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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.04.2019

Es braucht viel Zeit, um sich ein Leben aufzubauen, aber nur einen Moment, um es in Trümmer zu legen.

Die Lüge
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Mattias Edvardssons Spannungsroman „Die Lüge“ ist im März 2019 bei Limes erschienen und umfasst 544 Seiten.
Auf den ersten Blick scheint es sich bei den Sandells um eine harmonische Durchschnittsfamilie ...

Mattias Edvardssons Spannungsroman „Die Lüge“ ist im März 2019 bei Limes erschienen und umfasst 544 Seiten.
Auf den ersten Blick scheint es sich bei den Sandells um eine harmonische Durchschnittsfamilie zu handeln: Adam ist Pfarrer, Ulrika Anwältin und die 19-jährige Stella weiß noch nicht so recht, was sie vom Leben erwartet. Doch dann gerät der Teenager unter Mordverdacht: Stella wird des Mordes an dem einige Jahre älteren Geschäftsmann Christopher Olsen verdächtigt. Und ihre Eltern versuchen alles, um eine Verurteilung zu verhindern.
Das Besondere und Faszinierende an diesem Roman liegt darin, dass der Mordfall konsequent und in chronologischer Abfolge aus drei unterschiedlichen Perspektiven rekonstruiert wird: der des Vaters, Stellas und derjenigen der Mutter. Dabei kommt es auch immer wieder zu Rückblenden in die Familiengeschichte, was den Leser/innen gleichzeitig einen Einblick in die Familienstruktur vermittelt.
Während aus der Sicht des Vaters die Familie anfangs als harmonische Einheit erscheint, werden hier schon nach und nach Brüche sichtbar. Doch Adam kann und will nicht akzeptieren, dass seine Tochter eine Mörderin sein soll. Interessant ist zu lesen, wie er alte Gewohnheiten und Ansichten über Bord wirft, um seine Tochter zu schützen.
Stellas Perspektive lässt uns auch einen Blick in das schwedische Gefängnis werfen, das von Brutalität und Rücksichtslosigkeit geprägt ist. In dieser Atmosphäre resümiert sie über ihre Familie aus ihrer eigenen Sicht, die sich teilweise eklatant von der ihres Vaters unterscheidet.
Zu Zeugen des Prozesses werden Leserinnen und Leser schließlich, wenn sie der Schilderung der Mutter folgen. Auch an ihr wird deutlich, wie sie anwaltliche Pflichten „vergisst“, um Stella zu helfen.
Obgleich die Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden, bleibt es letztlich den Leser/innen überlassen, ein möglichst objektives Familienbild zu kreieren und das Geschehen zu durchleuchten. Der Roman an sich jedoch vermag zu zeigen, wie unterschiedlich die einzelnen Familienmitglieder ihre Situation erfassen und wie vielschichtig die Beziehungen innerhalb einer Familien sein können.
Durch den Perspektivwechsel fällt es leicht, mit den Protagonisten mitzufühlen und mitzuleiden. Mehr als einmal wechselten meine Sympathien von der einen zur anderen Person. Ansonsten sind weitere Charaktere ebenfalls sehr vielschichtig gezeichnet, sodass man während des Lesens immer wieder zum Miträtseln und Überdenken schon gefasster Ansichten animiert wird.
Der Roman als Ganzes ist flüssig und fast durchgängig spannend zu lesen, auch passt er sich sprachlich den einzelnen Erzählperspektiven an, was mir persönlich sehr gut gefallen hat. Kurze Kapitel geben das Gefühl, rasch beim Lesen voranzuschreiten, die schon oben erwähnten Rückblenden in die Familiengeschichte lassen es abwechslungsreich werden. Wie bei vielen nordischen Romanen dominiert eine insgesamt eher düstere Stimmung. Philosophische und psychologische Aspekte bieten außerdem zahlreiche Anlässe, innezuhalten und nachzudenken.
Insgesamt legt Mattias Edvardsson mit „Die Lüge“ einen wirklich lesenswerten und ungewöhnlichen Roman vor, der durch Vielschichtigkeit glänzt und das Lesen zu einem dramatischen Erlebnis werden lässt. Ein Buch, das ich allen Freund/innen spannungsgeladener Literatur nur empfehlen kann.
Sehr herzlich bedanke ich mich beim Limes-Verlag für die Zurverfügungstellung dieses Leseexemplars.

Veröffentlicht am 08.03.2019

„Zu viele Verdächtige, kein Opfer und nichts ergibt einen Sinn.“ (Sandro Bandini)

Blind
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Zum ersten und hoffentlich nicht letzten Mal ermittelt die Fernsehreporterin Milla Nova in „Blind“ in einem komplexen und spannenden Kriminalfall. Dieser Kriminalroman aus der Feder von Christine Brand ...

Zum ersten und hoffentlich nicht letzten Mal ermittelt die Fernsehreporterin Milla Nova in „Blind“ in einem komplexen und spannenden Kriminalfall. Dieser Kriminalroman aus der Feder von Christine Brand ist im März 2019 bei blanvalet erschienen und umfasst 448 Seiten.
Der blinde Nathaniel wird via der App „Be my eyes“ Zeuge eines Verbrechens. Da niemand ihm Glauben schenkt, wendet er sich an die Journalistin Milla, die ihrerseits gerade in einem Aids-Skandal recherchiert. Mit ihr gemeinsam macht er sich auf die Suche nach der Wahrheit, und beide stoßen auf ungeahnte Zusammenhänge, die schließlich Nathaniel selbst in Gefahr bringen.
Der Roman liest sich von der ersten bis zur letzten Seite ausgesprochen spannend, sodass man das Buch beim Lesen kaum aus der Hand legen mag. Nach und nach stoßen Ermittler/innen und Leser/innen auf neue Zusammenhänge, werden mit möglichen Täter/innen und Motiven konfrontiert, weshalb man sich beim Lesen immer wieder den Kopf darüber zerbricht, was wohl hinter dem vermeintlichen Verbrechen stecken mag – und ob nicht auch Nathaniel selbst etwas zu verbergen hat. Unterstützt wird diese Spannung durch den Perspektivwechsel, der die Leser/innen immer wieder in die Gedankenwelt des Entführungsopfers lenkt, und die Cliffhanger, mit denen die in der Regel recht kurzen Kapitel oftmals enden.
Über weite Strecken des Kriminalromans sind Leserinnen und Leser den Ermittelnden an Wissen um mögliche Zusammenhänge voraus, was aber der Spannung keinen Abbruch tut – genau im Gegenteil, ist es doch interessant nachzuvollziehen, wie diese die Puzzleteilchen nach und nach zusammensetzen. Außerdem wird das Verbrechen als Ganzes an sich erst nach einem dramatischen Finale aufgeklärt, man darf also bis zum Ende mit den Charakteren mitgrübeln und –bangen. Ein wenig unbefriedigt hat das Ende mich dann doch zurückgelassen, da nicht alle Handlungsstränge zur Gänze aufgelöst werden.
Brands Sprache ist flüssig und schnörkellos zu lesen, was Lesende schnell voranschreiten lässt und kurzeilige Lesestunden beschert.
Die Charaktere sind realitätsnah und meist sympathisch gezeichnet, gerade die Perspektivwechsel laden zu einer Identifikation mit denselben ein, sodass man sowohl mit Täter als auch mit Opfer mitfühlen kann. Ganz im Nebenbei erfährt man als Leser/in durch die Begegnung mit Nathaniel auch Wissenswertes aus der Welt der Blinden, der Umgang der anderen Charaktere mit ihm hat mich immer wieder auf Aspekte gestoßen, an die ich im Alltag so nicht denke.
Das düstere Cover, auf dem hell das Wort „Blind“ hervorsticht und ein einsamer junger Mann im Begriff ist, durch die aus dem großen L gebildete Tür hindurchzugehen, stimmt eindrücklich auf die Lektüre ein. Ein besonderes Highlight sind die angerauten Ecken des Covers, die das Buch auch zu einem haptischen Erlebnis werden lassen.
Alles in allem präsentiert Christine Brand mit „Blind“ einen sehr lesenswerten und komplexen Kriminalroman, der Leserinnen und Leser von der ersten Seite an fesselt und so eben ein echter Pageturner ist. Lediglich das aus meiner Sicht nicht völlig befriedigende Ende hindert mich daran, dem Roman die volle Punktzahl zu geben. Nichtsdestotrotz handelt es sich hier aber um einen Krimi, der auch allen anderen Liebhaber/innen dieses Genres ein paar kurzweilige, spannende und „rätselhafte“ Lesestunden bereiten dürfte und den ich deshalb gerne als Lektüre weiterempfehle.
Sehr herzlich möchte ich mich beim Verlag für das Zurverfügungstellen dieses Rezensionsexemplar bedankten.

Veröffentlicht am 03.03.2019

Eine skurrile Jagd im unterirdischen Retz

Das letzte Achtel
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Zum wiederholten Mal ermitteln in „Das letzte Achtel“ die Wiener Kommissare Hawelka und Schierhuber in der österreichischen Provinz. Dieser Regionalkrimi aus der Feder von Günther Pfeifer wurde im Februar ...

Zum wiederholten Mal ermitteln in „Das letzte Achtel“ die Wiener Kommissare Hawelka und Schierhuber in der österreichischen Provinz. Dieser Regionalkrimi aus der Feder von Günther Pfeifer wurde im Februar 2019 von Emons herausgebracht und umfasst 288 Seiten.
37 Rohrweihen, fein säuberlich im Kreis um eine Leiche drapiert – skurriler geht es wohl kaum. Und als die Vogelkadaver dann auch noch vom Leichenfundort verschwinden, ruft das Hawelka und Schierhuber auf den Plan. Dieses Mal sind die beiden in geheimer Mission im niederösterreichischen Retz unterwegs, wo sie, wie sollte es anders sein, nach einigen Verwirrungen und feuchtfröhlichen Gelagen gemeinsam mit dem „Auskunftsbüro Berlakovic“ Licht ins Dunkel bringen.
„Vogelkadaver, hübsch ordentlich zu einem nahezu perfekten Kreis angeordnet“ – köstlicher kann das Auffinden einer Leiche wohl kaum dargestellt werden. Als die Kadaver dann auch noch verschwinden, niemand etwas wissen will und nicht derjenige ist, der zu sein er vorgibt, ist die Verwirrung perfekt - eine Verwirrung, die sich bis zum Ende kaum entwirren lässt. Als die undercover ermittelnden Kommissare Hawelka und Schierhuber dann auch noch wortwörtlich im Dunkeln tappen, werden sie doch inmitten der Kellergänge, die die niederösterreichische Stadt Retz unterlaufen, in eine wilde Schießerei verwickelt, zermartern sich auch Leserinnen und Leser das Hirn darüber, was sich wohl in den Tiefen dieser Provinzstadt und ihrer Bewohner/innen abspielen mag. Forciert werden Spannung und Verwirrung dadurch, dass es zwar Motive und Verdächtige ohne Ende zu geben scheint, aber nichts wirklich zusammenpasst. In einem überraschenden Finale wird der Fall schließlich logisch nachvollziehbar aufgeklärt, sodass man am Ende das Gefühl hat, ein humorvolles, spannendes und überzeugendes Werk gelesen zu haben.
Obwohl der Roman im Niederösterreichischen spielt, ist er auch für Hochdeutschsprechende leicht verständlich. Textpassagen, die für Verständnisschwierigkeiten sorgen könnten, sind wieder einmal in Fußnoten erklärt, die ihrerseits vor Humor nur so sprühen. Pfeifers Sprache ist an sich leicht verständlich und flüssig zu lesen; immer wieder eingebaute kompliziertere Satzkonstruktionen mit Wiederholungen und Doppelungen oder eine verkorkste Grammatik machen den Charme des Geschriebenen aus und sorgen für Erheiterung. Dialoge, die wie eine Fußballreportage dargestellt oder durch Unterbrechungen geprägt sind („Waru-“ – „Sie wollte, dass wir endlich arbeiten.“), verleihen der Erzählung zudem Rasanz.
Die Charaktere sind liebevoll und skurril gezeichnet. Jede/r hat irgendwelche Schrullen und Marotten, die ihrerseits für Witz sorgen. Da erscheint Herta Berlakovic mit ihrem gesunden Menschenverstand noch als die Normalste. Sehr gut hat mir gefallen, dass selbst der ansonsten so griesgrämige „Erzherzog“ Zauner sich am Ende zu einem ernst gemeinten „Danke“ hinreißen lässt – ein Zeichen, dass die Figuren durchaus wandelbar und entwicklungsfähig sind.
Neben Humor und Spannung bietet dieser Regionalkrimi wunderbare Einblicke in die Stadt Retz und ihre Attraktionen, sodass man beim Lesen geradezu Lust bekommt, dieses Fleckchen einmal zu besuchen.
Das Cover ist schlicht gehalten und passt mit seiner ungewöhnlichen Darstellung von Weinflaschen sehr gut zum Inhalt des Buches. Auch die Farbgebung ist sehr harmonisch.
Wer Spannung in Verbindung mit gepflegtem Humor mag, wird bei diesem Krimi bestimmt auf seine Kosten kommen. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.02.2019

Dieser Fall raubt mir noch den Verstand.

Die finnische Socke
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Bei „Die finnische Socke“ von Marie Anders handelt es sich um den zweiten Band der Krimiserie rund um das Ermittlerteam von Inspektor Quentin Neuner. Dieser Salzburg-Krimi ist im Oktober 2018 im österreichischen ...

Bei „Die finnische Socke“ von Marie Anders handelt es sich um den zweiten Band der Krimiserie rund um das Ermittlerteam von Inspektor Quentin Neuner. Dieser Salzburg-Krimi ist im Oktober 2018 im österreichischen Verlag Federfrei erschienen und umfasst 326 Seiten.
Auch wenn es sich hier um den zweiten Teil handelt, ist es Neueinsteiger/innen in die Reihe problemlos möglich, dem Geschehen zu folgen, denn der Fall ist in sich abgeschlossen, und Bezüge auf den ersten Teil gibt es keine.
Während eines internationalen Salzburger Ärztekongresses wird der Forscher und Mediziner Dr. Thomas Steinmetz ermordet aufgefunden. Das Mysteriöse: An seinem Fuß befindet sich eine selbstgestrickte Socke, seine Milz wurde durchbohrt und in seinem Nacken finden sich seltsame Hämatome. Während Quentin Neuner und sein Team noch ganz am Anfang der Ermittlungen stehen, geschieht schon der nächste Mord, der dem ersten fast aufs Haar gleicht. Für die Salzburger Kommissare beginnt eine Suche, die sie lange im Trüben fischen lässt. Verdächtige gibt es viele. Aber wo liegt das Motiv? Und vor allem: Wie passen sie zusammen?
Dieser Krimi kommt ganz und gar unblutig daher, in seinem Zentrum stehen eindeutig die Ermittlungsarbeiten. Nichtsdestotrotz ist es spannend, dieselben zu verfolgen, da man als Leser/in, ebenso wie die Ermittler/innen, größtenteils im Dunkeln tappt. Es gibt eine Menge Verdächtige, auch Motive kann man schnell ausmachen, aber alles in Vereinbarung zu kriegen … das steht auf einem anderen Blatt. So hat man beim Lesen eigentlich bis zum Ende das Vergnügen eines hirnzermarternden Rätselratens. Erschwert wird diese Arbeit dadurch, dass sämtliche Verdächtige ihre Geheimnisse mit sich herumtragen, die teils nur spärlich als solche entlarvt werden, weshalb man immer wieder auf neue Anhaltspunkte stößt, nur um diese alsbald wieder ad acta zu legen – genau wie das Ermittlerteam. Des Rätsels Lösung überrascht schließlich sehr und ist auch weitestgehend logisch nachvollziehbar.
Wie der Titel „Die finnische Socke“ nahelegt, spielen in diesem Roman viele Finn/innen eine Rolle, was wegen der eher ungewöhnlichen Namen anfangs ein bisschen irritieren mag, jedoch fällt es bald leicht(er), die einzelnen Charaktere zuzuordnen. Ansonsten sind die Charaktere durchweg sympathisch gezeichnet – einzige Ausnahme ist Neuners Exschwager, ein Journalist, an dem kein gutes Haar gelassen wird. Wenn man so will, kann man dieses auch als kleinen Seitenhieb gegen den Boulevardjournalismus sehen. Mir jedenfalls ging es beim Lesen so. Besonders ans Herz gewachsen sind mir während des Lesens, neben Quentin selbst, die anderen Teammitglieder, die humor- und liebevoll miteinander umgehen und auch für das eine oder andere Schmunzeln sorgen.
Anders‘ Sprache ist flüssig und flott zu lesen, ich selber habe ein wenig den österreichischen Einschlag vermisst, jedoch scheint er in Salzburg selbst nicht so verbreitet zu sein wie in anderen Regionen dieses Alpenstaates. Zu einem flotten Voranschreiten beim Lesen tragen zudem die recht kurzen Kapitel bei, die einem das Gefühl geben, schnell voranzukommen. Lediglich die Dialoge erschienen mir stellenweise ein wenig langatmig, da sie zum Teil etwas hölzern und zu ausführlich erscheinen. Allerdings mag es sein, dass dieses eben dem Österreichischen entspricht.
Gemeinsam mit Ermittlerteam und Autorin unternehmen die Leserinnen und Leser in diesem Roman einen schönen Stadtrundgang durch Salzburg, können die Atmosphäre aufsaugen und, falls sie diese Stadt schon einmal besucht haben, in Erinnerungen schwelgen. Dem Genre „Regionalkrimi“ wird dieses Werk also auch in dieser Hinsicht vollkommen gerecht.
Alles in allem ist Marie Anders mit diesem Krimi ein unterhaltsames, schönes und zum Mitraten einladendes Werk gelungen, bei dem man von den von mir oben genannten Kritikpunkten beruhigt absehen und sich auf einige kurzweilige Lesestunden freuen kann. Von mir gibt es daher eine bedenkenlose Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Mordermittlungen mit Urlaubsflair

Lago Mortale
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Der Piemont-Krimi „Lago Mortale“ von Giulia Conti bildet den Auftakt zu einer Krimireihe rund um den ehemaligen Polizeireporter und Halbitaliener Simon Strasser. Er erscheint im März 2019 im Atlantik-Verlag ...

Der Piemont-Krimi „Lago Mortale“ von Giulia Conti bildet den Auftakt zu einer Krimireihe rund um den ehemaligen Polizeireporter und Halbitaliener Simon Strasser. Er erscheint im März 2019 im Atlantik-Verlag und umfasst 286 Seiten.
Flirrende Augusthitze am Lago d’Orta. Auf dessen Luxusyacht entdeckt Simon Strasser die Leiche eines Fabrikantensohns. Während die Polizei noch im Dunklen tappt und mehr und mehr von einem Unfall ausgeht, macht sich der ehemalige Polizeireporter auf eigene Faust an die Ermittlungen – und stößt dabei auf eine Reihe von Familiengeheimnissen.
Von Anfang an werden Leserinnen und Leser unmittelbar ins sommerliche Piemont mit seinem Ambiente hineingezogen. Mit dem Auffinden der Leiche beginnt der Krimi auch gleich spannend, dann allerdings plätschert die Handlung erst einmal vor sich hin, bis sich in der zweiten Romanhälfte immer mehr Hinweise auf einen möglichen Mord und sein Motiv ergeben. Schließlich gelingt es Strasser, in einem dramatischen Finale den Mörder zu entlarven.
Der Krimi besticht weniger durch seine Spannung, kommt unblutig und unspektakulär daher, reizt jedoch mit seiner realistischen Darstellung der italienischen Lebensweise und der Landschaft des Piemonts. Hieran wird jeder Italienfan seine wahre Freude haben: Man unternimmt eine kulinarische Reise durch das Land, die teils fast unberührten Landschaften und die Orte rund um den Lago d’Orta werden sehr ansprechend und realistisch beschrieben, sodass man beim Lesen das Gefühl hat, vor Ort zu sein. Ergänzt wird diese „Reise“ durch einige Informationen über den See im Nachwort der Autorin.
Gut in dieses Ambiente passt auch Contis Sprache, die von italienischen Wendungen und Sätzen durchsetzt ist. Ansonsten pflegt die Autorin einen beschreibenden, flott zu lesenden Sprachstil. Die Kapitel sind kurz, sodass man beim Lesen gut vorankommt.
Die überschaubaren Charaktere sind wirklichkeitsgetreu und plastisch beschrieben, dabei aber durchaus vielschichtig, sodass man nicht zuletzt bei der Auflösung des Falls auch überrascht wird. Innere Monologe laden zudem zu einer Identifikation mit dem Protagonisten, Simon Strasser, ein. Besonders gut hat mir neben diesem Reporter die Polizistin, Carla Moretti, gefallen, die durch ihre ruhige Art hervorsticht.
Das Cover ist sehr ansprechend, passt mit der Abbildung einer italienischen Kleinstadt am Wasser zur Szenerie und erinnert, genau wie die Schilderung des italienischen Augusts, an Urlaub.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Krimidebüt um ein Buch, das sich „in einem Rutsch“ lesen lässt, Leserinnen und Leser in den italienischen Sommer entführt und somit – gerade auch wegen seiner Unblutigkeit – eine unterhaltsame, gefällig spannende Urlaubslektüre darstellt. Alles in allem ein angenehmes Lesevergnügen für zwischendurch.