Polittheater
Brigitte Glaser hat eine fiktive Geschichte geschrieben vor historischem Hintergrund, in dem zwei Frauen eine wichtige Rolle spielen.
Das Buch beschreibt einen Zeitraum von gut 14 Tagen im November 1972, ...
Brigitte Glaser hat eine fiktive Geschichte geschrieben vor historischem Hintergrund, in dem zwei Frauen eine wichtige Rolle spielen.
Das Buch beschreibt einen Zeitraum von gut 14 Tagen im November 1972, in dem Sieg und Niederlage dicht beieinander liegen. Willy Brandt fährt nach dem Misstrauensvotum das beste Wahlergebnis seit Bestehen der SPD ein.
Bei Hilde Kessel, der Wirtin vom Rheinblick, treffen sich viele Gäste aus unterschiedlichen Parteien, deshalb hält sie ihre politische Überzeugung geheim, um ihre Gäste nicht vor den Kopf zu stoßen. Doch weshalb bereitet sich in ihr ein mulmiges Gefühl aus, als sie erfährt, dass ein Untersuchungsausschuss wegen angeblich gekaufter Stimmen gegründet wird?
Sonja Engel, die SPD-Anhängerin, wartet sehnsüchtig auf eine Stelle als Logopädin, solange dies nicht geschieht, wird sie weiter als Krankenschwester arbeiten. Doch dann muss sich Willy Brandt nach den vielen Wahlkampfauftritten einer Stimmbandoperation unterziehen und Sonja gehört als Logopädin zum Betreuungsteam. Jeder hatte verwundbare Stellen und es galt diese zu verbergen.
Mir gefällt der Schreibstil der Autorin und die Lesbarkeit des Buches gewinnt zusätzlich durch die kurzen Kapitel. Der Handlungsverlauf von 14 Tagen wird chronologisch dargeboten und flüssig erzählt. Durch die Perspektivwechsel wird Spannung aufgebaut. Das Buch beweist, dass Brigitte Glaser sehr gekonnt historische Ereignisse in ihrem Roman mit einfließen lässt, so dass vergangene Zeiten in Erinnerung zurückgebracht oder jüngeren Lesern der damalige Zeitgeist näher gebracht werden kann. Es herrschte eine Aufbruchsstimmung, die Studenten gingen auf die Straße und die Frauen versuchten sich zu emanzipieren. Für dieses Buch sollte man sich ein wenig Zeit nehmen und etwas Interesse an Politik haben. Zur Unterstützung gibt es am Ende des Buches noch ein Glossar. Ich fand es positiv, dass das Buch nicht in Folie eingeschweißt, sondern nur mit einem Papiersiegel versehen war.
Ein atmosphärisches Lesevergnügen, das den Leser in die Ära der Siebziger zurückversetzt.