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Veröffentlicht am 07.04.2019

Ein interessantes Buch über eine schwierige Vater-Tochter Beziehung

Beifang
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Lisa Brennan-Jobs wuchs in Kalifornien auf. Sie ist die Tochter von Steve Jobs, wurde jedoch von ihrem Vater während ihrer ersten Lebensjahre nicht als seine Tochter anerkannt, bis schließlich ein DNA ...

Lisa Brennan-Jobs wuchs in Kalifornien auf. Sie ist die Tochter von Steve Jobs, wurde jedoch von ihrem Vater während ihrer ersten Lebensjahre nicht als seine Tochter anerkannt, bis schließlich ein DNA Test die Vaterschaft bestätigte. Lisas Eltern waren sehr jung und unverheiratet, ihre Mutter alleinerziehend. Sie wuchs in schwierigen Verhältnissen bei ihrer sie liebenden Mutter auf. Ihre Mutter war Künstlerin und sehr alternativ eingestellt, dementsprechend waren die beiden vor allem in Lisas ersten Lebensjahren häufig auf Wohnungssuche und lebten oft übergangsweise bei Freunden. Mit ca. 7 Jahren begann Jobs schließlich, sich mehr für Lisas Leben zu interessieren und verbrachte ab und zu Zeit mit ihr. Als Teenager lebte sie dann sogar einige Jahre bei ihm und seiner Ehefrau und deren Sohn, ihrem Halbbruder.

Die Beziehung zwischen Lisa und ihren Eltern war immer angespannt. Dies ist eine Geschichte von einem kleinen Mädchen, das immer nur eines wollte – die Liebe ihrer Eltern. Brennan-Jobs kann sehr gut schreiben, weshalb ich das Buch gerne gelesen habe, obwohl ich das Thema irgendwann ein wenig „alt“ fand. Brennan-Jobs hatte definitiv keine leichte Kindheit, und wollte bis zum Schluss vor allem Anerkennung von ihrem Vater, die er ihr jedoch nur selten gab. Sehr schön beschreibt sie die dysfunktionale Beziehung und wie sie bereit war, sogar den Kontakt zu ihrer Mutter (temporär) für ihn aufzugeben. Leider brachten alle Opfer nicht den erhofften Erfolg. Dennoch endet das Buch auf einer versöhnlichen Note.

Ich fand das Buch spannend zu lesen und würde es auch weiterempfehlen, kann jedoch nicht ganz nachvollziehen, dass es als eines der zehn New York Times Books of 2018 gewählt wurde. Ich finde Brennan-Jobs hat trotz eines schwierigen Themas den richtigen Ton getroffen und bin nicht der Meinung, dass das Buch eine Abrechnung mit ihrem Vater ist (wie wohl viele meinen, wenn man die Rezensionen liest).

Veröffentlicht am 23.03.2019

Tierschutz als Lebensinhalt?

Schiff oder Schornstein
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Ila und Franzi sind Schwestern. Dennoch wachsen sie sehr unterschiedlich auf: durch eine Verkettung mehrerer Ereignisse lebt Ila mehrere Jahre am Bauernhof ihrer Großmutter, getrennt vom Rest der Familie. ...

Ila und Franzi sind Schwestern. Dennoch wachsen sie sehr unterschiedlich auf: durch eine Verkettung mehrerer Ereignisse lebt Ila mehrere Jahre am Bauernhof ihrer Großmutter, getrennt vom Rest der Familie. Dort beginnt sie auch, Tiere über alles zu lieben und hört auf, sie zu essen. Später finden die Schwestern wieder zueinander – und jede beginnt auf ihre Art und Weise, die Umwelt und die Tiere zu schützen. Während Ila eher einen ruhigen Weg als Vegetarierin und Verkäuferin in einem Bioladen wählt und nebenbei im Tierheim aushilft, engagiert Franzi sich sehr aktiv als Umweltaktivistin und befreit unter anderem Tiere aus Fabriken. Eines Tages ist Franzi verschwunden – und Ila macht sich auf die Suche nach ihr. So lernt sie Konstantin kennen, einen Kollegen von ihr, der sich Hals über Kopf in Franzi verliebt hat.

Mit dem skurrilen Schreibstil führt Stift-Laube uns ganz natürlich an die Thematik Umwelt und Klimawandel heran. Jeder ihrer Figuren verkörpert eine etwas andere Art von Aktivismus. Die Themen sind hochaktuell, werden aber mehr nebenbei tangiert. Vieles bleibt ungesagt oder dem Leser überlassen, und vieles regt zum Nachdenken an. Mir gefallen die vielen österreichischen Ausdrücke, die mich an Heimat denken lassen. Insgesamt fand ich das Buch wunderbar spannend zu lesen, und ich wurde sehr zum nachdenken angeregt. Noch Tage nach dem Beenden der Lektüre grüble ich über manche Szenen nach. Ich glaube, dass jeder Leser seine eigenen, unterschiedlichen Schlüsse zu dem Buch zieht, weshalb ich sehr gespannt bin, andere Rezensionen zu lesen.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Ungewöhnlich faszinierend

Die zehn Lieben des Nishino
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„Hin und wieder wurden die Wellen lauter. Unaufhörlich stieg die Flut. Und wir saßen mit klopfenden Herzen in der Nacht.“

Hiromi Kawakami beschreibt auf ruhige und poetische Art in zehn Kapiteln das Leben ...

„Hin und wieder wurden die Wellen lauter. Unaufhörlich stieg die Flut. Und wir saßen mit klopfenden Herzen in der Nacht.“

Hiromi Kawakami beschreibt auf ruhige und poetische Art in zehn Kapiteln das Leben und die Lieben des Yukihiko Nishino. Zehn Kapitel, zehn Liebhaberinnen: stets erzählt eine Frau in der ich-Form darüber, wie sie Yukihiko kennenlernt und wie sich das ganze zu einer Beziehung entwickelt. Nishino ist eine Art japanischer Playboy; charmant, unnahbar und beliebt bei Frauen, und doch irgendwie undurchsichtig. Häufig hat er mehrere Frauen gleichzeitig, stets telefoniert er mit vielen Frauen. Die meisten scheinen es zumindest zu ahnen, dass sie nicht die einzigen sind – obwohl er es nicht immer offen ausspricht. Bei jeder nimmt er eine andere Rolle ein. Schon in der Schule scheint Nishino nach Liebe zu suchen und möchte mehr darüber erfahren – seit er seine geliebte ältere Schwester verloren hat. Er ist überzeugt, nicht lieben zu können und somit stets auf der Suche nach der wahren Liebe.

Die Idee dieses Buches, eine Person durch die Sicht mehrerer anderer zu beschreiben, fand ich faszinierend. Kawakami beschreibt nüchtern und bedacht eine Reihe von Szenen, die uns Nishinos Art und Persönlichkeit näherbringen. Die Geschichten sind nur annähernd chronologisch, dennoch ergibt sich in der Gesamtheit ein Bild des Lebens von Nishino. Ein Leben getrieben durch die Suche nach einer Liebe, die nie gefunden werden kann. Insgesamt wird das Buch wohl noch länger nachwirken. Hiromi Kawakami hat ein beeindruckendes Werk geschaffen, welches ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 27.01.2019

Die Beziehung zwischen Mutter und Sohn

Der Wald
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Nach „Die Farbe von Milch“ war ich sehr gespannt auf Leyshons neues Werk. „Der Wald“ erzählt von Pawel, der in Warschau behütet in einem bürgerlichen Haushalt aufwächst. Doch dann bricht der zweite Weltkrieg ...

Nach „Die Farbe von Milch“ war ich sehr gespannt auf Leyshons neues Werk. „Der Wald“ erzählt von Pawel, der in Warschau behütet in einem bürgerlichen Haushalt aufwächst. Doch dann bricht der zweite Weltkrieg aus, und alles ändert sich. Der Vater kämpft im Widerstand gegen die Nazis, wodurch die Familie in ständiger Gefahr schwebt. Überall gehen Bomben nieder. Eines Nachts werden Pawels Großmutter und Tante mitgenommen – er und seine Mutter flüchten und verstecken sich im Wald.

Dies ist eine Erzählung über die Beziehung zwischen Mutter und Sohn, und wie sie sich über die Jahre ändert. Von der Kindheit, dem Verlust der Angehörigen und der gesamten Besitztümer im Krieg, der Flucht, bis zu dem Leben in England Jahre später. Zofia ist von Anfang an wenig gefestigt in ihrer Rolle als Mutter – sie lebt in der stetigen Angst, ihren Sohn zu sehr zu bemuttern. Teilweise ist sie etwas barsch mit ihm. Die Monate im Wald und auf der Flucht prägen beide. Dort im Wald lernt Pawel die Natur kennen, er lernt, Lebensmittel anzubauen, und er lernt das Zeichnen – von Baba, einer alten Frau, bei der sie Unterschlupf finden. Während dieser Zeit ist die Mutter häufig nicht in der Lage, sich richtig um Pawel zu kümmern, sodass Baba eine Art Ersatzmutter für ihn wird. Jahre später, lange nachdem Zofia und Pawel nach England geflüchtet sind, treffen wir die beiden wieder. Diesmal gibt es andere Dinge, die die beiden zu verarbeiten haben. Dennoch lassen die Erinnerungen an den Krieg sie nie los…

Mir gefällt Leyshons Schreibstil. Sie schreibt sehr ruhig und unaufgeregt, teils in kurzen Sätzen, manchmal sehr poetisch. Man kann sich richtig in die beiden Protagonisten einfühlen. Sie schafft es, die beiden in jedem Alter sehr akkurat zu portraitieren. Der gesamte Roman ist sehr ruhig, da die Protagonisten im Wald ein sehr eintöniges Leben führen und sehr viel Zeit zum Nachdenken haben. Besonders Zofia verliert sich oft in Gedanken. Insgesamt ein sehr schöner, elegant geschriebener Roman, der Zeit zum Nachdenken lässt und der mich wirklich berührt hat.

Veröffentlicht am 22.12.2018

Die Flucht des Todesengels von Auschwitz

Das Verschwinden des Josef Mengele
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Josef Mengele, der "Todesengel" von Auschwitz, der eine Reihe an entsetzlichen Experimenten an den KZ-Häftlingen durchführte, unter anderem seine fürchterlichen Zwillingsexperimente. Bereits in Berichten ...

Josef Mengele, der "Todesengel" von Auschwitz, der eine Reihe an entsetzlichen Experimenten an den KZ-Häftlingen durchführte, unter anderem seine fürchterlichen Zwillingsexperimente. Bereits in Berichten von Überlebenden aus Auschwitz habe ich über Josef Mengele gelesen. Da er Zeit seines Lebens nie gefasst wurde, hat mich dieser Roman über seine Flucht durchaus angesprochen.

Es handelt sich um einen gut recherchierten Roman, in dem Oliver Guez das Leben Mengeles nach dem zweiten Weltkrieg porträtiert: inital auf Bauernhöfen in Deutschland nahe seiner Heimat versteckt, flüchtete er schließlich nach Argentinien. Nach Jahren eines sehr bequemlichen, luxuriösen Lebens dort musste er schließlich auch von dort flüchten. Über Umwege landet er schließlich in Brasilien. Die ganze Zeit über wird er von der Familie in Deutschland weiterhin unterstützt. Bis ans Ende muss er sich seinen Taten nicht stellen. 1979 verstirbt er in Brasilien, Jahre später wird sein Leichnam schließlich entdeckt und identifiziert. Sowohl Mengele selbst als auch eine Reihe von Menschen die ihm zur Flucht verholfen hatten wurden nie zur Rechenschaft gezogen.

Das Buch ist ausgezeichnet geschrieben und hervorragend recherchiert. Obwohl es sich um einen Roman handelt basiert es doch auf allen vorhandenen Informationen zum Leben Mengeles. Der Autor stellt die Gräueltaten Mengeles sehr wahrheitsgetreu und brutal dar, dennoch ist dies meiner Meinung nach wichtig, um nicht allzu viel Sympathie zum Protagonisten aufzubauen. Letztlich bleibt es ein Roman, dennoch ein überaus bereicherndes und wichtiges Buch über eine Zeit, die wir nach wie vor nie vergessen dürfen und Gedanken, die gerade wieder aktuell zu werden scheinen.