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Veröffentlicht am 28.03.2019

Eine Geschichte voller Magie

Der Eisblumengarten
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Inhalt:

Wenn Jess das Haus bei Tage verlässt, dann kann sie sich nur in einem Schutzanzug auf den Weg machen. Denn Jess hat eine schwere Form der Sonnenallergie. Schon eine kleine Unachtsamkeit kann ...



Inhalt:

Wenn Jess das Haus bei Tage verlässt, dann kann sie sich nur in einem Schutzanzug auf den Weg machen. Denn Jess hat eine schwere Form der Sonnenallergie. Schon eine kleine Unachtsamkeit kann zu schwersten Verbrennungen führen.
Regelmäßige Arztbesuche stehen auf ihrer Tagesordnung. Bei einem dieser Besuche im Krankenhaus erlaubt sich Jess einen Spaziergang durch die Gänge. Durch einen Zufall kommt sie an einer offenen Tür vorbei und erblickt einen Jungen, der im komatösen Zustand liegt. Jess betritt das Zimmer, setzt sich auf einen freien Stuhl und beginnt dem Fremden eine ihrer Geschichten zu erzählen. Durch ihre Kleidung, aber auch krankheitsbedingt, hatte Jess bislang nur wenige Möglichkeiten Freundschaften zu schließen. Kurzerhand fasst sie einen Entschluss, dem Jungen emotionalen Beistand zu leisten. Jess möchte wiederkommen und dieses Mal mit einer neuen selbstgeschriebenen Geschichte.

Da Jess tagsüber das Haus nicht verlassen kann, zieht es sie nachts auf die Straßen. Eines Tages führt sie ihr Weg auf einen nahegelegenen Spielplatz. Ein Geräusch aus dem nahen Gebüsch lockt sie an. Sie schiebt sich durch die Hecken und Zweige und landet plötzlich in einem wunderschönen Szenario. Ein atemberaubender Sonnenuntergang zeigt sich am Horizont. Schneidender Frost liegt in der Luft. Alles glitzert. Und dann entdeckt Jess den Garten, der vor ihr liegt. Ein Labyrinth ist in der Ferne zu erkennen. Erst kurz darauf bemerkt Jess, dass alles, was sie vor sich sieht, aus Eis zu bestehen scheint: Die Blumen, der Rasen und selbst ein Tier, das einer Maus ähnelt und riesige Schlappohren trägt.

Jess ist verzaubert. Dieser Ort soll ihr Geheimnis sein. Ihr Zufluchtsort in schweren Zeiten. Doch schon bei ihrer nächsten Wiederkehr, merkt sie, dass sie hier nicht alleine zu sein scheint.



Im Detail:

Guy Jones schreibt mit der Eisblumengarten eine skurrile und zugleich zauberhafte Geschichte. Mit Jess erschafft der Autor eine Protagonistin, die durch ihre Lichtempfindlichkeit sehr stark eingeschränkt ist. Jess hat keine Freunde und flüchtet sich in das Schreiben von Geschichten. Hier findet sie Trost und Hoffnung.

Die zufällige Begegnung im Krankenhaus mit dem im Koma liegendem Davy sorgt dafür, dass Jess endlich wieder ein wenig Mut findet. Kurzerhand befördert sie den fremden Jungen, der von ihrer Existenz vermutlich noch gar nichts weiß, zu ihrem Freund. Die regelmäßigen Arztbesuche werden künftig durch ein kleines Highlight aufgewertet. Denn Jess plant für Davy Geschichten zu schreiben und sie ihm am Krankenbett vorzulesen. Davy wird also zu Jess Freund am Tage.

Doch auch in der Nacht findet Jess bald schon eine Person, die ihr wichtig wird. Denn bei einem abendlichen Spielplatzbesuch wird sie durch ein Geräusch im Gebüsch auf einen Zugang zu einer anderen Welt aufmerksam gemacht. Direkt hinter einer Hecke liegt der Eisblumengarten. Eine eigene Welt, die nur aus Eis besteht. Bald schon muss Jess allerdings feststellen, dass ihr neuer Zufluchtsort gar nicht so verlassen ist, wie erst erwartet. Fußspuren weisen auf einen weiteren Besucher hin. Es dauert nicht lange, bis Jess auf Owen trifft. Einen Jungen, der bald schon zu einem vertrauten Gesprächspartner und schließlich zu einem guten Freund wird.

Doch dann passiert etwas sehr Merkwürdiges. Jess erblickt in den Augen eines mausähnlichen Wesens einen dunklen Schimmer. Kurz darauf beißt sie das Tier mitten in den Finger. Auch Owens Augen leuchten in einem kurzem Moment düster auf. Dann schlägt seine Stimmung von einer Minute auf die andere um. Und dann gibt es da noch diese geheimnisvolle Brücke, die über einen Abhang führt und sehr zerbrechlich aussieht und diesen Wald auf der anderen Seite, der sehr unheimlich wirkt.

Der Eisblumengarten entfaltet seinen Zauber durch die ungeheuerliche Innovationskraft und der Sprachmacht des Autors. Als Leser verliert man sich ein wenig in seiner wundervollen Welt. Doch so schön alles auch ist, ein düsterer Schatten lauert hinter jeder Ecke.



Fazit:

Endlich wieder Zauber in der Muggel-Welt. Gay Jones schreibt mit „Der Eisblumengarten“ eine magische Geschichte. Er beschreibt eine Freundschaft zwischen einem einsamen Mädchen, das bei Tage nur im Schutzanzug in die Sonne gehen darf und einem Jungen, der im Koma liegt sowie die Gefühle eben jenes Mädchens zu einem Jungen aus Eis, der in seiner eigenen Welt aus Frost auf sie wartet.

Eine magisch-mystische Parallelwelt um sich als Leser ein Gegengewicht zum profanen Alltag zu schaffen. Doch der Zauber des Eisblumengartens, so schön er auch sein mag, trägt auch etwas Düsteres in sich.
Ich empfehle dieses Buch an Leser/innen, die ein Leseerlebnis jenseits der Wirklichkeit, diesseits des Eskapismus suchen. Dieses Buch vermittelt zudem eine wunderschöne Botschaft.
Für jeden Topf soll es bekanntlich einen passenden Deckel geben. Diese Redewendung scheint auch ganz gut auf Jess und ihre neuen Freunde zu passen. Gay Jones schreibt ein Hohelied auf die Freundschaft, die für jeden, der nur bereit ist Opfer zu bringen, möglich ist.



Buchzitate:

Diesmal entschied sie sich für einen anderen Pfad, der durch eine ausgedehnte Fläche voller Eisblumen und mit sanften Hügeln führte. Er schlängelte sich einen Abhang hinunter und mitten durch eine Wiese voller Eisblumen. Der Untergrund war eine Art Kies: winzige Eiswürfel, die unter ihren Füßen knirschten.

Veröffentlicht am 26.03.2019

Vielversprechender Reihenauftakt

Die letzte Königin - Das schlafende Feuer
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Inhalt:

Kalinda wächst gemeinsam mit ihrer besten Freundin Jaya im Tempel der Schwesternschaft des Parijana-Glaubens auf. Beide Frauen möchten zu Mitgliedern der Schwesternschaft werden. Dann kann sie ...


Inhalt:

Kalinda wächst gemeinsam mit ihrer besten Freundin Jaya im Tempel der Schwesternschaft des Parijana-Glaubens auf. Beide Frauen möchten zu Mitgliedern der Schwesternschaft werden. Dann kann sie nichts mehr trennen. Eine letzte Prüfung steht den Freundinnen jedoch noch bevor, bevor sie ihrem Tempel dauerhaft die Treue schwören dürfen.

Damit der Tempel weiterhin existieren kann, ist er auf die Zuwendungen von Wohltätern angewiesen. Diese dürfen sich als Dank für die Spende eine der Frauen aus dem Tempel aussuchen, deren Aufgabe es dann ist, dem Wohltäter als Dienerin, Kurtisane oder Frau dauerhaft zu dienen.

Ein solcher Wohltäter hat seinen Besuch angekündigt. Es handelt sich um keinen anderen als den Herrscher des Reichs Tarachand, Rajah Tarek. Er fordert, dass die Schwestern des Tempels gegeneinander in Duellen kämpfen sollen. Derjenige, der als erstes Verletzungen davonträgt, geht als Verlierer hervor. Aus den Gewinnerinnen, wird er zwei Mädchen aussuchen. Eine davon wird als Kurtisane in sein Harem aufgenommen, die andere darf die hundertste - und damit letzte - Frau an seiner Seite werden.

Kalinda ist sich sicher, dass die Wahl aufgrund ihrer schlaksigen Gestalt nicht auf sie fallen wird. Auch plagt sie Zeit ihres Lebens ein Fieber, welches sie oft daran gehindert hat, an Kampfübungen teilzunehmen. Sie wird also auch in den Prüfungen eher schlecht abschneiden. Ihre Sorge gilt ihrer besten Freundin Jaya, die durchaus Chancen hätte diesen Wettkampf zu gewinnen.

Die Wettkämpfe beginnen und enden für Kalinda und Jaya mit einer bösen Überraschung.



Im Detail:

Achtung: Es folgen zwei kleine Spoiler, die jedoch auch schon im Klappentext des Buches verraten werden. Wer in den vollen Genuss der Geschichte kommen möchte, dem sei geraten, weder den Klappentext noch den folgenden Teil der Rezension zu lesen.

Aufgrund eines unerwarteten Zwischenfalls während der Kämpfe gelingt es Kalinda die Aufmerksamkeit des Rajahs Tarik auf sich zu ziehen. Der Herrscher trifft seine Entscheidung. Kalinda und eine weitere Schwester des Ordens werden auserwählt, ihm als Kurtisane bzw. hundertste Ehefrau an seinem Palast dauerhaft zu dienen.

Die hundertste Ehefrau, zu der Kalinda auserwählt wurde, wird sich jedoch noch ein letztes Mal behaupten müssen. Denn die Hofregeln sehen vor, dass all die Kurtisanen des Herrschers noch einmal die Möglichkeit bekommen, ihren Platz an seiner Seite einzunehmen. Sie dürfen die Königin zu einem weiteren Duell herausfordern.

Die Gedanken an dieses bevorstehende Duell, aber auch die Trauer darüber, die beste Freundin zurücklassen zu müssen, beschäftigen Kalinda sehr. Hinzu kommt, dass der Hauptmann Naik, dem der Herrscher sein volles Vertrauen schenkt, durch seine nette und zuvorkommende Art Kalindas Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Bald schon entdecken sie ihre gegenseitige Anziehung.
Doch Kalinda ist dem Herrscher versprochen, der als Despot bekannt und gefürchtet ist.

Als wäre das nicht alles schon schlimm genug, fragt Kalinda sich stets, wer eigentlich eine Freundin ist. Freundschaft unter den Frauen ist nämlich nicht ganz ungetrübt von Gefühlen wie Neid, Missgunst, Hochmut oder Arroganz. Viele der Frauen würden auch gerne ihre Stelle einnehmen. Der Herrscher darf in seinem Leben keine weitere Ehefrau mehr zu sich nehmen. Die hundertste Frau wird daher ihren besonderen Rang genießen dürfen.
Und dann gibt es da noch dieses Fieber und die begrenzte Anzahl an kleinen Fläschchen des heilenden Tonikums, die Kalinda mit auf die Reise nehmen konnte …

Die Autorin Emily R. King erschafft mit dem Auftakt der Buchreihe „Die letzte Königin“ ein fantastisches Setting für eine spannende Geschichte. Es kostete gerade zu Anfang des Buches ein wenig Konzentration, um in die Geschichte einzutauchen. Die Autorin erschafft viele Nebencharaktere. Auch der Weltenaufbau benötigt viel Platz im Buch. Figuren und Orte sind bis ins Detail ausgearbeitete Porträts.



Fazit:

Emily R. King erschafft mit ihrem Reihenauftakt „Die letzte Königin – Das schlafende Feuer“ eine eigene Welt. Das Setting des Romans und sein Figurenpersonal erinnern an orientalische Märchen.
Ein Wettbewerb kann sich, das lehrt das Buch, manchmal zu einer tödlichen Angelegenheit auswachsen. Die Protagonistin macht eine Entwicklung durch, die die Quelle der Spannung und die Triebfeder für den Fortgang der Geschichte ist.
Die Protagonistin des Romans wirkt mit ihrem schlaksigen Aussehen und ihrer Krankheit anfangs eher schwach. Weiterhin erwarten Kalinda ein Haufen an Konflikten. So lässt sich das Buch jedes Türchen für überraschende und vorhersehbare Wendungen offen.

Der Reihenauftakt bietet das Potential, alle Fantasy-Junkies anzufixen.

Veröffentlicht am 19.02.2019

Ein Buch, dass zum Nachdenken anregt

Someone New
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Inhalt:

Als Tochter eines Firmenanwaltspärchens hat Micah einen festen Platz auf Parties der High Society. Diese Veranstaltungen sind für sie eher Pflicht als Kür. Das ist kein Wunder. Micah und ihre ...

Inhalt:

Als Tochter eines Firmenanwaltspärchens hat Micah einen festen Platz auf Parties der High Society. Diese Veranstaltungen sind für sie eher Pflicht als Kür. Das ist kein Wunder. Micah und ihre Eltern könnten kaum unterschiedlichere Vorstellungen vom Leben haben. In ihrer Freizeit zeichnet Micah gerne an einem Comic, sie ist ein absoluter Fan von Marvel- und DC-Verfilmungen und würde unheimlich gerne Kunst studieren. Ihren Eltern zuliebe hat Micah sich jedoch für ein Jurastudium beworben. Jedoch nicht in Yale, wie von diesen gewünscht, sondern im örtlichen College in Mayfield.

Die Situation zwischen Micah und ihren Eltern ist ohnehin stark belastet. Denn neben Micahs
zaghaften Versuchen der Emanzipation von ihren Eltern gibt es noch ein Thema, das die Familie spaltet. Micahs Zwillingsbruder Adrian ist vor einigen Jahren spurlos verschwunden. Vorangegangen ist ein heftiger Streit mit den Eltern. Adrian eröffnete seinen Eltern, dass er homosexuell ist und wurde von diesen prompt aus dem Haus geworfen. Dieses Verhalten und das folgende Schweigen der Eltern über die Geschehnisse hat Micah nicht verkraftet. Ihr Wunsch ist immer noch, ihren Bruder zu finden und bestenfalls wieder in die Familie zu integrieren.

Am Abend einer der unzähligen Hausparties von Micahs Eltern eskalieren die Ereignisse. Denn Micah gerät ins Gespräch mit einem der Kellner, Julian. Gemeinsam trinken sie ein Glas Sekt. In einer sehr ungünstigen Situation platzt plötzlich Micahs Mutter ins Zimmer. Schnell zieht diese ihre Schlüsse. Die Folgen sind fatal. Auch Julian wird kurzerhand vor die Tür gesetzt. Die Drohung der Mutter, dass sie dafür sorgen wird, dass Julian nie wieder eine Anstellung als Servicekraft finden wird, macht die Situation nicht besser.

Micah ist unglaublich froh, als sie endlich ihr Studium beginnen und in eine eigene Wohnung ziehen darf. Womit sie nie gerechnet hätte ist, dass Julian, an den sie noch oft denken musste, plötzlich als ihr neuer Nachbar in Erscheinung tritt. Dieser gibt sich jedoch betont distanziert, was Micah versteht. Dennoch sucht sie die Chance auf Wiedergutmachung. Doch das ist nicht einfach, denn Julian hat ein Geheimnis, dass er unter keinen Umständen teilen möchte.



Im Detail:

Nach dem Auszug aus der elterlichen Wohnung fällt eine kleine Last von Micah. Endlich kann sie jeden Tag mit T-Shirts ihrer Lieblingscomichelden herumlaufen. Sie kann sich der Suche nach ihrem Bruder widmen. Das Alleinleben macht sie Schritt für Schritt lebenstauglich. Wie wäscht man Wäsche? Wie baut man einen Schrank zusammen? Bei diesen Herausforderungen der Alltagsbewältigung wurde sie bisher von den Hausangestellten unterstützt.

Kurz nach dem Einzug stellen sich auch schon die ersten Nachbarn vor. Aurie und Cassie fallen schon auf den ersten Blick mit ihren merkwürdigen Elfenkostümen aus der Reihe. Bald schon kommt es zum ersten Treffen und Micah erfährt mehr über Live-Rollenspiel und Cosplay, aber auch über den weiteren Mitbewohner der beiden, Julian.

Für Micah ist klar, dass sie sich bei dem jungen Kellner, den ihre Mutter so kurzerhand vor die Tür gesetzt hat, entschuldigen muss. Schon alleine, weil er der Mitbewohner von Aurie und Cassie ist, zu denen sich allmählich eine Freundschaft aufbaut, aber auch, weil Julian Micah seit dem besagtem Abend einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen will.

Laura Kneidl Figuren wachsen dem Leser ans Herz. So sind Aurie und Cassie aufgrund ihrer unterschiedlichen Hautfarbe Opfer von Blicken und Gesprächen ihrer Mitmenschen. Ganz offensichtlich fühlen sie sich zueinander hingezogen. Doch irgendwie gelingt es ihnen nicht, ihre Zuneigung offen auszuleben. Lediglich beim Live-Rollenspiel finden die Figuren, die sie verkörpern, zueinander.
Adrian, dem eine innere Befreiung aus dem beengten, fremdbestimmten Lebensentwurf gelang. Der den damit verbundenen Bruch mit der Familie aber nur schlecht verkraftet.
Micah hingegen folgt, die Beziehung zu ihren Eltern betreffend, dem Motto "Wandel durch Annäherung“, obwohl sie deren Ansichten nicht teilt. Micah sagt, was sie denkt. Sie scheut sich nicht, ihrem Nachbarn nur mit einem BH bekleidet die Tür zu öffnen, wenn es die Situation eben verlangt. Ihre Vorliebe für Comics und schlechte Witze machen sie sympathisch.

Laura Kneidl präsentiert viele kleine Helden und auch komische Figuren. Allerdings haben sich einige Längen eingeschlichen, auch wenn der Roman mit einer Wendung, die ich so noch in keinem anderen Buch gelesen habe, viel an Tempo gewinnt.



Fazit:

Mit Someone New gelingt Laura Kneidl eine groteske und unterhaltsame Ode an das Anderssein in einem lebensbejahenden, wunderbaren Grundton. Gesellschaftskritik und Lesevergnügen, Nachdenken und Schmunzeln kommen in dem Buch irgendwie zusammen.
Die nicht durchgängig vorhandene Spannung verzeiht man gerne. Schließlich sollte man diese Geschichte unbedingt gelesen haben, regt der Text doch zum Nachdenken und Weiterdenken an.



Buchzitate:

„Sei deinen Freunden nah, aber deinen Feinden noch näher.“ - „Du klingst wie ein Comic-Bösewicht.“ - „Danke.“ - „Das war kein Kompliment.“

Veröffentlicht am 29.11.2018

Ein lehrreicher und lebhaft geschriebener Erfahrungsbericht

Hey Siri, willst du mich heiraten?
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Inhalt:

In „Hey Siri, willst du mich heiraten“, erzählt die Autorin Judith Newman von ihrem Leben mit ihren zwei Zwillingssöhnen, Henry und Gus. Es ist eine Geschichte rund um eine Familie, deren Sohn ...

Inhalt:

In „Hey Siri, willst du mich heiraten“, erzählt die Autorin Judith Newman von ihrem Leben mit ihren zwei Zwillingssöhnen, Henry und Gus. Es ist eine Geschichte rund um eine Familie, deren Sohn Gus mit Autismus diagnostiziert wurde. Die Autorin liefert nicht nur eine autobiografische Reportage über die Entwicklung eines autistischen Kindes, sondern beleuchtet alle relevanten Aspekte zum Thema.
Das Leben mit einem autistischen Jungen ist anders. Es stellt einen einerseits vor Probleme, dann aber gibt es wieder diese besonderen Momente, die andere Mütter wohl nie erfahren werden.



Im Detail:

Judith Newmann ist fast 40, ihr Mann 69 Jahre alt, als es nach sieben Jahren und 70.000 Dollar Investitionen endlich mit einer Schwangerschaft klappt. Die kleine Familie wird nach dieser langen Zeit mit Zwillingen belohnt. Henry und Gus. Bald schon stellt sich heraus, dass die Kinder sich mit ihren Eigenarten sehr voneinander unterscheiden. Gus wirkt als Baby sehr pflegeleicht. Er fordert nichts, er ist ruhig und zufrieden. Henry hingegen ist wesentlich lebhafter.
Es wird bald klar, dass Gus Verhalten sich auch von dem anderer Kinder stark unterscheidet. Er benötigt bei Tests eine deutlich längere Reaktionszeit. Er entwickelt absolut keinen Entdeckungsdrang, hat noch keinerlei Dinge in den Mund gesteckt, auch kann er immer nur ein Nahrungsmittel auf einmal zu sich nehmen. Er duldet keine zwei verschiedenen Speisen auf seinem Teller. Mit achtzehn Monaten spricht Gus immer noch kein einziges Wort. Stattdessen ist er in der Lage, Geräusche täuschend echt zu immitieren. Gus erster Satz, der wie aus dem Nichts herausgeschossen kam, lautete: „Die Sendung Bill Nye the Science Guy wurde zu großen Teilen von der National Science Foundation, der Corporation for Public Broadcasting und Zuschauern wie ihnen finanziert.“

Nachts sorgt Gus für schlaflose Nächte. Er steigt in das elterliche Bett und knetet sämtliche Körperteile der Mutter durch. Diese Angewohnheit ist ihm, bei aller Mühe nicht abzugewöhnen. Selbst abgeschlossene Türen umgeht er mit gewissen Tricks.

Gus denkt und handelt anders als die Menschen in seinem Umfeld. Er widerholt Sätze oder Geräusche gerne immer und immer wieder, er liebt Musik und kann es gar nicht leiden, wenn jemand falsch singt. Räumliches Denken fällt ihm schwer, was dafür sorgt, dass er manchmal nur wenige Zentimeter vor seinem Gegenüber steht und ihm lautstark etwas erzählt. Auch die Aktionen in der Nacht, bei denen er den Körper der Mutter durchknetet, haben mit dem Verlust des räumlichen Denkvermögens zu tun. Er versucht mit diesem Verhalten herauszubekommen, wo sein Körper endet und der nächste beginnt.

Judith Newman stellt sich in diesem Buch, die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass eines ihrer Kinder mit Autismus geboren wurden. Dazu gibt es allerhand Thesen. Jede einzelne trifft in einem bestimmten Maße auf sie zu. Babys, die kurz nach der Geburt keine körperliche Nähe erfahren, so ist bewiesen, gehen zu Grunde. Babys hingegen, die lediglich emotional vernachlässigt werden, entwickeln oft autistische Züge. Auch das Alter, in dem Judith und John ihr Kind geboren haben, war vielleicht nicht ganz optimal. Ebenso können Körpergewicht und Ernährung der Mutter ein Grund für die autistische Entwicklung des Sohnes gewesen sein.

Neben einigen Lebensausschnitten, misslungenen Versuchen in den Urlaub zu fahren, Erlebnissen bei Ausflügen und ähnlichem, stellt die Autorin in ihrem Buch auch andere namhafte Autisten vor. Sie erklärt, warum autistische Menschen eine Vorliebe für Filmbösewichte haben und warum sie in der Musik Ruhe und Entspannung finden können.

Der Titel des Buches „Hey Siri, willst du mich heiraten“, ist ein wenig irreführend. In diesem Werk geht es, wie man vielleicht annehmen möchte, nicht in erster Linie um die Beziehung zwischen Gus und seinem Handy. Es gibt aber zwei kurze Abschnitte, in denen die Autorin erläutert, warum die virtuelle Freundin so wichtig für ihren Sohn ist.



Fazit:

„Hey Siri, willst du mich heiraten?“ ist eine autobiografische Reportage über die Entwicklung eines autistischen Kindes. In dem Buch berichtet Judith Newmann vom Leben mit ihren Zwillingskindern und ihrem älteren Mann, einem Opernsänger, dessen Interessen sich stark von ihren eigenen unterscheiden.
Sie zeigt an konkreten Beispielen wie schwer es ist, als Mittlerin zwischen autistischer und nicht-autistischer Welt zu leben. Prägnant und für Laien gut verständlich wird Autismus vielgestaltig erklärt. Man erkennt schnell, dass man von Autismus - trotz zunehmender medialer Popularität – jenseits von vielen Klischees wenig weiß.
Dieses Buch ist äüßerst lehrreich, dabei sehr lebhaft und alles andere als trocken. Eine wichtige und hilfreiche Lektüre für diejenigen, die Autismus besser verstehen wollen.



Buchzitate:

Es dreht sich darum, dass Säuglinge, die vom Menschen total im Stich gelassen werden, bevor sie sich aus eigener Kraft entwickelt können, den Tod finden. Wird jedoch körperlich in einer Weise für sie gesorgt, die ihr Überleben ermöglicht, während sie in emotionaler Hinsicht im Stich gelassen oder überfordert werden, so werden sie autistisch.

Das Geräusch der Toilettenspülung war für ihn ein Elefant, der in der Schüssel saß, nach ihm griff und ihn hinunterzuziehen versuchte.

Veröffentlicht am 08.11.2018

Komprimierte Liebesgeschichte

Still Broken
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Inhalt:

Norah hat sich an ihrem neuen College für die ersten Kurse eingeschrieben, für ihre neue Wohnung sucht sie eine geeignete Mitbewohnerin. Die Bewerbung für die Schülerzeitung ist abgeschickt. ...


Inhalt:

Norah hat sich an ihrem neuen College für die ersten Kurse eingeschrieben, für ihre neue Wohnung sucht sie eine geeignete Mitbewohnerin. Die Bewerbung für die Schülerzeitung ist abgeschickt. Alles geht seinen Gang. Gemeinsam mit ihren zwei besten Freundinnen besucht sie wenige Tage später eine Wohnheimparty. Die Party ist bereits in vollem Gange, Norah ist leicht angetrunken , als einer der Partygäste sie plötzlich von hinten anschubst. Fast hätte sie das Gleichgewicht verloren, wenn sie nicht jemand am Arm gepackt und wieder auf die Beine gestellt hätte. Kurze Zeit später blickt Norah in die Augen ihres Retters. Dumm nur, dass auch ein anderes Mädchen um dessen Aufmerksamkeit buhlt und hierbei sehr erfolgreich scheint.

Noch lange Zeit später geht Norah der Typ mit der Lederjacke, dem harten und intensivem Blick und dem wuscheligen Out-of-Bed-Look nicht aus dem Sinn. Der Studentenalltag hilft ihr jedoch Abstand zu gewinnen. Als die Zusage für den Job bei der Schülerzeitung bei Norah eintrifft, ist sie vor Freude ganz aus dem Häuschen. Ein großer Wunsch wird wahr. Doch die Freude wird schnell getrübt, als sie erfährt, wer ihr als Mentor an die Seite gestellt werden soll. Es handelt sich um ihren Retter auf der Wohnheimparty, Max.

Bei diesem handelt es sich um den „klassischen Bad-Boy-Typen“. Kurze Zeit später sprechen Norah auch schon die ersten Freunde und Kommilitoninnen an. Ihr Interesse an dem gutaussehendem Jungen ist Norah im Gesicht abzulesen. Die Warnungen vor dem Jungen, bei dem es sich wahlweise um einen Dandy, einen Schürzenjäger oder einen Schwerenöter handeln soll, sind jedoch Legion.



Im Detail:

Es ist absehbar, dass Norah auch nach den Warnungen ihrer Mitschülerinnen nicht in der Lage ist, Max aus dem Weg zu gehen. Alleine der Job bei der Schülerzeitung sorgt dafür, dass sie dem attraktivem Jungen immer wieder über den Weg läuft. Max lässt sich, so sehr es Norah versucht, nicht aus ihrem Leben kürzen. Immer wieder taucht er unvermittelt auf und sucht ihre Nähe.

Sie sieht in Max das, was ihre Freunde und Mitschülerinnen nicht sehen wollen. So schimmert oft ein weiches, mitfühlendes Herz durch die raue Schale.

Die Geschichte von Still Broken erscheint auf den ersten Seiten vorhersehbar. Eine klassische Bad-Boy-Geschichte mit einer Protagonistin, die sich im Kontrast zu ihrem gesamten Umfeld durch ihre erfrischende Andersartigkeit abhebt.

Die Figuren bleiben jedoch nicht im Klischee stecken. Nach und nach werden ganz dezent kleine Hinweise in die Geschichte eingewoben. Max hat ein Geheimnis. Das merkt man, wenn er plötzlich schweigt, wenn das Thema auf seine Eltern fällt oder wenn er Norah im Schulflur mit einem anderen Mädchen zu verwechseln scheint. Als es dann darum geht, einen Artikel für eine Schülerzeitung zu schreiben, macht er dicht.

Über die Seiten hinweg holt Max seine Vergangenheit immer mehr ein. Zwar freut man sich, dass Norah allmählich Zugang zu dem Jungen findet, der gegenüber seinem Umfeld eine mentale Mauer errichtet hat. Alles wird aber unterspült von unserer Ahnung dessen, was da noch eskalieren wird.

Diese Vermutung wird im zweiten Teil des Buches auch bestätigt. Das sorgt einerseits für eine rasante und spannende Handlung, in der aber stellenweise Übertreibung und Überdramatisierung angelegt sind.

Sehr schön beschrieben wurden, gerade in der ersten Hälfte des Buches, die Dates, die Max und Norah in diesem Roman nutzen, um einander näher zu kommen. Max lässt sich einiges einfallen. Er entführt die Protagonistin an ungewöhnliche Orte und verschafft ihr somit Erlebnisse, von denen sie noch lange zehren kann. Auch die Entwicklung der Liebesgeschichte gefiel mir sehr. Als Leser spürt man, wie die Funken zwischen Max und Norah sprühen. Man merkt die Leidenschaft, die beide für einander empfinden.



Fazit:

Mit Max erwartet uns der klassische Bad Boy, mit einem selbstgefälligen Lächeln und gewollt unperfekt sitzenden Haaren. Er strotzt vor Selbstbewusstsein und Charisma. Ständig hat er wechselnde Frauenbekanntschaften.
Norah, die neu am College ist, gelingt es, einen Blick hinter Maxs Fassade zu werfen. Sie lässt sich von den warnenden Worten ihrer Kommilitoninnen nicht abschrecken. Nach und nach kommen sich beide näher. Im weiteren Verlauf des Buches erhält der Leser mit Norah Einblick hinter die Fassade der Figur.
Als dunkle Geheimnisse publik werden, müssen sich die Beiden mit Maxs Vergangenheit auseinandersetzen.

Gerade im ersten Teil gefiel mir die Entwicklung der Geschichte sehr. Im weiteren Verlauf des Buches kommt es aber stellenweise auch zu einer seifenoperhaften Überdramatisierung.

April Dawson erzählt ihre Geschichte atemlos. Das Tempo wird Seite um Seite weiter erhöht.
Leser/innen, die das zu schätzen wissen, werden mit Still Broken voll auf ihre Kosten kommen.
Darüber hinaus gibt es eine Liebesgeschichte, bei der man mitfiebert und an der man sieht, wie sie ihre Figuren verändert und beeinflusst.

Für mich eine Leseempfehlung für Leser/innen, die auf der Suche nach einer Geschichte fürs Herz sind.



Buchzitate:

Dieser Mann ist gefährlich. Er ist wie eine Droge, von der du nicht mehr wegkommst. Glaub mir, ich war ihm verfallen. Max ist gut in dem, was er tut, und das ist Herzen brechen.