Natchez, eine Stadt im Süden der USA. In den 60er Jahren geprägt von den grausamen Schandtaten rassistischer Vereinigungen. Eine davon agiert besonders radikal; die sogenannten Doppeladler. Sie misshandeln und töten nicht nur mehrere Afroamerikaner sondern sie versuchen auch durch Attentate an wichtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Einfluss auf die politische Lage im Land zu nehmen. Viele wissen um ihre brutalen Machenschaften, aber die meisten fürchten um ihr eigenes Leben oder das ihrer Angehörigen und so wird vieles unter den Tisch gekehrt. Selbst Menschen, die gegen Rassenhass und Diskriminierung sind, sehen weg und haben Angst davor gegen die Doppeladler wirklich vorzugehen.
Noch 40 Jahre später schwelt der Rassenkonflikt im Staat und die lange zurückliegenden Morde sind nicht von allen vergessen und vergeben. Der Reporter Henry versucht seit über 30 Jahren genug Fakten und Beweise zu sammeln, um die Mitglieder der Doppeladler in der Öffentlichkeit zu entlarven und ihrer gerechten Strafe zuführen zu können. Aber lange ist er alleine in diesem Kampf. Bis Dr. Cage des Mordes bezichtigt wird und dessen Sohn, Bürgermeister Penn Cage, sich aufmacht, die Hintergründe zu ergründen, die seinen Vater dazu gebracht haben könnten, eine ehemalige schwarze Krankenschwester ermordet zu haben.
Die Doppeladler sind auch nach 40 Jahren keineswegs alte senile Herren sondern immer noch giftig und gefährlich und eine neue Welle der Gewalt brandet durch Natchez, als die Rassisten – inzwischen allesamt angesehene Mitglieder der Gesellschaft – versuchen, die Vergangenheit zu vertuschen und Henry und Penn auszuschalten.
Hier wird ein amerikanisches Trauma aufbereitet und aufgearbeitet, welches sich so oder ähnlich auf der ganzen Welt ereignet oder ereignen könnte. Die menschlichen Abgründe, der Hass verschiedener ethnischer Gruppen aufeinander, Sklaverei und rechtsradikales Gedankengut, Korruption und Mord – nichts wird hier beschönigt. Aber der Autor packt auch viele heroischen und teils ethisch überhöhte Motive in sein 1000 Seiten dickes Werk. Da gibt es den Vater, der für seine Familie alles tun würde, den Sohn, der an das Bild des Übervaters glauben will, die Reporter, die für die Pressefreiheit, eine gute Story und die Wahrheit sogar ihr Leben aufs Spiel setzen. Die Charaktere sind zum Teil sehr amerikanisch gezeichnet. Die Schießeisen sitzen ziemlich locker und Selbstjustiz und Patriotismus dürften für manchen Deutschen Leser etwas befremdlich anmuten.
Mir hat die Geschichte gut gefallen, vor allem, da sie trotz seiner Länge und trotz manch vorhersehbarer Entwicklung nie langweilig war und sich der Spannungsbogen zum Ende hin kontinuierlich gesteigert hat. Außerdem hat Greg Iles es verstanden, eine Vielzahl an interessanten, teils wirklich überraschenden Infos des amerikanischen Rechtssystems und der amerikanischen Vergangenheit in die Story einfließen zu lassen, die ich so noch nicht wusste. Es sist sicherlich auf gewisse Weise ein typisch amerikanischer Thriller. Aber meiner Meinung nach einer der gehobenen Kategorie, der neben den trivialen auch einige tiefgründige und kluge Aussagen machen kann.
Das Buch endet so, dass man es zur Not auch als Einzelroman lesen könnte. Aber einige noch offene Fragen bleiben und schreien danach, dass ich auf die Fortsetzung warte.