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Veröffentlicht am 03.04.2019

Leben mit (nicht nur) einem Lied

Madame Piaf und das Lied der Liebe
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Je ne regrette rien! Nach diesem Motto, das der Titel ihres mit Abstand berühmtesten Liedes werden sollte, lebte Edith Piaf offenbar schon in ihren jüngeren Jahren: bevor sie berühmt wurde. Ein tristes ...

Je ne regrette rien! Nach diesem Motto, das der Titel ihres mit Abstand berühmtesten Liedes werden sollte, lebte Edith Piaf offenbar schon in ihren jüngeren Jahren: bevor sie berühmt wurde. Ein tristes Leben garniert mit Begegnungen mit den richtigen Menschen - so hat sie es etwas gebracht.

Dieses Buch behandelt die letzten Kriegsmonate und die unmittelbare Nachkriegszeit, in der die Piaf wie so viele ihrer Landsleute in den Verdacht geriet, gemeinsame Sache mit den Boches, den Deutschen also, gemacht zu haben. Dabei hatte sie - so ihre Darstellung - doch nur die kriegsgefangenen französischen Soldaten unterhalten. Sie kam gerade noch so davon.

Es sind Männer, die ihr weiterhelfen, mit vielen verbindet sie mehr als das berufliche Interesse, doch dann stößt sie auf einen, mit dem es läuft wie mit keinem. Ganz anders nämlich.

Es handelt sich um Ivo Livi, groß und hübsch und etliche Jahre jünger als sie. Er wird zu ihrem Protegé und bald auch Liebhaber. Der Name sagt Ihnen nichts? Nun, dann aber vielleicht sein Künstlername, Yves Montand nämlich. Wird es einen gemeinsamen Weg für sie beide geben?

Insgesamt ist dies aus meiner Sicht ein mäßig unterhaltsamer Roman, in dem die politische und gesellschaftliche Situation in jener Zeit eine vollkommen minimale Rolle spielt. Es geht wirklich fast ausschließlich um Edith Piafs Karriere und die damit verbundenen Entwicklungen, es kommen reihenweise Charaktere vor, die meiner Ansicht nach im Anhang hätten einzeln aufgeführt werden müssen. So erfuhr ich die Lektüre als ziemlich verwirrend.

Ja, der Leser macht einen Sprung in das Leben des Spatzen von Paris, doch ist dies aus meiner Sicht ein ziemlich verwirrender Sprung!

Veröffentlicht am 01.04.2019

Bitte bring mich zum Beben" (S.153)

Kaschmirgefühl
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Dieser Satz fällt während eines Gesprächs bei einer Sexhotline. Es ist kein gewöhnliches Gespräch,denn beide Teilnehmer haben Namen: Yvonne und Joe nämlich. Ach nein, heißen sie doch Marie und Gottlieb?

Was ...

Dieser Satz fällt während eines Gesprächs bei einer Sexhotline. Es ist kein gewöhnliches Gespräch,denn beide Teilnehmer haben Namen: Yvonne und Joe nämlich. Ach nein, heißen sie doch Marie und Gottlieb?

Was stimmt, was ist wahr, was erfunden? Diese Frage stellt sich der Leser nicht nur an diesem Punkt, nein, eigentlich ist jede Aussage der beiden Telefonpartner fragwürdig.

Es ist zunächst ein unverbindliches Geplänkel, aus dem irgendwann mehr wird. Ein "Mehr", das man als alles Mögliche bezeichnen kann, nur nicht als Telefonsex. Oder wenn, dann nur am Rande.

Worauf die beiden bzw. der Anrufer; nennen wir ihn nun Gottlieb, hinauswollen? Verrate ich Ihnen nicht, nur so viel, es kommt noch eine zweite Marie im Gespräch vor, ein Kind, eine Lehrerin und ein Hausmeister. Hilft Ihnen nicht viel weiter?

Soll es ja auch nicht, denn so ein kurzer Text ist schnell gelesen, sofern Sie sich dazu entschließen. Keine Frage, es ist eine kurzweilige Lektüre, denn Bernhard Aichner schreibt gewohnt leichtfüßig und eloquent. Weswegen ich ihn ja auch sehr schätze.

Allerdings macht es für mich einen Unterschied, ob er diese Fertigkeiten in das eher schwere, düstere Setting seiner Krimis steckt oder in eine von Beginn an federleichte Geschichte, in eine Geschichte mit Kaschmirgefühl. Das stelle ich mir vor als das ultimative Wohlfühlgefühl, eines, in das man während des Lesens einsinkt, um sich nie wieder davon lösen zu wollen.

Dafür war mir die Geschichte zu dünn: anfangs zu belanglos, später dann zu wenig überraschend. Auch wenn ein Roman von Bernhard Aichner natürlich immer lohnenswert ist in dem Sinne, dass er keine verschwende Lebens- und Lesezeit darstellt. Wenn Sie bspw. unbedingt erfahren wollen, wer wen zum Beben bringen soll und warum. Oder auch aus einem anderen Grund. Aichner geht immer - aber sein bester ist das hier nicht. Finde ich zumindest.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Spanische Schwestern in der neuen Welt

Eine eigene Zukunft
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Ein dramatisches Ende markiert den Beginn. Und zwar das des Familienoberhauptes Emilio Arenas, fern der spanischen Heimat. In New York sind die Mutter und die drei Töchter, gerade erst dort angekommen, ...

Ein dramatisches Ende markiert den Beginn. Und zwar das des Familienoberhauptes Emilio Arenas, fern der spanischen Heimat. In New York sind die Mutter und die drei Töchter, gerade erst dort angekommen, ganz auf sich gestellt.

Eindringlich und mitreißend geschrieben ließen mich die ersten Seiten des Romans werden auf den weiteren Verlauf der Geschichte. Und man kann sich warm anziehen: der Unfalltod des Vaters, die ersten selbstständigen Schritte von Mutter und Töchtern in New York: das alles ist noch gar nichts im Vergleich dazu, was nun folgt.

Eine Art City-Western nicht nur, aber hauptsächlich unter emigrierten Spaniern ist dies, in dem sich unterschiedliche Parteien um das Erbe der Familie Arenas streiten, in dem die Töchter - jede auf ihre Art - flügge werden und dem Leben in der urbansten aller Städte der damaligen Zeit - man schreibt die Mitte der 1930er Jahre auf verschiedene Art und Weise zu begegnen versuchen.

Bald schon sind sie umringt von Männern. Manche wollen ihr vermeintliches Erbe, doch den meisten geht es um die Mädchen selbst.

Was zunächst als spannendes Epos beginnt, wird aus meiner Sicht im Handlungsverlauf zu einem ziemlich wirren und überladenen Durcheinander - es ist eindeutig zu viel Personal vorhanden in diesem Roman. Personal, das - wie beispielsweise ein abgesetzter spanischer Thronfolger - die Ereignisse eher verwirrt als vorantreibt.

Das Schicksal der drei Schwestern Victoria, Mona und Luz lag mir bis zum Ende am Herzen, doch hätte ich mir hier eine wesentlich stringentere Handlung und ein klareres Ende gewünscht. Ich habe das Buch ganz gerne gelesen, frage mich jedoch nach der Beendigung: "Wozu das Ganze?". So richtig etwas dabei rumgekommen ist aus meiner Sicht nämlich nicht.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Der Urvater aller Nerds

Beifang
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Unzuverlässig, extrem launisch und kein bisschen berechenbar: ein solcher Eindruck entsteht während der Lektüre dieses Buches von Steve Jobs als Vater.

Lisa Brennan-Jobs ist die Autorin, Jobs' Tochter ...

Unzuverlässig, extrem launisch und kein bisschen berechenbar: ein solcher Eindruck entsteht während der Lektüre dieses Buches von Steve Jobs als Vater.

Lisa Brennan-Jobs ist die Autorin, Jobs' Tochter aus einer Beziehung, die bereits vor ihrer Geburt eine gescheiterte war, zunächst hat er sie nicht einmal offiziell anerkannt.

Und auch, nachdem dies geschehen ist, erleben wir ihn als überaus schwankende Persönlichkeit gerade in dieser Rolle. Aber mal ehrlich: hätte jemand etwas anderes vom Urvater aller Nerds (so sehe ich ihn) erwartet? Für mich ist dieses Buch die Bestätigung eines Klischees.

Und dafür ist es eigentlich ganz gut geworden, denn Lisa Brennan rechnet nicht ab mit ihrem Vater bzw. ihren Eltern. Sie berichtet. Wenn auch alles andere als emotionslos, was bei diesem Thema auch mehr als verständlich ist, ich könnte da auch nicht sachlich (oder was ich dafür halte) bleiben).

Somit ist dies keine warmherzige Familienbiographie geworden, aber auch keine ununterbrochene Auflistung von Missständen. Ob es jemanden interessiert hätte, wenn es hier nicht um Steve Jobs gegangen wäre?

Nun, es wäre sicher kein Bestseller geworden, aber ich hätte es - wenn ich dann überhaupt davon gehört hätte - auch so gern zur Hand genommen, weil ich mich einfach für Kindheitserfahrungen interessiere. Tun aber nicht viele, weswegen die öffentliche Aufmerksamkeit dem Buch sicher versagt geblieben wäre.

In gewisser Weise wird der Leser in seiner Wahrnehmung bestimmter Ereignisse manipuliert. Bspw. hat Steve Jobs jahre- wenn nicht jahrzehntelang behauptet, dass er den Apple Lisa, einen der ersten PCs überhaupt, nicht nach seiner Tochter benannt hat. Nur während eines gemeinsamen Besuchs bei U2-Sänger Bono - Lisa ist längst erwachsen - gibt er es auf dessen Nachfrage endlich zu. Schreibt Lisa Brennan-Jobs. Vielleicht behauptet er es ja auch nur.

Wie bereits erwähnt, ist dies ein sehr persönliches Werk. Eines mit so einigen Längen. Eine unbedingte Empfehlung gibt es von mir nicht, nur so viel: ich bereue die Lektüre nicht und Apple-Fans oder auch Altersgenossen der Autoren lesen das Buch eventuell mit mehr Begeisterung.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Erfolgsgeschichte schreiben

Mein Jahr mit Dir
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das will die junge Amerikanerin Ella mit ihrem Leben anstellen und auch der Leser ist ohne weiteres überzeugt, dass sie dies schafft, denn auf der Reise zu ihrem einjährigen Aufenthalt in Oxford als Begünstigte ...

das will die junge Amerikanerin Ella mit ihrem Leben anstellen und auch der Leser ist ohne weiteres überzeugt, dass sie dies schafft, denn auf der Reise zu ihrem einjährigen Aufenthalt in Oxford als Begünstigte eines außerordentlich prestigeträchtigen Stipendiums wird sie von einem der ersten Politikmanager der Vereinigten Staaten angerufen und mehr oder minder auf Knien angefleht, die Wahlkampagne für die Kandidatin der Demokraten zu übernehmen.

Wohlgemerkt während des Studienjahrs in Oxford, das sie bitteschön so intensiv wie nur möglich genießen soll. Ein bisschen wie im Märchen? Das empfand ich auch beim Lesen!

Und so geht es auch weiter: gleich am ersten Tag dort lernt sie wundervolle Freunde kennen, die mit ihr durchs Feuer gehen (quasi ab dem ersten Tag ihrer Bekanntschaft) und einen absolut heißen Typen namens Jamie, der sich als ihr Dozent entpuppt. Der hat allerdings ein Geheimnis, ein ziemlich heftiges sogar.

Aus meiner Sicht flacht die Geschichte relativ schnell ab und wird zudem total unrealistisch. Aber es gibt einen Faktor, den ich sehr goutiert habe: die Stadt Oxford ist quasi die schillerndste Figur in dem Buch, sie wird wirklich sehr atmosphärisch beschrieben und wer schon mal dort war, wird auf vielen Seiten auf Bekanntes stoßen, was für mich wirklich ein Genuss war und mich ein stückweit mit dem Buch versöhnte.

Aber dennoch ist es für mich nicht der Tipp des Jahres, sondern ganz einfach nur gute, amüsante Unterhaltung mit ein bisschen zu viel Tragik und Wagemut - beides ist in dem Ausmaß unrealistisch, finde ich.

In diesem Sinne wünsche ich allen Oxford-Fans ganz viel Spaß mit einem Roman der Marke Federleicht!