Fatima Farheen Mirza erzählt "Worauf wir hoffen" die Geschichte einer schiitischen indischen Familie, die in den USA lebt. Laila folgte dem Wunsch ihrer Eltern und heiratete Rafik, der in Amerika lebte. Dort gründen die beiden eine Familie und ziehen ihre drei Kinder Hadia, Huda und Amar groß. Sie leben sehr religiös und vermitteln dies auch ihren Kindern. Die beiden Töchter sind sehr folgsam und passen sich den Regeln der Religion an. Nur der Sohn, der eigentlich der Stolz der Familie sein sollte, rebelliert und kann sich nicht mit dem Glauben der Eltern identifizieren. Oft kommt es zu Streitereien und schließlich läuft Amar von zu Hause weg. Die beiden Mädchen waren schon immer sehr ehrgeizig, besonders Hadia, die ein Medizinstudium anstrebt und alles tut um ihre Eltern stolz zu machen. 3 Jahre später schafft sie unvorstellbares: Sie heiratet den mann ihrer Wahl. Doch sie möchte diesen Tag nicht ohne ihren Bruder verbringen.
Die Geschichte ist in 4 Teile aufgeteilt. Dabei spielen einige Teile in der Gegenwart, andere in der Vergangenheit. Die Autorin schafft es sehr eindrücklich, die Gefühle der einzelnen Familienmitglieder zu vermitteln. Ihre Ängste und Sorgen, die erste Liebe, die nicht sein darf. Auch die Einschränkungen, die sie durch die Religion erfahren wird sehr deutlich, ebenso wie sie dazu stehen. Die Unsicherheiten im Umgang mit anderen und mit sich selbst, das Verhalten, die Zweifel, ob das Verhalten, das ihnen von klein auf vermittelt wurde, wirklich richtig ist. Auch die Kritik an der Religion und den Regeln durch Amar werden sehr deutlich. Er macht sich Gedanken, nimmt nicht einfach alles hin, es fällt ihm schwer, sich den Regeln zu unterwerfen. Die ungewollte Eifersucht, die zwischen den Kindern herrscht wird sehr deutlich. Sie versuchen ihre Eltern stolz zu machen, v.a. jedoch den Vater. Auch das Familienleben wird toll geschildert, die Eltern sind sehr unterschiedlich und doch vereint in der Liebe zu den Kindern.
Der Schreibstil ist richtig gut, das Thema der Religion wird sehr eindrücklich vermittelt. Was mich jedoch beim Lesen enorm gestört hat sind die Sprunghaftigkeit der beiden mittleren Teile. Wir erfahren, wie sich Laila und Rafik kennen lernten, wie das Leben in Amerika die letzten Jahre war, wie die Kindheit von Hadia, Huda und Amar verlief. Das alles wird aus wechselnden Perspektiven und ohne zeitlichen Zusmmanhang erzählt. Man springt hin und her, mitunter werden auch Themen plötzlich mehrere Kapitel später wieder aufgegriffen, dann jedoch aus einer anderen Perspektive. Das alles war sehr irritierend und es fiel mir manchmal sehr schwer, der Geshcihcte zu folgen, da man erst eine Weile brauchte, bis man das Erzählt in den Gesamtkontext einordnen konnte. Eine chronologischere Reihenfolge wäre hier sicherlich besser gewesen. Am Ende fügt sich zwar alles zusammen, dennoch war v.a. Teil 2 oft sehr anstrengend zu lesen.
Das Ende ist sehr offen gehalten. Zum ersten Mal erfährt man auch etwas über die Gedanken und Gefühle von Rafik, wie sein Leben sein Handeln beeinflusste. Das hat mir sehr gut gefallen, es rundet das Buch irgendwie ab, da er vorher immer auch irgendwie im Zentrum stand, ohne je zu Wort zu kommen. Das offene Ende hat mich überraschenderweise nicht gestört, so bleibt auch Raum für die eigene Fantasie.
"Worauf wir hoffen" ist ein Buch, dass zum Nachdenken anregt. Ein Buch über die eigenen Zweifel, über Religionszugehörigkeit, über Familie und Freundschaft. Als Außenstehender, der nichts mit dem Islam zu tun hat, wird das Leben dort sehr gut geschildert und mir hat es die Religion auch etwas näher gebracht. Man erfährt das Positive aber sieht auch das negative, dass nicht jeder sich daran anpassen kann. Die menschlichen Abgründe und Zwänge werden verdeutlicht und immer wieder habe ich mich gefragt, wie ich in bestimmten Situationen handeln würde. Lediglich der sprunghafte Aufbau hat mich gestört, ansonsten ist das Buch sehr empfehlenswert.