Späte Sühne
„Frankfurter Kaddisch“ ist ein Kriminalroman mit zeitgeschichtlichem Hintergrund, der in Frankfurt am Main verortet ist. Das Kaddisch ist eines der wichtigsten Gebete im Judentum. Somit passt der Titel ...
„Frankfurter Kaddisch“ ist ein Kriminalroman mit zeitgeschichtlichem Hintergrund, der in Frankfurt am Main verortet ist. Das Kaddisch ist eines der wichtigsten Gebete im Judentum. Somit passt der Titel ausgezeichnet zum Inhalt. Denn es geht um drei mutmaßliche Selbstmorde in der jüdischen Gemeinde Frankfurts. Alle Toten waren über 70 Jahre alt. Alles sehr mysteriös. Hauptkommissar Gregor Mandelbaum ermittelt.
Gregor ist Jude und hat das Asperger-Syndrom. Er ist jung und klug. Fluch und Segen zugleich. Seine Sozialkompetenz mag eingeschränkt sein, dafür kennt er sich gut mit Körpersprache aus. Gregors Familie ist reich, ihr gehört ein Bankhaus, aber er selbst lebt von seinem Gehalt. Gregors Eltern sind tot, aber er hat noch eine Schwester, Sarah, und einen Onkel namens Jakob. Sarah ist ein Partygirl, ihr Lover heißt Roman und ist Russe.
Zu Gregors Team gehören Küken Jenny, Bedenkenträger Dieter, „Mutti“ Jutta und „Schmuddel“ Klaus, ein Nerd. Jugend und Neugier gepaart mit Fachkenntnis und Lebenserfahrung - eine gute Kombination. Unterstützt wird Gregor von der Gerichtsmedizinerin Dr. Sonja Savoyen. Bald ist klar, dass Salomon Kleinstein, Ella Löwenstin und Samuel Itzigman ermordet wurden. Gibt es eine Verbindung? Und wo liegt das Motiv?
Rückblenden in die Vergangenheit, beginnend mit dem Jahr 1931 bis in die Nachkriegszeit, verleiten zu unterschiedlichen Spekulationen und Deutungen. Gregor gerät immer mehr in ein Netz aus Lügen und Intrigen, in das auch sein Onkel verstrickt zu sein scheint. Ein altes Familiengeheimnis. Es geht um Rache und Vergeltung, Schuld und Sühne. Zudem hat Dieter Aurass eine Thematik gewählt, die nicht schon x-fach kriminalliterarisch abgearbeitet wurde. Selbst wenn der Leser der Polizei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut - und gehalten.
„Frankfurter Kaddisch“ ist das Krimidebüt von Dieter Aurass. Es handelt sich um eine fiktive Geschichte, die auf Tatsachen beruht. Die geschichtlichen Rückblicke kommen authentisch und lebendig rüber. Der Autor hat nicht nur bestens recherchiert, sondern auch eine komplexe und spannende Geschichte geschrieben, die sich zudem flott lesen lässt. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Dass Dieter Aurass im Finale nochmal richtig Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen gegen Ende des Krimis hält der Autor für seine Leser noch bereit.
Gregor und Sonja, Jenny, Dieter, Mutti und Schmuddel, eine sympathische Truppe, der ich gerne wieder über die Schultern schauen möchte.
Fazit: Spannendes und atmosphärisches Debüt. Starker Stoff. So muss Krimi!