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Veröffentlicht am 28.02.2019

Gänsehaut pur!

Liebes Kind
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Eine einsame Hütte, versteckt im Wald, die Fenster vernagelt, die Tür immer abgeschlossen, Luft gibt es durch einen Zirkulationsapparat. Hier versorgt ein Mann seine zwei Kinder mit Lebensmitteln ...

Eine einsame Hütte, versteckt im Wald, die Fenster vernagelt, die Tür immer abgeschlossen, Luft gibt es durch einen Zirkulationsapparat. Hier versorgt ein Mann seine zwei Kinder mit Lebensmitteln und er sorgt dafür, dass sie immer eine Mutter haben. Lernen, Essen, Toilettengänge: Alles folgt einem strengen Zeitplan. Jahr für Jahr! Dann gelingt ihnen die Flucht. Doch damit ist das Grauen noch lange nicht vorbei.
Das Buch beginnt mit einem Zeitungsartikel, in dem vom Verschwinden der 23-jährigen Lena Beck berichtet wird. Abwechselnd erzählen dann die 13-jährige Hannah, Lena und Matthias Beck, ihr Vater. Es ist unfassbar, mit welcher Präzision gerade Hannah aus ihrem Leben erzählt. Dadurch hat die Autorin das Asperger-Syndrom sehr deutlich beschrieben. Matthias Beck vermisst auch nach 14 Jahren seine Tochter wie am ersten Tag. Er will endlich Klarheit und versucht das auf seine eigene Art. Und Lena?
Schon das Cover – obwohl so einfach gestaltet – lässt schreckliche Gefühle aufkommen. Die Geschichte, die dort beginnt, wo das Grauen am schlimmsten zu sein scheint, bleibt auch im weiteren Verlauf gleichbleibend spannend. Und immer bleibt ein beklemmendes Gefühl. Wie sollen die Kinder, wie soll die Mutter in der Welt da draußen jemals wieder klarkommen? Und wie soll ihre Psyche gesunden?
Ein Thriller zum „In-einem-Rutsch-Lesen“, weil die gleichbleibende Spannung kaum Gelegenheit bietet, das Buch zur Seite zu legen. Ein Wahnsinns-Thriller-Debüt!

Veröffentlicht am 23.02.2019

Zwischen Traum und Wirklichkeit

Valerie und die Woche der Wunder
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Neugierig gemacht auf Valeries Geschichte hat mich der Hinweis darauf, dass es ein „Poetistischer Schauerroman“ aus der Tschechoslowakei ist. Geschrieben von Vítězslav Nezval 1935, hat Ondřej Cikán den ...

Neugierig gemacht auf Valeries Geschichte hat mich der Hinweis darauf, dass es ein „Poetistischer Schauerroman“ aus der Tschechoslowakei ist. Geschrieben von Vítězslav Nezval 1935, hat Ondřej Cikán den Roman übersetzt. Erschienen ist er im Verlag Kētos, der sich auf poetische Abenteuerromane spezialisiert.

Meine Neugier für ein mir unbekanntes Genre wurde belohnt mit einer Geschichte, deren Schreibstil schaurig-schön, unheimlich, gruselig, liebevoll und dabei immer poetisch ist. Eine faszinierende Mischung, die es sich lohnt kennenzulernen!

Jeden Tag der Woche erlebt Valerie ein Wunder, lernt dabei den gleichaltrigen Orlik kennen, der ganz besondere Gefühle in ihr weckt, und sie erkennt völlig neue Seiten an ihrer Großmutter. Ein ungeheuerlicher Missionar begegnet ihr – und wer oder was verbirgt sich eigentlich hinter dem „Ratz“? Bis zum Ende hin bleibt die Geschichte spannend. Das letzte Kapitel ist märchenhaft und es schließt ab mit einem zauberhaften Gedicht.

Ebenso mysteriös und wie verschleiert wirken die Illustrationen, die die Fantasie beflügeln und zum Träumen anregen!

Einige Begriffe werden in der Originalsprache belassen und durch Fußnoten gut erklärt.
Im Anschluss gibt es auf etwa 30 Seiten viele Informationen nicht nur über Poetismus und Surrealismus, sondern auch Biografisches über den Autor und Hinweise auf weitere seiner Werke, Erklärungen zu vielen Passagen des Romans und Vieles mehr.
Wer sich einlassen mag auf Neues, wird Wunder erleben!

Veröffentlicht am 30.10.2018

Martha wie Paula sie sieht

Hemingway und ich
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Paula McLain schreibt ihre eigene Geschichte über die Schriftstellerin und Journalistin Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau des Schriftstellers Ernest Hemingway. Sie umfasst dabei eine Zeitspanne von 1936 ...

Paula McLain schreibt ihre eigene Geschichte über die Schriftstellerin und Journalistin Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau des Schriftstellers Ernest Hemingway. Sie umfasst dabei eine Zeitspanne von 1936 bis 1945. Nach guter Recherche ist es der Autorin außerordentlich gut gelungen, Fakten und Fiktion miteinander zu verbinden. Die Protagonisten Martha und Ernest werden lebendig und realitätsnah dargestellt, dazu kommt Martha als Ich-Erzählerin, wodurch es manchmal schwer fällt daran zu denken, dass es sich hier um einen Roman handelt und nicht alles so gewesen ist, wie es dargestellt wird, aber durchaus so hätte sein können.
Schon als Kind spürte Martha den Drang nach Freiheit – ein kleiner Gruß an die Mutter und dann nichts wie hinaus in die weite Welt! Ein Anfang war gemacht, auch wenn sie am Abend schon wieder zu Hause war.
Martha war 28, als sie zufällig Hemingway begegnete. Sein Bild auf einem Zeitungsausschnitt trug sie schon lange bei sich. Was zunächst freundschaftlich begann – Martha mochte auch Hemingways Frau Pauline und deren zwei Kinder – entwickelte sich bald in eine andere Richtung.
Im Bürgerkrieg in Spanien trafen sie sich – Ernest wollte den Spaniern mit einer Filmdokumentation helfen, Martha war als Kriegsberichterstatterin unterwegs – und nach kurzem Sträuben beim Gedanken an Ernests Frau und Kinder hatten beide ihre Gefühle nicht mehr unter Kontrolle und das Herz siegte über den Verstand.
Martha war in Kriegsgebieten in aller Welt unterwegs und oft waren es Einzelschicksale unschuldiger Menschen, die sie besonders bewegten und die sie zum Inhalt ihrer Berichte machte.
Als Schriftstellerin war sie nicht so erfolgreich wie Ernest, der mit dem Roman „Wem die Stunde schlägt“ einen Welterfolg feiern konnte. Sie fühlte sich ihm in ihrer Arbeit immer unterlegen und es gelang ihr nicht, aus seinem Schatten herauszutreten.
In vielen Dingen waren sich Martha und Ernest sehr ähnlich, hatten beide ihren eigenen Kopf, wenn es um die Verwirklichung ihrer Pläne oder um das Leben an sich ging. Das Ende ihrer Ehe war lange in Sicht, allerdings hätte ich mir einen weniger schmutzigen Ausgang gewünscht.
Was mir besonders gefallen hat:
Es ist ein bewegender Roman, der den Unterschied zwischen Realität und Fiktion manchmal vergessen lässt.
Ganz besonders durch die Erzählungen aus den verschiedenen Kriegs- und Krisengebieten wird zusätzlich zu einer unterhaltsamen Geschichte spannendes Wissen vermittelt.

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Veröffentlicht am 19.09.2024

Ein Buch zum Nachdenken

Als wir Schwäne waren
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Wenn ich mir vorstelle, dass ich so wie der Autor des Buches im Alter von neun Jahren plötzlich in einem fremden Land leben müsste, mit Menschen verschiedener Länder und unterschiedlicher Muttersprache ...

Wenn ich mir vorstelle, dass ich so wie der Autor des Buches im Alter von neun Jahren plötzlich in einem fremden Land leben müsste, mit Menschen verschiedener Länder und unterschiedlicher Muttersprache in einem Wohngebiet auf engem Raum, dann stelle ich fest, dass ich mir das beim besten Willen gar nicht vorstellen kann. In meinen Überlegungen werde ich immer kleiner, ziehe mich ganz weit zurück und wäre am liebsten unsichtbar.
Reza war neun Jahre alt, als er 1986 mit seinen Eltern aus dem Iran geflohen ist und im Ruhrgebiet eine neue Bleibe gefunden hat. Seine Geschichte, die in sehr kurzen Abschnitten ganz unterschiedliche Szenen seiner Kindheit und Jugend erzählt, wirkt, als hätte er Momente aus seinem Leben gesammelt, die er in diesem Buch vereint.
Es ist ein Buch voller Gegensätze. Gewalt ist häufig an der Tagesordnung. Das lässt mich nachdenken. Nicht selten habe ich das Gefühl, dass Angst und Wut bei dem Jungen ganz nah beieinander liegen. Manchmal lässt ihn so etwas wie Beschützerinstinkt gewalttätig werden. Aber es gibt auch eine ganz andere, eine leise Sprache, voller Poesie, die mich zum Träumen bringt.
Der Schreibstil ist ungewöhnlich, nicht ganz einfach durch die häufig wechselnden Themen, aber dennoch total fesselnd.
Eine von Rezas Geschichten hat mich außerordentlich berührt, und zwar ist es die über „Armut, die nicht riecht“. Bei dieser Erzählung habe ich ganz stark das Gefühl, dass in der Brust des Erzählers zwei Seelen wohnen.

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Veröffentlicht am 26.08.2024

Eine faszinierende Begegnung

Artemisia Gentileschi und Der Zorn der Frauen
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Auf dem Gebiet der Künste bin ich nicht besonders gut bewandert. Darum mag ich Romanbiografien wie die über Artemisia Gentileschi, denn neben dem Kennenlernen der Künstlerin erfahre ich eine ganze Menge ...

Auf dem Gebiet der Künste bin ich nicht besonders gut bewandert. Darum mag ich Romanbiografien wie die über Artemisia Gentileschi, denn neben dem Kennenlernen der Künstlerin erfahre ich eine ganze Menge an Wissenswertem zu Zeit, Ort und weiteren Personen.
Das Leben der Gentileschi war alles andere als langweilig, wie bereits aus der Buchbeschreibung zu erkennen ist. Auf vielen Stationen - von Rom über Florenz und Venedig bis nach London und Neapel – war sie unterwegs, eine mutige Frau, die zielstrebig ihren Weg verfolgt hat.
Mir hat nicht nur alles zu den Maltechniken und den Anmerkungen zu ihren Bildern gefallen, sondern ganz großartig sind die Beschreibungen der Orte, an denen sie sich aufgehalten und gewirkt hat. Das ist der Autorin Gabriela Jaskulla sehr gut gelungen. Durch ihren Schreibstil war es einfach, mal ganz schnell 400 Jahre in die Vergangenheit zu reisen und einzutauchen in Artemisias Leben, in ihr hartes Leben, das sie dennoch annimmt, aber auch den Kampf mit vielen Hindernissen und Widersachern aufnimmt.
Um das Leben der Gentileschi in die Gegenwart zu bringen, hatte die Idee mit dem Filmdreh nochmal etwas Besonderes.
Das prall gefüllte Buch hat mich sehr gut unterhalten und konnte mir spannende Lesestunden bereiten. Sehr gern gebe ich eine Leseempfehlung.

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