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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.03.2019

Bemerkenswertes Sachbuch

Vom Glück einen Vogel am Gesang zu erkennen
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„...Jedes Mal, wenn sie einen Waldspaziergang machen, jedes Mal, wenn Sie auf den Weg zur Arbeit einen Park durchqueren, jedes Mal, wenn Sie im Garten oder auf dem Balkon sitzen und einen Vogel hören, ...

„...Jedes Mal, wenn sie einen Waldspaziergang machen, jedes Mal, wenn Sie auf den Weg zur Arbeit einen Park durchqueren, jedes Mal, wenn Sie im Garten oder auf dem Balkon sitzen und einen Vogel hören, wünsche ich Ihnen, dass diese Töne für Sie Bedeutung erhalten. Denn der Vogel wird Ihr Lied singen...“

Der Autor hat es sich zur Aufgabe gemacht, mich als Leser für die unterschiedlichen Töne der Vögel zu sensibilisieren. Auch wenn ich jetzt schon die eigentlich letzten Worte einer Rezension vorwegnehme, muss ich sagen, es ist ihm ausgezeichnet gelungen.
Doch das Buch ist noch viel inhaltsreicher. Es wird nicht nur erläutert, wie ein Vogel singt, sondern der Autor hinterfragt ebenfalls das „Warum?“
Für Vögel ist das Singen eine Überlebensstrategie. Das Lied unterscheidet die einzelnen Arten und dient der Partnersuche und damit der Fortpflanzung der Art.
Der Autor stellt die verschiedenen Vögel und ihre Lieder vor. Dabei informiert er gleichzeitig darüber, wo der Vogel lebt, wann er zu hören ist und was ihn von anderen seiner Art unterscheidet.
Immer wieder erneuert der Autor die Aufforderung, in unserer Welt der vielfältigen Hintergrundgeräusche das Ohr für die Vogelstimmen zu schulen.

„...Vogelstimmen sind Klänge des Lebens, die Musik des Lebens und der Sinn des Lebens, sie entscheiden aber auch über Leben und, ja, auch Tod...“

Dem Zitat gehen Ausführungen voraus, die zeigen, wie Vogelstimmen oder das Schweigen der Vögel auf Gefahren aufmerksam machen.
Der Autor scheut allerdings nicht vor Kritik an der menschlichen Rasse zurück. Als er das erdgeschichtliche Auftreten der Vögel skizziert und den Vergleich zieht, dass das Erscheinen des Menschen erst am Silvesterabend der bisherigen Historie der Erde stattfand, endet er mit folgenden sarkastischen Worten:

„...Möglicherweise ist das Größte, was der Mensch in der kurzen Zeit am Silvesterabend […] erreicht hat, das sechste Massensterben...“

Nicht zuletzt vergleicht der Autor den Gesang der Vögel mit menschlicher Musik. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Vögel das Singen erst lernen müssen.
Der Aufbau des Buches ist so gestaltet, dass die Folge der vorgestellten Vögel immer von ein oder zwei theoretischen Abschnitten unterbrochen wird. Die Auswahl der Vögel wiederum richtet sich nach ihrem jahreszeitlichen Auftreten. Den Schlusspunkt bildet die Nachtigall. Dann folgen einige englischsprachige Gedichte, die den Gesang der Vögel thematisieren.
Eine weitere Besonderheit des Buches, die es zu etwas Besonderen macht, sind die hochwertigen und wunderschönen naturgetreuen Zeichnungen der Vögel.
Eine Auflistung über die betrachteten Vögel schließt das Buch ab.

Veröffentlicht am 22.03.2019

Turbulenter Krimi

Mörder mögen keine Matjes
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„...Als er Ray das letzte Mal zu Gesicht bekommen hat, war ihm nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen. Er trug wie immer seinen zerbeulten kobaltblauen billigen Anzug und hatte eine nicht angezündete ...

„...Als er Ray das letzte Mal zu Gesicht bekommen hat, war ihm nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen. Er trug wie immer seinen zerbeulten kobaltblauen billigen Anzug und hatte eine nicht angezündete Filterlose zwischen seinen Lippen hängen...“

Der Hamburger Privatdetektiv Phil Krotke sucht seinen Partner Ray. Er ist seit Tagen verschwunden.
Am Strand von Fredenbüll fischen Tadje, die Tochter des örtlichen Polizisten, und ihr Freund Lasse einen Container aus dem Wasser. Neugierig guckt sich Tadje den Inhalt an. Dabei stößt sie neben Elektronikschrott auf einen toten Mann und ein sehr lebendiges Äffchen.
In der „Hidden Kist“ trifft sich die Stammbesetzung zum Plausch. Es werden Neuigkeiten über Piet Paulsen ausgetauscht, der in Hamburg am Knie operiert wurde. Dort macht Telje, Tadjes Zwillingsschwester gerade ein Ferienpraktikum.
Der Autor hat einen humorvollen und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Es war mein erstes Buch aus der Reihe, aber sicher nicht das letzte.
Der Schriftstil ist locker und leicht und lässt sich angenehm lesen. Schnell wechselt die Handlung von Fredenbüll nach Hamburg, da der Container einer Hamburger Firma gehört. Dort trifft Dorfpolizist Thies Detlefsen auf Nicole, eine Kriminalkommissarin aus Kiel, die schon mit Thies zusammengearbeitet hat, dann aber wegen der Liebe nach Hamburg gewechselt war.
Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, da die Firma jetzt zu einem chinesischen Investor gehört. Die deutschen Vertreter blockieren. Thies bringt seine Meinung auf den Punkt, als er über die Handelsbeziehung der Firma informiert wird:

„...Entwicklungshilfe? Was sollen die Leute in Afrika den mit zerdepperten Fernsehern und zerpflückten Computern anfangen?...“

Währenddessen besucht der Stammtisch von Federbüll Piet in der Klinik. Sie verordnen ihm frische Luft und schleppen ihn gleich mit durch Hamburg. Die versorgt Telje später mit weiteren Informationen über illegale Mülltransporte.
Ganz nebenbei erfahre ich einiges über leckere Matjesrezepte.
Während in Fredenbüll der Affe immer noch für Aufregung sorgt und ein ganz besonderes Talent für Spielautomaten zeigt, haben es Nicole und Thies mit ziemlich rabiaten Zeitgenossen zu tun, die nicht möchten,dass gewisse Dinge genauer untersucht werden.
Die Geschichte wechselt gekonnt zwischen ernsthaften Ermittlungen und amüsanten Gesprächen bei Speis` und Trank. Zur Auflockerung gibt es in einem Spezialrestaurant gleich noch chinesische Sprichwörter. Die klingen dann so:

„...Um an die Quelle zu kommen, muss man gegen den Stlom schwimmen...“

Im Zitat ist übrigens kein Rechtschreibfehler meinerseits.
Auch Thies` Aktionen in der Großstadt haben mir ab und an ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Dafür hat seine Verhörtechnik Nicole wiederholt ins Schwitzen gebracht.
Ein paar Rezepte von Gerichten, die in die Handlung integriert waren, ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. An etlichen Stellen habe ich mich köstlich amüsiert.

Veröffentlicht am 21.03.2019

Spannender Krimi

Grado im Sturm
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„...Er blickte aufs Meer. Die schweren Wolken schienen sich noch weiter gesenkt zu haben. Durch die Äste der Pinien schimmerte das Wasser, es wirkte nahezu schwarz und dehnte sich bis zum Horizont...“

Er ...

„...Er blickte aufs Meer. Die schweren Wolken schienen sich noch weiter gesenkt zu haben. Durch die Äste der Pinien schimmerte das Wasser, es wirkte nahezu schwarz und dehnte sich bis zum Horizont...“

Er ist Emmanuele. Er ist auf dem Weg zum Supermarkt. Während er die Einkaufsliste abarbeitet, beginnt es in Grado zu stürmen. Dabei fällt der Strom aus. Emmanuele hört im Dunkeln ein Gespräch. Es beinhaltet eine Morddrohung. Auf dem Heimweg geht er bei der Polizei vorbei. Doch die glaubt ihm nicht. Am nächsten Tag ist der Junge verschwunden. Der Fall landet auf dem Tisch von Maddalena.
Die Autorin hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil wirkt ausgefeilt. Einen großen Raum im Geschehen nimmt das Wetter ein. Der Sturm hat kaum Abkühlung gebracht. Über dem Ort liegt die Hitze wie eine Glocke. Als Leser wartet man jeden Moment darauf, dass das angekündigte Unwetter kommt. Eine der Beschreibungen klingt so:

„...Maddalena konnte sich an keinen Sommer erinnern, in dem die Sonne über einen längeren Zeitraum so gnadenlos vom Himmel gebrannt hatte. Auch die Luftfeuchtigkeit war außergewöhnlich ...“

Gekonnt werden verschiedene Schicksale in die Handlung integriert. Da ist der Meteorologe Giuseppe, der vor einem heftigen Sturm warnt, aber keiner glaubt ihm.
Christopher Schumann hat seinen Jugendfreund Johannes Schröder für einige Tage eingeladen. Doch das Verhältnis zwischen den Männern ist gespannt, was vor allem an Johannes` Distanziertheit liegt.
Loredana und ihr Bruder sind durch eine Erbschaft aneinander gebunden. Sie ahnen nicht, was für eine Erschütterung auf sie zukommt, wenn der Sturm über Haus und Garten fegt.
Die Autorin versteht es, tief in die Psyche ihrer Protagonisten einzudringen. Gut ausgearbeitete Gespräche zeigen, welche Beziehungen zwischen den handelnden Personen existieren und welche Spannungen nie aufgearbeitet wurden. Die bedrückende äußere, fast lähmende, Atmosphäre birgt in sich die Gefahr, dass manche Situation eskaliert. So wie der Sturm für frische Luft sorgen würde, so hätte manche Beziehung auch frischen Wind nötig.
Auch Maddalenas Privatleben ist nicht einfach zu händeln. Ihr Beruf lässt ihr zu wenig Zeit für ihren Freund Franjo. Dass sich ihre Mutter ausgerechnet in Maddalenas Chef verliebt hat, sorgt auf Arbeit auch nicht gerade für Entspannung.
Die Autorin hat ein kompliziertes Beziehungsgeflecht konstruiert, dass zum Teil sogar Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

Veröffentlicht am 18.03.2019

Klasse Kurzkrimis

Der Sturz nach oben
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„...Komisch, dachte Angela, jeder stirbt anders...“

Das Buch vereint 23 Kurzkrimis. Die Geschichten werden in lockerleichter Art erzählt. Trotzdem weist der Schriftstil eine Menge an Feinheiten auf. Die ...

„...Komisch, dachte Angela, jeder stirbt anders...“

Das Buch vereint 23 Kurzkrimis. Die Geschichten werden in lockerleichter Art erzählt. Trotzdem weist der Schriftstil eine Menge an Feinheiten auf. Die bewirken, dass das eigentliche Geschehen gekonnt verschleiert wird. Geschickt werden dabei auf wenigen Seiten die handelnden Personen charakterisiert und ihr Motiv durchleuchtet. Ich weiß genau, wer was warum tut. Nur wie das Ganze ausgeht, ist häufig eine Überraschung. Die Gestaltung der Krimis führt mich beim Mitraten gern aufs Glatteis.
Das obige Zitat gehört zur ersten Geschichte. Angelas Restaurant läuft seit einiger zeit nicht mehr so, wie sie sich das wünscht. Da kommt ihr fast durch Zufall eine geniale Geschäftsidee.
Beim zweiten Krimi treibt der Autor die Spannung auf die Spitze, indem er den Handlungsverlauf so gestaltet, dass ich als Leser jeden Moment befürchte, der Täter wird erwischt. Und der schwitzt in der Zeit Blut und Wasser. Wie es ausgeht? Lesen!
In der 9. Erzählung wird bei einer alten Frau eingebrochen. Sie ist – fast – allein im Haus. Der Kommissar verabschiedet sich mit den Worten:

„...Ihr Bodyguard, er ist klasse...“

Wer das wohl war?
Jede der Geschichten ist anders. Schon die beiden Zitate zeigen, dass ein feiner Humor die Erzählungen durchzieht. Manchmal klingt auch ein gewisser Sarkasmus durch.
In einer Erzählung hat sich ein Großwildjäger zur Ruhe gesetzt. Dort heißt es:

„...Der Tod kommt auf leisen Pfoten in Etappen. Katzen liegen geduldig auf der Pirsch...“

Das Kätzchen hat zwei Beine!
Die Krimis haben mir sehr gut gefallen. Ich hätte gern noch mehr davon gelesen. Jede Geschichte hatte ihr spezielles Flair und einen ganz eigenen Überraschungsmoment.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Wenn aus Liebe Verzweiflung wird

Die Schand-Luise
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„...Justizrat Georg Knauer ist ein sorgfältiger Mann. Er weiß, es kommt auf die richtigen Maße an, will er seinen geheimen Auftrag ordentlich erfüllen...“

Wir schreiben das Jahr 1846. Justizrat Georg ...

„...Justizrat Georg Knauer ist ein sorgfältiger Mann. Er weiß, es kommt auf die richtigen Maße an, will er seinen geheimen Auftrag ordentlich erfüllen...“

Wir schreiben das Jahr 1846. Justizrat Georg Knauer ist beauftragt, das Grab von Herzogin Luise zu finden. Sie ist die Mutter von Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, dem Prinzgemahl von Queen Victoria. Albert war 5 Jahre alt, als er seine Mutter das letzte Mal gesehen hat.
Die Autorin hat eine umfassende Biografie der Herzogin geschrieben. Gleichzeitig wurden die historischen Geschehnisse gekonnt in die Geschichte integriert.
Der Schriftstil liest sich über weite Strecken sachlich. Mit eigenen Urteil hält sich die Autorin weitgehend zurück. Dafür zitiert sie an vielen Stellen aus historischen Quellen.
Luise war 16 Jahre, als sie mit Ernst von Sachsen – Coburg vermählt wurde. Ihre Schwiegermutter wollte die Hochzeit gern hinausschieben, sie hatte aber keine Chance.
Luises Freundin, Julie von Zerzog, äußert über Luise:

„...Wie sehr hatte Julie Luise immer bewundert, diese lebhafte und unbedarfte Prinzessin aus Gotha, die so viel Sinn für Humor hat und die sich gegen jedermann so freundlich und heiter zeigt – vom Glück scheinbar begünstigt durch ihren fürstlichen Stand...“

Luise ist in Gotha sehr frei aufgewachsen. Der Gothaer Hof war aufgeschlossen für Themen der Wissenschaft. Es wurde viel gelesen. Allerdings wurde Luise dadurch kaum vorbereitet auf ihre Rolle als Ehefrau eines herrschenden Fürsten. Sie ist in Ernst verliebt. Für den allerdings ist sie dadurch die letzte Chance für eine standesgemäße Ehe, denn auf Grund seiner Affären haben schon viele Herrscherhäuser abgewinkt. Luise bietet für Ernst die Möglichkeit, Land und Macht zu erweitern. Während in Gotha genügend Geld vorhanden ist, muss man in Coburg genau rechnen.
Luise will geliebt werden. Für Hofintrigen fehlt er die Erfahrung. Damit ist die Katastrophe fast vorprogrammiert.
Ausführlich beschreibt die Autorin die Hochzeit und den Brautschatz. Auch Rosenau, wohin Ernst seine Ehefrau bringt, wird detailliert dargestellt.
Einen breiten Raum im Buch nimmt Leopold, Ernsts Bruder, ein. Seine Kontakte zur englischen Krone ebnen den Weg für den Aufstieg des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Im Gegensatz zu Ernst weiß sich Leopold geschickt auf diplomatischen Parkett zu bewegen. Er arbeitet leise und weiß genau, was er will.
Ernst dagegen will mit dem Kopf durch die Wand. Das betrifft insbesondere den Umgang mit seinen Affären. Damit gibt er aber den Libellenschreibern einen Freibrief, ihn öffentlich bloßzustellen.
Die Geschichte wird nicht durchgehend chronologisch erzählt. Dadurch erschließt sich erst nach und nach, warum Luise so gehandelt hat, wie sie gehandelt hat. Ernsts Motivation dagegen wird schnell deutlich. Allerdings bleibt sein Tun trotzdem undurchsichtig. Was er heute noch für gut befand, war am nächsten Tag schon seiner Kritik unterworfen.
Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Zusammenfassung oder Einleitung, die kursiv und in deutlich kleinerer Schrift gesetzt ist.
Vielfältige Fotos veranschaulichen das Geschehen.
Ein Nachwort, Anmerkungen und ein Literaturverzeichnis vervollständigen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es skizziert das Bild einer jungen Frau, die geliebt werden wollte und an den Konventionen ihrer Zeit zerbrochen ist.