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Veröffentlicht am 30.03.2019

Mehr als ein Adelsepos - Zeitgeschichte bewegend und abwechlsungsreich erzählt

Die Unerwünschte
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Auf den ersten Blick verbindet Alma und Charlotte nicht viel, außer die gemeinsamen Familienbande. Das dies nicht unbedingt die schlechtesten Voraussetzungen sind merken beide, als sie sich in der Toskana ...

Auf den ersten Blick verbindet Alma und Charlotte nicht viel, außer die gemeinsamen Familienbande. Das dies nicht unbedingt die schlechtesten Voraussetzungen sind merken beide, als sie sich in der Toskana treffen und gemeinsam einen Blick zurück werfen - jede auf ihre Art und Weise. Während Charlotte ihre Lebensgeschichte erzählt, stellt Alma Fragen und diese Fragen führen dazu, dass Charlotte noch einmal zurückreist in die Jahre, die nicht nur sie sondern eine ganze Generation verändert haben...

Bisher war mir Elisabeth Plessen als Autorin unbekannt und ich habe mich voller Neugier auf diesen Roman gestürzt und bin nicht enttäuscht worden.
Dieses Buch hat einfach nur einen Wow-Effekt, den die Autorin mit einer stilvollen und abwechslungsreichen Sprache präsentiert. Der Blick zurück durch Charlottes Augen wird mit vielen lebhaften Bildern geschildert, die das ganze Ausmaß der Veränderungen und Zerstörungen nach dem Krieg erst richtig deutlich machen. Die Großgrundbesitzer haben nämlich nichts mehr, worauf sie sich stützen oder gar etwas einbilden können und so heißt es für die zurückgeblieben Frauen - egal ob Ehefrau, Tochter oder Enkelin - Ärmel hochkrempeln und anpacken. Adelsstand hin oder her - die neue Generation pfeift auf Standesdünkel und lehnt sich auf, weil sie merkt, dass sich Träume nur dann verwirklichen lassen, wenn man sie auch anpackt und in die Tat umsetzt. Erfolg hat einen Namen : TUN.
Und genau da ist es, was Charlotte hier spannend und vielfältig erzählt, wenn sie von Stefanie berichtet, die einen anderen Glauben annimmt, damit sie mit ihrem Mann Frieder das Gut bewirtschaften kann. Sie hat es nicht leicht, denn ihre Schwägerin Ingrid neidet ihr den Erfolg und ist so ihre härteste Konkurrentin. Stutenbissigkeit inbegriffen.
Die vielen neugierigen Fragen von Alma bringen Charlotte immer wieder dazu, in sich zu gehen, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen und so ein Bild zu formen, das viele starke Charaktere hervorbringt, die mich durch die Bank weg begeistern.
Die Autorin gibt ihren Figuren Herz und Seele, verleiht ihnen Kraft und Energie und lässt daraus eine Geschichte entstehen, die nicht nur ein Adelsepos ist, sondern auch ein abwechslungsreicher und bewegender Blick zurück, als Emanzipation noch ein Fremdwort war und eine Generation aus Schutt und Asche wieder auferstanden ist. Eine Hommage an all die Frauen, die in den letzten 70 Jahren das Frauenbild in der Gesellschaft neu geformt und geprägt haben.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Öffnet das Herz für Träume, Liebe und süße Köstlichkeiten

Vom Himmel zum Meer
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Mit der Volljährigkeit muss Agnes das Waisenhaus verlassen und wird Gesellschafterin bei Tilly Bevenkamp, einer resoluten Pfarrerswitwe. Als die Cholera in Hamburg wütet , flüchten Tilly und Agnes an die ...

Mit der Volljährigkeit muss Agnes das Waisenhaus verlassen und wird Gesellschafterin bei Tilly Bevenkamp, einer resoluten Pfarrerswitwe. Als die Cholera in Hamburg wütet , flüchten Tilly und Agnes an die Ostsee, denn dort an der Küste steht Tillys Elternhaus.
Beim Streifzug durch die Dünen entdeckt Agnes ein altes Herrenhaus und verliebt sich sofort in die wundervoll große Küche, in der sie ihre traumhaften Köstlichkeiten für die Sommerfrischler zubereiten könnte. Doch der Zutritt zur Küche wird ihr verwehrt, denn der Besitzer, ein gewisser Herr von Rieken, verweigert ihr den Zutritt. Wird es Agnes gelingen, nicht nur die Küche für sich zu erobern, sondern auch das Herz des Besitzers ?

"Vom Himmel zum Meer" ist ein traumhaft schöner Roman, der das Herz weit macht für all die wunderschönen Zeilen, die die Autorin hier verfasst hat. Nicht nur, dass sie charmante und warmherzige Persönlichkeiten in diesem Roman zum Leben erweckt, nein, sie lässt auch wundervolle Aromen und Düfte von warmen Apfelstrudel, Zimt und anderen Köstlichkeiten durch die Stube wehen.
Agnes hat mein Herz von Anfang an in Sturm erobert, denn sie ist eine liebenswerte junge Frau, die nicht nur das Herz auf dem rechten Fleck hat, sondern auch mit beiden Beinen fest im Leben steht und anpacken kann. Ihre Träume bekommen durch die Autorin Flügel und Lisa Marcks zeigt auf, dass man seine Träume auch leben kann, wenn man nur ganz fest daran glaubt, dass sie wahr werden.
Ihr zur Seite steht die resolute Pfarrerswitwe Tilly, die zwar eine harte Schale aber auch ein butterweiches Herz besitzt. Ihre Lebensgeschichte ist tragisch und zeigt auf, warum sie so eine energische und rigorose Inszenierung ihrer Selbst an den Tag legt.
Beide Geschichten verschmelzen hier wunderbar zu einem Roman der vieles zu bieten hat - ansprechende Nebenschauplätze werden durch ebenso treffend skizzierte Figuren mit ihren Geschichten und Geschichtchen belebt, bereichern so die Handlung mit viel Einfallsreichtum und am Ende verwebt Marcks alles zu einem Roman voller Liebe, erfüllten Lebensträumen und ganz vielen Köstlichkeiten.
Die wunderschönen Landschaftsbilder der Ostsee, die Stadtszenen in Lübeck und nicht zuletzt die vielen kleine Episoden in und um das Herrenhaus zeichnen ein plastisches Bild, das mir ermöglicht, in der Geschichte abzutauchen und eins mit dem Buch zu werden.
Ich habe währendem Lesen das Lied der Münchner Freiheit "Solang man Träume noch leben kann" im Ohr und ich würde sagen, besser kann ein Lied zu diesem Buch nicht passen :)

Veröffentlicht am 28.03.2019

Bewegend, erschütternd, intensiv

Wie Gräser im Wind
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930 - Das Sowjetregime hat sich in den Kopf gesetzt, alle deutschstämmigen Bewohner auf der Krim zu vertreiben. Eine Welle von Enteignungen und Verhaftungen erschüttert die Insel und jeder, dem sein Leben ...

930 - Das Sowjetregime hat sich in den Kopf gesetzt, alle deutschstämmigen Bewohner auf der Krim zu vertreiben. Eine Welle von Enteignungen und Verhaftungen erschüttert die Insel und jeder, dem sein Leben lieb und teuer ist, packt sein Hab uns Gut zusammen und flüchtet. Wilhelm Scholz weigert sich standhaft, seine Leben für den politischen Wahnsinn aufzugeben und bleibt stur. Das bleibt nicht ohne Folgen für ihn und er muss fortan mit seiner Familie Bäume im hohen Norden fällen, in eisiger Kälte.
Das zweite Schicksal teilen wir mit Samuel Pfeiffer, einem Lehrer, der trotz Flucht keine Ruhe findet und immer wieder Opfer von Verfolgung und Anfeindung wird. Ein Wettlauf um das nackte Überleben beginnt...

"Wie Gräser im Wind" ist ein Buch, das schon nach wenigen Seiten seine ganze Intensität offenlegt und mich sprach- & fassungslos die Seite umblättern lässt.
Es schwebt immer wieder die Frage im Raum, was ein Mensch alles bereit ist zu ertragen, bevor er endgültig an seinem Schicksal zerbricht. Die Geschichte beider Familien ist von der Autorin mit bewegenden Szenen geschildert, die mir mehr als einmal die Tränen über die Wangen laufen lassen - stumme Tränen der Verzweiflung, der Wut und der Fassungslosigkeit, was diese Menschen alles erlebt haben.
Unweigerlich kommt die Frage auf, wie man sich selbst in so einer Situation verhalten würde, wenn einem immer wieder alles genommen wird, was man sich aufgebaut und wofür man gelebt hat. Es geht ja nicht nur um das Hab und Gut, es geht auch um die eigene Identifikation, die langsam aber sicher verschwindet, wenn man sich aufgrund der Sitten und Bräuche, der Sprache und seiner Herkunft ungeliebt und verachtet fühlt. Heimatlos und vertrieben fehlt einem doch ein wichtiges Stück Persönlichkeit - die Wurzeln der Herkunft, die Grundlagen für den eigenen Charakter.
Die Figuren sind sehr plastisch dargestellt, jedoch ist für mich Anna Scholz die heimliche Heldin dieses Romans. Ihre Zuversicht, auch in der dunkelsten Nacht noch Licht am Horizont zu sehen, ist beispiellos und ihr großes Herz verströmt so viel Liebe, ich kann gar nicht anders, als dieser Frau meinen ganzen Respekt zu zollen. Ich habe mit Pfeiffers und Scholzens gehofft und gebangt, gelitten und bin mit ihnen den steinigen Weg der Entbehrungen gegangen.
Ein Roman, der mich sehr berührt hat und mich noch lange beschäftigen wird.

Veröffentlicht am 20.03.2019

Romanitsch und spannend - für mich der schönste Liebesroman seit langem

Der Rosengarten am Meer
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Es ist Zeit, Vergangenes hinter sich zu lassen und Neues zu beginnen. Da entdeckt Isabel eine Anzeige, die ihr Interesse weckt. Schnell ist der Kontakt geknüpft,sie packt ihre Koffer und verlässt Wien ...

Es ist Zeit, Vergangenes hinter sich zu lassen und Neues zu beginnen. Da entdeckt Isabel eine Anzeige, die ihr Interesse weckt. Schnell ist der Kontakt geknüpft,sie packt ihre Koffer und verlässt Wien Richtung Ostsee. Kein leichter Schritt, doch die Aussicht, einen alten Rosengarten zu rekonstruieren hat ihre Neugier geweckt.
Damit sie die Rosen wieder erblühen lassen kann, benötigt sie genaue Pläne, wie der Garten damals ausgesehen hat. Bei ihrer Recherche stößt sie auf Geheimnisse und eine Liebe, die nicht sein darf, aber auch noch nach 100 Jahren für viel Gefühl sorgt...

"Der Rosengarten am Meer" ist das neue Herzensbuch aus der Feder von Nele Jacobsen und ich kann es jedem nur empfehlen, der Sinn für Romantik, Spaß am entdecken von Familiengeheimnissen und Lust auf wunderschöne Rosen hat.
Das Buch strahlt von Anfang an eine behagliche Wärme aus und setzt die Figuren ins richtige Licht. Nele Jacobsen weiß, was ihre Leserinnen mögen und so hat sie mit Isabel eine Persönlichkeit erschaffen, bei der es mir leicht fällt, mir ihre Schuhe überzustreifen und an ihrer Stelle durch die Geschichte zu schweifen.
Isabels Selbstvertrauen ist arg erschüttert, wird aber durch die Recherche zum Geheimnis des Rosengartens immer weiter aufgebaut und lässt sie so stückweise wieder zu der Frau aufblühen, die sie vor ihrer Bauchlandung einmal gewesen ist. _Es macht mir Spaß, ihre Entwicklung nachzuverfolgen und zu sehen, wie aus der verhuschten, von Selbstzweifel geplagten Maus eine selbstbewusste Frau wird, die ihr Herz wieder für die Liebe öffnet.
Ihr zur Seite hat die Autorin einen wahnsinnig charmanten Künstler namens Alex gestellt, der auch mein Leserherzchen höher schlagen lässt und es im Sturm erobert.
Doch Alex hat ein Geheimnis und das macht ihn noch viel interessanter, als er ohnehin schon ist.
Die Erzählung besteht aus zwei Zeitebenen, die jede für sich betrachtet, sehr bildlich und farbenfroh erzählt ist. Allgegenwärtig sind die wunderschönen Rosen, deren Duft mich durch das ganze Buch begleitet.
Marie, die Hüterin des Rosengartens in der Vergangenheit, ist eine starke Frau, die zum damaligen Zeitpunkt gelernt, hat, gegen alle gesellschaftlichen Zwänge anzukämpfen und so ihren Kopf durchzusetzen.Dabei bleibt ihr Herz leider auf der Strecke und sie muss ihre große Liebe ziehen lassen.
Was sich traurig anhört, ist in Wirklichkeit die schönste Liebesgeschichte, die ich seit langem gelesen habe,
Nele Jacobsen streut pudrig zart die kleinen Details der bittersüßen Liebe in das aktuelle Geschehen auf dem Gut ein, lässt so wunderschöne magische und romantische Momente entstehen und verbindet so geschickt die große Liebe aus längst vergangenen Tagen mit der noch jungen Liebe der beiden Hitzköpfe von heute.
Diese Buch ist für alle, die auf der Suche nach Romantik und Blütenduft sind, für alle, die das Träumen nicht verlernt haben und für alle, die die Schönheit der Natur mit all ihren Facetten genießen können.
Einfach ein echtes Herzensbuch !

Veröffentlicht am 18.03.2019

Hätten wir doch nur mehr von diesen kleine Helden...

Niemand weiß, dass du hier bist
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Eigentlich sollte Lorenzo eine unbeschwerte Kindheit erleben, doch zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges bliebt dies ein eher frommer Wunsch. Damit er halbwegs unbeschadet die Kriegswirren übersteht, schickt ...

Eigentlich sollte Lorenzo eine unbeschwerte Kindheit erleben, doch zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges bliebt dies ein eher frommer Wunsch. Damit er halbwegs unbeschadet die Kriegswirren übersteht, schickt ihn seine Mutter zu seinem Großvater und seiner Tante in die Toskana. Dieser Landstrich scheint noch friedlich zu sein und von den erschütternden Ereignissen weitestgehend verschont.
Lorenzo schließt schnell Freundschaft mit Franco, der ebenso wie er, seine faschistische Begeisterung teilt.
Doch diese Leidenschaft bekommt Risse, als Lorenzo Daniele kennenlernt, einen jüdischen Jungen. Droht bald nicht nur Daniele die Gefahr, die von den Deutschen ausgeht...

Ich lese gerne Debütromane, weil ich mich voller Neugier auf die Geschichten stürze, die noch völlig unverbraucht und noch nicht angepasst wirken. Dieses Buch habe ich empfohlen bekommen und bin dankbar für diesen Rat.
Nicoletta Giampietros Geschichte geht mir unter die Haut, lässt meine Tränen fließen und ich möchte einfach nur, dass dieser ganze Irrsinn, dem sie Leben einhaucht, endlich aufhört und Lorenzo unbedarft seine Kindheit genießen und Kind sein kann.
Lorenzo verdient meinen ganzen Respekt wie er, trotz seines jungen Alters, hier zum Held wird und ich wünsche mir, es gäbe mehr solche kleine Helden in unserem Alltag. Denn leider ist der braune Sumpf immer mehr auf dem Vormarsch und ich frage mich, hat man denn aus der Vergangenheit nichts gelernt ?
Dieses Buch will einfach gelesen werden, es schreit förmlich nach Aufmerksamkeit, weil es mit aller Deutlichkeit aufzeigt, zu was ein Kind fähig sein kann, wenn es nicht mit blindem Fanatismus benebelt wird und tiefe, echte Freundschaft in seinem Herz Einzug hält.
Ich möchte Lorenzo einfach nur zur Seite stehen, wenn er sich für Daniele einsetzt, ihm trotz der kargen Mahlzeiten immer noch von seinen letzten Bissen abgibt und ihm so vor dem Verhungern bewahrt. Seinen Einfallsreichtum, den der kleine Mann dabei an den Tag legt, finde ich bemerkenswert.
Ich möchte Lorenzo die Hand reichen, wenn er mal wieder nicht weiter weiß und Angst haben muss, dass sein Geheimnis entdeckt wird. Dieses Kind verdient meinen ganzen Respekt, meine Anerkennung, meine Liebe. Was dieser Junge selbstlos geleistet hat, ist einfach nicht mit Worten zu beschreiben.
Natürlich gibt es auch andere erwähnenswerte Charaktere, aber dieses Buch steht und fällt nun mal mit dem Jungen. Und so bleiben die andere Figuren für mich zwar wichtig Persönlichkeiten, spielen aber nur (das ist meine persönliche Meinung) eine untergeordnete Rolle. Sie vervollständigen die Handlung, lassen mich manchmal mit Staunen zurück (gerade der deutsche Offizier, der bei der Rettungsaktion Lorenzo hilft...das hätte ich so nicht erwartet) und lassen die Geschichte rund werden.
Ich kann gar nicht anders, mein Herz fliegt Lorenzo einfach nur zu und ich folge dieser Geschichte so gebannt, dass ich nur schwer in die Wirklichkeit zurückfinde. Es sind die vielen wagemutigen Aktionen, die ergreifenden und packenden Szenen, die mich hier immer wieder durchschütteln und zum Taschentuch greifen lassen. Gerade die letzten Seiten haben mir einen dicken Kloß im Hals verursacht und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten - die Autorin lässt uns daran teilhaben, was aus den Beteiligten geworden ist. Emotionaler kann ein Buch nicht enden.


Passend dazu fällt mir ein Lied von Herbert Grönemeyer ein : "Die Welt gehört in Kinderhände".

Ich glaube, Grönemeyer besingt unseren kleinen Lorenzo


Herzlichen Dank an den Verlag, der mir dieses Leseexemplar kostenfrei über NetGalley zur Verfügung gestellt hat. Diese Tatsache hat jedoch nicht meine ehrliche Lesermeinung beeinflusst.