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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2019

bemerkenswerter Roman um eine große Familie

Niemals ohne sie
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Jocelyne Saucier ist eine kanadische Schriftstellerische französischer Sprache, bekannt für ihren Erfolgsroman Ein Leben mehr. Ihr neuer Roman Niemals ohne sie (Orig. Les héritiers de la mine) ist auch ...

Jocelyne Saucier ist eine kanadische Schriftstellerische französischer Sprache, bekannt für ihren Erfolgsroman Ein Leben mehr. Ihr neuer Roman Niemals ohne sie (Orig. Les héritiers de la mine) ist auch bemerkenswert.
21 Kinder. Eine so große Familie. Da kennt der jüngste seine ältesten Geschwister kaum, weil die schon Erwachsene und ausgezogen sind. Und es ist immer Leben im Haus der Familie.
Es wird zurück erinnernd von 1995 aus erzählt und beim Hörbuch gibt es wechselnde Sprecher für die unterschiedlichen Icherzähler.
Der Erzählton wechselt daher ebenfalls im Verlaufe der Handlung, von forsch und jugendlich zu nachdenklich, von humorvoll zu ernst, von männlich zu weiblich.
Gut gefällt mir auch, dass die Erzähler nur ihren Erfahrungsschatz einbringen. Der junge Mats z.B. weiß nicht alles. Das es auch Verluste in der Familie gab, darüber wird nur angedeutet. Es gefällt mir auch, wenn ein Text nicht gleich alle Rätsel verrät und stattdessen auch mal seine Geheimnisse eine Weile bewahrt.
Dann ist auch gut gemacht, wie durch die verschiedenen Perspektive Unterschiede in Innen- und Außensicht deutlich werden. Auch die Hoffnungen der einzelnen Familienmitglieder, aber auch ihre durch die Lebensumstände begrenzten Möglichkeiten werden erfahrbar. Sie entwickeln sich zum Teil sehr unterschiedlich.
Das auflösende Ende des Romans kann man dann als gelungen bezeichnen.

Veröffentlicht am 08.03.2019

Erhellende Erklärungsansätze

Umkämpfte Zone
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Ines Geipels Buch Umkämpfte Zone, mit den sprechenden Untertitel Mein Bruder, der Osten und der Hass ist alles andere als ein emotionsloses Sachbuch. Ausgehend vom Tod ihres jüngeren Bruders Robbie setzt ...


Ines Geipels Buch Umkämpfte Zone, mit den sprechenden Untertitel Mein Bruder, der Osten und der Hass ist alles andere als ein emotionsloses Sachbuch. Ausgehend vom Tod ihres jüngeren Bruders Robbie setzt sie ihre Familiengeschichte in den Kontext der Geschichte Deutschlands, insbesondere des Ostens und dem Aufschwung der AfD. Dadurch wird es ein sehr privates Buch. Und die Autorin spricht klare Worte.
Eine Reizfigur ist der Vater, der über viele Jahre lang für den Osten spionierte und ein extremer Mensch war. Zwischen Ines und Robbie gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Vergangenheit zu verarbeiten sei. Während Ines aufbegehrte, bevorzugte ihr Bruder die Form der positiven Verdrängung. Beides sind schwere Wege, die Beschädigungen nach sich ziehen. Ines ist schließlich 1989 in den Westen geflohen. Die Vergangenheitsbewältigung bleibt ein Thema.
 
Ines Geipel analysiert auf deutliche Art die Fremdenfeindlichkeit des Ostens.
Ines Geipels Erklärungsansätze über den Zustand des Landes empfinde ich als erhellend und nachvollziehbar.

Veröffentlicht am 24.02.2019

Fabel-haft

Liebende
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Lyrische Prosa mit buddhistischen Einschlag!

Da der Autor seinen eigenen Ton findet, der zu einer Fabel passt, ergibt sich eine angenehm zu lesende Sprache.

Im Buch gibt es einige Illustrationen, aber ...

Lyrische Prosa mit buddhistischen Einschlag!

Da der Autor seinen eigenen Ton findet, der zu einer Fabel passt, ergibt sich eine angenehm zu lesende Sprache.

Im Buch gibt es einige Illustrationen, aber am besten gefällt mir das Cover.

Das Buch ist kurz, aber kompakt. Der Autor entwickelt ein ganz schönes Tempo ohne zu überhasten und es steckt viel in dem Buch drin.
Blauperlenauges Suche nach dem wahren Partner und Liebe führt ihn/sie auf einen langen Lebensweg aus dem Geschäft zum Mönchstempel, übers Meer und schließlich mit dem Zug in die Großstadt Seoul.
Es gibt viele Begegnungen, darunter auch tragische. Blauperlenauge lernt, dass Liebe heißt, Opfer zu bringen.

Ich bin froh, dass Buch gelesen zu haben.

Veröffentlicht am 15.02.2019

Roman aus Südkorea

Deine kalten Hände
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Deine kalten Hände von Han Kang ist ein Roman, geschrieben 2002. Es ist dem Erfolg von Die Vegetarerin geschildet, dass er glücklicherweise auch auf Deutsch erscheint.
Eingeschlossen in einem Prolog und ...

Deine kalten Hände von Han Kang ist ein Roman, geschrieben 2002. Es ist dem Erfolg von Die Vegetarerin geschildet, dass er glücklicherweise auch auf Deutsch erscheint.
Eingeschlossen in einem Prolog und Epilog, erzählt von einer Schriftstellerin, umfasst der Text die Tagebuchauffassungen eines Bildhauers, der Abdrücke aus Gips erstellt. Dabei sind ihm 2 Frauen wichtig. Die übergewichtige L., die schöne Hände hat, die der Künstler mehrfach abbildet, und die schöne Innenarchitektin E., die anscheinend immer wieder kleine Aussetzer hat, sich sonst aber unnahbar und ohne Gefühlsregungen zeigt.
Während L.in ihrem Kampf ums Abnehmen in die Bulemie gerät, entsteht zwischen E. und dem Künstler eine widerspenstige Beziehung. Ihn treibt es an, hinter der undurchdringlichen Maske der Frau zu blicken und ihr Geheimnis zu erfahren.
 
Han Kang erzählt geschickt auf einer Ebene, die essentiell ist, sich aber nicht einfach in Worte fassen lässt, ohne dass es banal klingt. Der Leser erfasst es aber sofort. Auf jeden fFall unktioniert die Erzählmethode und man hat wirklich ein literarisches Werk vor sich. Geprägt ist es auch von der südkoreanischen Kultur, einer Lebensweise, in der es anscheinend üblich ist, seine Gefühle aus Höflichkeit lieber zu verbergen, dabei aber einen schwer fassbaren Weltschmerz zu pflegen.
Dem Roman gelingt es mit der Zeit, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Es wird aber darauf verzichtet, alle Rätsel aufzulösen.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Französisch-Algerische Familien-Saga

Die Kunst zu verlieren
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Ein starkes Buch, auf dessen Übersetzung ich schon gewartet habe. Es erzählt in über 500 Seiten über die Zeit vor, wahrend und nach dem algerischen Unabhängigkeitskampf.
Im zweiten Weltkrieg hat Ali für ...

Ein starkes Buch, auf dessen Übersetzung ich schon gewartet habe. Es erzählt in über 500 Seiten über die Zeit vor, wahrend und nach dem algerischen Unabhängigkeitskampf.
Im zweiten Weltkrieg hat Ali für Frankreich gekämpft. Nur dafür wird er in Algerien schließlich als Verräter betrachtet.
Ich bin überrascht, wieviel man über das Schicksal der Harkis erfährt. In Algerien sind sie nach dem Unabhängigkeitskrieg nicht mehr erwünscht, in Fankreich auch nicht gerade willkommen.
Erstaunlich, wie stark die Autorin Empathie mit den Figuren beim Leser weckt. Ali und seine Familie aus der Kabylei sind dabei exemplarisch für viele, die durch die politischen Entwicklungen zu Flüchtlingen wurden.

Es ist ein komplexes Buch, das mehrere Generationen umfasst.
Die Erzählweise überzeugt. Alis Enkelin Naima ist in Frankreich geboren und fühlt sich ganz als Französin. Die Vergangenheit wurde von der Familie verdrängt. Über die Erlebnisse in Algerien wurde nicht gesprochen. Das Verschweigen der Geschichte ist ein starkes Thema des Buches. Die Vergangenheit ist dadurch nicht ausgelöscht und alte Wunden schwären noch lange. Der Verlust der Wurzeln ist auch wirklich ein Verlust! Ein weiteres großes Thema ist die Schwierigkeit der Integration.

Aktuelle Ereignisse in Frankreich stellen Identitätsfragen. Erst spät beginnt Naima sich für ihre Wurzeln zu interessieren und reflektiert die Vergangenheit. Obwohl Naima eine Art emotinale alte Ego für die Autorin ist, gibt es auch eine Ich-Stimme, denn die Handlung ist nicht direkt autobiografisch.

Das Buch ist inhaltlich wie auch sprachlich wertvoll!