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Veröffentlicht am 30.03.2019

emotionale und spannende Einblicke

Briefe an Obama
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„Bei solchen Gelegenheiten wird man wieder daran erinnert, dass dieses Amt etwas Besonderes ist und dass eine Antwort den Menschen das Gefühl vermittelt, ihr Leben, ihre Sorgen sind wichtig. Und das kann ...

„Bei solchen Gelegenheiten wird man wieder daran erinnert, dass dieses Amt etwas Besonderes ist und dass eine Antwort den Menschen das Gefühl vermittelt, ihr Leben, ihre Sorgen sind wichtig. Und das kann in kleinem, manchmal aber auch im entscheidenden Maß verändern, wie sie selbst ihr Leben betrachten.“ (Obama in Briefe an Obama)

Worum geht’s?

„10 letters a day“ – das hat Barack Obama entschieden, als er ins Amt des amerikanischen Präsidenten trat. Jeden Tag möchte er 10 Briefe der Bürger vorgelegt bekommen, die sich an ihn wenden. Er war der erste Präsident, der dies konsequent verfolgte. Er wollte wissen, was da Volk bewegt. „Briefe an Obama“ beleuchtet das Phänomen „10 LADs“, die riesige Maschinerie hinter der Postbearbeitung und die Briefe selbst.

Schreibstil / Gestaltung

Das Hardcover-Buch mit abnehmbaren Schutzumschlag zeigt Barack Obama grübelnd und lesend in einem Sessel sitzend. Das Cover passt sehr gut zur Vorstellung, dass Obama sich jeden Abend die Mappe der 10 ausgewählten Briefe mit ins private Büro nahm. Das Cover ist schlicht und unaufdringlich.

Das Buch geht chronologisch durch Obamas Amtszeit und beginnt bereits zum Zeitpunkt, als er gewählt, aber noch nicht an der Macht ist. Es gibt stets eine Auswahl aus Zuschriften, welche gestalterisch aufgearbeitet wurden, einige mit Antwort von Obama, andere unbeantwortet. Auf die Briefe folgen stets 2-3 Kapitel, die von der Autorin geschrieben das System beleuchten, Einblicke in die Arbeitsweise geben und einen Brief mit seiner Hintergrundgeschichte beleuchten. In den Kapiteln kommen insbesondere auch die Mitarbeiter und Obama selbst regelmäßig zu Wort.

Mein Fazit

Auf das Buch aufmerksam geworden bin ich erstmals durch den ehemaligen Cheffotografen des Weißen Hauses, Pete Souza. Seine Bildbände über Barack Obama fand ich sehr interessant und auf Instagram stellte er das Buch „To Obama“ vor. Umso glücklicher war ich, dass das Buch nunmehr auf Deutsch erschienen ist. Aus zahlreichen Serien und Sendungen kannte ich das Prinzip der Briefe an den Präsidenten und war daher umso mehr gespannt, wie viel Wirklichkeit hierhinter steckte.

Der Einstieg in das Buch fiel mir etwas schwer. Das Buch startet unmittelbar – ohne Vorwort, ohne Einführung – mit der Auswahl der ersten Briefe, erst im Anschluss gibt es eine allgemeine Einführung der Autorin zum Thema und zu den Gründen, wieso sie das Buch schrieb. Tatsächlich wirkte der Teil merkwürdig unstrukturiert und ich war vor allem verwirrt. Mit Verlauf des Buches hatte man sich hieran aber schnell gewöhnt und die Abwechslung zwischen Erzählungen aus der Praxis, der Beleuchtung von Einzelfällen und den realen, echten Briefen (welche in Übersetzung vorliegen) gefiel mir sehr gut.

Etwas stört es mich, dass die Briefe gestalterisch aufgearbeitet sind, mit handschriftähnlichen Schriftarten zB. Auch der regelmäßige Wechsel in der Gestaltung sollte wohl die Vielfalt unterstreichen, wirkte aber irgendwie künstlich. Zudem hatte ich an einigen Stellen das Gefühl, dass ggf. durch die Übersetzung eine ungewollte Härte in Obamas Antworten eingeflossen ist. So fiel mir dies besonders im ersten Drittel des Buches vermehrt auf, dass die Briefe teils belehrend und fast schon gemein klangen. Ich vermute allerdings, dass dies primär der Übersetzungstatsache geschuldet ist. Fantastisch wäre es daher gewesen, wenn die Originale mit abgedruckt wären, allerdings würde dies definitiv den Rahmen des Buches sprengen.

Inhaltich bietet das Buch eine breite Palette. Es gab die berichtenden Teile, die den Gang der Briefe, die Arbeit der Kommunikationsleute und den Ablauf der Auswahl beleuchten. Es war sehr interessant, hier Einblicke zu erhalten. Viele Informationen kamen für mich sehr überraschend (etwa, dass teilweise bis zu 250000 Briefe die Woche kamen; dass Obama häufig Verfügungen für weitergehende Informationen machte oder auch, dass viele Briefe nicht nur bei Obama, sondern im halben Weißen Haus landeten). Das Buch beleuchtet eine Struktur, die ich mir nie hätte vorstellen können und die faszinierend zeigt, wie mit den Eindrücken einer Bevölkerung umgegangen wird. So erfährt man etwa, dass teilweise bis zu 400 Briefe am Tag Hilferufe sind, bei denen die Leute sich oder andere gefährden. Eine Sonderabteilung nimmt sich jedem dieser Fälle an. Die Auswahl der im Buch gezeigten Briefe ist von wütend über informativ bis zu lustig sehr vielfältig. Die meisten Briefe gehören jedoch in die Kategorie wütend, tragisch oder schön. Menschen erzählen Obama ihre Geschichten – und oftmals reagiert er hierauf, mit direkter Hilfe, mit Gesetzesänderungen, mit starken Worten.

Es waren zahlreiche bewegende Briefe dabei. In einem Brief schildert ein schwuler Mann, dass sein Partner als Soldat in den Krieg zieht und niemand wissen darf, dass er schwul ist. In einem anderen Brief berichten Eltern über ihre Tochter, die beim Terroranschlag am 9/11 gestorben ist. Ein anderer Brief erzählt die Geschichte eines Mannes, der einem illegalem Einwanderer ein Vater sein will, der Staat ihn aber abschieben will. Es gibt einen Brief einer Anwältin, die Obama für die Begnadigung eines Mandanten dankt. Es gibt zahlreiche Lobbriefe für Obama, Dankesbriefe für seine Reformen, aber auch einige kritische Stimmen und einen jungen Schüler, der um Hausaufgabenhilfe bittet. Auf jeden Fall ist „Briefe an Obama“ ein breitgefächertes Portfolio an Briefen, die die amerikanische Politik bewegen wollten und auch teilweise bewegt haben. Auch die Einzelfälle, die intensiver beleuchtet wurden, waren teilweise sehr interessant und zeigten, welche Auswirkung eine Antwort des Weißen Haues haben kann. Besonders in Erinnerung blieb mir das Kapitel „Rote Punkte“ – die Markierung für Briefe mit Selbst- oder Fremdgewährdung. Es war ein Kapitel, was mir Gänsehaut und Tränen beschwert hat.

Einzig kritisieren mag ich, dass gegen Ende hin – passend zum Ende von Obamas Amtszeit – natürlich auch das Thema Trump in den Briefen aufgegriffen wird. Hierbei merkt man die Positionierung der Autorin als Obama-Befürworterin doch sehr stark. Es gibt viele Briefe, die widerspiegeln, wie besorgt die Bevölkerung ist und auch durch das Zuwortkommen der Mitarbeiter wird ein klares Anti-Trump-Bild gezeichnet. Ein bisschen weniger Meinung und ein bisschen mehr Neutralität wären ein krönender Abschluss gewesen. Denn bis zu diesem Punkt ist das Buch sehr ausgewogen und zeigt auch viele Anti-Obama-Briefe, viel Kritik.

Am Ende ist „Briefe an Obama“ ein interessanter Einblick in ein fremdes, wenig bekanntes System, welches Obama in seiner Amtszeit als Präsident genutzt hat, um die Beweggründe des Volks zu erfahren. Es ist ein spannender Einblick in das Volk selbst und welche Themen es bewegt und ein teilweise emotionaler Nachweis, was manchmal durch simple Worte bewegt werden kann.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 21.03.2019

wichtiges Thema hervorragend herausgearbeitet

Falschaussage
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„Wenn es um Vergewaltigung ging, stießen die Opfer regelmäßig auf Zweifel – von Seiten der Polizei, aber auch von der eigenen Familie und von Freunden. Sowohl in den Polizeiwachen als auch in der breiten ...

„Wenn es um Vergewaltigung ging, stießen die Opfer regelmäßig auf Zweifel – von Seiten der Polizei, aber auch von der eigenen Familie und von Freunden. Sowohl in den Polizeiwachen als auch in der breiten Öffentlichkeit herrschte die Ansicht vor, dass nicht jede Anzeige einer Vergewaltigung der Wahrheit entsprach. Das Problem war, dass niemand wusste, wie viele es tatsächlich waren.“ (aus „Falschaussage – Eine wahre Geschichte“)

Worum geht’s?

Die 18jährige Marie wird 2008 in ihrer Wohnung von einem Unbekannten überfallen und vergewaltigt. Sie erstattet bei der Polizei Anzeige. Sie will Gerechtigkeit und andere vor den Täter schützen. Doch die Polizei zweifelt an ihr, ihr Umfeld zweifelt an ihr, irgendwann zweifelt Marie an sich selbst. Und so wird aus einer Vergewaltigungsanzeige nicht die Jagd nach einem Täter, sondern ein Strafverfahren gegen das Opfer – wegen Falschbeschuldigung. Doch was niemand zu diesem Zeitpunkt weiß: Marie ist nur die Spitze des Eisberges. Aber erst 2011 wird die unermüdliche Arbeit mehrere Ermittler die unfassbare Reichweite ans Tageslicht bringen.

Falschaussage ist die Geschichte eines echten Falles, der sich in den USA im Zeitraum von 2008 bis 2011 ereignet hat.

Schreibstil / Gestaltung

Die äußerst kreative Covergestaltung zeigt im Hintergrund originale Polizeidokumente. Das Farbenspiel beim Titel und dem Untertitel ist interessant und verrät dem Leser, was ihn hier erwartet. Generell ist die Gestaltung eher schlicht und für das Buch und die Thematik angemessen.

Das Buch ist durchgängig in einem berichtendem Erzählstil geschrieben. Es handelt sich bei Falschaussage um einen Tatsachenbericht aus dem Real Crime Genre und so wird auch erzählt. Der Erzählstil ist minimal wertend, größtenteils aber eher neutral und durchgängig faktenbasiert.

Falschaussage wird nicht in der chronologischen Reihenfolge erzählt, sodass es immer wieder zu Zeitsprüngen und Ortswechseln kommt. Erst im letzten Viertel des Buches wird chronologisch erzählt. Dem Buch vorgestellt sind Landkarten für die im Buch relevanten Orte. Es gibt kein Vorwort, aber einen längeren Epilog, ein Nachwort durch die Autoren und ein ausführliches Belegverzeichnis, welches die jeweils für die Kapitel verwendeten Dokumente und Studien ausführt.

Mein Fazit

„Sie sagt, sie wurde vergewaltigt. Die Polizei sagt, sie lügt.“ So steht es als Untertitel auf dem Cover von Falschaussage. Vermutlich war diese Aussage das entscheidende Kriterium, wieso ich zu diesem Buch gegriffen habe. Ich lese gern und viel aus dem Real Crime Bereich und war durchaus gespannt, was für eine Geschichte mich hier erwarten möchte.

Vorab möchte ich an dieser Stelle bereits einige Worte zur Umschlagsgestaltung loswerden. In meinen Augen sind diverse Elemente der Gestaltung nicht passend für das Buch. Das bereits erwähnte Untertitel trifft meiner Meinung nach nicht genau die Geschehnisse des Buches, auf der Buchrückseite ist die Rede von „hochspannend mit einem Twist, der John Grisham alle Ehre machen würde“ – dies ist meiner Meinung nach schon fast respektlos für dieses Buch. Das hier ist kein Thriller, das hier ist kein spannender Pageturner mit Twists, die den Leser in Verzückung bringen – dieses Buch ist bittere, tragische Realität und erzählt die Geschichte einer Polizei-Ermittlung, die keine war, aber eine hätte sein sollen. Sollte man an diese Buch mit der Erwartung herangehen, einen spannende Thriller mit viel Sex and Crime zu erhalten, so mag ich dazu raten, dieses Buch nicht zu lesen. Es ist nicht der Anspruch des Buches, dies zu leisten. Das Buch möchte die entsetzliche Geschichte um Marie und ihre Leiden erzählen, eingekleidet in die noch viel größere Geschichte um die Jagd nach einem Serientäter. Wer zu diesem Buch greift, darf nie vergessen, dass es aus dem Real Crime Genre kommt und vor allem als Tatsachenbericht dienen möchte.

Bei Falschaussage geht es wie bereits gesagt um Marie, die 2008 vergewaltigt wurde. Im Rahmen ihrer Anzeigenerstattung hegte die Polizei sehr schnell Zweifel an ihren Ausführungen und machte hierbei vor allem den Fehler, sich durch externe Meinungen beeinflussen zu lassen. Am Ende der Zweifel stand die Konfrontation mit Marie, die ihre Aussage sodann mehrfach widerrief und auch den Widerruf widerrief. Doch auch, wenn der Fokus Maries Fall liegt und die Frage, ob und inwiefern die Polizei ihr Unrecht getan hat, ob sie gelogen hat und ob das polizeiliche Vorgehen gerechtfertigt war, ein Hauptaspekt der Geschichte ist, so tut man dem Buch Unrecht, sich nur hierauf zu versteifen.

Denn Falschaussage möchte viel mehr erzählen: Die Geschichte eines Mannes, der über Jahre hinweg an verschiedenen Orten Frauen überfiel und vergewaltigte, die Geschichte mehrere Frauen, denen die Polizei nicht immer glaubte und vor allem die Geschichte von guter und nicht so guter Polizeiarbeit, die teils vor Mängel und mangelndem Fachwissen im Umgang mit Sexualdelikten nur so strotzte. Das Buch ist eine Gesamtschau auf einen großen Fall mit vielen Opfern, noch mehr Beamten und einem Täter, der so perfide und so organisiert jahrelang die Justiz zum Narren halten konnte.

Falschaussage ist ein Blick in die Welt von Polizeiermittlungen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Im Laufe des Buches lernt der Leser zahlreiche Polizisten kennen, die an diesem Fall mitgearbeitet haben. Jeder für den Fall relevante Polizist wird hierbei etwas ausführlicher vorgestellt, was leider manchmal etwas ausufernd erschien und den Lesefluss für mich immer wieder unterbrach. Da die Geschichte zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten von verschiedenen Fällen handelt, die wiederum von verschiedenen Beamten bearbeiten wurden, hat der Leser sehr schnell eine riesige Liste an Beteiligten. Ich kam hierbei regelmäßig durcheinander, musste zurückblättern und verlor immer wieder den Faden, über welchen Fall ein Kapitel gerade geht.

Strukturell konnte mich das Buch daher größtenteils nicht überzeugen. Selbst jetzt am Ende könnte ich keine saubere Chronologie aufzeichnen und kann nach wie vor die meisten Beamten nicht richtig zuordnen. Es tut letztendlich dem Verständnis keinen Abbruch, dennoch wäre es vielleicht schön gewesen, wenn – ähnlich wie die Landkarten am Anfang – ein Zeitstrahl oder ähnliches ins Buch eingearbeitet worden wäre oder zumindest zu Kapitelbeginn nicht nur Zeit und Ort notiert wäre, sondern auch welcher Fall und welche Ermittler. Dadurch, dass anfangs mehrere Geschichten nebeneinander laufen, wird dem Leser einiges abverlangt. Am Ball bleiben, Verbindungen ziehen, ein komplexes Geflecht nachvollziehen – dazu kommt noch die emotionale Komponente des Buches.

Dafür ist das Buch inhaltlich aber ein Volltreffer und das ist, worauf es ankommt. Man merkt, dass die beiden Autoren sehr viel Herzblut in das Projekt gesteckt haben. Neben den eigentlichen Fallrecherchen, den Gerichtsakten und Interviews mit den Beteiligten werden auch Unmengen von Studien, Wissenschaftlern und Experten zitiert, wiederum alles belegt und zum Nachlesen. Die Autoren haben hierbei einen exzellenten Spagat zwischen „Fallbericht“ und „grundlegenden Informationen“ geschafft und ein für mich vollkommen rundes Buch geschaffen, ohne dabei eine Hexenjagd auf die Beamte zu starten und sich selbst als moralische Instanz hinzustellen. Durch den Fall um Marie, den Fall um den Serienvergewaltiger und die Worte der weiteren Opfer, aber auch die Einblicke in die Gedankenwelt des Täters (es gibt einige Kapitel, die auch seine Geschichte beleuchten), wird der Leser mitgenommen auf eine Reise zwischen Hoffnung, Wut, Entsetzen und Mitleid. Und die Autoren haben die Geschichte weder mit der Festnahme noch mit dem Urteil beendet. Sie haben auch das „Aftermatch“ gezeigt, was aus den Beteiligten geworden ist und die vielleicht noch wichtigere Frage: Hat die Behörde aus Maries Fall gelernt?

Falschaussage ist ein Buch, welches einen hohen Anspruch an sich selbst hat und diesen auch erfüllt. Es ist ein Must-Read für Genrefans und Leute, die sich für das Thema generell interessieren. Es ist ein ganzheitliches Werk über einen Fall, wie er leider immer noch regelmäßig passieren kann. Es ist ein Werk, welches dem Leser die wackelige Welt zeigt, in der der Staat versucht, in intimen Bereich der Sexualdelikte für Gerechtigkeit zu sorgen und manchmal an seinen eigenen Idealen scheitert. Es ist ein Buch, welches zeigt, wie schmal die Gratwanderung zwischen professioneller Skepsis und zu schneller Vorverurteilung ist. Es ist ein Buch, welches zeigt, dass Traumata nicht identisch verlaufen müssen, Menschen aber zu schnell eine Checkliste anlegen und jemandem Unglaubwürdigkeit unterstellen. Vor allem aber ist es ein Buch, welches einem auch über die letzte Seite hinweg weiter zum Nachdenken bringen wird. Denn man fragt sich: Wie hätte ich reagiert als Polizist, wie hätte ich reagiert als Umfeld, wie hätte ich reagiert als Marie?

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 16.03.2019

spannend und absolut mitreißend

ENDGAME Buch 3
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„Die Königin verfügt über Freiheiten, die dem König fehlen. Sie entscheidet selbst über ihr Schicksal.“
(Avery in Endgame 3)

Worum geht’s?

Avery ist in großer Gefahr. Nach dem dramatischen Ende von Band ...

„Die Königin verfügt über Freiheiten, die dem König fehlen. Sie entscheidet selbst über ihr Schicksal.“
(Avery in Endgame 3)

Worum geht’s?

Avery ist in großer Gefahr. Nach dem dramatischen Ende von Band 2 hat Gabriel eine Festung um sie gebaut, inklusive bewaffneter Wachleute, Rundumüberwachung und Ausgangsverbot – sein Haus ist ihr Käfig geworden. Zu groß ist die Gefahr, die außerhalb der Mauern lauert. Doch was Gabriel nicht weiß und Avery zu verdrängen droht: ein Vogel ist nicht nur außerhalb seines Käfigs in Gefahr. Denn wird Avery auch innerhalb ihres Käfigs gejagt – von sich selbst. Schon bald ist sie sich nicht sicher, ob Gabriel sie wirklich beschützen oder nur besitzen möchte…

Endgame – Der Turm ist Band 3 einer dreiteiligen Reihe. Er baut auf den Erlebnissen aus Band 1 und 2 auf und kann daher nicht eigenständig gelesen werden.

Schreibstil / Gestaltung

Auch Band 3 verfügt wieder über ein Schwarz-Weiß-Cover mit roten Highlights. Erneut ist das Cover unaufdringlich und passt sehr gut zu seinen Vorgängern. Wie die Vorgängerbände wird das Buch aus Averys Sicht in der Ich-Perspektive erzählt, mit Ausnahme eines kurzen Prologs aus Gabriels Sicht. Der Schreibstil war erneut angenehm und das Buch leicht zu lesen. Es kommen vereinzelt Kraftausdrücke vor.


Mein Fazit

Mit einem freudigen Auge, aber zugleich auch mit einem weinenden Auge habe ich Band 3 entgegengesehen. Obwohl das Ende von Band 2 für mich keinen wirklichen Cliffhanger-Charakter hatte, wollte ich doch unbedingt wissen, welche Gefahr für Avery besteht und wieso auf sie Jagd gemacht wird. Und natürlich wollte ich auch eine Antwort auf die unausgesprochene Frage: Welche Rolle spielt Avery eigentlich für Gabriel?

Nach dem rasanten Ende von Band 2 mit viel Drama und Action war ich anfangs über den doch relativ seichten Einstieg in Band 3 irritiert. Avery ist bei Gabriel im Haus, er hat es rundum gesichert und es geht vor allem um das Miteinander der Beiden. Doch ich habe mich hiervon in falscher Sicherheit wiegen lassen, denn nach etwa einem Viertel des Buches nimmt die Geschichte fahrt auf und ab da an wurde ich hilflos hin und her geworfen. Die Gefahr für Avery ist omnipräsent und man möchte als Leser wissen, wieso. Stück für Stück kommen aber auch Zweifel hinzu, ob Gabriel aufrichtig um Averys Sicherheit besorgt ist oder er sie eventuell nur kleinhalten möchte. Und auch Avery steht vermehrt ihren Dämonen gegenüber. Und dann geht es Schlag auf Schlag: Endlich gibt es die zahlreichen Antworten zu den Fragen, die aus Band 1 und 2 offengeblieben sind. Und je mehr ans Licht kam, desto schlimmer wurde es. Ich befand mich während des letzten Buchdrittels permanent zwischen Schock, Entsetzen, Verzweiflung, Ekel und Hoffnung. Denn die Twists und Erklärungen, die hier präsentiert wurden, haben mich eiskalt erwischt und waren für mich nicht vorhersehbar. Und noch härter traf mich die Erkenntnis, wie weitreichend und verworren die Geschichte eigentlich zurückgeht, wie perfide Averys ganzes Leben vorbestimmt war. Ich habe mit großen Enthüllungen gerechnet, habe erwartet, dass Gabriel als der perfekte Strippenzieher hinter allem steckt, aber was am Ende wirklich dahintersteckte: wow. Diese (Doppel-)Auflösung war wirklich ein unerwarteter Schlag in die Magengrube. Endgame 3 hat mir häufiger eine mal angenehme, mal unangenehme Gänsehaut verursacht.

Endgame 3 ist definitiv der spannungsgeladenste und actionreichste Teil der Reihe. Die Autorin hat es geschafft, jedem Buch einen anderen Fokus zu verleihen. Während Band 1 die Beziehung Gabriel – Avery beleuchtet hat, war Band 2 auf Averys Vergangenheit fokussiert. Band 3 schlägt in die Kerbe, wie beides miteinander zusammenhängt und wie Averys Gegenwart und Zukunft damit zusammenhängt. Das Buch war für mich ein Wechselbad der Gefühle. Es gibt viele Twists, die unaufhaltsam auf die große, alles verändernde Enthüllung zusteuern. Und am tollsten finde ich, dass die Autorin Avery nach dieser Enthüllung Raum gibt, geschockt zu sein. Denn oftmals wird nach so einer Bombe einfach weitergemacht, wie bisher. Hier nicht und es tat mir im Herzen weh, Avery so zu erleben. Erotik kommt in diesem Band auch nicht zu kurz, ist für mein Empfinden aber auch nicht so häufig thematisiert wie in Band 2. Eine gewisse sexuelle Grundspannung ist jedoch allgegenwärtig.

Die beiden Protagonisten sind in diesem Band extrem stark. Gabriel zeigt, wie gewillt er ist, Avery zu beschützen. Und je weiter man liest, desto mehr versteht man, wieso. Man mag seine Verhaltensweisen nicht immer gutheißen, aber am Ende steht die Erkenntnis, dass Gabriel weiß, was er tut und der Leser versteht, wieso er es tut. Aber die größte Entwicklung hat Avery durchgemacht. Wenn ich zurückdenke, wie naiv und weltfremd sie in Band 1 teilweise auf mich wirkte, war ich beeindruckt, wie sehr sie gereift ist mit der Zeit. Verständlich bei den ganzen Erlebnissen, aber dennoch schön anzusehen. Ich war stolz auf sie, dass sie sich nicht hat unterkriegen lassen, dass sie sogar Gabriel die Stirn bietet und ihren finalen Kampf selbst in die Hand nehmen wollte. Statt zu zerbrechen, ist Avery stark geworden.

Und nach der letzten Seite bleibt die große Enttäuschung, dass diese tolle Buchreihe nun vorbei ist. Sie endet mit einem starken, absolut würdigem Abschlussband und so bleibt nur zu sagen: Endgame ist eine Reihe, bei der jedes Buch einen anderen Schwerpunkt hat, die Bände aber wunderbar ineinandergreifen. Hier erhält man viel Spannung, viel Drama und eine gehörige Portion Erotik verpackt in einer fesselnden Story mit starken Charakteren. Endgame hat mein Herz mehr als einmal gebrochen und meinen Verstand mehr als einmal vorgeführt. Und ich habe es geliebt. Ich kann die komplette Endgame-Reihe uneingeschränkt empfehlen, insbesondere auch für Leute, die sich an das Dark Romance Genre erst herantasten, da Endgame eher im unteren Bereich der Heftigkeitsskala in diesem Genre anzusetzen ist

+++ es folgen im Weiteren mögliche Spoiler +++

Ein kleines Manko ist allerdings, dass ich das Gefühl hatte, dass einige Nebenstorys im Sande verliefen. Im Großen und Ganzen sind fast alle meine offene Fragen geklärt, es gibt aber einige Nebenfragen, die sich für mich nicht beantwortet fühlen. So fehlt mir die Erklärung, was mit Averys Vater passiert ist, wer eigentlich Hannah ist und welche Rolle der stets auftauchende Justin spielt. Auch hätte ich gern noch ein wenig mehr über Penny und ihre Erlebnisse erfahren. Insgesamt ist das alles zwar vertröstbar, dennoch wäre es ganz schön gewesen, um einen runden Abschluss hinzubekommen.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 10.03.2019

spanennd und heiß, aber nicht ganz so herzzerreißend

ENDGAME Buch 2
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„Du sagst das, als wäre es etwas Gutes. Liebe. Meiner Erfahrung nach macht das alles nur noch schlimmer. Sie treibt Leute dazu, Schreckliches zu tun, Dinge, die sie sonst nicht tun würden.“
(Gabriel zu ...

„Du sagst das, als wäre es etwas Gutes. Liebe. Meiner Erfahrung nach macht das alles nur noch schlimmer. Sie treibt Leute dazu, Schreckliches zu tun, Dinge, die sie sonst nicht tun würden.“
(Gabriel zu Avery in Endgame 2)

Worum geht’s?

Avery hat hoch gepokert – und alles verloren. Nachdem sie ihre Jungfräulichkeit höchstbietend versteigert hat und einige Zeit mit Gabriel Miller verbrachte, schickte er sie weg. Zurück in ihr Leben, welches einem Trümmerhaufen gleicht. Doch Averys Fall geht noch weiter, denn das Haus, was sie mit der Versteigerung retten wollte, wurde ihr jetzt auch noch weggenommen – ausgerechnet von Miller Industries. Welches Spiel versucht Gabriel zu spielen und wieso möchte er sie so leiden sehen?

Endgame – Der Springer ist Band 2 einer dreiteiligen Reihe und ist nicht in sich geschlossen. Er baut auf den Erlebnissen aus Band 1 auf.

Schreibstil / Gestaltung

Wie bereits Band 1 kommt auch Band 2 mit eine relativ schlichten, aber etwas erotischerem Cover in schwarz-weiß daher. Wieder gibt es ein rotes Highlight auf dem Cover. Unaufdringlich und auch ein wenig unaussagekräftig. Auch Band 2 ist ausschließlich aus Sicht von Avery in der Ich-Perspektive erzählt. Sprachlich unterscheidet sich das Buch nicht von Band 1, es ist gut und schnell lesbar und punktet mit einem flüssigen Erzählstil.

Mein Fazit

Nachdem Band 1 mich in wahre Begeisterungsstürme versetzt hat und das Ende mir mein Herz zerfetzt hat, war klar, dass ich schnellstmöglich wissen muss, wie es mit Avery und Gabriel weitergeht. Auch Band 2 habe ich erneut in einem Rutsch durchgelesen.

Die Geschichte setzt unmittelbar nach dem Ende von Band 1 an. Avery hat das Haus verloren, ihr Vater ist in einer exklusiven Pflegeeinrichtung und sie selbst in ein billiges Motel gezogen. Gabriel Miller hat sie besiegt, in so vielerlei Hinsicht und Avery muss ihre Wunden lecken. Aber aus dem etwas naiven jungen Mädchen ist vermehrt eine schlagkräftige Frau geworden und so will sie für das Haus kämpfen. Natürlich führt dabei kein Weg an Gabriel vorbei. Doch je mehr Avery für das Andenken an ihre Mutter kämpfen möchte, indem sie das Haus zurückgewinnt, muss sie auch feststellen, dass ihre Eltern ihr vielleicht nicht immer alles erzählt haben. Im Fokus steht hierbei vor allem ein altes Tagebuch ihrer Mutter. Doch sind die Geheimnisse hieraus erst einmal enthüllt, gibt es kein Zurück mehr und so endet das Buch in einem sehr dramatischen Showdown.

Anders als in Band 1 geht es in Band 2 hauptsächlich um Avery und die Vergangenheit ihrer Eltern. Hier liegen einige Geheimnisse verborgen und Avery enthüllt sie Stück für Stück. Hierbei wird der Leser einige Überraschungen und auch Schockmomente erleben. Averys Verzweiflungstat aus Band 1 wird gelegentlich angesprochen, steht aber nicht mehr so sehr im Fokus. Gabriel fordert allerdings die laut Vertrag noch verbleibenden Tage von Avery ein. Entsprechend empfand ich Band 2 als deutlich sexueller als Band 1, wobei auch hier die Erotikszenen stets niveauvoll bleiben, aber häufiger vorkommen. Gabriel agiert auch weiterhin als perfider Puppenspieler im Hintergrund und wie bereits in Band 1 hatte ich permanent das Gefühl, dass mir noch eine Information fehlt, um endlich das große Puzzle zusammenzusetzen. Welche Rolle er spielt, bleibt weiterhin unklar. Fakt ist aber: Hier steckt etwas Großes dahinter und Gabriel ist immer gefühlt 20 Schachzüge voraus.

In diesem Band spielen deutlich mehr Nebencharaktere mit. Weiterhin dabei ist Averys Vater und auch der aus Band 1 bekannte Damon Scott. Ihre Freundin Harper erhält dieses Mal einen längeren Auftritt und auch ihr Ex-Verlobter Justin kommt mehrfach vor. Hinzu kommen zahlreiche Personen aus dem Dunstkreis um Averys Eltern und eine Bekanntschaft von Avery aus dem Motel. Gerade gegen Ende hin sind auf einmal sehr viele Charaktere auf einem Haufen und da habe ich einige Seiten zweimal lesen müssen, da ich hier doch ein wenig durcheinanderkam. Gerade Harper empfand ich aber als sehr erfrischend.

Die beiden Protagonisten zeigen mehr Facetten von sich, insbesondere Gabriel. Während Avery wirklich wie eine Löwin in diesem Buch kämpft und deutlicher erwachsener und aufgeklärter als in Band 1 wirkt, blieb Gabriel fast bis zum Ende undurchsichtig für mich: Ist er der Engel, der vorgibt ein Teufel zu sein? Ist er der Teufel in Person, der sich teilweise als Engel verkleidet? Fast bis zum Ende war ich mir unsicher, ob er sich an Averys Verderben ergötzt und nur immer wieder eingreift, damit er am Ende selbst das Messer am tiefsten in Averys Herz jagen kann, oder, ob er wirklich auf Avery aufpassen möchte und dabei nur nicht ganz aus seiner Haut kann. Die sexuelle Spannung der beiden ist in diesem Buch deutlich greifbarer als in Band 1 und es geht teilweise sehr heiß her zwischen den beiden.

Das zweite Band von Endgame kommt für mich deutlich spannender daher als Band 1. Während in Band 1 der Schwerpunkt auf der Beziehung Avery-Gabriel lag, geht es in Band 2 hauptsächlich um die Enthüllungen bezüglich Averys Mutter. Das rasante Ende ist hochspannend und hochdramatisch und war für mich so nicht vorhersehbar. Anstelle der Autorin hätte ich das Buch allerdings etwas früher beendet, um den Spannungsbogen zu erhalten und Cliffhanger zu produzieren. Denn tatsächlich ist das Ende dann doch relativ seicht. Es bleiben einige Fragen offen, deren Antwort man gerne hätte, jedoch wäre ein dramatisches Ende wahrscheinlich etwas heftiger gewesen. Während das Buch als im Bereich Spannung punkten kann, konnte es mich im Bereich Emotionen nicht ganz so mitreißen wie Band 1. Zwar empfand ich regelmäßig Mitleid mit Avery, als das von ihr bekannte Leben langsam demontiert wird und sie der Wahrheit ins Auge schauen muss, allerdings fehlte mit vor allem die Verzweiflung und der Herzschmerz im Bezug auf Gabriel. Denn in Band 1 hat er mich mit seiner Undurchsichtigkeit wesentlich mehr in den Wahnsinn getrieben.

Insgesamt muss ich somit sagen, dass dieser erotiklastigere und spannendere Teil zwar erneut die Messlatte ziemlich hoch legt, aber für mich nicht ganz an Band 1 herankommt. Denn Band 1 hat mich mit einem gebrochenen Herzen zurückgelassen und mich brennen lassen, schnellstmöglich Band 2 zu lesen. Am Ende von Band 2 empfinde ich zwar das Bedürfnis, Antworten auf meine Fragen zu finden, allerdings bringt es mich nicht um den Verstand, nicht sofort weiterzulesen.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 06.03.2019

spannend und absolut mitreißend

ENDGAME Buch 1
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„Er ist wie ein Puppenspieler, der mich immer schneller bewegt, bis ich auseinanderfalle.“ (Avery in Endgame 1)

Worum geht’s?
Avery hatte alles – einen tollen Freund, einen liebevollen Vater, ein großes ...

„Er ist wie ein Puppenspieler, der mich immer schneller bewegt, bis ich auseinanderfalle.“ (Avery in Endgame 1)

Worum geht’s?
Avery hatte alles – einen tollen Freund, einen liebevollen Vater, ein großes Vermögen, einen Platz an einer Top-Uni. Doch dann verlor sie alles durch einen Skandal ihres Vaters. Was blieb, war ein Haufen Rechnungen, ein schwerverletzter und pflegebedürftiger Vater und jede Menge Schulden. Und so entschied sich Avery, in einem berüchtigten Herrenclub um ein Darlehen zu bitten. Statt eines Darlehens wollte man sie, besser noch ihre Jungfräulichkeit, versteigern. Doch Avery ahnt nicht, auf welch ein Spiel sie sich einlässt…

Endgame – Der Bauer ist Band 1 einer dreiteiligen Reihe und ist nicht in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung
Das schlichte Cover ist in schwarz-weiß gehalten mit roten Highlights. Es passt ganz gut zum Buch, ist angenehm zurückhaltend und gibt wenig Hinweis auf den Inhalt. Die Geschichte wird ausschließlich aus Sicht von Avery in der Ich-Perspektive und ist linear aufgebaut. Das Buch lässt sich sehr gut und schnell lesen, es ist flüssig und verständlich geschrieben. Das sprachliche Niveau ist normal, es ist weder vulgär geschrieben noch mit Kraftausdrücken gespickt.

Mein Fazit

Schachmatt. So habe ich mich gefühlt, als ich die letzte Seite gelesen habe. Über drei Stunden komplett in einem Rutsch habe ich das Buch gelesen und am Ende hat es mich einfach schachmatt gesetzt.

Nach einem kurzen Prolog mit einem Einblick in Averys „altes Leben“ startet die Geschichte unmittelbar mit dem Aufeinandertreffen von Avery und einigen Männern im Herrenclub, unter anderem Gabriel Miller, dem männlichen Protagonisten des Buches, Avery benötigt verdammt viel Geld und möchte eigentlich um ein Darlehen ersuchen, was ihr die Männer verweigern. Als Gegenvorschlag unterbreitet ihr Gabriel allerdings die Möglichkeit, sich selbst zu versteigern. Anfangs noch abgeneigt, stellt sie schnell fest, dass es ihre vielleicht einzige Chance ist. Und so stimmt sie zu. Der Weg zu der Entscheidung, die Begleitumstände und ihre Beweggründe sind dabei sehr gut und nachvollziehbar dargestellt, dass man sogar so eine heftige Entscheidung nachvollziehen kann. Immer wieder kommt dabei auch das Thema Jungfräulichkeit auf, wobei beim Leser der Eindruck entsteht, dass Avery Angst vor Sex hat. Wieso – das erfährt man erst im Laufe des Buches.

An sich ist die Idee hinter der Geschichte natürlich nicht neu. Armes Mädchen braucht Geld, verkauft sich, landet bei einem reichen Mann, hat verdammt viel Sex und wahlweise zerbricht oder verliebt sich. Bei diesem Buch war ich mir lange unsicher, in welche Richtung es gehen wird. Wird es ein regelrechter Sexroman? Die Antwort lautet: Nein. Bei Endgame steht zwar das Thema im Vordergrund, dass Avery sich verkauft und was der Käufer von ihr will. Der Erotikanteil an diesem Buch ist allerdings sehr niedrig, es gibt sehr wenige, kurze Erotikszenen, die aber sehr niveauvoll und ansprechend verpackt werden. Denn eigentlich steckt viel mehr hinter der Story.

Und so erfährt der Leser Seite für Seite gemeinsam mit Avery zahlreiche Geheimnisse über ihren Vater, über Gabriel Miller und ihr altes Leben, muss mit ansehen, wie Averys Leben immer weiter aus den Fugen gerät und ihr Weltbild stückchenweise demontiert wird. Es ist wie ein Sog, den das Buch ausübt. Man möchte weiterlesen, man möchte mehr erfahren über die Geschehnisse, die zu Averys Verzweiflungstat geführt haben, aber vor allem auch über Gabriel Miller und seine Rolle in diesem ganzen Spiel. Denn Spiel trifft es sehr gut: Je weiter man liest, desto mehr beschleicht einen das Gefühl, dass hier ein sehr perfides, perfekt geplantes, hoch strategisches Spiel hinter allem steckt. Die Storylines sind miteinander verwoben und man fühlt sich, als sei Avery eine hilflose Schachfigur auf einem Spielfeld, dessen Regeln sie nicht kennt. Die Schachthematik wird in diesem Buch regelmäßig aufgegriffen und spielt auch eine große Rolle. Machtspielchen in diesem Buch werden nicht im Bett, sondern unter anderem auf dem Brett ausgetragen. Das Buch ist in meinen Augen hochgradig spannend, wenn auch in einigen Punkten etwas vorhersehbar oder zumindest nicht überraschend. Die fesselnde Geschichte und die ewig währende Frage, was mit Avery und Gabriel eigentlich los ist, hat mich komplett in ihren Bann gezogen und das Buch für mich zu einem Pageturner gemacht. Als sich dann am Ende die einzelnen Spielzüge entfalteten und alles, was man zu glauben dachte, auf den Kopf gestellt wird, bleibt Verblüffung und jede Menge Betroffenheit, aber auch Abscheu zurück. Ein fieser Cliffhanger, auf den man dringend Antworten braucht. Auf jeden Fall zählt Endgame zu einem der besten Dark Romance Bücher, welches ich je gelesen habe.

Avery als süße Protagonistin, die teilweise sehr naiv wirkt, teilweise aber auch sehr erwachsen daherkommt, hat es mir von Anfang an leicht gemacht, sie zu lieben. Ich mochte sie und ich litt mit ihr mit. Die größte Stärke des Buches ist jedoch wie oft bei solchen Romanen in meinen Augen der männliche Protagonist. Gabriel ist selbstverständlich extrem gutaussehend, verdammt reich und ein exzellenter Schachspieler – nicht nur auf dem Brett. Er ist undurchsichtig, er ist verwirrend aber zugleich auch sehr betörend. Man möchte ihn verstehen, seine Beweggründe und seine Taten. Immer, wenn man denkt, seine Maske ist gefallen, schafft er es, einem wieder zu zeigen, dass er ein Meister der Manipulation ist. Immer wieder zeigt er beinahe zärtliche Seiten und ganz still und heimlich hat er sich Stück für Stück in mein Herz geschlichen, ohne dass ich es gemerkt habe. Und dann, im richtigen Moment, hat er ausgeholt, mein armes Herz brutal rausgerissen und es mit einem gekonnten Wurf direkt auf dem Boden in tausend Teile zerschmettert.

Und so bleibe ich entsetzt zurück, mit einem Scherbenhaufen anstelle meines Herzens, jeder Menge Fragezeichen und dem verzweifelten Durst nach Antworten, die ich hoffentlich in Band 2 finde. Ich bin mir sicher, Gabriel wird mein Herz liebend gern erneut brechen. Und ich bin liebend gern bereit, es erneut brechen zu lassen.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]