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Veröffentlicht am 12.07.2019

trauriger Sommer

Dunkelsommer
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Dunkel ist der Sommer in „Dunkelsommer“ tatsächlich. Das liegt weniger am fehlenden Licht als an den deprimierenden, traurigen Lebenssituationen der beiden Hauptpersonen. Die Dramatik des einen Erzählstrangs ...

Dunkel ist der Sommer in „Dunkelsommer“ tatsächlich. Das liegt weniger am fehlenden Licht als an den deprimierenden, traurigen Lebenssituationen der beiden Hauptpersonen. Die Dramatik des einen Erzählstrangs ist das Verschwinden von Lelles 17jähriger Tochter. Auch wenn dieses bereits drei Jahre zurückliegt, bleibt die Frage was passiert ist? Deshalb ist der Mathematiklehrer immer noch auf der Suche nach Antworten. Aber hier spielt auch noch das Persönliche, die Trauer und Trauerverarbeitung eine große Rolle. Das gefällt mir sehr an Romanen und auch wenn das Buch dadurch noch etwas düsterer wird, mag ich das.

Zum anderen gibt es da Meja, einen Teenager, der mit der Mutter zu deren neuem Freund zieht. Auch hier ist zu wenig Liebe im Spiel und auch wenn man nicht gleich weiß, wie diese zwei Handlungsstränge zusammenhängen, so hat man doch schon eine gefühlsmäßige Ahnung, wo die Geschichte hingehen könnte.

Durch den regelmäßigen Wechsel zwischen den Erlebnissen von Meja und Lelle wird Spannung aufgebaut. Der Wald spielt tatsächlich eine wichtige Nebenrolle in der Geschichte, weil er das einsame und abgelegene Leben erklärt, dass die Darsteller teilweise innerlich und äußerlich führen.

Mir war die Geschichte fast etwas zu kurz aber sie hat mir sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 29.06.2019

Tote Herzen

Das Dorf der toten Herzen
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„Das Dorf der toten Herzen“ liegt im Süden Spaniens in der Einöde. Der Titel beschreibt gut die Stimmung des Romans. Er ist düster, traurig und leicht depressiv. Die Menschen in diesem Dorf sind alle desillusioniert, ...

„Das Dorf der toten Herzen“ liegt im Süden Spaniens in der Einöde. Der Titel beschreibt gut die Stimmung des Romans. Er ist düster, traurig und leicht depressiv. Die Menschen in diesem Dorf sind alle desillusioniert, hart gegen sich und andere, voller Vorurteile und Bitternis. Jacobo, Irene und ihre 13jährige Tochter Miriam müssen ins Dorf ziehen, als er den Job verliert und ihnen die finanziellen Mittel ausgehen. Sie kommen In einem heruntergekommenen Haus. Es gelingt ihnen nicht, Fuß zu fassen und eines Nachts dringen Männer ins Haus ein und schießen auf das das Ehepaar. Die Tochter, die die Nacht bei Freunden verbracht hatte, wird des Mordkomplotts beschuldigt. Die Mutter ist tot und der Vater kann sich nur noch bruchstückhaft an alles erinnern, als er aus dem Koma erwacht. Wer waren die Täter, wer hat sie beauftragt. War es wirklich Miriam? Oder der Geliebte der Mutter oder der Sohn des Onkels? Das ganze Dorf scheint etwas zu verbergen, jeder wirkt verdächtig.

Mir gefällt der Sprachstil des Autors und die Art, wie er seine Figuren beschreibt. Auch wenn sie diesmal alles besonders undurchsichtig sind und es nicht unbedingt einen richtigen Sympathieträger gibt. Die psychologische Tiefe ist ausgefeilt. Das Tempo ist zeitweise etwas verhalten und es ist nicht wirklich ein Pageturner. Also nicht ganz so spannend wie „Monteperdido“. Aber dennoch ein solide erzählter und am Ende doch sehr dramatischer Krimi, der die Abgründe einer kleinen fast inzestösen Gemeinschaft schildert und für den im Zentrum die Frage des Warum steht und erst dann des Wer.

Viele "tote Herzen" leben in diesem spanischen Dorf.

Veröffentlicht am 05.06.2019

eine Mahnung

Die Nickel Boys
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Die Nickelboys sind Teenager und junge Männer, die in den 60ger Jahren in die Besserungsanstalt Nickel eingewiesen wurden. In der Mehrzahl handelte es sich dabei um dunkelhäutige Insassen, die oft wegen ...

Die Nickelboys sind Teenager und junge Männer, die in den 60ger Jahren in die Besserungsanstalt Nickel eingewiesen wurden. In der Mehrzahl handelte es sich dabei um dunkelhäutige Insassen, die oft wegen Lappalien oder wie der Hauptdarsteller Ellwood sogar unschuldig hier landeten. Amerika war damals noch immer ganz öffentlich rassistisch und die Jungen müssen Gewalt, Bedrohung, Missbrauch und mehr über sich ergehen lassen. Regelmäßig kommt es zu Todesfällen. Erst viele Jahre später legen Ausgrabungen dieses schwarze Kapitel der amerikanischen Geschichte frei.

Die Hintergründe des Romans beruhen auf tatsächlichen Begebenheiten. Der Autor versuchte seinen Erzählstil vollkommen wertfrei zu halten. Es wirkt deshalb spröde und oft unterkühlt, wie er die Geschehnisse beschreibt, die trotzdem erschüttern und erschrecken. Auch wenn es einen Hauptdarsteller gibt, so ist es doch eher ein Buch über diese Anstalt und über die dort geschehenen Verbrechen.

Das Cover ist kongenial reduziert und doch so aussagekräftig. Ich liebe es. Der Autor festigt mit den Nickelboys seinen Ruf eines Mahners gegen Rassismus und Gewalt.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Leseempfehlung

Als die Tage ihr Licht verloren
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Der Titel „Als die Tage ihr Licht verloren“ beschreibt sehr gut die Essenz dieses Romans aus der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Der Klappentext dagegen könnte irreführend sein, da hier nur ...

Der Titel „Als die Tage ihr Licht verloren“ beschreibt sehr gut die Essenz dieses Romans aus der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Der Klappentext dagegen könnte irreführend sein, da hier nur ein Teilthema hervorgehoben wird, welches aber erst im letzten Drittel wichtig wird.

Für mich war es die Geschichte der Familie Hoffmann, vor allem der Schwestern Gitte und Linda. Die beiden sind jung, hungrig nach Leben und auf der Suche nach einem Mann und einem Beruf, der sie ausfüllt. Und es war die Geschichte der Nachbarstochter Lene, die einen unbedeutenden Beamten heiratet, der sich nach und nach den Nazis zuwendet und seine Frau mitzieht.

So geht es also um ganz normale Durchschnittsbürger in einem Deutschland, welches immer grauer und dunkler wird. So langsam geht das Licht aus. Unmerklich schleicht sich die Furcht ins Leben der Schwestern und schließlich steht der Krieg vor der Türe. Lindas Ehemann wird eingezogen und schließlich erhält sie die Nachricht, er wäre gefallen.

Ich will nicht zu viel verraten – das tut der Klappentext sowieso schon – aber am Ende wird es richtig spannend. Es handelt sich um den Erstling von Stephanie von Hayek. Mir hat vor allem der etwas ungewöhnliche, ja oft sogar sperrige Schreibstil gut gefallen. Er passte zur Geschichte und man musste ihm Aufmerksamkeit schenken, damit er seine ganze Intensität entfalten konnte. Tatsächlich habe ich mich, wie andere Leserinnen auch, anfangs etwas schwer getan mit der Zuordnung, welche Schwester gerade welche war. Vielleicht hätte man die Charaktere noch etwas schärfer zeichnen müssen oder Eigenheiten deutlicher hervorheben sollen. Aber natürlich sind es Schwestern und gewisse ähnliche Hoffnungen und Verhaltensweisen sind ja auch naheliegend. Gut fand ich auch die Zeichnung der negativen Charaktere im Buch. Sie kamen sehr realistisch daher. Der kleine Nachbar von nebenan konnte genauso eine Bedrohung darstellen, wie ein hoher Parteifunktionär oder SS-Scherge.

Leseempfehlung

Veröffentlicht am 13.03.2019

eine nachdenkliche Geschichte

Wie man die Zeit anhält
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Matt Haig hat über die Jahre an Autoren-Format für mich gewonnen. Es geht ihm nicht mehr darum, nur zu unterhalten, er will auch etwas mit seinen Büchern sagen. So ist dieses Buch, welches auf den ersten ...

Matt Haig hat über die Jahre an Autoren-Format für mich gewonnen. Es geht ihm nicht mehr darum, nur zu unterhalten, er will auch etwas mit seinen Büchern sagen. So ist dieses Buch, welches auf den ersten Blick wie ein SF-Roman daherkommt, in Wirklichkeit eines über das Leben an sich, über die Wertigkeit von Beziehungen und dass die Endlichkeit des Lebens nicht nur negativ und voller Schrecken sein muss.

Der Hauptdarsteller, Tom lebt ein fast endlos langes Leben. Der Verlust der vielen Menschen über die Jahrhunderte nagt an ihm. Denn wichtiger als ein unendliches Leben ist die Nähe zu denen die man liebt und was ist ein Leben wert, wenn ständig die sterben, die man liebt.

Wiie man die Zeit anhält, das versucht Tom für sich herauszufinden. Und Matt Haig kleidet seine fiktive Geschichte in die reale Gechichte, bemüht Personen, wie Shakespeare, seinem Helden zu begegnen.

Ein Buch voller kleiner feiner Episoden, welches zum Nachdenken anregt. Nicht immer wirklich spannend aber mit dem Mut zu verweilen und Raum zu lassen für Tom, seine Verluste und für die Überlegungen um Zeit und Leben und Liebe.