Berlin 1881: Eigentlich läuft die Schuhfabrik von Hermann Breitenbach sehr gut, wenn Hermann nicht von seinem Konkurrenten Meißner wegen eines dunklen Geheimnisses in seiner Vergangenheit erpresst werden würde. Als Meißners Forderungen immer dreister werden, bleibt den Breitenbachs nichts anderes übrig, als sich ein zweites Standbein in Amerika aufzubauen. Dazu schickt Hermann seinen Sohn Georg in die Staaten, um das Tochterunternehmen aus dem Boden zu stampfen - er wird dabei von seiner Schwester Rosa und dem langjährigen Mitarbeiter und Freund Wendelin begleitet.
Auf die Bücher von Mina Baites bzw. Iris Klockmann freue ich mich immer besonders, da sie mir mit ihrem herzerwärmenden Schreibstil schon viele schöne Lesestunden bereitet hat. So auch mit dem ersten Teil der Saga über die Familie Breitenbach, die eine erfolgreiche Schuhfabrikation in Berlin unterhält und von einem unliebsamen Konkurrenten zunehmend unter Druck gesetzt wird.
Aber es steht nicht nur die Familie Breitenbach in Berlin im Fokus, sondern ebenso ihr Aufbruch nach Amerika, um in Colorado ein Tochterunternehmen zu gründen. Dabei erhält der Leser einen guten Einblick in den Alltag auf den Auswandererschiffen. Wer denkt, dass es sich dabei damals um eine gemütliche Überfahrt handelte, irrt sich gewaltig: auf den Schiffen herrschten katastrophale hygienische Zustände, wenn man sich kein Ticket für die erste Klasse leisten konnte. Schockiert war ich auch darüber, wie teuer ein solches Ticket für die erste Klasse überhaupt war.
Und wenn die Menschen dann endlich am Ziel ankamen, bedeutet das noch längst nicht, dass sie es auch durch die „Immigration“ schafften. Für viele Menschen endete der Traum vom Auswandern damit, dass sie wieder nach Europa zurückgeschickt wurden.
Georg Breitenbach, der jüngere Sohn, arbeitet zwar in Berlin als Buchhalter im väterlichen Betrieb, hat aber keinen rechten Spaß an der Arbeit, vielmehr wäre er lieber Pianist. Aber als der Druck auf das Unternehmen durch Meißner immer größer wird, ist es für ihn keine Frage, dem Wunsch seines Vaters zu entsprechen, um nach Amerika zu reisen. Als er und seine beiden Begleiter in Colorado bei ihrer Tante Fanny ankommen, erleben sie eine große Überraschung.
Rosa Breitenbach, das Nesthäkchen, muss man einfach gern haben. Sie ist für ihre Zeit eine moderne Frau, die sich für mehr Rechte der Frauen einsetzt. Normalerweise hätte Hermann seine geliebte unverheiratete Tochter nicht nach Amerika reisen lassen, aber da sich Meißners Forderungen auch auf Rosa beziehen, erklärt er sich bereit, sie ziehen zu lassen. Rosa war mir auch deswegen sympathisch, weil sie ihre Augen vor Ungerechtigkeiten nicht verschließt, sondern nach Wegen sucht, um dagegen anzukämpfen. Manchmal ist sie dabei zwar etwas naiv in ihren Vorstellungen, was aber ihrem jungen Alter geschuldet ist.
Der ältere Sohn Theodor erscheint anfangs eher etwas steif und sehr korrekt, seine Ehe zeichnet sich durch wenig Wärme aus. Im Laufe des Buches aber entdeckt nicht nur der Leser unerwartete Seiten an ihm. Neben seinem Vater leitet er das Unternehmen in Berlin und wie das häufig so ist, leidet er darunter, dass sein Vater ihm oftmals nicht genug zutraut. Man kann Hermann aber auch verstehen, denn es ist nie einfach, sich einzugestehen, wenn man aufgrund des Alters und der Gesundheit nicht mehr so belastbar ist.
Die Autorin schafft es auch diesmal wieder mit einer spannenden Geschichte, gespickt mit interessanten historische Fakten und liebenswerten Charakteren, sehr gut zu unterhalten. Die Beschreibungen der Reise auf dem Schiff und quer durch Amerika waren sehr bildhaft geschildert.
Ich freue mich nun auf den zweiten Teil der Saga, der noch in diesem Jahr erscheinen soll.