Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.04.2019

Mutig, nicht schamlos!

Schamlos
0

So ist dieses Buch, so ist die Welt der Autorinnen, junger muslimischer Blogerinnen aus Norwegen, die versuchen, im Hier und Jetzt zu leben, ohne ihre Herkunft zu vernachlässigen.

Ein Buch wie ein Blog ...

So ist dieses Buch, so ist die Welt der Autorinnen, junger muslimischer Blogerinnen aus Norwegen, die versuchen, im Hier und Jetzt zu leben, ohne ihre Herkunft zu vernachlässigen.

Ein Buch wie ein Blog - und wie eine Offenbarung! Jedenfalls sollte es so sein und zwar vor allem für Frauen - Musliminnen und auch westliche Frauen, die neugierig sind auf die Belange und das Leben ihrer Mitbürgerinnen, es verstehen und teilen wollen.

Ja, das Buch liest sich nicht einfach so runter, es lebt, finde ich. Es beinhaltet Berichte, Diskussionen, Stellungnahmen und vor allem Ratschläge. Besonders für jüngere Schwestern im Glauben, die dasselbe durchleben, was die Autorinnen in ihrer Kindheit und Jugend durchgemacht haben.

Am Ende Versprechungen und Forderungen. Diese Frauen bekennen Farbe bzw. Farben, denn sie wollen die Welt bunt und offen sehen, egal , welchen Glauben sie leben und in welche Familie sie geboren sind.

Amina Bile, Sofia Nesrine Srour und Nancy Herz sind Musliminnen mit unterschiedlichen nationalen Wurzeln, die es mit ihren Familien auf unterschiedliche Weise nach Norwegen verschlagen hat, wo sie auch Wurzeln geschlagen haben, ohne jedoch die ihrer ursprünglichen Heimat zu verlieren.

Das Buch ist in Kapitel geteilt, die heißen: Schwimmunterricht, Hidschab, die Psyche, Doppelmoral etc. Außer dem letzten verraten diese Titel längst nicht, welch Zündstoff sich hinter diesen Punkten verbirgt, welchem Hickhack, um es mal salopp auszudrücken, die Mädchen, inzwischen junge Frauen, von Geburt an ausgesetzt waren.

Doch es gibt auch andere Eltern, bzw. Mütter, die ihren Töchtern viel Kraft mit auf den Weg geben: "Mama sagte, ich soll stolz auf mich sein und ihnen sagen, sie sollen die Klappe halten: Du bist von überall, dein Pass ist der Regenbogen und wer dich eindimensional sieht, hat den falschen Vogel gewählt." (S.77) Ein Ratschlag, der zu jeder Herkunft, jeder Religion passt und den ich auch gern mit auf den Weg bekommen hätte.

Ein mutiges Buch von mutigen Frauen für eine freie und offene Welt! Absolut lesenswert!

Veröffentlicht am 28.03.2019

"Grandpa hielt Bienen, weil er verstand, was wirklich wichtig war. " (S. 237)

Der Honigbus
0

Und das hat Meredith durchs Leben geholfen, denn sie hatte wahrlich eine Sch....Kindheit: Nach der Scheidung zog die Mutter mit den beiden Kindern Meredith und Matthew zu den Großeltern - von New Jersey ...

Und das hat Meredith durchs Leben geholfen, denn sie hatte wahrlich eine Sch....Kindheit: Nach der Scheidung zog die Mutter mit den beiden Kindern Meredith und Matthew zu den Großeltern - von New Jersey nach Kalifornien.

Es war längst nicht nur der Ortswechsel, der den Kindern zu schaffen machte: mit ihrer Rückkehr ins Elternhaus gab die Mutter sämtliche Verantwortung an ihre eigene Mutter ab und wurde somit wieder zum Kind.

Ihre eigenen Kinder hatten keinen Zugang mehr zu ihr. Meredith, die Autorin dieses Buches, schildert ihre Verlorenheit: denn wenn es Probleme gab, hielt die Großmutter stets zu ihrer Tochter. Sie kümmerte sich zwar um die Kinder, doch in einer lieblosen, kalten Art, die ihnen klar machte, dass sie nur ihre Pflicht erfüllte.

Aber es gab noch Grandpa, der sich aus alldem raushielt. Er war nicht der leibliche Vater ihrer Mutter, doch das erfuhren die Kinder erst sehr viel später - und dann spielte es überhaupt keine Rolle mehr. Denn Grandpa war es, der den Kindern eine neue Welt eröffnete - die Welt der Bienen.

Vor allem für Meredith war diese Parallelwelt der rettende Anker - eine Parallelwelt ohne jeglichen Hauch des Fantastischen. Eine Welt, die von anderen Wesen, eben von Bienen bewohnt wird, in der es eine klare Struktur und viele Funktionen gibt. Jede Biene hat ihre Aufgaben zu erfüllen, die sich durchaus unterscheiden.

Meredith tauchte tief ein sowohl in den Prozess der manuellen Honigherstellung und mehr noch in die Welt der Bienen: eine Welt, die sie verstand und die sie in ihrem Zusammenhalt beruhigte.

Wie auch Grandpa, der schnell zum rettenden Anker in ihrem Leben wurde: der sie in die Schule begleitete, als die Väter von ihren Berufen berichten sollten und der ihr in ihren dunkelsten Momenten beistand. Da ihr eigener Vater weit weg war, verdankte sie Grandpa ein großes Stück Hoffnung im Hinblick auf die Zukunft.

Aber um all diese Zusammenhänge in Gänze nachvollziehen zu können, sollte man dieses Buch gelesen haben. Ein Buch voller Grausamkeiten und voller Liebe. Voller Hass und voller Zuneigung. Voll von Missachtung ebenso wie von Vertrauen. Von Geringschätzung und von Wertschätzung.

Ein schockierendes Buch, das zugleich voller Wärme ist. Ich fühlte mich nach dem Lesen einerseits richtig ausgehöhlt. andererseits aber auch sehr erfüllt. Und das ist - hoffentlich - das Gefühl das auf Dauer bleibt. Die Nachwirkung eines Buches, das viele Leser verdient!

Veröffentlicht am 18.03.2019

Intelligentes Fantasyepos

Die Spiegelreisende 1 - Die Verlobten des Winters
0

Ophelia ist ein kleiner Blaustrumpf und mit ihrem Dasein auf der Arche Anima - einem der 21 Teile, "Archen" genannt, in die die Erde vor langer Zeit auseinanderbrach - sehr zufrieden. Denn sie hat ihren ...

Ophelia ist ein kleiner Blaustrumpf und mit ihrem Dasein auf der Arche Anima - einem der 21 Teile, "Archen" genannt, in die die Erde vor langer Zeit auseinanderbrach - sehr zufrieden. Denn sie hat ihren Traumjob als Leiterin des lokalen Museums und kann ausserdem lesen - was ganz anders gemeint ist, als das, was wir darunter verstehen: sie kann nämlich durch Berührung die Geschichte verschiedener Gegenstände "lesen", eine Gabe, über die auch in ihrer Heimat nicht gerade viele verfügen. Auf eine Ehe hatte sie bisher keine Lust, aber nun hat sie keine Wahl: an oberster Stelle wurde beschlossen, dass sie heiraten soll und zwar einen Mann von der Arche Pol - wo es wirklich so kalt ist, wie an den Polen, die wir auf der Erde kennen. Eine politische Zweckhochzeit also.

Ophelia hat keine Wahl: sie muss bereits vor der Hochzeit nach Pol umsiedeln, an ihrer Seite, quasi als Anstandsdame ihre Patentante Roseline.
Ihr Verlobter Thorn holt sie ab und entpuppt sich als überaus schweigsamer, nicht gerade zugänglicher Zeitgenosse. Und ein bisschen beängstigend: kein Wunder, gehört er doch zum Klan der Drachen.

Ophelia und Roseline werden zunächst bei Thorns Tante Berenilde in der Himmelsburg untergebracht, wo höchst eigenartige Dinge vor sich gehen, aber das ist längst nicht alles...

"Die Spiegelreisende" - das ist Fantasy auf französisch und zwar im besten Sinne: intelligent und charmant, auch vieldeutig, ohne jemals anrüchig zu werden - elegant natürlich und eloquent - auch in der Übersetzung (weswegen ich annehme, dass auch das Original die Merkmale erfüllt).

Der vorliegende Band markiert Teil 1 eines Vierteilers und ist für nicht zu junge Jugendliche geeignet, aber mindestens genauso gut für Erwachsene - ich las es mit großer Spannung und steigender Begeisterung. Das Einzige, was mich richtig enttäuschte, war das sehr abrupte Ende. Es ist halt wirklich ein "richtiger" erster Teil, einer der nichts ist ohne die nachfolgenden.

Denn er beinhaltet wenn überhaupt, dann ein nur sehr provisorisches Ende, ich würde es eher als Abschluss bezeichnen. Einer, den ich nur mit sehr großer Ungeduld und auch nur sehr vorübergehend akzeptieren kann. Denn schon jetzt zittert alles in mir dem nächsten Band, bzw. den folgenden dreien entgegen, um endlich zu erfahren, ob "die" wirklich gestorben sind, ob Ophelia tatsächlich Besuch aus der Heimat erhält und um noch massenweise Antworten auf andere, zentralere Fragen (die ich hier gar nicht erst aufwerfe, um nicht zu viel zu verraten) zu erhalten.

Eine neue Welt, die ich im Herzen behalten will. Auf jeden Fall!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Figuren
  • Originalität
  • Amtosphäre
Veröffentlicht am 15.03.2019

Die Götter müssen verrückt geworden sein!

Gold und Schatten
0

Tauchen sie doch einfach so im Paris der Gegenwart auf, anstatt sich - wie es sich gehört - auf dem heimischen Olymp zu tummeln! Hiermit wird klar: es geht um die griechischen Götter und zwar nicht nur ...

Tauchen sie doch einfach so im Paris der Gegenwart auf, anstatt sich - wie es sich gehört - auf dem heimischen Olymp zu tummeln! Hiermit wird klar: es geht um die griechischen Götter und zwar nicht nur um die, sondern auch um Halbgötter und gottnahe, sich also im Einzugsradius der Gottheiten befindlichen Kreaturen wie Nymphen.

Dabei kommt man beim Lesen der ersten Seiten nicht sofort darauf, wenn man mit der Protagonistin Livia, süße Sechzehn, die Pariser Katakomben besucht. Dort trifft sie - rein zufällig natürlich - den zunächst düster scheinenden Maél, der sich jedoch als durchaus kommunikativ und vor allem attraktiv entpuppt. Also, Livia verfällt ihm nicht direkt mit Haut und Haaren, aber weit ist es nicht mehr bis dahin.

Sie ist als Diplomatentochter ganz neu in Paris, frisch aus Asien eingetroffen und ist froh, schon vor ihrem Schulbesuch die Bekanntschaft dieses attraktiven Jünglings zu machen, der ihr mehr und mehr Herzflattern beschert. Dazu kommen direkt nach Schulbeginn noch zwei richtig gute Freundin, der Start in die Stadt der Herzen und der Mode ist also mehr als geglückt. Zumindest, wenn nicht einiges Eigenartige geschehen würde! Was - wiederum rein zufällig - mit Maél zusammenhängt. Und, wie bereits erwähnt mit halben und ganzen Göttern wie mit Nymphen. Aber mehr verrate ich Ihnen nicht!

Beschwingt und leichtfüßig im besten Sinne kommt dieser Roman daher - wie alles, was ich bisher von Autorin Kira Licht kenne. Sie hat die Gabe, die Prise Humor, die allem das I-Tüpfelchen aufsetzt, genau richtig zu dosieren - und zwar immer und überall, also auch hier. Wo sich für Livia bald ein Alternativuniversum auftut, das definitiv nicht von dieser Welt ist. Hermes, Hades, Aphrodite - sagen Ihnen diese Herrschaften was? Nun, Sie werden Ihnen in diesem Roman begegnen und zwar nicht nur einmal!

Kira Licht lässt mich jedes Mal - also nach der Lektüre eines ihrer Bücher - absolut sprachlos zurück. Die Romane dieser Autorin werden in Genres gepackt, von denen ich sonst tunlichst die Finger lasse: Fantasy, Erotik, Young Adult zum Beispiel.

Wie kommt es denn, dass ich nach einer weiteren Licht-Lektüre immer in bester Stimmung bin und beschwingt neuen Taten entgegensehe? Ganz klar deswegen, weil die Autorin - passend zum vorliegenden Titel - eine Göttin ist, wenn es um die Schaffung wunderbarer Texte geht. Ich bin vollkommen überzeugt, dass sie in jedem Genre Großes bewirken könnte, auch wenn man ihre Romane nie so ganz zu packen bekommt - in Genres, meine ich!

Ganz egoistisch wünsche ich mir von ihr irgendwann mal einen anspruchsvollen Gegenwartsroman - so einen, der es auf die Liste des Deutschen Buchpreises schafft. Ich bin sicher, auch der würde begeistern - und zwar nicht nur mich!

Veröffentlicht am 12.03.2019

Back to the roots

Die Frauen der Villa Fiore 1
0

Wirtschaftsprüferin Giulia Massarini tut etwas, das sie sich nicht hat träumen lassen: sie kehrt heim. Aus New York. Zu ihren Wurzeln in der Toscana, nämlich auf das elterliche Weingut. So sehr sich ihre ...

Wirtschaftsprüferin Giulia Massarini tut etwas, das sie sich nicht hat träumen lassen: sie kehrt heim. Aus New York. Zu ihren Wurzeln in der Toscana, nämlich auf das elterliche Weingut. So sehr sich ihre Mutter Manuela, die ihrerseits aus Deutschland, aus einer Winzerfamilie an der Mosel stammt, über ihre Rückkehr freut, so reserviert reagiert Vater Lorenzo. Er hat nämlich ihren Weggang vor vielen Jahren nicht gut geheißen und kann sich seinen Triumph über ihr Scheitern, der ausgesprochen gehässig ausfällt, nicht verkneifen.

Dabei braucht Giulia doch Liebe und Zuwendung, da sie von ihrem Verlobten betrogen wurde - sowohl in der Liebe als auch finanziell. Er war ihr Chef und hat ihr eine Pleite "zugeschustert". So sehr sich Giulia über die Gesellschaft der Mutter und der beiden jüngeren Schwestern Bianca und Milena freut, so schwierig wird die Situation mit ihrem Vater. Während sie sich gerne einen Überblick über die Finanzen des elterlichen Betriebes, zu dem neben dem Weingut noch ein Restaurant, das ihre Schwester Bianca betreibt und Stallungen, für die Milena, die Jüngste im Bunde, zuständig ist, verschaffen würde, hat ihr Vater für sie eine Position in der Weinherstellung vorgesehen. Und zwar zunächst unter dem temporär für ihn tätigen Önologen, den Amerikaner Paul Reed. Der Giulia zunächst ziemlich auf die Nerven geht.

Doch es gibt auch weitere "Störfaktoren": direkt nach Giulias Rückkehr erleidet Kellermeister Alfredo einen Unfall - und es bleibt nicht bei diesem einen Unglück.

Sehr, sehr merkwürdig, das alles...

Was steckt der ganzen Geschichte? Und kann Giulias 90jährige Großmutter, die genauso bärbeißig ist wie ihr Vater, ihr einen Hinweis (oder sogar mehrere?) geben? Ich habe begeistert und gespannt gelesen, mit Giulia gehofft und gelitten und war ganz traurig, als das Buch ausgelesen war.

Constanze Wilken hat einen wunderschönen Spannungsroman geschrieben, in dem auch Atmosphäre und Herz eine große Rolle spielen. Die Protagonistin Giulia ent- und verliebt sich zugleich - ersteres bezieht sich auf ihren Verlobten Phil, der ihr übel mitgespielt hat und das zweite auf ihre Heimat, die Toscana: es ist eine wiedererwachte Liebe in nie gekanntem Umfang. Und es ist ja bekannt, dass eine Gegend, in der man sich pudelwohl fühlt, zu weiteren Emotionen führt. Ich habe mich auch gleich mitverliebt - in den Landstrich, wohlgemerkt - und könnte mir gut vorstellen, dass es mich in einem meiner nächsten Urlaube dort in die Gegend verschlagen wird.

Wobei ich das nach der Lektüre jedes ihrer Bücher sage - die spielen nämlich alle in eindrucksvollen, liebevoll beschriebenen Landschaften! Ich glaube, ich sollte vorsichtig anfragen, ob die Autorin für einen saisonalen Nebenjob zur Verfügung steht, nämlich als meine private Reiseplanerin.

Und vielleicht kann dann der nächste Toscana-Roman schon mit ins Gepäck, es soll nämlich eine Trilogie werden. Dieses war der erste Band. Gottseidank!