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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.03.2019

Highlight

Das Maikäfermädchen
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Nicht mein erstes Buch von Gina Mayer aber eines der beeindruckendsten. Die Geschichte beginnt gleich nach dem Krieg in einer ziemlich düsteren zerbombten Stadt, in der Käthe versucht, irgendwie über die ...

Nicht mein erstes Buch von Gina Mayer aber eines der beeindruckendsten. Die Geschichte beginnt gleich nach dem Krieg in einer ziemlich düsteren zerbombten Stadt, in der Käthe versucht, irgendwie über die Runden zu kommen ohne zu verhungern oder zu erfrieren. Sie arbeitet selbständig als Hebamme und lebt davon mehr schlecht als recht. Bis Ingrid sie anspricht und für einen Pelzmantel um eine Abtreibung bittet. Käthe weiß, dass sie mit ihrem Einverständnis einen Strudel der Ereignisse auslöst und kann dennoch nicht ablehnen. Bald trifft sie auf Lilo, die sie noch von besseren Zeiten her kennt und diese begreift schnell, dass sich mit Abtreibungen das Überleben einer ganzen Familie sichern lässt. Ihrer Familie, die ihr nervenkranker Mann nicht mehr ernähren kann. Also überredet sie Käthe zu einer Art Abtreibungsklinik im großen Stil. Dies wird schnell zu ihrer aller Lebengrundlage, aber das bittere Ende kommt noch.
Dies ist keine leichtfüßige Geschichte sondern ein trauriges scharf gezeichnetes Bild einer Generation, die versucht den Krieg und seine Gräuel zu verarbeiten. Die einzelnen Lebensgeschichten der Protagonisten sind stellvertretend für die meisten Deutschen der damaligen Zeit. Vom Mitläufer bis zum Täter, vom Wegschauen und Totschweigen, vom Rache wünschen und ins Schicksal fügen, von Deutschen und Juden und Besatzern. Keine bedrückende Wahrheit wird verschwiegen, kein Thema beschönt oder verteufelt. In einer klaren und eindringlichen Sprache beschreibt Gina Mayer das Elend und die Verzweiflung der Überlebenden, die alles erlebt haben. Vergasung, Kampf in Russland, Zwangssterilisation, Verrat, Hunger, Krankheit. Vor allem das Hadern mit Gott ist ein großer Punkt im Roman. Warum er dies alles zulassen konnte. Ob er als Seelentröster überhaupt noch taugt oder ob man einfach nicht mehr an einen Übervater glauben kann, der ein wohlwollendes Auge auf eine Menschheit hat, die sich aufs grausamste gegenseitig umbringt.
Fast auf jeder Seite entblättert sie neue Wahrheiten, stellt Fragen nach dem Sinn, rüttelt an den Grundfesten der gesellschaftlichen Normen, die ein Krieg immer außer Kraft setzt.
Das Buch bedrückt und lässt einen nicht los. Seine Fragen setzten sich im Kopf des Lesers fest und man muss die Geschichte für sich sicher erst mal verarbeiten. Aber es ist eine Geschichte, die man unbedingt immer wieder erzählen sollte und die in dieser Form wirklich hervorragend umbesetzt wurde.
Am Ende bleibt durchaus ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass bis zu einem gewissen Grad solche traumatischen Erlebnisse verarbeitet werden können. Aber auch, dass man gewahr sein muss, dass die "braune Scheisse" noch unter uns schwelt und sie nicht wieder hervorbrechen darf.
Ein tolles Buch, welches ich sehr empfehlen kann.

Veröffentlicht am 21.03.2019

Volltreffer

Das ferne Land
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Katharina Orsini ist für damalige Verhältnisse eine ungewöhnliche Frau. Sie ist groß gewachsen, überragt mit Gardemaß sogar die meisten Männer. Sie ist weder körperlich noch geistig das zarte anschmiegsame ...

Katharina Orsini ist für damalige Verhältnisse eine ungewöhnliche Frau. Sie ist groß gewachsen, überragt mit Gardemaß sogar die meisten Männer. Sie ist weder körperlich noch geistig das zarte anschmiegsame Wesen, welches die Frauen im 17.ten Jahrhundert hätten sein sollen. Mir kam sie zeitweise wie eine mutige starke Amazone vor, die sich für Messerwerfen und Pistolenschießen mehr interessiert als für schöne Kleider und süßes Zuckerwerk. So ist es durchaus glaubhaft, dass sie beschließt, selbst in „das ferne Land“ zu reisen und nach den Weihrauchschätzen zu suchen, die ihr Mann angeblich irgendwo gelagert hat.
Schnell hat sie den Händler und Führer Massimo verpflichtet. Zur damaligen Zeit dauerte so eine Reise schon mal gerne ein Dreivierteljahr. Vor der Abreise erhält sie von einem zwielichtigen Venezier den Auftrag, auf Massimo ein scharfes Auge zu haben, da dieser vermutlich ein feindlicher Spion wäre und Geheimnisse des Vaterlandes an die Araber verraten würde. Für diese Spitzeldienste erhält sie das dringend benötigte Geld, um die Reise finanzieren zu können. So ist dies also sozusagen ein Spionageroman vor historischem Hintergrund.

Aber gerade der historische Hintergrund hat es in sich. Charlotte Thomas hat es geschafft, von der ersten Seite an dieses ferne Land vor dem inneren Auge des Lesers in all seinen Facetten auszubreiten. Man schlendert mit ihr über den Suq (Markt) und riecht die wertvollsten Gewürze ebenso wie den Abfluss der Fäkalien, man hört das nervöse Brüllen der Kamele und das wilde Palaver der Kamelführer, man spürt die sengende Hitze, wenn es durch die Wüsten des Landes geht und bekommt Gänsehaut wenn, die eisige Nacht über Mensch und Tier hereinbricht. Wir erleiden Schiffbruch mit den Helden dieser Geschichte, kauern uns aneinander in so manchem Sandsturm, geraten in Feuergefechte und werfen einen heimlichen Blick in einen gut geführten Harem. Die liebevoll in die Geschichte eingearbeiteten historischen Fakten und Feinheiten sind ein Genuss für die Sinne und geben allem ein Flair aus Tausend und eine Nacht.

Auch die Figuren sind fein und intensiv gezeichnet. Nicht nur die energische Katharina und der geheimnisvolle Massimo haben mein Herz erobert, sondern auch die mütterlich-nervige Jokasta und der treue Pjotr sind unabdingbar für die Geschichte; neben einer ganze Riege weiterer interessanter Personen, die wie die Hauptpersonen alle nicht in schwarz und weiß, sondern mit all ihren Stärken und Schwächen beschrieben werden.

Das ferne Land ist viel mehr als nur ein toller Histo-Schmöker. Es ist auch trickreicher Spionageroman, ein abenteuerliches Road-Movie, ein Buch mit mehr als einer Liebesgeschichte (ohne Schnulz aber mit viel Herz) und nicht zuletzt ein Reiseführer durch ein mir bis dato ziemlich unbekanntes Land, in dem es so viel mehr gibt als nur Sand und Wüste.

Von mir also volle Punktzahl und eine unbedingte Leseempfehlung

Veröffentlicht am 21.03.2019

Highlight

Ich, Maximilian, Kaiser der Welt
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Maximilian I. wurde 1459 geboren und war als Sohn des amtierenden Kaisers Friedrich III. von Geburt an Erzherzog von Österreich. Großgewachsen, kräftig, sportlich und blitzgescheit war er außerdem und ...

Maximilian I. wurde 1459 geboren und war als Sohn des amtierenden Kaisers Friedrich III. von Geburt an Erzherzog von Österreich. Großgewachsen, kräftig, sportlich und blitzgescheit war er außerdem und die Rolle eines großen Kämpfers und Heerführers war ihm fast schon in die Wiege gelegt. In Peter Pranges opulentem Historienroman wird aber auch das Privatleben dieses sehr interessanten Mannes von Jugend an beleuchtet. Schon als Teenager entbrennt er in heißer Liebe zu einem hübschen Kammerfräulein namens Rosina und am liebsten würde er die selbige auch heiraten. Aber natürlich ist das einem Kaisersohn unmöglich. Die Staatsräson verlangt nach einer vorteilhafteren Verbindung und er muss sich aufmachen, um Marie von Burgund zu ehelichen, deren Herzogtum eines der reichsten und wichtigsten in ganz Europa ist. Maximilian verliert Rosina aus den Augen und verliebt sich überraschend und heftig in seine kluge junge Frau. Nach der Hochzeit entbrennt um Burgund ein langer blutiger Zwist mit dem französischen König. Maximilian scheint derjenige mit dem größeren Kriegsgeschick bis ihn ein schwerer Schicksalsschlag ereilt.

Maximilian I., der junge Staatsmann, kämpft nicht nur gegen das schier übermächtige Frankreich sondern immer wieder gegen finanzielle Schwierigkeiten, politische Intrigen, Aufständische und rebellische Bürger. Hin und her gehen seine Kämpfe, auf und nieder das Siegesglück. Zwei Frauen und die Liebe zu ihnen bestimmen sein Leben ebenso, wie die Verpflichtungen seinem hartherzigen Vater gegenüber und der unbändige Wunsch danach, wie sein Vater zum Kaiser gekrönt zu werden.

Peter Prange hat es verstanden mich von der ersten der fast 700 Seiten an zu packen. Ohne Längen schickte er mich durch ein halbes Jahrhundert europäischer Geschichte. Er mixt einen spannenden Cocktail aus Fiktion und Tatsachen, zeichnet dabei das pralle Leben seiner Charaktere glaubwürdig und facettenreich. Er lässt den jungen liebenswerten Jungspund Maxl zu einem reifen Vater und Staatsmann heranreifen, der nicht immer den richtigen Weg geht, um seinem großen Ziel näher zu kommen. Dennoch bleibt man ihm immer nah, fühlt mit ihm und gönnt ihm seine Erfolge und Höhenflüge.

Die Figur des Maximilian kann auch deshalb glänzen, weil er starke Gegner und schillernde Nebenfiguren zur Seite hat, die die Spannung hochhalten und das Emotionskarusell des Lesers zum Kreiseln bringen. Das sehr detaillierte Nachwort zeigt ziemlich gut, wie intensiv hier recherchiert und Geschichte aufbereitet wurde.

Ein überaus unterhaltsamer und gehaltvoller historischer Roman. Sicherlich eines meiner Jahreshighlights in diesem Genre.

Veröffentlicht am 21.03.2019

Robotham at his best

Erlöse mich
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Marnie Logan versucht irgendwie über die Runden zu kommen. Seit vor einem Jahr überraschend ihr Mann spurlos verschwunden ist, muss sie alleine für die Kinder sorgen und die hohen Spielschulden abzahlen, ...

Marnie Logan versucht irgendwie über die Runden zu kommen. Seit vor einem Jahr überraschend ihr Mann spurlos verschwunden ist, muss sie alleine für die Kinder sorgen und die hohen Spielschulden abzahlen, die ihr Mann Daniel gemacht hat. Ist er deshalb verschwunden? Oder ist doch etwas anderes passiert? Tapfer versucht sie zurechtzukommen und holt sich dabei seelischen Beistand und Rat von ihrem Psychologen Joe O’Loughlin. Der hat zwar den Verdacht, dass sie ihm etwas verheimlicht, will ihr aber trotzdem helfen und beschließt schließlich, seinen Freund Ruiz auf die Suche nach dem vermissten Ehemann zu schicken. Aber es ist einiges ganz anders, als die zwei denken.

Es handelt sich um einen typischen Robotham-Thriller mit all seinen herausragenden Qualitäten. Man wird mit Wucht in die Geschichte reinkatapultiert. Man wird in einen Strudel an Ereignissen gezogen, die einen atemlos durch die Seiten jagen. Man rätselt schnell, wer hier was zu verbergen hat und welche Spur wohl die richtige ist. Man vermutet, den Bösewicht zu kennen, aber man darf sich nicht sicher sein und die Story schlägt ein, zwei Volten, die überraschen und die man so nicht kommen gesehen hat. Am Ende wird es extrem spannend und der Schluss ist eine runde und glaubwürdige Sache. Man klappt das Buch sehr zufrieden zu und möchte es uneingeschränkt für alle Thriller-Fans und solche, die es werden wollen, empfehlen.

Ein toller Thriller von einem Meister seines Fachs.

Veröffentlicht am 21.03.2019

hervorragende Unterhaltung

Herr Müller, die verrückte Katze und Gott
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Was für eine vergnügliche Geschichte. Und eine mit jeder Menge Nährwert.

Die Erzengel versuchen das Jüngste Gericht zu verhindern. Auf der Suche nach einer verloren gegangenen Menschenseele krempeln sie ...

Was für eine vergnügliche Geschichte. Und eine mit jeder Menge Nährwert.

Die Erzengel versuchen das Jüngste Gericht zu verhindern. Auf der Suche nach einer verloren gegangenen Menschenseele krempeln sie Himmel und Erde um und sogar ein Dämonenfürst und dessen Pinguine sind sich nicht zu schade, bei der Rettung der Schöpfung mitzuhelfen. Denn die Himmelsfanfaren haben bereits zum Weltuntergang geblasen und der Fürst der Hölle schickt seinen Hund, um der Seele habhaft zu werden.

Ich möchte eigentlich gar nicht zu viel von dieser Geschichte verraten, denn es macht so einen höllischen Spaß dieses himmlische Buch zu lesen, dass ich keinem die großen und kleinen Überraschungen nehmen will, die hier drinnen stecken.

Neben einer dicken Portion Satire und einem augenzwinkernden Blick auf die Schwächen der Menschen merkt man auch, dass der Autor sich wirklich Mühe gegeben hat mit seinen Ideen von dem Wahrheitsgehalt, der in der Bibel steckt und er spielt mit den Auslegungsmöglichkeiten der Psalme und Evangelien so gekonnt und ganz ohne Blasphemie.

Wer gerne ein Buch liest, welches von der ersten bis zur letzten Seite Spaß macht;

welches überbrodelt vor Humor und Satire, ohne je platt zu werden;

welches viele charmante intelligente Ideen hat;

welches einfach gute Laune macht und nebenbei noch ein bisserl zum Nachdenken animiert

der ist hier genau richtig.