnimmt und welche Sorgen sie hat. Wenige Kapitel aus anderen Perspektiven geben dem Leser gerade genug Informationen um neugierig zu werden und nicht zu viele, als dass diese Neugier wieder abebbt.

Was mich leider sehr an Ava gestört hat, war ein Großteil ihrer wörtlichen Rede. „Im Ernst?“, „Ernsthaft?“ und „Echt jetzt?“ (o.ä.) waren Ausdrücke, die sich sehr häufig wiederholt haben. Dabei war allerdings nicht nur die Wiederholung das Problem, sondern vor allem auch, dass es in den betreffenden Situationen sehr künstlich gewirkt hat. Es sollte vermutlich einen lustigen, coolen Eindruck erwecken, ich empfand es aber eher als deplatziert. In einem schwierigen Kampf, in dem sie hochkonzentriert vorgehen muss ist es unglaubhaft zum einen mit sich selbst zu sprechen, zum anderen dies vor allem in ironischer, lustiger Art und Weise zu tun. Natürlich könnte man jetzt argumentieren, dass es einfach ihr Charakter sei, dann muss ich aber einwenden, dass es eine wenig nachvollziehbare Seite ihrer Persönlichkeit ist.

Mein Problem mit der wörtlichen Rede hat sich leider auch in einigen Dialogen gezeigt. Hier sollte Ava zum Teil auch einen lustigen, schlagfertigen Eindruck erwecken – so mein Empfinden -, aber ihre Aussagen wirkten auf mich künstlich, beziehungsweise als das, was sie waren: gescripted. Hier liegt nun die Kunst beim Schreiben: Es soll nicht abgelesen klingen, sondern natürlich. Dies ist während des Lesens leider selten so rübergekommen.

Zusätzlich hat mir ein bisschen der rote Faden gefehlt. Ava entdeckt ihre Kräfte, das ist wirklich aufregend geschildert. Kurz danach hat sie ein kleines Abenteuer vor sich um ein paar Antworten zu finden, aber danach läuft die Handlung ein wenig ins Leere. Man erkennt kein Ziel und keine klaren Aufgaben. Erst zum Ende hin ist wieder ein eindeutiger Ablauf zu verfolgen.

Total begeistert hat mich hingegen die Idee: Fünf Elemente, fünf Clans, jeder mit seinem eigenen Gebiet und alles im Verborgenen. Die Mischung aus moderner Gegenwart und Fantasy ist gut gelungen und auch der Hauch historisches Schottland ist perfekt eingewoben. Es entsteht ein gutes Gleichgewicht und der Eindruck einer Welt, die so theoretisch tatsächlich existieren könnte. Gerade das finde ich bei Contemporary Fantasy besonders wichtig.

Auch die einzelnen Charaktere mag ich sehr. Sie sind ganz unterschiedlich und liebevoll ausgearbeitet, jeder mit Stärken und Schwächen, sodass sich eine authentische Person ergibt. Ich freue mich schon darauf, in den weiteren zwei Bänden mehr über jeden von ihnen zu erfahren.

Bei der Bewertung habe ich lange zwischen 3 und 4 Sternen geschwankt. Dann musste ich feststellen, dass es vor allem daran lag, dass ich das Buch mögen WOLLTE. Ich wollte den Hype nachempfinden, ich wollte das Universum in mich aufnehmen, ich wollte in der Trilogie aufgehen. Wenn ich mich allerdings ganz klassisch darauf besinne, was mir gefallen hat und was nicht, komme ich zu 3 von 5 Sternen. Für Teil 2 und 3 sehe ich dennoch sehr viel Potenzial. Gerade meine Kritik am fehlenden roten Faden könnte sich nach Band 1, welcher ja meistens eine Einführung und ein Aufwärmen ist, erledigen. Bezüglich der Dialoge kann ich eine Verbesserung nicht absehen, aber die Idee zur Geschichte gefällt mir so gut, dass sie mich befeuert, Teil 2 und 3 trotzdem lesen zu wollen.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Start zu zäh

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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„Die Schwestern von Mitford Manor - Unter Verdacht“ ist der erste Band der sechsteiligen Reihe über die Töchter der Familie Mitford von Jessica Fellowes. Ihr Name ist vor allem Fans der Serie „Downton ...

„Die Schwestern von Mitford Manor - Unter Verdacht“ ist der erste Band der sechsteiligen Reihe über die Töchter der Familie Mitford von Jessica Fellowes. Ihr Name ist vor allem Fans der Serie „Downton Abbey“ ein Begriff, zu der sie Begleitbücher verfasste und ihr Onkel Julian Fellowes die Drehbücher. Auch ihr neues Projekt ist im England der Zwanzigerjahre angesiedelt und beleuchtet das Upstairs-Downstairs-Schicksal einer Adelsfamilie und ihrer Angestellten.

In diesem Fall steht allerdings die real existierende Familie von David Freeman-Mitford, 2. Baron Redesdale, im Mittelpunkt der Ereignisse: In jedem Band geht es um eine seiner sechs Töchter. Hier beginnt es mit der ältesten Tochter Nancy Mitford, die später als Schriftstellerin Bekanntheit erlangt hat. Fixpunkt und Protagonistin in der gesamten Reihe ist allerdings Louisa Cannon, die in Teil 1 eine Anstellung als Kindermädchen bei den Mitfords beginnt. Kurz darauf beginnen Louisa und Nancy eigene Ermittlungen zum Tod der Krankenschwester Florence Nightingale Shore anzustellen.

Das Buch ist überwiegend aus der Perspektive von Louisa geschrieben, was es leichter macht, sich mit ihr zu identifizieren und ihre Gefühle nachzuvollziehen. Zum anderen wird es dadurch aber auch schwerer, sich in Nancy Mitford hineinzusetzen und sie besser kennenzulernen. Ein regelmäßiger Perspektivenwechsel wäre hier wünschenswert gewesen. Nachdem der Titel der Reihe eindeutig auf die Schwestern Bezug nimmt, hatte ich hier eventuell eine falsche Erwartungshaltung. Nancy Mitford und ihre Schwestern bleiben, verglichen mit der Protagonistin, leider eher blass am Rande. Dass insgesamt weniger auf die Gefühle und das Schicksal der adligen Familie eingegangen wird, stellt zudem einen großen Kontrast zu dem steten Wechsel dar, den man aus „Downton Abbey“ gewohnt ist. Das ist kein Kritikpunkt an dem Buch, sondern eine Warnung. Zur Vermarktung der Buchreihe und der Autorin wird die TV-Serie wird sehr präsent als Vergleich verwendet, im Erzählstil konnte ich allerdings keine Gemeinsamkeiten finden. Lediglich Epoche und Setting passen zueinander, aber die Art, wie die Geschichte ausgeführt wird, ist eine ganz andere.

Jessica Fellowes ist es hingegen sehr gut gelungen, die Zwanzigerjahre authentisch zu beschreiben. Charaktere und Handlungen fühlen sich lebendig an und passen in das damalige Zeitgeschehen. Vor allem der Einfluss, den der erste Weltkrieg noch lange nach dessen Ende auf Europa und die Gesellschaft hatte, ist gut spürbar: Die Unterzeichnung von Waffenstillständen und Friedensverträgen ist vielleicht das Ende der Kriegshandlungen, aber nicht des Krieges.

Ein negativer Aspekt, der sehr stark ins Gewicht fällt, ist leider die Spannung. Es vergehen zunächst viele, viele Seiten, bis die beiden Mädchen überhaupt mit ihren Ermittlungen starten. Diese verlaufen dann sehr zäh und erst spät im Buch folgen die Erkenntnisse Schlag auf Schlag bis zum mitreißenden Showdown. Diese letzten 100 Seiten reichen für mich nicht, um das Buch wirklich als „Krimi“ wahrzunehmen.
Irgendwo las ich auch, dass zudem eine Liebesgeschichte enthalten wäre. Das ist meiner Meinung nach aber für die Handlung so unbedeutend, dass es für den Leser ebenfalls irrelevant ist. Von „großen Gefühlen“ ist hier sowieso nicht zu sprechen, eher ein nettes Kennenlernen. Dies war für mich allerdings völlig in Ordnung, oder hätte sogar komplett entfallen können, denn es war nicht, was ich an dieser Stelle lesen wollte.

Was ist dieses Buch also? Am ehesten wohl ein historischer Roman mit einer kleinen Krimikomponente. Es ist mitnichten eine schlechte Geschichte, aber es zeigt sich wieder einmal, wie viel die Erwartungshaltung ausmacht. Titel, Klappentext und Marketing haben mich einen Krimi mit historischem Setting erwarten lassen, bei dem ich zudem noch einiges über diese interessante Familie lernen kann. Früh habe ich gemerkt, dass ich mich von den meisten dieser Punkte lösen muss. Durch den Fokus auf die Historie und die ansprechenden Charaktere komme ich noch zu drei von fünf Sternen, aber die Geschichte ist leider wirklich langweilig. So ansprechend Teil 2 auch aussieht, wird die Reihe für mich wohl hier enden.

Veröffentlicht am 25.01.2019

Schwergängige gälische Namen in leichter Unterhaltung

Feuertochter
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„Feuertochter“ von Iny Lorentz spielt in Irland zum Ende des 16. Jahrhunderts. Abgesehen von einer Art Pro- und Epilog präsentiert sich die Handlung vor dem Höhepunkt des Neunjährigen Krieges. Englands ...

„Feuertochter“ von Iny Lorentz spielt in Irland zum Ende des 16. Jahrhunderts. Abgesehen von einer Art Pro- und Epilog präsentiert sich die Handlung vor dem Höhepunkt des Neunjährigen Krieges. Englands protestantische Königin Elisabeth I. will das katholische Irland unter ihre Herrschaft bringen. Das lassen sich die irischen Clans nicht kampflos bieten. Protagonistin ist Ciara Ni’Corra, Schwester des Clanführers der Ui’Corra. Neben ihrem Hass auf die Engländer, toben in ihr allerdings auch seit ihrer Kindheit liebevolle Gefühle für den deutschen Söldnerführer in der Truppe ihres Bruders, Simon von Kirchberg.

Das Buch ist überwiegend aus der Perspektive von Ciara geschrieben. Dies wird zwischendurch mit Passagen aus der Sicht anderer Clanmitglieder, sowie der Engländer einschließlich der Königin, unterbrochen. Vor allem auch die englische Situation zu erfahren, war sehr interessant, da man so die beiden Seiten des Krieges sehr viel besser mitverfolgen konnte. Insbesondere die Angst vor einem Krieg an mehreren Fronten, Schottland im Norden, Frankreich über den Ärmelkanal und Irland als mögliches Sprungbrett der Spanier kam dadurch sehr gut zur Geltung, während die irische Bevölkerung mehr einen Angriff auf ihre Religion und ihre Lebensweise wahrnahm. Hier hat auch das historische Nachwort einen großartigen Beitrag geleistet, die Grundlage für die heute noch währende Teilung zwischen Nordirland und Irland zu verstehen.

Ergänzt wird der Anhang zudem mit einem Personenverzeichnis mit Kennzeichnung der historischen Persönlichkeiten und einem kurzen, aber wichtigen Glossar. Hier werden nicht nur altertümliche Begriffe erklärt, sondern auch die gälischen Namen der Städte deren gebräuchlicheren Benennungen zugeordnet. Diese Aufstellung ist zwar sehr hilfreich, kann allerdings meinen größten Kritikpunkt nicht aufwiegen:
Neben den gälischen Namen der Städte, sind vor allem die der Charaktere sehr schwergängig und hemmen den Lesefluss enorm. Aodh Mór Ó Néill und Gamhain (laut Nachwort „Gaun“ ausgesprochen, was mich fast noch mehr verwirrt hat als das Ausbleiben einer Erklärung es gekonnt hätte) sind nur zwei Beispiele dafür. Auch die Städte blättert der Leser irgendwann nicht mehr nach, zumal hier definitiv eine Karte gefehlt hat, um das Geschehen besser nachvollziehen zu können. Wenn der Fokus auf der Authentizität liegen sollte, ist die Entscheidung der Autoren natürlich verständlich, zugunsten des Leseflusses haben sich manche andere Autoren (bspw. Gablé) allerdings auch schon anders entschieden und diese Entscheidung wurde belohnt.

Die Handlung rund um Ciara ist recht vorhersehbar, aber so kennt man es von den meisten Werken des Autorenduos und kann hier bewusst zu einem Buch greifen, welches keine (bösen) Überraschungen bietet. Die Liebesgeschichte entwickelt sich etwas anders, als man zunächst erwartet und dass die beiden den Leser hier nochmal auf’s Glatteis führen konnten hat mir gut gefallen.

Der Verlauf der Ereignisse ist nicht unbedingt als „spannend“ zu bezeichnen, aber ich habe es grundsätzlich genossen, mal von einem Land und einem Krieg zu lesen, die im Genre der historischen Romane bisher nicht so groß ausgeschlachtet wurden. Die erste Hälfte ist etwas zäh und man mag stöhnen, wie viele Seiten noch vor einem liegen. Die zweite Hälfte geht sehr viel leichter von der Hand, konnte das Steuer aber nicht komplett rumreißen, um mich so richtig zu packen. Das Ende ist mal wieder von allem etwas zu viel des Guten, aber auch darauf war ich vorbereitet. Hier spielt sicherlich die Erwartungshaltung eine große Rolle und wenn man andere Werke aus der Feder von Iny Lorentz kennt, ist dieses Ende fast schon eine Art Signatur. Zusammenfassend komme ich daher zu 3 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 04.12.2018

Historisch gelungenes Profil, Spannung setzt erst spät ein

Der Hexenjäger
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In „Der Hexenjäger“ von Astrid Fritz geht es um eben diesen: Heinrich Kramer, Prior der Dominikaner in Schlettstadt, nahe Straßburg, und päpstlicher Inquisitor. Er erscheint bei der jungen Susanna als ...

In „Der Hexenjäger“ von Astrid Fritz geht es um eben diesen: Heinrich Kramer, Prior der Dominikaner in Schlettstadt, nahe Straßburg, und päpstlicher Inquisitor. Er erscheint bei der jungen Susanna als diese voller Kummer über den Tod ihrer Mutter ist. Doch aus dem fast väterlichen Trost wird schnell eine Besessenheit und bei der Arbeit an seinem berühmten „Hexenhammer“ kommt ihm nur eine Ursache dafür in den Sinn. Diese zu beseitigen, darin sieht er seine göttliche Aufgabe.

Die Geschichte ist größtenteils aus der Ich-Perspektive von Susanna geschrieben. Gelegentlich wird dies durch kurze Kapitel aus Heinrichs Sicht unterbrochen. Gerade zu Beginn des Buches gibt es hier auch ab und zu kursiv gedruckte Rückblicke in Kramers Kindheit und frühe Jugend. Diese sind besonders interessant, weil der Leser so schnell begreift, mit was für einer Person er es zu tun hat und vor allem, wie Heinrich zu dieser Person wurde. Zum Ende hin gab es leider immer weniger Rückblicke. Dies finde ich sehr schade, weil man sowohl die gegenwärtige als auch die vergangene Handlung auf einen Höhepunkt hätte hinauslaufen lassen können. So bleibt es im Unklaren, ob es ein konkretes Ereignis gab, welches in Heinrich den Schalter umgelegt hat und warum er so auf Susanna fixiert ist.

Auch wenn man durch Susannas Augen ihre Gefühle und Gedanken grundsätzlich besser verstehen kann, bin ich mit ihr leider nicht richtig warm geworden. Auf der einen Seite war sie von einer nahezu naiven Unschuld, auf der anderen Seite doch sehr darauf bedacht, ihren Willen gegen alles und jeden durchzusetzen. Diese Willensstärke machte sie zwar sympathisch, aber ihre Emotionen haben mich nicht ganz erreicht.

Susanna ist eine rein fiktive Person, aber in Bezug auf Kramer, den Hexenhammer, das damalige Leben und die Praktiken der Hexenverfolgung hat Astrid Fritz wieder sehr gewissenhaft recherchiert und eine historisch schlüssige Umgebung geschaffen. Das, gepaart mit ihrer bildhaften Sprache, hat die Orte des Geschehens und die Menschen problemlos für mich Gestalt annehmen lassen. Durch einen umfangreichen Glossar und ein Nachwort zur Historie wird dies sehr gut abgerundet.

Mein größter Kritikpunkt ist leider der Spannungsverlauf. Der Start ist recht zäh. Der Leser lernt die handelnden Personen kennen und erfährt ihre Hintergrundgeschichte. Das ist gut und notwendig, hat aber hier etwas zu ausschweifend stattgefunden. Titel und Klappentext schüren Erwartungen hinsichtlich einer bestimmten Entwicklung, aber erst rund 100 Seiten vor Ende des Romans beginnt der Vorgang rund um die „Hexenjagd“. Davor fehlt ein Haupthandlungsstrang, Susannas Leben läuft mittelaltertypisch vor sich hin. Es ist hier mehr ein Profil von Heinrich Kramer und der Entstehung seines Werkes, als eine Geschichte, die erzählt wird.

Zusammenfassend ist „Der Hexenjäger“ keine Geschichte, die ich als „spannend“ bezeichnen würde. Dennoch ist die Schilderung von Kramers Persönlichkeit exzellent gelungen. Der Leser lernt sehr viel und das, ohne das Gefühl zu haben, unterrichtet zu werden. Vor allem die Willkür und das haarsträubende, zum Teil unlogische Vorgehen bei der Hexenverfolgung werden dem Leser lebendig vor Augen geführt. Zusammenfassend komme ich daher zu 3 von 5 Sternen.