Auf dieses Buch war ich sehr gespannt, weil eine liebe Lesefreundin es mir empfohlen hatte. Sie hatte aber schon gesagt, dass es nicht ganz einfach zu lesen ist und eher ein geschichtlicher Ro-man als ein Krimi ist. Und genauso ist es auch. Es geht um die ersten schwarzen Polizisten in At-lanta und das ist wirklich interessant. Zugleich aber auch tragisch und deprimierend, denn sie ha-ben es wirklich schwer und das ist manchmal nur schwer zu ertragen. Insgesamt ist das Leben der Schwarzen damals kurz nach dem Krieg sehr hart. Interessant vor dem Hintergrund, dass die Amerikaner in Europa „aufgeräumt“ haben und Ordnung schafften, zu Hause aber leider allzu oft das Stärkeren oder Weißeren herrschte.
Wer einen Krimi mag, der vor einem geschichtlichen Hintergrund spielt, der ist hier genau richtig. Wer es allerdings rasant, kurz und knackig mag, wird sich hier schwer tun, denn leider weist der Roman durchaus einige Längen auf. Das macht das Ganze dann auch etwas zäh. Und in Kombi-nation mit der Hoffnungslosigkeit ist es dann schon etwas schwierig. Ich war immer wieder hin- und hergerissen. Einerseits fand ich es interessant und spannend, andererseits auch langwierig und tragisch.
Das Geheimnis der Greys --> netgalley /Vorab
Ein tragischer Mörder ****
Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt. Es ist nicht nur ein Roman und ein Krimi, sondern auch ein Zeitzeugnis. Man merkt ganz deutlich, dass es aus einer anderen Zeit stammt, in der andere Regeln galten als heute. Überschrieben ist das Buch mit „ein psychologischer Kriminalroman in der Tradition von Agatha Christie“. Es erschien 1933 und wurde nun neu aufgelegt bzw. erstmalig ins Deutsch übersetzt. Der Leineneinband gefällt mir gut, er fühlt sich hochwertig und angenehm an und ist zudem herrlich gestaltet. Zugleich irgendwie altmodisch und doch modern.
Nicht so gut gefällt mir der deutsche Titel, denn er ist einfach nicht passend. „Portrait eines Mör-ders“ – wie im Original – würde deutlich besser passen. Oder „Die Geheimnisse der Grays“, denn im Prinzip hat so gut wie jedes Familienmitglied etwas zu verbergen.
Los geht es mit einer Vorstellung der Familienmitglieder und deren Anhang. Keiner ist so richtig sympathisch, den meisten geht es um Geld und Prestige. Aber dennoch fühlt man mit den Figuren, weil sie so detailreich und gut beschrieben werden. Im Laufe des Romans entwickelt man dennoch gewisse Sympathien, gerade auch für den Mörder und das Familienmitglied, das ihn schließlich entdeckt. Eine tragische Geschichte, von der man die ganze Zeit hofft, dass sie doch noch irgend-wie gut ausgeht.
Interessant ist, dass man als Leser schon direkt nach dem Mord weiß, wer es getan hat. Es geht also nicht darum, wer es war, sondern wie sich das Drama dann weiterentwickelt. Das ist umso interessanter, weil zur Entstehungszeit dieses Buches die klassischen „Whodunit“-Romane üblich waren.
Ich fand es sehr interessant, in die damalige Welt und ihre Vorstellungen abzutauchen, auch wenn es phasenweise etwas anstrengend ist, weil man von diesen Gedanken so meilenweit weg ist und es nicht immer nachvollziehbar ist. Insgesamt ein spannender Roman aus der Vorkriegszeit in England, der interessante Einblicke ermöglicht.