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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.04.2019

Man sollte vorbereitet sein

Die Bach runter
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Auf dem Cover des Buches sieht alles sehr idyllisch aus. Grasende Schafe in der Abenddämmerung. Die etwas düsteren Wolken lassen allerdings erahnen, dass es mit der Idylle wohl nicht weit her ist. Ein ...

Auf dem Cover des Buches sieht alles sehr idyllisch aus. Grasende Schafe in der Abenddämmerung. Die etwas düsteren Wolken lassen allerdings erahnen, dass es mit der Idylle wohl nicht weit her ist. Ein Wanderschäfer ist der Erste, dem das auffällt, denn er findet nahe seines Schäfer-Wagens ein Baby, abgelegt in der warmen Asche eines Lagerfeuers.

Die Suche nach der Mutter ist der Einstieg, für den Leser und Kommissar Bär, in die sogenannte Prepper Szene. Prepper sind Personen, die sich für den Fall wappnen, dass die Zivilisation den sprichwörtlichen Bach runter geht.

Die Autorin gibt Einblick in diese Szene, die ich bisher nur aus den USA kannte. Die Verbindung zwischen den Preppern im Buch, zum gefundenen Baby vom Anfang und zwei inzwischen aufgetauchten Leichen bleibt lange unklar. Der Kommissar und seine Freundin, die frei Journalistin Roberta, werden davon aber ziemlich auf Trab gehalten.

Die Geschichte ist spezieller, mal was Anderes, aber vielleicht nicht immer ganz nachvollziehbar in den Motiven. Gerade wenn es um die Vorgeschichte des Babys geht.
Die Figuren sind gut charakterisiert. Der Leser hat gleich Tendenzen zu Gut und Böse, obwohl die Grenzen da nicht immer ganz klar sind. Der Fall wird spannend erzählt, aufgelockert durch Einblicke in das Privatleben des Kommissars und sein aktuelles Chaos in Liebesdingen. Ich mag es immer ganz gern, wenn in einem Krimi auch der familiäre Hintergrund der Ermittler seinen Platz hat. Es macht die Figuren glaubwürdig und gibt ihnen Substanz.

Gut gemachter Krimi, zu gleich zwei Interessenten und aktuellen Themen, aus dem Emons Verlag.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Was weiß ich wirklich über meine Nachbarn

Mordsirrtum
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Die Autorin hat schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass es sich bei ihrer Geschichte nicht um einen klassischen Krimi handelt. Es gibt zwar einen kriminalistischen Hintergrund, einen Einbruch und den ...

Die Autorin hat schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass es sich bei ihrer Geschichte nicht um einen klassischen Krimi handelt. Es gibt zwar einen kriminalistischen Hintergrund, einen Einbruch und den verschwundenen Mieter der betroffenen Wohnung, aber keine Aufklärung des Verbrechens, wie man es sonst liest. Der Leser folgt Nachbarin Ellen, der durch die Befragung der Polizei bewusst wird, wie wenig sie eigentlich über die anderen Bewohner des Mehrparteienhauses und des Wohnblocks weiß. Beim Versuch mehr über die Nachbarschaft zu erfahren, geht sie etwas ungewöhnliche Wege. Sie setzt aus vielen kleinen Puzzelteilchen ein vollkommen neues Gesamtbild ihres Kiezes zusammen.


Der Leser lernt nur wenige Personen der Nachbarschaft persönlich kennen. Meist treten sie in Erscheinung, wenn sie im Gespräch mit Ellen ihr Wissen über die Nachbarn teilen. Allen Anderen begegnet man nur über die beim Kaffee, oder auf der Straße ausgetauschten Informationen. Ellen entwickelt dabei einen großen Ehrgeiz und sammelt immer mehr Klatsch und Tratsch, sehr zum Leidwesen ihres Mannes.
Bei den vielen, nur namentlich auftauchenden Personen habe ich das ein oder andere Mal den Durchblick verloren. Es fiel mir schwer die Informationen der jeweiligen Person zuzuordnen. Die Hauptfigur Ellen und ihr Ehemann werden sehr präzise und nachvollziehbar in ihrem Wesen und ihrem Tun beschrieben.

Die Autorin zeigt ein gutes Auge für Zwischenmenschliches. Die Beschreibung der Beziehung und Interaktion in einem relativ beschränktem Umfeld sind treffend und realitätsnah. Am Ende fragt man sich, wie viel weiß ich eigentlich von den Menschen mit denen ich Tür an Tür wohne, die ich täglich durch das Fenster beobachte, oder vom Balkon aus grüße. Interessiert es mich wirklich, wie die Anderen leben, oder will ich möglichst meine Ruhe? Wie aktiv bin ich in den Mikrokosmos meiner Nachbarschaft eingebunden? Könnte einer meiner Nachbarn ein Verbrecher sein?

Veröffentlicht am 16.03.2019

Die böse 40

Geburtstage sind noch lange kein Grund, älter zu werden
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Alterstechnisch bin ich genau die richtige Zielgruppe für dieses Buch. Mit der 40 auf der Geburtstagstorte hatte ich nicht wirklich Probleme, aber wenn es morgens im Rücken zwickt, oder man Freitagabend ...

Alterstechnisch bin ich genau die richtige Zielgruppe für dieses Buch. Mit der 40 auf der Geburtstagstorte hatte ich nicht wirklich Probleme, aber wenn es morgens im Rücken zwickt, oder man Freitagabend lieber vorm Fernseher lümmelt als um die Häuser zu ziehen, kommt man dann doch ins Grübeln.

Wenn sich die ersten körperlichen Wehwehchen einschleichen merkt man halt schon, dass das tatsächliche vom gefühlten Alter abweicht. Kein Grund zu jammern verspricht allerdings die Autorin und in mehreren Kapiteln erklärt sie auch warum.

Der Stil des Buches ist leicht und oft mit einem Augenzwinkern. Es enthält viel persönliche Erfahrungen und Gedanken der Autorin, aber auch Gespräche mit anderen Frauen über deren Gefühle und Erlebnisse. Man findet einiges an Wissenswertem und auch ein paar Statistiken und Testergebnisse.

Nicht jedes der verschiedenen Kapitel konnte mich mitnehmen. So hab ich mich in Kapitel zwei teils stark an einen Beziehungsratgeber erinnert gefühlt, beim Thema Beruf hab ich stellenweise einige Seiten überblättert. Andere Kapitel haben mich sehr berührt, zB wenn es um die Familie ging. Ich habe mich an vielen Stellen wiedererkannt und verstanden gefühlt. Vieles hat mich zum Nachdenken angeregt. Die Autorin beweist hier Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis.

Das Buch ist eine kurzweilige Lektüre, für Alle, die der bösen 40 mit Unbehagen entgegen sehen, und für Alle, die die 40 schon erreicht haben und gemerkt haben - so schlimm ist es gar nicht.
Für Alle, die das Glas lieber halb voll, als halb leer sehen

Veröffentlicht am 10.03.2019

Was aus Zufall entstehen kann

Moses und das Schiff der Toten
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Gleich auf den ersten Seiten tauchen wir tief ins Gefühlsleben des Protagonisten, Stefan Moses, ein. Früh am Morgen begleiten wir ihn im Taxi auf dem Weg zu einem Mordfall und werden Zeuge seiner Gedankengänge ...

Gleich auf den ersten Seiten tauchen wir tief ins Gefühlsleben des Protagonisten, Stefan Moses, ein. Früh am Morgen begleiten wir ihn im Taxi auf dem Weg zu einem Mordfall und werden Zeuge seiner Gedankengänge und Grübelei über seine Beziehung zu Juliane. Dieses Beziehung stellt er gerade in Frage, denn eine wichtige Entscheidung steht bei Juliane an, die sie für einige Monate trennen würde. Ein großer Teil des Buches beschäftigt sich mit diesen privaten Dingen und gibt so der Figur Tiefe und Struktur.


Natürlich ist Hauptbestandteil des Buches der aktuelle Mordfall von Moses und seinen Hamburger Kollegen. Ein Waschsalon Besitzer wird tot auf einer Bank auf einem Spielplatz gefunden. Nicht nur der Fundort der Leiche gibt den Ermittlern von nun an Rätsel auf.

Im Verlauf der Geschichte wird es für Leser wie Ermittler spannend und auch undurchsichtig. Der Fall zeigt bald die verschiedensten Facetten. Es kommen Personen ins Spiel, von denen lange nicht klar ist, wie sie mit dem Fall in Verbindung stehen. Wildes Spekulieren ist somit vorprogrammiert. Am Ende laufen natürlich alle Fäden zusammen und bescheren dem Leser die ein oder andere Überraschung.

Die Geschichte um Mord, Rauschgiftschmuggel, illegalen Fischhandel und chinesische Triaden ist nicht immer ganz rund, aber letztlich durchaus glaubhaft. Der Autor zeigt sehr plausibel, wie durch eine zufällige Handlung Dinge in Gang gesetzt werden können, die am Ende in einem Verbrechen münden.

Die Figuren sind sehr speziell. Moses, der schwarze Kommissar, der noch immer auf Vorurteile und versteckten Rassismus stößt, obwohl er schon seit seiner Kindheit in Hamburg lebt. Im Buch wird mehrfach hervorgehoben, wie ungläubig die Leute auf den "schwarzen" Kommissar reagieren. Ich hatte nicht gedacht, dass das ein solches Unverständnis hervorrufen würde, schon gar nicht in einer Stadt wie Hamburg. Irgendwann war mir die ständige Erwähnung dieser Tatsache dann auch etwas zu viel. Moses Partnerin Katja ist auch eine sehr spezielle Figur, leider kommt sie für mich viel zu kurz, da ist eindeutig Luft nach oben in der Fortsetzung.

Im Mittelteil kommt es zu einigen Langen, an dem Punkt an dem auch die Ermittlungsarbeit etwas auf der Stelle tritt. Das ist nachvollziehbar und auch nicht weiter schlimm, schließlich läuft das wahre Leben auch nicht immer auf High Speed. Auf jeden Fall gut für eine Fortsetzung!

Veröffentlicht am 01.03.2019

Kosmische Hilfe für die Polizei

Venuswalzer
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Nach Planetenpolka ist dies der zweite Fall rund um die Astrologin Stella Albrecht, die unfreiwillig in einen neuen Kriminalfall stolpert. Dieses Mal erwischt es einen großspurigen Weiberhelden, einen ...

Nach Planetenpolka ist dies der zweite Fall rund um die Astrologin Stella Albrecht, die unfreiwillig in einen neuen Kriminalfall stolpert. Dieses Mal erwischt es einen großspurigen Weiberhelden, einen Maler, der auf der Baustelle vom Gerüst segelt nachdem er geschubst wurde. Verdächtig ist eine Bewohnerin des Hauses, die schon länger von dem Bauarbeiter belästigt wurde und deshalb auch Rat bei Stella gesucht hat. Diese muss nun Undercover, zusammen mit Oma und Otto den Fall klären, schließlich steht für Komissar Tillikowski der Täter längst fest.


Wie schon im ersten Teil kommt es zu Reibereien zwischen Arno und Stella, der ist nämlich von deren Einmischung in seinen Fall alles Andere als begeistert. Auch Stella's Job als Astrologin sorgt wieder für Zündstoff zwischen den Beiden.
Leider habe ich etwas von der Leichtigkeit und Dynamik vermisst, die die Interaktion der Beiden im ersten Buch so speziell gemacht hat. Generell gibt es weniger gemeinsame Moment, als der Leser es sich wünschen würde. Aufgelockert wird das Ganze wieder auf unnachahmlich charmante Weise von Stellas Oma, deren Figur uns als Leser hoffentlich noch lange erhalten bleibt.

Das Buch beschreibt eine, gerade angesichts der "Me Too" Debatte, sehr aktuelle Situation, in die Frau recht schnell und unvermittelt geraten kann. Um dem Anteil von Komödie im Buch gerecht zu werden, erzählt Lotte Mink die Geschichte mit vielen typischen Klischees, was Bauarbeiter und ihre Sicht der Dinge angeht. Das ist manchmal fast zu viel, passt aber gerade darum wieder gut ins Bild. Das Buch wird so seinem Anspruch eine "Krimödie" zu sein gerecht.

Wer einen klassischen Krimi lesen möchte sollte eher zu einem anderen Buch greifen. Wenn ich Stella"s Geschichte mit einem Tatort vergleichen müsste, dann am ehesten noch mit dem aus Münster, oder Weimar.

Besonders zu erwähnen wieder die absolut fantastische Cover Gestaltung, die schon eine Schlüsselszene des Buches wiedergibt. Wie bei einem Wimmelbild kann man hier die tollsten Details entdecken.