Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben
Für den neunzehnjährigen Paul ist es auf jeden Fall so: er lernt Susan, die weit mehr als doppelt so alt und deren Töchter älter als er sind, im Tennisclub kennen. Mit einer frappierenden Selbstverständlichkeit ...
Für den neunzehnjährigen Paul ist es auf jeden Fall so: er lernt Susan, die weit mehr als doppelt so alt und deren Töchter älter als er sind, im Tennisclub kennen. Mit einer frappierenden Selbstverständlichkeit und Klarheit, ganz natürlich also, wird aus ihnen beiden ein Paar. Monatelang geht Paul bei ihr zu Hause ein und aus, wohnt quasi mit ihr und ihrer Familie. Aus seiner Sicht bleibt ihrer beider Beziehung für die anderen unbemerkt.
Bis beide - genau aus diesem "anstößigen" Grund aus dem Tennisclub geworfen werden und schon bald gemeinsam nach London ziehen. Eine Liebe, die von beiden trotz äußerer Anfeindungen über lange Zeit nicht in Frage gestellt wird - obwohl Susan durchgehend einen recht engen Kontakt zu ihrer anderen, ihrer "alten" Familie hält.
Paul bewundert sie, wohl auch deswegen, weil sie ihn von Beginn an für voll nimmt, ihm vertraut. Er antwortet auf seine eigene Weise, indem er Verantwortung für sie übernimmt, auch dann als es einen Bruch gibt, er sie nicht mehr vorbehaltlos lieben und bewundern kann. Denn Susan trinkt. Nicht nur ein bisschen und gelegentlich und es ist auch klar warum: sie hat es in ihrer Ehe mit Gordon nicht leicht gehabt.
Es kommt, wie es kommen muss: Paul löst sich aus der Beziehung. Doch die Verantwortung, die er empfindet, bleibt - zu einem gewissen Teil.
Ein Buch in drei Teilen, die sich extrem voneinander unterscheiden: zunächst ist es Leichtigkeit und vor allem Unschuld, die vor allem aus Paul spricht, gefolgt von Zerrissenheit, Anspannung und Ohnmacht, zuletzt ist es dann der Paul, der alles überstanden hat, ein Überlebender quasi, der zurückblickt. In einer eher philosophischen Betrachtung auf sein Miteinander und sein Auseinander mit Susan schaut, über sein Leben und dessen Sinn resümiert.
Dieser dritte Teil war es, mit dem ich am wenigsten zurecht kam, irgendwie hätte ich ihn nicht gebraucht, wenn man das so schreiben darf. Ich hätte lieber meine eigenen Gedanken wandern lassen und dem Buch ein wenig mehr Aktion gegönnt, aber Barnes ist dafür nicht der richtige Autor. Und natürlich richte ich als Leserin mich danach und stelle fest, dass dies für Barnes durchaus ein bereits recht aktionsreiches Buch ist. Eines, in dem verschiedene Stimmungen und Atmosphären, verschiedene emotionale Stationen im Leben nicht nur von Paul, sondern auch von Susan und im weitesten Sinne auch von ihrer Familie dargelegt werden.
Überhaupt kein sperriges, aber andererseits auch kein ganz einfaches Buch - man muss bereit dafür sein und die ein oder andere Konvention ad acta legen!