Gestern wie heute brandaktuell
On The Come UpDie sechzehnjährige Bri wächst gemeinsam mit ihrem älteren Bruder bei ihrer Mutter auf. Ihr Vater wurde getötet, als Bri gerade einmal fünf Jahre alt war, woraufhin ihre Mutter Trost und Vergessen suchte, ...
Die sechzehnjährige Bri wächst gemeinsam mit ihrem älteren Bruder bei ihrer Mutter auf. Ihr Vater wurde getötet, als Bri gerade einmal fünf Jahre alt war, woraufhin ihre Mutter Trost und Vergessen suchte, indem sie Drogen nahm. Doch sie schaffte den Absprung ihren Kindern zu Liebe. Bri hingegen hegt einen Traum, denn sie möchte in die Fußstapfen ihres Vaters treten und eine Karriere als Rapperin starten. Als ihre Mutter arbeitslos wird, wird ihr Wunsch so eindringlich, dass sie beginnt, alles für diesen Traum der Karriere zu tun. Aber der Weg zum Rapstar ist steinig, trotz allen Talents und Bri muss feststellen, dass es ganz schön schwer ist, sich auf diesem Weg nicht selbst zu verlieren.
Meine Meinung
Schon das einfache Cover, das perfekt zum Inhalt passt, machte mich neugierig. Doch hier sprach mich allein schon der Klappentext dazu noch einmal mehr an.
Angie Thomas ist es hier sehr gut gelungen, ein realistisches Bild zu zeichnen, wie schwer es auch heute noch für Jugendliche und Kinder oder vielmehr für Menschen allgemein ist, die eine andere Hautfarbe haben als weiß. Ich musste beim Lesen des Buches oft an Filme aus den neunziger Jahren denken, wie z. B. Menace II Society oder Boyz ‘n the Hood, und habe dabei festgestellt, dass sich in all den Jahren wenig bis gar nichts an der Situation geändert hat. Noch immer leben viele People of Color abgegrenzt in Ghettos, bilden Gangs, die sich gegenseitig bekriegen und finden nur schwer den Absprung in ein “bürgerliches” Leben. Vorurteile und ungerechte Behandlungen sind hier Tagesordnung und Träume müssen meist der Realität weichen.
Mit ihrer Protagonistin Bri, die hier aus ihrer Sicht in der Ich-Form erzählt, hat Angie Thomas eine ganz besondere Protagonistin erschaffen, mit der sich gerade Jugendliche sehr gut identifizieren können. Dadurch, das Bri erzählt, ist es sprachlich sehr jung, lässt sich dabei aber flüssig lesen und wirkt absolut authentisch. An dieser Stelle auch ein Kompliment an die Übersetzerin, die Bris HipHop Texte nicht übersetzt hat, sondern im Original hat stehen lassen, denn genau das macht es noch einmal mehr greifbar. Diese Texte spiegeln sehr gut wieder, was in der jungen Protagonistin vor sich geht, wie ihre Sicht auf die Welt wirklich ist und wie sie selbst sich verändert.
Auch die Welt des HipHops, der Gedanke dahinter wird hier sehr gut vermittelt. Anspielungen auf vergangene Zeiten mit großen Namen wie Notorious BIG oder Tupac Shakur, aber auch Bris Vater, der selbst ein aufsteigender HipHop Star war, lassen die Welt rund um Bri authentisch wirken.
Bri ist authentisch und selbst als Erwachsene konnte ich nachempfinden wie es ihr geht und warum sie wie handelt. Sie ist vorlaut und zielstrebig und nimmt auch im Unterricht kein Blatt vor den Mund. Für solche Handlungen wird sie aggressiv genannt und findet sich mehr als einmal beim Direktor der Schule wieder. Genau solche Momente machten mich wütend, zeigen sie doch, wie sehr Vorurteile auch heute noch gelten. Sind wir nicht mittlerweile so weit, endlich mal den Mensch als ganzes zu sehen und nicht als verschiedene Rassen? Doch nicht nur Bri wurde hier lebendig, sondern auch die Nebencharaktere bekamen sehr viel Tiefgang. Seien es ihre Mutter, die mit allen Mitteln versucht, etwas aus ihrem Leben zu machen oder ihre Aunt Pooh, Bris beste Freunde, ihr Bruder und viele mehr. Alle zusammen machten das Buch glaubwürdig, lebendig und auch ein wenig erschreckend. Erschreckend, weil ich hier immer noch Vergleiche ziehen kann mit Ereignissen, die bereits zwanzig Jahre her sind und die darauf schließen lassen, das es höchste Zeit für Veränderung ist.
Mein Fazit
Hut ab, Angie Thomas, denn mit diesem Buch ist es der Autorin gelungen, ein aktuelles Thema ohne zu verharmlosen, zu verpacken. Ein Spiegelbild der Gesellschaft, dabei aber mit ganz viel Emotionen gespickt und nachdenklich machend und nicht nur für jugendliche Leser geeignet. Wahrscheinlich ist es für Leser, die ein wenig Hintergrundwissen über HipHop haben leichter, aber das Glossar am Ende macht es auch sonst sehr gut verständlich, was die Autorin mit ihrer Geschichte ausdrücken will. Ein tolles Buch, über das ich noch viel mehr schreiben und erzählen könnte, über das ich bestimmt nicht genug gesagt habe, aber das ich gerne ans Herz legen möchte.