Britannien jenseits der Robin-Hood-Filme
TeufelskroneIm neuen Roman "Teufelskrone" von Rebecca Gablé entführt die Autorin alle Freunde historischer Romane und insbesondere Waringham-Fans in das mittelalterliche England zu Zeiten Richard Löwenherz und Johann ...
Im neuen Roman "Teufelskrone" von Rebecca Gablé entführt die Autorin alle Freunde historischer Romane und insbesondere Waringham-Fans in das mittelalterliche England zu Zeiten Richard Löwenherz und Johann Ohneland.
Mit leichter Hand und gewohnt bildhaft beschreibt Gablé ein Britannien jenseits der Robin-Hood-Filme. Im ihr typischen Erzählstil werden Fiktion und die Ergebnisse intensiver, historischer Recherchen harmonisch zu einem wunderschönen Gesamtwerk verwoben. Die eigentliche Historie bleibt durch viele unerwartete Wendungen stets spannend zu lesen und Liebe und Intrigen am Königshof und in der Familie Waringham kommen ebenfalls nicht zu kurz. In Windeseile lernt der Leser die Protagonisten kennen, findet die Sympathischen und die Verachtungswürdigen schnell heraus und verfolgt mit atemloser Spannung deren schicksalshaften Lebensweg.
Die Gesellschaftsform der absoluten Monarchie steht auf dem Prüfstand und erstmals entwickeln sich demokratische Gedanken. Weit bevor auf dem Kontinent an mehr Gleichberechtigung zu denken war, begehrte die englische Oberschicht auf und forderte sich mehr Rechte ein. Dass die daraus resultierende "Magna Carta" (zunächst) leider keine zusätzlichen Rechte für das einfache Volk sicherte, war sicherlich dem Standesdünkel der damaligen Adligen zuzuschreiben.
Überhaupt: Historische Romane über britische Geschichte finden sich aus der Wikinger-/Normannenzeit bis Wilhelm den Eroberer in respektabler Anzahl. Dann tut sich eine Lücke auf und die Erzählungen setzen überwiegend im "Dunstkreis" der Rosenkriege wieder ein. Über die Magna Carta gibt es deutschsprachig fast nichts in Romanform. Rebecca Gablé hat diese schwierige Aufgabe in jeder Hinsicht mit Bravour gelöst und einen mehr als 800-seitigen Historienroman der Extraklasse geschaffen.
Während die historischen Personen Richard Löwenherz und Johann Ohneland in vielerlei Hinsicht von ihrem Glorienschein oder der Rolle des "Versagers" entzaubert werden, entsteht ein facettenreiches Persönlichkeitsbild der beiden Herrscherfiguren. Vermutlich hätte John mit etwas mehr Besonnenheit und Beherrschtheit die Nation besser lenken und leiten können, als sein großer Bruder, der zumindest anfangs einen riesigen Schatten auf die Regentschaft Johns wirft.
Deren Mutter Alienor von Aquitanien nimmt die ihr wohl tatsächliche zuzuschreibende Rolle der Matriarchin und des Familienoberhauptes bis ins hohe Alter ein und zieht oft im Hintergrund die Fäden.
Interessant ist sicherlich der Aspekt, dass es sowohl auf royaler Ebene als auch im Hause Waringham gilt, den Lebensweg zweier Brüder und deren unterschiedliche Charaktere aufzuzeigen.
Guillaume und Yvain aus dem Hause Waringham dienen Richard bzw. John und haben sich somit politisch positioniert. Während Guillaume stets überlegt handelt, bringt Yvain sich selbst mit seinem losen Mundwerk in die Bredouille. Stets loyal entwickelt er dennoch enormes diplomatisches Geschick und wird somit zu einem wichtigen Vertrauten Johns.
Abschließend sei gesagt: Für mich ist es nicht DAS Waringham-Epos schlechthin. Vielmehr würde ich den neuen Roman gerne als neue Perle in einer Kette aus hervorragend gelungenen und gut erzählten Büchern aus der Feder von Rebecca Gablé einreihen wollen. Nur selten gelingt es Autoren über eine hohe Anzahl von 800-Seiten-Bände hinweg immer wieder die Leser mit historischer Handlung zu faszinieren und soviel Spannung aufzubauen, dass das Buch nur schwer aus der Hand zu legen ist. Kompliment!