Zwei wie Pro und Contra
Pro und Contra. Mein Licht in deiner DunkelheitBekanntermaßen bin ich ein großer Fan von Sabine Schulter und habe sowohl ihre “Melody of Eden”-Trilogie als auch die “Geschichte von Sin und Miriam” verschlungen. Dass ich mir ihren neuen dystopischen ...
Bekanntermaßen bin ich ein großer Fan von Sabine Schulter und habe sowohl ihre “Melody of Eden”-Trilogie als auch die “Geschichte von Sin und Miriam” verschlungen. Dass ich mir ihren neuen dystopischen Einzelband “Pro und Contra” ebenfalls zu Gemüte führe, war daher klar. Dass meine Erwartungen hoch waren, ebenfalls. Sie wurden erfüllt, keine Frage, dennoch habe ich auch einiges zu meckern, worauf ich im Folgenden zu sprechen kommen werde.
DIE PRÄMISSE …
… klingt wirklich gut. In der Zukunft können Menschen nicht mehr selbst Storm erzeugen und sind damit a) auf die Sonnenstürme und b) auf die Pro und Contras – gemeinsam als “Stormpaar” bezeichnet – angewiesen. Klar, dass die Regierung deshalb gerne alle Pro und Contras unter Verschluss hält, um ja nichts von der kostbaren Energie zu verschwenden.
Nur finden die Pros und Contras das nicht so toll, aber dazu später mehr. Befassen wir uns erst einmal mit dem Phänomen, dass es Menschen gibt, die eigenständig in ihren Zellen Elektrizität erzeugen, und solche, die diesen Storm dann leiten und nutzbar machen können. Hört sich an sich erstmal echt cool an und ja, ist es irgendwie auch, aber … wie?!
Das ist die Frage, die immer wieder während des Lesens in meinem Kopf aufgeploppt ist. Wie ist das möglich? Wie kann das gehen? Im Vorwort des Buches, das kurz das vorangegangene Szenario erklärt, stellt die Existenz der Strompaare als gegeben dar, erklärt sie aber nicht. Tatsächlich gibt es in der Story eine Chemikerin, die sich genau damit befasst und diese Frage beantworten möchte, aber auch hier waren meine Hoffnungen vergebens. Spoiler-Alert: Erklärungen gibt es nicht und das wurmt mich ein wenig an dem Buch, was echt schade ist, weil ich es in so vielen Facetten richtig cool finde, aber über diesen Punkt konnte ich nicht hinwegsehen.
WAS HÄLT DIE HANDLUNG BEREIT?
Aber gegeben der Tatsache, dass es irgendwie möglich ist, hat die Story mich binnen weniger Seiten (nach dem Vorwort, denn davon kann man halten, was man will. Ich bin kein Fan von Vorworten.) in ihren Bann gezogen.
Wir folgen dabei sowohl Summer als auch Kayden, die abwechselnd in der Ich-Perspektive erzählen, und die sich zu Beginn noch gar nicht kennen. Wie das Schicksal das aber so will, begegnen sie sich recht schnell und dann ist das Gejammer groß, hatten beide doch dafür gebetet, ihr Gegenstück niemals zu finden. Das bedeutet nämlich, dass die Regierung Anspruch auf sie erheben und sie einsperren kann, damit ja nichts von ihrer Energie verschwendet wird. Beide können sich ein sehr viel besseres Schicksal als dieses vorstellen und suchen schnell das Weite, aber es ist bereits zu spät und ihre Verbindung aktiviert.
So lässt auch eine weitere Begegnung nicht lange auf sich warten und damit kommt die Geschichte dann richtig ins Rollen. Beide wollen sich nämlich nicht von der Regierung gefangen nehmen lassen, weil die so unfassbar böse ist, also werden sie wohl kämpfen müssen, um ihre Freiheit zu bewahren. Ihre anfängliche Abneigung wandelt sich schnell in etwas anderes und es funkt ganz schön zwischen ihnen – im wahrsten Sinne des Wortes.
SUMMER UND KAYDEN – ZWEI WIE PRO UND CONTRA
Summer und Kayden sind ziemlich unterschiedlich, nicht nur, weil sie Pro und Contra sind, sondern auch von ihren Persönlichkeiten her. Kayden ist eher der Typ Draufgänger, mürrisch, wenn man ihm einen Grund dafür gibt, und Kämpfe, die er entfacht, will er auch selbst beenden. Gleichzeitig macht er es dem Leser leicht, in sein Innerstes zu sehen und zu erkennen, dass er ein herzensguter Mensch ist. Obwohl man kaum einen Bruchteil seiner Facetten kennenlernt – zumindest habe ich das Gefühl, dass noch so viel mehr in ihm steckt – wirkt er auf der Stelle sympathisch.
Im Gegenzug dazu ist Summer eine kleine Zicke und steht ständig unter Storm – woran das wohl liegen mag? Sie ist pampig und aufmüpfig, was Kayden oftmals an den Rand der Verzweiflung treibt, und sehr nah am Wasser gebaut. Das mit den zwischenmenschlichen Beziehungen hat sie auch noch nicht ganz raus, aber sie bessert sich im Laufe des Buches. Gerade die beiden im Zusammenspiel machen es umso leichter, auch Summer zu mögen. Schließlich gehören die beiden auch zusammen, sie komplettieren sich und machen sich gegenseitig stärker. Außerdem spürt man richtig, wie die Funken zwischen ihnen fliegen.
DAS ENDE ODER AUCH: WIESO IST DAS EIN EINZELBAND?
Am Anfang dachte ich: Yay, Einzelband. Eine Geschichte, die ich schnell lesen und nach deren Ende ich zufrieden das Buch schließen kann, ohne auf eine Fortsetzung zu warten. Nun, ich bin nicht zufrieden mit dem Ende. Ich möchte auch gar nicht vorweggreifen und das Ende spoilern, aber es ging mir einfach alles zu schnell.
Schon auf den letzten 100 Seiten beschlich mich das ungute Gefühl, dass es nicht mehr zu einem guten Ende kommen wird, weil zu viel ungeklärt ist, und es war mir ein Rätsel, wie Sabine Schulter das noch hinkriegen wollte. Letztendlich weiß ich, wie sie es gemacht hat, aber ich persönlich bin kein Fan von dieser Lösung und hätte stattdessen gerne eine ausgebautere Version gehabt, auch wenn das vielleicht in einen zweiten Band resultiert hätte. Die Welt und die Story hätte da sicher noch genug Spielraum gehabt.
Puh, das ist jetzt erstmal viel Kritik, aber versteht mich nicht falsch. Ich finde “Pro und Contra. Mein Licht in deiner Dunkelheit” wirklich gut. Wäre es anders, hätte ich es nicht binnen weniger Stunden durchgelesen. Das Buch hat einfach eine tolle Atmosphäre, eine prickelnde Liebesgeschichten und zwei Protagonisten, die sich mit ihren Freunden rasend schnell in mein Herz geschlichen haben, aber trotzdem gibt es diese Kritikpunkte, die mich stören und die ich daher erwähnen musste. Auch wenn sie schwerwiegender klingen, als sie eigentlich sind.
Wer sich aber nicht so sehr am Worldbuilding und einem etwas zu übereilten Ende aufhängt, der wird sicher sehr viel Spaß mit Summer und Kayden haben. Letztendlich habe ich das Lesen immerhin auch sehr genossen und freue mich auf weitere Bücher aus der Feder der Autorin.