Unerwarteter Rachefeldzug
Zugegebenermaßen ist dem Leser anfangs nicht klar, wohin die Reise gehen wird. Die Zeit zwischen den Weltkriegen ist keine einfache, was Madeleine Pericourt allerdings bis zum Tod ihres Vaters nicht zu ...
Zugegebenermaßen ist dem Leser anfangs nicht klar, wohin die Reise gehen wird. Die Zeit zwischen den Weltkriegen ist keine einfache, was Madeleine Pericourt allerdings bis zum Tod ihres Vaters nicht zu spüren bekam. Sie verfügte über Geld, das sie sorglos ausgab, immer in dem Wissen, dass es nicht versiegen würde. Mit dem Tod von Monsieur Pericout allerdings, änderte sich alles. Vor allem, als Madeleines Sohn Paul bei der Beerdigung aus dem Fenster stürzte und seither gelähmt und behindert im Rollstuhl gefangen war. Madeleine stand nun vor mehreren Problemen gleichzeitig: Vorwürfen (Warum war Paul gesprungen? Wurde er geschubst? War es ein Unfall? War sie eine schlechte Mutter?), dem Erbe (darum kümmerte sich Gustave Joubert), der Umrüstung des Hauses für den Rollstuhl (darum kümmerte sich Leonce), das Führen der Pericourt-Bank, ihrem Erbe, (auch darum kümmerte sich Joubert), aber vor allem dem Wohlergehen ihres Sohnes, der mit dem Leben abgeschlossen zu haben schien. In Paul investierte sie all ihre Zeit, weshalb sie alle anderen Probleme wegschob und den anderen überließ. Ihre Schwäche wurde jedoch erkannt und obwohl sich die Situation zu bessern schien, als Paul seine Liebe zur Musik entdeckt, sich mit der Sängerin Solange Gallinato anfreundet und wieder aufblüht, wurden hinter dem Rücken der kleinen Familie Pläne geschmiedet, um sie um ihr Vermögen zu bringen - ausgerechnet von ihren engsten Vertrauten.
Ich hatte erwartet, dass Madeleine sich in der Bankenwelt durchsetzen wird, ein Bild der Frau in Führungsposition vermitteln wird. Zu meiner Überraschung, war dem nicht so. Nach einer Schockstarre, dem Verlust ihres Vermögens, ihres Heims und schließlich der Erkenntnis, dass ihr Geliebter André (Pauls Hauslehrer) jahrelang ihren Sohn missbraucht hat, beschließt sie ihren Rachefeldzug an allen, die sie betrogen haben.
Ja, der Roman ist anspruchsvoll geschrieben. Ja, es gibt einiges an Politik und Bankgeschäften zu lesen. Ja, es scheint auf den ersten Blick eine trüb-traurige Geschichte zu sein. Aber nein, zu keinem Zeitpunkt ist sie öde, trocken oder langatmig. Dieses Buch ist kaum aus der Hand zu legen, spannend, raffiniert, voller Wendungen, Intrigen, Überraschungen und kleinen Lügen... Kurz: wärmstens zu empfehlen!