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Veröffentlicht am 19.03.2019

Ein Roadmovie über eine durchgeknallte Familie

Rückwärtswalzer
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Im Leben von Lorenz Prischinger läuft es gerade nicht so richtig rund: Der Zwangsvollstrecker kann jederzeit an seiner Tür klopfen, beruflich geht grad auch nichts für den gelernten Schauspieler, und seine ...

Im Leben von Lorenz Prischinger läuft es gerade nicht so richtig rund: Der Zwangsvollstrecker kann jederzeit an seiner Tür klopfen, beruflich geht grad auch nichts für den gelernten Schauspieler, und seine Freundin Stephi ist von Wien nach Heidelberg gezogen. Lorenz steht sozusagen mit dem Rücken zur Wand. Seine einzige Rückfallebene sind seine drei Tanten und der Onkel Willi. Als finanziell bei Lorenz nichts mehr geht, zieht er kurzerhand bei den Tanten Mirl, Wetti und Hedi ein, denn dort hat er sich schon seit Studententagen durchfüttern lassen. Einziger männlicher Beistand im weiblichen Haushalt ist Onkel Willi. Als Onkel Willi stirbt, steht Lorenz vor einem Problem der besonderen Art. Onkel Willis Wunsch, sich in seiner Heimat Montenegro begraben zu lassen, ist den Tanten heilig. Allerdings sind die finanziellen Mittel für eine legale Überführung nicht verfügbar. Und so lässt sich Lorenz auf eine 1029 km lange Reise im Panda mit den Tanten und dem tiefgefroren Willi ein. Diese Fahrt wird für Lorenz nicht nur eine Reise über den Balkan sondern auch in die Vergangenheit seiner Familie. Am Ende ist nicht nur der letzte Wille des Onkels erfüllt, sondern auch Lorenz hat sozusagen nach Hause gefunden: Nämlich zu selbst.
Vea Kaiser ist mit Rückwärtswalzer eine zu Herzen gehende Familiengeschichte gelungen. Gekonnt werden die Schicksale der einzelnen Familienmitglieder in Rückblenden in die Rahmenhandlung eingebettet. Mit jedem Kilometer den Lorenz mit den Tanten zurücklegt, entfaltet sich die Geschichte mehr. Bis am Ende ein Geheimnis gelüftet wird und es fast ein kleines Happy End gibt.
Mir hat Rückwärtswalzer großes Lesevergnügen bereitet und ich empfehle es Allen, die Familiengeschichten mögen, wie das Leben sie schreibt.

Veröffentlicht am 02.03.2019

Mehr als ein "Schweden-Krimi"

1793
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Europa im ausgehenden 18. Jahrhundert: Künstler, Schriftsteller und Philosophen läuten mit Ihren Gedankengebäuden die Zeit der Moderne ein. Die Saat der Aufklärung keimt in vielen Köpfen und trägt mit ...

Europa im ausgehenden 18. Jahrhundert: Künstler, Schriftsteller und Philosophen läuten mit Ihren Gedankengebäuden die Zeit der Moderne ein. Die Saat der Aufklärung keimt in vielen Köpfen und trägt mit der französischen Revolution 1789 grausame Blüten. Menschen wollen nicht mehr hinnehmen, dass nur einige Wenige über die Massen herrschen und sich an Ihnen bereichern dürfen.
In diese Zeit hinein legt der schwedische Schriftsteller Niklas Natt och Dag seinen historischen Roman 1793, der zugleich ein meisterhafter Krimi ist.
Auch in Stockholm greift die Verelendung der Massen genauso um sich, wie im Übrigen Europa auch. Und auch hier bringen Monster nur wieder Monster hervor. Den Menschen geht es nach Kriegen und Missernten so schlecht wie nie. Jeder ist sich in der nach Verwesung stinkenden Stadt der Nächste, denn ein funktionierendes Rechtssystem gibt es nicht. Wer seinem Nachbarn nicht genehm ist, konnte schnell im sogenannten Spinnhaus landen, wo die Ausbeutung unter dem moralischen Deckmantel der Läuterung auf die Spitze getrieben wurde. In diesen Kontext legt der mit dem Schwedischen Krimipreis ausgezeichnete Autor seine Handlung. Als der kriegstraumatisierte Häscher Jean Michael Cardell die verstümmelte Leiche eines jungen Mannes aus der Stadtkloake zieht, scheint dies erstmal nichts Ungewöhnliches zu sein. Am liebsten würde "Mikkel" Cardell, nichts mit dem rätselhaften Fall zu tun haben wollen. Doch gemeinsam mit dem genialen Juristen Cecil Winge folgt er den Spuren der Leiche und entblättert das Schicksal der Menschen, die die Wege des Mannes gekreuzt haben.
Die ersten Kapitel waren in Ihrer Brutalität für mich eine Zumutung: Fast konnte ich beim Lesen den Gestank der Stockholmer Gassen riechen und die heruntergekommenen Gestalten vor mir sehen. Hier ist nichts Schönes zu finden. Doch genau dadurch entfaltet sich die Sogwirkung des Buches. In der Hoffnung darauf, dass am Ende das Gute siegen möge, habe ich mich durch die knapp 500 Seiten gelesen. Doch Stockholm ist nicht Hollywood und in der Welt von 1793 gibt es nur Grautöne. Am Ende gibt es nur wenig Trost: Die Hoffnung auf ein baldiges neues Werk von Niklas Natt och Dag.

Veröffentlicht am 03.09.2019

Mein Sommerhighlight

Der Gesang der Flusskrebse
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Kya ist sechs Jahre alt, als sich ihre Mutter mit einem Koffer in der Hand, ohne Abschied zu nehmen, aus ihrem Leben davonmacht. Auch ihre älteren Geschwister sind schon vor dem gewalttätigen Vater und ...

Kya ist sechs Jahre alt, als sich ihre Mutter mit einem Koffer in der Hand, ohne Abschied zu nehmen, aus ihrem Leben davonmacht. Auch ihre älteren Geschwister sind schon vor dem gewalttätigen Vater und dem trostlosen Leben in den Sümpfen North Carolinas geflüchtet. Allein auf sich gestellt (auch der Vater wird irgendwann spurlos verschwinden) lernt Kya zu überleben. Mitten in der Natur, mit wenigen Kontakten zu anderen Menschen wird sie erwachsen. Nicht gewohnt mit Menschen umzugehen, fällt sie auf jemanden herein, der sie letztendlich nur ausnutzt. Man leidet mit Kya in jeder Lebensphase mit und freut sich auf der anderen Seite auch über jede ihrer wunderschönen Momente in der Natur.
"Der Gesang der Flusskrebse" wirkt noch lange nach. Selten habe ich ein so fesselndes Hörbuch gehört. Auf sehr gefühlvolle Weise wird hier sowohl eine Geschichte vom Erwachsenwerden, eine präzise Naturschilderung, als auch ein spannender Krimi zugleich beschrieben. Als Extra gibt es dann noch die Liebesgeschichte zwischen Kya und dem Federjungen.
Das Hörbuch wird großartig gelesen von Luise Helm. Mühelos trifft sie den richtigen Ton für die unterschiedlichen Akteure.
Der Gesang der Flusskrebse ist mein Sommerhighlight. Man merkt, dass die Autorin Delia Owens Zoologin ist: Sie teilt ihr wunderbares Wissen mit dem Hörer/Leser in einer poetischen Art und Weise, die an keiner Stelle langweilt. Also: absolute Empfehlung für "Der Gesang der Flusskrebse".

Veröffentlicht am 15.10.2023

Von Jägern und Wölfen

Ich träumte von einer Bestie
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Nina Blazon ist eine Autorin mit vielseitigem Repertoire. Kinder-, Jugend-, Fantasy-, aber auch Erwachsenenromane hat sie bisher geschrieben. Ihr neues Buch mit dem Titel "Ich träumte von einer Bestie" ...

Nina Blazon ist eine Autorin mit vielseitigem Repertoire. Kinder-, Jugend-, Fantasy-, aber auch Erwachsenenromane hat sie bisher geschrieben. Ihr neues Buch mit dem Titel "Ich träumte von einer Bestie" scheint nun ein Mix aus allen Genres zu sein. Und dieser ist ihr unfassbar gut geglückt.

Fleur lebt relativ zurückgezogen und arbeitet als sogenannte Datenforensikerin. Sie geht Spuren im Internet nach und taucht dabei oft ein in die Welt des Worldwide Web. Im richtigen Leben läuft es nicht so glatt für die junge Frau. Als Leser:in merkt man schnell, dass Fleur ein Geheimnis umgibt. Doch was es sein kann, bleibt lange verborgen. Erst als Fleur durch das Erbe ihrer gehassten französischen Großmutter auf die Spur einer jahrhundertealten ungelösten Familiengeschichte stößt, nimmt auch die Geschichte fahrt auf. Nina Blazon verwebt hier die Legende der Bestie des Gévaudan mit der Geschichte von Fleurs Familie. Blazon führt uns in die abgelegene Gegend der Auvergne in Frankreich. Auf sehr fesselnde Weise, die ab und an auch einen kleinen Schauer hervorruft, wird das Geheimnis am Ende gelüftet.
Ich kann dieses Buch allen empfehlen, die gerne in märchenhafte Geschichten eintauchen. Perfekt wird das Ganze durch die Informationen zur Legende der Bestie. Sehr passend zur kommenden dunklen Jahreszeit.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Bezauberndes Buch

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
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Auch im Alter kann noch Erstaunliches passieren. Mrs. Quinn liefert dafür das beste Beispiel.

Seit fast sechs Jahrzehnten sind Jennifer und Bernhard Quinn ein Ehepaar und leben beschaulich in einer englischen ...

Auch im Alter kann noch Erstaunliches passieren. Mrs. Quinn liefert dafür das beste Beispiel.

Seit fast sechs Jahrzehnten sind Jennifer und Bernhard Quinn ein Ehepaar und leben beschaulich in einer englischen Kleinstadt. Jennifers großes Hobby ist das Backen. Schon früh hat sie gelernt, dass das Zubereiten von Backwerk eine Art von Liebesbeweis sein kann. In ihrer Familie hat das Anfertigen von Köstlichkeiten eine Tradition. Rezepte werden aufgeschrieben und so für die Nachwelt festgehalten. Seit frühester Jugend verwöhnt sie ihre Lieben mit ihren Kreationen und ist somit eine Meisterin im Backen geworden. Jennifer stellt sich einer neuen Herausforderung, als sie sich (ohne ihrem Mann Bernhardt davon etwas zu sagen) für einen Backwettbewerb im Fernsehen anmeldet. Woche für Woche wird nun das köstlichste Gebäck produziert, und tatsächlich ist mir beim Lesen das Wasser im Munde zusammengelaufen. Für Jennifer entwickelt sich der Wettbewerb zu einer großen Freude. Ein Geheimnis aus Jennifers Vergangenheit trübt allerdings ihre Freude über den Erfolg. Doch letztlich kommt es auch hier zu einem guten Ende.

Der späte Ruhm der Mrs Quinn liest sich so locker und leicht wie ein mit Liebe gebackenes Kuchenstück von Jennifer Quinn wohl schmecken mag. Es gibt wenig Überraschendes in diesem Buch, und Fans von liebenswerten Charakteren kommen hier voll auf ihre Kosten. So warmherzig und routiniert von der Autorin Olivia Ford geschrieben, dass man es kaum glauben kann, dass dies ihr Debütroman ist.
Ich bin nun gespannt, ob es demnächst ein Backbuch geben wird. Mich würde es auf jeden Fall freuen.

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