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Veröffentlicht am 29.03.2019

Mord am See

Ein Espresso für den Commissario
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Am Comer See nämlich - da bleibt Commissario Marco Pellegrini nichts anderes übrig, als auf den zweiten und dritten Espresso des Morgens zu verzichten und die Ermittlungen aufzunehmen. Einen jungen Studenten ...

Am Comer See nämlich - da bleibt Commissario Marco Pellegrini nichts anderes übrig, als auf den zweiten und dritten Espresso des Morgens zu verzichten und die Ermittlungen aufzunehmen. Einen jungen Studenten hat es erwischt, der - so stellt sich allmählich heraus - auf ganz schön großem Fuß gelebt hat.

Schnell wird deutlich, dass es so einige gibt, die ein Interesse an dem Fall haben - aber warum? Und kann alles stimmen, was die Zeugen so erzählen?

Erschwert wird die Aufklärung durch das Ermittlerteam - Pellegrini hat seine liebe Not damit, seine Mitarbeiter am Ball zu halten - jedenfalls so, dass sie auch zur Ermittlung beitragen. Konflikte und Animositäten am Arbeitsplatz werden hier sehr gut und eindringlich, dabei durchaus unterhaltsam dargestellt.

Mehr noch allerdings lenkt Autor Dino Menardi die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Schönheit der Landschaft und auf weitere Vorzüge, vor allem leibliche Genüsse. Es fiel mir schwer, diesen Krimi zu lesen, ohne zwischendurch zu naschen oder mir zumindest ein Käffchen zu gönnen - einen Espresso, versteht sich! Und ich habe fortwährend Appetit auf italienisches Essen!

Ein Regionalkrimi also, der genau das erfüllt, was man (ich zumindest) sich davon erhofft: Stimmung, Spannung und Spaß. Auch, wenn der Spannungsbogen nicht so ganz bis zum Ende der Geschichte aufrecht erhalten wurde. Doch das ist bei dieser Art von Krimis auch nicht ganz so wesentlich. Für Italienurlauber ist dies genau die richtige Lektüre - ob zum Einstimmen zu Hause oder auch zum Lesen im Liegestuhl - wenn man dann endlich angekommen ist in seinem eigenen italienischen Paradies - ob am Comer See oder an einem anderen traumhaften Ort!

Veröffentlicht am 28.03.2019

In das Land, in dem Milch und Honig fließen

Über die Berge und über das Meer
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wollen weder Tarek noch Soraya - zwei afghanische Kinder, die sich - jeder für sich - auf einen beschwerlichen Weg begeben. Begeben müssen, denn sie und damit auch ihre Familien werden aus bestimmten Gründen ...

wollen weder Tarek noch Soraya - zwei afghanische Kinder, die sich - jeder für sich - auf einen beschwerlichen Weg begeben. Begeben müssen, denn sie und damit auch ihre Familien werden aus bestimmten Gründen unter Druck gesetzt. Ihre jeweiligen Väter übergeben sie aus Mangel an Alternativen an Schlepper. Für beide Kinder ist die Trennung von der Familie ein Alptraum - am liebsten wären sie einfach zu Hause geblieben.

Mitten in den schneebedeckten Bergen Afghanistans begegnen sie, die sich aus langen gemeinsamen Sommern, aus glücklichen Kindertagen also kannten, einander während der Flucht durch Zufall wieder und würden am liebsten gemeinsam weiterziehen. Die Hoffnung auf ein erneutes Aufeinandertreffen und eine gemeinsame Weiterreise ist beiderseits vorhanden.

Sie fliehen nicht aus eigenem Willen oder aus Hoffnung auf ein besseres Leben, sondern es bleibt ihnen ganz einfach keine andere Wahl. Ganz auf sich gestellt sind sie während ihrer Flucht, denn dass auf Schlepper kein Verlass ist, lernen sie schnell. Umso überraschender für sie selbst sind verschiedene Begegnungen mit besonderen Menschen, die ihnen helfen oder denen auch sie helfen können. Begegnungen, die hoffen lassen.

Werden sie in Sicherheit gelangen und werden sie einander wieder begegnen? Der Leser bangt auf jeder einzelnen Seite mit den jungen Protagonisten.

Der Autor Dirk Reinhardt hat sorgfältig recherchiert, mit zahlreichen jungen Flüchtlingen gesprochen und sie verstehen gelernt. Entsprechend ergreifend und mitreißend ist sein Buch geworden, das Teenager adressiert, aber auch für Erwachsene sehr lesenswert ist. Ich bin mir recht sicher, dass man bei Jugendlichen, die diese Lektüre "durchgezogen" haben, nur noch selten Sprüche wie "Du hast es ja sooo gut, denk an die armen Flüchtlinge" bringen muss - sie haben plastisch vorgeführt bekommen, wie es diesen Kindern geht. Ein schmerzhaftes und wirklich wichtiges Buch, das uns nicht nur hilft, Geflüchtete zu verstehen, sondern uns auch dabei weiterhilft, uns selbst besser zu verstehen und bestenfalls entsprechend zu positionieren. Ein sehr besonderes Buch, das ich nicht so schnell vergessen werde!

Veröffentlicht am 28.03.2019

Das Schicksal einer Kirche und dreier Menschen

Die Glocke im See
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steht im Mittelpunkt dieses eindrucksvollen Romans.

Ein kleiner Ort, in dem die Jahrhunderte alte Kirche den Mittelpunkt bildet, vor allem die darin enthaltenen Glocken, die vor einigen Generationen von ...

steht im Mittelpunkt dieses eindrucksvollen Romans.

Ein kleiner Ort, in dem die Jahrhunderte alte Kirche den Mittelpunkt bildet, vor allem die darin enthaltenen Glocken, die vor einigen Generationen von einem damals wohlhabenden Gutsbesitzer in Gedenken an ein tragisches Familienereignis gestiftet wurden. Dieser Hof, der Hekne-Hof nämlich, kämpft inzwischen, in den 1880er Jahren wie die meisten anderen auch gegen große wirtschaftliche Probleme an. Doch die derzeitigen Bewohner, vor allem Astrid, die älteste Tochter, sind sich dieses Erbes ganz klar bewusst.

Aus Deutschland kommt ein Angebot, dass die Kirche nicht ausschlagen kann: die dortige Kirche soll in Einzelteile zerlegt und in Deutschland wieder aufgebaut werden, inklusive der Glocken. Die Summe, die geboten wird, macht es der Kirche leicht, hier zuzustimmen. Ersatz soll in Form einer wesentlich schlichteren Kirche erfolgen. Viele Dorfbewohner nehmen dies als gegeben an, doch Astrid wehrt sich. Und das, obwohl beide Männer, die auf Arbeitsebene in diesen Prozess der Kirchenversetzung eingebunden sind, ihr etwas bedeuten: der örtliche Pfarrer Kai Schweigaard nämlich und der deutsche Ingenieur Gerhard Schönauer.

Eine Konstellation, die Dramatisches erahnen lässt und die die Grundlage bildet für einen Roman, dem man die große schriftstellerische Tradition der Norweger Seite für Seite anmerkt.

Hier wird ein Norwegen gezeichnet, wie man es von Hamsun kennt: harte menschliche Schicksale inmitten kraftvoller Natur. Doch Autor Lars Mytting tut dies mit der Weitsicht und dem Wissen des 21. Jahrhunderts. Dem Wissen um das Vergangene, dem er sich hier teils behutsam, teils aber auch durchaus offensiv annähert. Die Sozialgeschichte, die gesellschaftlichen Strukturen: das alles hat in seinem aktuellen Werk eine wesentlich größere Präsenz als in den Romanen vergangener Zeiten, in denen diese als gegeben hingenommen wurden. Doch gerade durch die differenzierte Auseinandersetzung mit dieser Thematik, auch durch die Gegenüberstellung norwegischer und deutscher Verhältnisse ist dieser Roman aus meiner Sicht so anschaulich und eindringlich, durchaus auch (ge)wichtig.

Ein Roman, den ich trotz gelegentlicher Längen und von mir wahrgenommener kleinerer Widersprüche jedem Leser empfehlen möchte, der sich gerne mit Vergangenem auseinandersetzt und der einfach auch hochwertige Literatur genießen will: denn das ist dieser Roman, der zudem aber auch Qualitäten eines klassischen Schmökers aufweist, ganz unbedingt. Wobei sich diese beiden Beurteilungen "hochwertig" und "Schmöker" ja auch nicht widersprechen müssen!

Veröffentlicht am 28.03.2019

Reich und schön, aber...

Gefährdet
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Das Ehepaar Justus und Krystina Stein ist sowohl reich (vor allem er) als auch schön (vor allem sie). Ermittlerin Nora Klerner hat es in diesem ihren zweiten Fall von Lüneburg nach Hamburg verschlagen, ...

Das Ehepaar Justus und Krystina Stein ist sowohl reich (vor allem er) als auch schön (vor allem sie). Ermittlerin Nora Klerner hat es in diesem ihren zweiten Fall von Lüneburg nach Hamburg verschlagen, wo sie es nach dem Hippies von ihrem ersten Fall "Blumenkinder" nun mit wesentlich etablierteren Zeitgenossen zu tun bekommt. Der Familie Stein nämlich, die in der zigsten Generation ein Speditionsunternehmen am Hamburger Hafen führt. Zwei Brüder sind es, Justus und Jürgen, beide mit Familie. Und die von Justus muss gerade ganz besonders leiden, da die beiden Kinder entführt wurden.

Überraschenderweise führen mögliche Spuren sowohl ins Drogenmilieu als auch in die Halbwelt der osteuropäischen Mafia.

Was hat das mit der Kindesentführung zu tun? Die Famillie wird lange im Unwissen gelassen, so dass sie Schlimmstes befürchten muss.

Hilfe erhält Nora wie auch beim letzten Mal vom Kollegen Johan Helms von der operativen Fallanalyse, der sehr stark betroffen ist. Kein Wunder, ist doch seine Freundin Lily gerade schwanger. Nora und Jonas, beide gewissermaßen Außenseiter in den Reihen der Polizei, haben es nicht leicht: Nicht für alle ihre Ideen - und gerade Nora mangelt es nicht an unkonventionellen Einfällen - gibt es einen Rückhalt, zeitweise haben die beiden sogar den Eindruck, man würde sich ihnen querstellen.

Nicht nur durch eine ungewöhnliche, teilweise leider etwas langatmige Geschichte, nein, auch durch neue Wege in Sprache und Stil fällt Autorin Meike Dannenberg auf und ich muss zugeben, dass ich mich damit streckenweise etwas schwer tue Doch das ist Geschmackssache.

Wer eher die leisen Töne mag, dennoch auf ein furioses Finale nicht verzichten will, der ist hier an der richtigen Adresse!

Veröffentlicht am 28.03.2019

Rin in die Pantoffeln, raus aus den Pantoffeln

Das Heinrich-Problem
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Zugegeben, Berti Fischer ist schon ziemlich naiv und gutgläubig. Möchte man gar nicht meinen bei einer Frau, die als Beziehungs-Coach tätig ist und die ihren Geschlechtsgenossinnen nicht gerade selten ...

Zugegeben, Berti Fischer ist schon ziemlich naiv und gutgläubig. Möchte man gar nicht meinen bei einer Frau, die als Beziehungs-Coach tätig ist und die ihren Geschlechtsgenossinnen nicht gerade selten hilfreiche Tipps gibt. Doch als Heinrich, seit fünfzehn Jahren ihr Ehemann, ihr kundtut, dass die Ehe mit ihr ihm ein Gefühl vermittelt wie ein paar alte Pantoffeln an den Füßen, da kippt sie ihrerseits - nun, nicht aus den Pantoffeln, wohl aber aus den Latschen.

Vor allem, da schnell klar wird, dass Heinrich bereits in anderen Jagdgründen wildert und zwar mit schon deutlich sichtbaren Folgen! Zunächst allerdings gibt sich Berti so gar nicht als Frau nach meinem Geschmack, sie schmeißt den sauberen Gatten nämlich nicht gleich hochkant aus der Wohnung, sondern bereitet ihm gar noch das ein oder andere schmackhafte Mahl.

Aber dann, als Heinrich auch noch Geld sehen will, kommt Leben in die Bude und Berti - um die sich eine ganze Reihe von Getreuen beiderlei Geschlechts schart - zeigt, dass sie sich ganz so schnell nicht die Butter vom Brot nehmen lässt.

Zumal... nun, das finden sie besser selbst heraus! Auf jeden Fall ist es am Ende Berti, die Heinrich zeigt, wie das Leben in alten Pantoffeln wirklich aussehen kann!

Ein heiterer Roman, der mir nur zu Beginn ein bisschen zu behäbig daher kam, dann aber Fahrt und Schwung aufnahm. Ein unterhaltsames Leseerlebnis nicht nur für Frauen, die (ihren) Männern gern mal eine lange Nase zeigen!