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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2016

Eine sehr berührende Geschichte ...

Der Trafikant
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Will man den Rest der Handlung nicht preisgeben, reicht die Beschreibung im Klappentext allemal aus. Man ist als Leser hinlänglich darüber informiert, was in dieser düsteren Phase unserer Geschichte geschah. ...

Will man den Rest der Handlung nicht preisgeben, reicht die Beschreibung im Klappentext allemal aus. Man ist als Leser hinlänglich darüber informiert, was in dieser düsteren Phase unserer Geschichte geschah.

Sehr interessant fand ich allerdings, diese auch mal aus dem österreichischen Blickwinkel zu betrachten. Immerhin brachte dieses Land „den Führer“ hervor und viele waren, zu mindestens zu Anfang, schwer beeindruckt. Es war spannend zu lesen, wie die österreichischen Landsleute auf diesen Mann und den Wandel in der Politik reagierten. Lautstark tönte Hitler „Deutschösterreich muss wieder zurück zum großen deutschen Mutterlande“, die „Niederwerfung“ Österreichs und Tschechiens war Teil seiner strategischen Planungen. Franz von Papen, der deutsche Botschafter in Wien, arrangierte am 12. Februar 1938 ein Treffen zwischen Hitler und Schuschnigg auf dem Obersalzberg im bayerischen Berchtesgaden. Der deutsche Reichskanzler drohte offen mit dem Einmarsch in Österreich und zwang den österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg zur Annahme einer Reihe von Maßnahmen zur Begünstigung der österreichischen Nationalsozialisten. All diese Entwicklungen lassen leider unseren sympathischen jungen Protagonisten Franz Huchel und seinen Mentor Onkel Otto Trsnjek nicht unbeschadet. Der Junge mit den zarten Händen kämpft tapfer immer weiter und weiter, doch auch er ist zum Scheitern verurteilt ….

Einfühlsam und leise erzählt der Autor Robert Seethaler Franz‘ Geschichte und die seines Umfelds. In wunderbarem Postkarten- und brieflichem Schriftverkehr vertraut er sich seiner Mutter in der Heimat an und wird doch schneller erwachsen als ihm lieb ist. Auf seiner Reise habe ich ihn als Leserin sehr gerne begleitet. Es ist ein Buch, das noch einige Zeit nachklingen wird. Sehr gefallen haben mir die Begegnungen mit Prof. Dr. Sigmund Freund, der unseren jungen Freund schwer beindruckt haben muss.

Veröffentlicht am 30.09.2016

Der geht unter die Haut ...

Die stille Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 6)
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Mal wieder einer spannender Fall in dieser oft sehr aufwühlenden Reihe um Profiler Robert Hunter. Eigentlich war er ja auf dem Weg in den Urlaub als er dann doch mit diesem verstörenden Fall betraut wird. ...

Mal wieder einer spannender Fall in dieser oft sehr aufwühlenden Reihe um Profiler Robert Hunter. Eigentlich war er ja auf dem Weg in den Urlaub als er dann doch mit diesem verstörenden Fall betraut wird. Er kennt den Mörder, der kein Mörder ist … oder doch? Auf oft sehr grafisch dargestellte, nicht gerade unblutige Weise, tastet sich Robert an den Fall. Wer schwache Nerven hat und kein Blut sehen kann, dem sein von dieser Reihe abgeraten. Ich finde sie, besonders als Hörbuch, gelesen von Uwe Teschner, einfach genial. Am Ende bleibt jedoch mal wieder die Frage offen, wie wird es weitergehen im Leben von dem abgeklärten, im Leben sehr verletzt gewordenen, Profiler? Er wird bei diesem Fall jedenfalls auf eine seiner härtesten Proben gestellt, der Mörder ist im verdammt nah auf die eigene Haut gerückt …

Veröffentlicht am 23.09.2016

Die Geschichte einer venezianischen Villa ...

Malcontenta
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Mit seinem Debütroman "Malcontenta" greift der sympathische Autor die Geschichte einer venezianischen Villa auf und beleuchtet drei Männer, die in ihrer Erstehung und Erhaltung eine Schlüsselrolle spielen, ...

Mit seinem Debütroman "Malcontenta" greift der sympathische Autor die Geschichte einer venezianischen Villa auf und beleuchtet drei Männer, die in ihrer Erstehung und Erhaltung eine Schlüsselrolle spielen, bzw. gespielt haben. Der Roman pendelt locker zwischen drei Zeitebenen, die jede für sich eine wunderbare Stimmung vermitteln. Man fühlt sich als Leser sowohl in der Zeit des frühen sechzehnten Jahrhunderts aber auch in den „Roaring Twenties“ und der Gegenwart sofort zu Hause.

Der Maler Battista , der zu Renaissance Zeiten als Künstler in Italien mehr oder weniger erfolgreich ist, fängt an, an sich selbst zu zweifeln. Hat er seine jungen Jahre mit nichtsagenden Arbeiten verschwendet? Wird sich die Welt nach seinem Tode an ihn erinnern? Schließlich gelingt es ihm, sich seinen Traum zu erfüllen …
Der junge flüchtige Afrikaner Said hat dagegen ganz andere Sorgen. Bleiben oder fliehen, wo liegt seine Zukunft, wo bleibt er am Leben? Herr Kucher schafft es hier ein Flüchtlingsschicksal zu beschreiben, das dem der vielen gegenwärtigen Flüchtlinge sehr ähnlich zu sein scheint. Dieser Abschnitt half mir viel, das Schicksal der in Deutschland gestrandeten Flüchtlinge ein bisschen besser zu verstehen.
Schlussendlich kommt Bertie ins Spiel, die absolute Hauptfigur dieses Romans. Bertie, der oft nicht von dieser Welt zu sein scheint, ja, in einer Art Traumwelt lebt, die er um sich herum mit der Hilfe seiner Freunde und Liebschaften erschaffen hat. Er ist das Idealbild des verwöhnten jungen Mannes der zwanziger Jahre, für den Arbeit ein Fremdwort ist. Geld war immer vorhanden in der Familie und so konnte man sich den angenehmeren Dingen im Leben widmen. Kunst, Literatur und Partys waren angesagt. Man machte die Nacht zum Tage, für alle unangenehmen Dinge hatte man Personal. Doch auch ihn holt die Gegenwart irgendwann ein … eine Flucht scheint auch für ihn die einzige Lösung.

Man braucht als Leser ein bisschen Geduld, um die drei Handlungsstränge mit einander zu verbinden. Diese Geduld wird am Ende mehr als belohnt als sich der Kreis auf eine wunderbare Weise schließt und die drei Protagonisten für immer verbindet. Wer einen atmosphärisch dichten Roman liebt, der in einer schönen fließenden Sprache geschrieben ist, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Mir hat die Geschichte zu einigen reizvollen Lesestunden verholfen. Ich werde Herrn Kutscher im Auge behalten und gratuliere ihm zu seinem erfolgreichen Debüt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein absolut faszinierender Thriller ...

Machtlos
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... den ich beinahe ungelesen weggegeben hätte. Ich bin froh, dass ich doch noch zum Lesen kam. Gleich zu Anfang führt uns der Autor in die Welt der Intrigen und mit ihnen in die Welt der Geheimdienste ...

... den ich beinahe ungelesen weggegeben hätte. Ich bin froh, dass ich doch noch zum Lesen kam. Gleich zu Anfang führt uns der Autor in die Welt der Intrigen und mit ihnen in die Welt der Geheimdienste dieser Welt ein, die mir so nicht bekannt war. Ich wage zwar zu bezweifeln, dass mir als kleines unbedeutendes Licht ein Schicksal, wie Valerie es erleiden muss, widerfahren könnte, dennoch sollte man wohl niemals „nie“ sagen. Es ist unglaublich, welches Trauma die erfolgreiche junge Anwältin durchleben muss. Gibt es danach wohl noch ein normales Leben?
Alex Berg beleuchtet diese Welt des BND und der CIA aus allen Blickwinkeln. Als Leser erlebt man wie aus guten Beamten böse und vermeintlich böse Beamte wieder auf den richtigen Weg zurück finden. In wie weit dieser Thriller der Wahrheit nahe kommt.
Interessante Andeutungen werden am Ende des Buchs zum Thema Syrien gemacht, die sich ja, wie wir heute wissen leider nicht bewahrheitet haben. So glaubte man, dass sich Europa nach Aufgabe der Isolationspolitik gegen das Land wieder annähern würde. Auch auf die USA setzte man große Hoffnungen. Eine gemeinsame Linie gegen den islamischen Extremismus sollte gefunden werden. Schade, dass sich, diese Hoffnungen auf solch grausame Weise zerschlagen haben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Es ist nicht alles Gold, was glänzt ...

Bella Germania
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Nie hätte ich beim Lesen des Klappentextes vermutet, dass dieses Buch so viel Tiefgang haben würde. Ich bin noch ganz im Bann der Geschichte über die liebevolle, hitzköpfige und manchmal sture – eben sehr ...

Nie hätte ich beim Lesen des Klappentextes vermutet, dass dieses Buch so viel Tiefgang haben würde. Ich bin noch ganz im Bann der Geschichte über die liebevolle, hitzköpfige und manchmal sture – eben sehr italienische Familie Marconi.

Der Autor Daniel Speck hat mit seinen Drehbüchern zu den Filmen Maria, ihm schmeckt’s nicht und Meine verrückte türkische Hochzeit ja schon einiges an Erfahrung mit dem Schreiben über „Gastarbeiterfamilien“ gesammelt, was er uns aber mit diesem Roman präsentiert, sprengt jeglichen Rahmen. In einer wunderbaren Schreibweise, die teilweise fast poetisch anmutet, bringt er uns die Familie Marconi in der Vergangenheit und in der Gegenwart nahe. Er legt uns ihre Geschichte ans Herz, lässt uns mit ihnen leiden, mit ihnen lieben und streiten und an ihren wunderbaren Festmahlen teilnehmen. Auch wenn das Geld knapp war, das Feiern ließen sie sich nicht nehmen, die Marconis.

Sie war bestimmt nicht einfach, die Zeit, in der junge Familienväter beschlossen das Land ihrer Väter hinter sich zu lassen und im „Wirtschaftswunder“ der jungen Bundesrepublik ihr Glück zu suchen. "Wir waren da, aber wir sind nie angekommen." So schildern viele der Einwanderer ihre Situation. Es ist kalt in Deutschland und die Menschen sind anders, zugeknöpfter, skeptischer und oft leider voller Vorurteile.

Aber nicht nur das Thema Gastarbeiter verarbeitet der Autor in seinem Buch. Er lässt auch uns als Leser teilhaben am Wirtschaftswunder. Wir erleben den Aufstieg aber auch die Gefahren, die dieser neue Wohlstand mit sich bringt. Er führt uns durch die Zeit der RAF Terroristen, der Münchner Olympiade mit ihrem tragischen Ende, den jungen Hippies und die Zeit der freien Liebe.

Daniel Speck ist es gelungen, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verknüpfen und daraus einen flüssigen Roman zu formen, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Der Schluss schockiert aber brachte mir auch eine Art „closure“ – das deutsche Wort „Abschluss“ beschreibt nicht wirklich was ich ausdrücken möchte. Ich werde dieses Buch weitergeben, als erstes an eine liebe Freundin, die mit ihrem Mann, schon seit einiger Zeit nun, ihr Glück in Italien gefunden hat, allerdings nicht als Gastarbeiter sondern nur als Gastbewohner.

Dieser Debutroman, der hoffentlich nicht der einzige des Autors bleiben wird, hat mich begeistert und bekommt eine absolute Leseempfehlung!