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Veröffentlicht am 27.06.2019

Lesenswert!

Weiße Fracht
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Rezension zu „Lost in Fuseta – Weiße Fracht“ von Gil Robeiro
Seit ich die ersten zwei Teile der „Lost in Fuseta“- Krimis als Hörbuch gehört habe, bin ich ein riesen Fan der Reihe. Auch der dritte Fall ...

Rezension zu „Lost in Fuseta – Weiße Fracht“ von Gil Robeiro
Seit ich die ersten zwei Teile der „Lost in Fuseta“- Krimis als Hörbuch gehört habe, bin ich ein riesen Fan der Reihe. Auch der dritte Fall hat mir unglaublich gut gefallen. Sofort fiel mir auf, dass der Schreibstil, der mich auch bei den Hörbüchern schon fasziniert hat, beim Lesen genauso gut rüberkommt. Der Krimi lässt sich locker leicht lesen. Mit detailreichen, aber nicht zu detaillierten, Beschreibungen schafft es Gil Robeiro (der im übrigen Deutscher ist und diese Reihe unter einem Pseudonym verfasst) den Leser (oder zuvor Hörer) nach Portugal zu entführen und eine ganz besondere Atmosphäre zu erschaffen. Man ist mittendrin in Fuseta an der Algarve, genießt die Sonne und das Meer, was einen wunderbaren Kontrast zu den Mordfällen bietet. Wer also Krimis mag, sich aber bei zu düsterer Stimmung gruselt, für den ist diese Reihe perfekt. Auch Portugalliebhaber sollten mal einen Blick hineinwerfen.
Mir persönlich ist bei Krimis immer wichtig, dass die Ermittler irgendwie Charakter haben und da ich kaum Thriller, dafür aber Romane etc. lese, mag ich Nebenhandlungen. Auch dies bekommt man in „Lost in Fuseta“.
Da wären zum einen Graciana und Carlos, die beiden portugiesischen Ermittler, die ein tolles Team sind. Graciana überzeugt mit ihrer aufgeweckten, freundlichen Art. Carlos wirkt zunächst mürrisch, aber wer ihn kennt weiß, dass auch er sehr menschlich ist. Witzig finde ich, dass er fast immer etwas zu Essen dabeihat und es häufig so wirkt, als lebe er etwas gemütlich vor sich her. Der dritte im Bunde ist Leander Lost, womit sich auch der Name der Krimireihe erklärt. Lost ist Deutscher und Teilnehmer eines europäischen Austauschprogramms. Er hat das Asperger-Syndrom, ist also Autist, weshalb er immer wieder Probleme im Umgang mit anderen Menschen hat, aber die Ermittlungen als Eidetiker auch bereichert. Leander fasziniert mit seiner Art, ist er doch überaus intelligent und geht auch sehr interessante Weise mit der Einschränkung um, dass er weder ganze Gesichter sehen, noch Mimik, Gestik sowie Untertöne in der Sprach wahrnehmen kann. Die Figuren nehmen immer wieder Raum ein, allerdings hatte ich den Eindruck, dass in diesem Band der Fall etwas weiter im Vordergrund stand, als es im vorherigen Band. Auch war der Fall hier etwas spannender (nicht das der letzte Band nicht spannend gewesen wäre, aber hier ist die Spannung größer).
Wer Krimis mit sonnigem Setting mag, in denen der Fall spannend ist, aber auch die Ermittler ihre Geschichte haben, der sollte unbedingt zu Lost in Fuseta greifen – und da gilt nicht nur für „Weiße Fracht“, sondern auch für die ersten zwei Bände.

Veröffentlicht am 22.06.2019

wichtige Themen, die zum Nachdenken anregen

Die Frauen von Salaga
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Rezension zu „Die Frauen von Salaga“ von Ayesha Harruna Attah
Dieses Buch war das erste Buch, dass ich gelesen habe, dass in Afrika spielt und von einer afrikanischen Autorin verfasst wurde. Schonmal vorab: ...

Rezension zu „Die Frauen von Salaga“ von Ayesha Harruna Attah
Dieses Buch war das erste Buch, dass ich gelesen habe, dass in Afrika spielt und von einer afrikanischen Autorin verfasst wurde. Schonmal vorab: Ich kann es nur empfehlen.
Zunächst zum Schreibstil: Er ist angenehm und lässt sich flüssig lesen, aber nicht auf diese lockere Liebesroman-Weise, sondern ernster und tiefer. Durch tolle Beschreibungen erhält die Geschichte eine beeindruckende Atmosphäre, sodass man sich als Leser schnell mitten in Afrika wiederfindet. Erzählt wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Protagonistinnen, Aminah und Wurche. Dies war zunächst etwas anstrengend, was aber nicht an der Geschichte oder am Stil lag, sondern daran, dass viele Namen von Figuren und Städten logischerweise afrikanisch sind und es mir schwer viel, mir alle zu merken und zu verstehen, wie die Figuren zusammenhängen. Daher wer ein kleines Register am Ende oder zu Beginn des Buches hilfreich gewesen, eventuell auch mit Stammbaum. Im Verlauf des Buches findet man aber gut hinein in die Geschichte um Aminah und Wurche.
Die Protagonistinnen sind interessant, vor allem, da sie so verschieden und sich doch wieder ähnlich sind. Dem Klappentext ist schon zu entnehmen, dass Aminah entführt und als Sklavin verkauft wird. Dieser Teil ist erschreckend real erzählt und sorgt dafür, dass man sich als Leser unwohl fühlt. Ihre Gedanken sind gut nachvollziehbar und bei ihren Erlebnissen wird deutlich, wie stark sie eigentlich ist. Genau das hat sie mit Wurche gemeinsam. Wurche stammt aus einer wohlhabenden und einflussreichen Familie. Sie ist rebellisch insofern, als dass sie sich ungern in die Rolle der Ehefrau und Mutter drängen lässt, sondern etwas bewegen will. In der ersten Hälfte des Buches, kennen sich die beiden nicht. Es ist spannend ihre Lebenswege nachzuvollziehen und schnell spürt man, dass es kaum möglich ist dem Patriarchat zu entkommen. Nachdem die beiden sich treffen, verbindet sie ihre Kämpfernatur. Etwas irritiert hat mich der Klappentext laut dem sich beide in denselben Mann verlieben und der den Eindruck vermittelt, dass dies sehr im Zentrum steht. Das ist aber weniger der Fall. Es stimmt zwar, dass beide denselben Mann lieben, doch kommt es deswegen nicht zu solch riesengroßen Konflikten, wie ich aufgrund des Klappentextes erwartet habe. Stattdessen geht es um so viel mehr und das ist auch gut so! Der Roman macht deutlich, wie sehr die beiden Frauen, stellvertretend für viele andere, unter dem Patriarchat leiden. Wie sie eingeschränkt und in ihrer Selbstentfaltung unterdrückt werden. Außerdem ist der Sklavenhandel ein großes Thema. Sehr zu meiner Freude spielte auch die Kolonisation durch die Europäer eine Rolle. Ein Roman, der am Ende des 19. Jahrhunderts in Afrika spielt, hätte ohne diesen Aspekt auch große Lücken. Diese drei Schrecken werden dem Leser deutlich und regen zum Nachdenken darüber an, wie wir mit anderen Kulturen umgehen, welchen Einfluss das Eingreifen haben kann und ob/was man gegen Missstände (insbesondere die Unterdrückung von Frauen und Minderheiten) tun kann/sollte/muss.
Insgesamt ein tolles Buch, das mit interessanten Protagonisten und verschiedenen Themen überzeugt.

Veröffentlicht am 13.04.2019

Freundschaft und Frausein unterhaltsam thematisiert

Aller Anfang
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Rezension zu „Aller Anfang“ von J. Courtney Sullivan
J. Courtney Sullivan schreibt mit einer angenehmen Leichtigkeit über das Leben vier junger Frauen, Sally, Bree, April und Celia, die sich auf dem College ...

Rezension zu „Aller Anfang“ von J. Courtney Sullivan
J. Courtney Sullivan schreibt mit einer angenehmen Leichtigkeit über das Leben vier junger Frauen, Sally, Bree, April und Celia, die sich auf dem College kennen lernen und Freundinnen werden. Die Geschichte ist lebendig geschrieben. Der Leser kommt gemeinsam mit Sally, einer der vier jungen Frauen, am Smith-College an. So schafft es Sullivan den Leser mitten in die Geschichte zu werfen, die unmittelbar beginnt. Außerdem lernt man als Leser gemeinsam mit den Freundinnen den Campus und das Leben dort kennen.
Zunächst kann irritierend sein, dass die Kapitel sehr lang sind. Wer gerne kürzere Kapitel liest, wird also hier und da mitten im Kapitel das Buch aus der Hand legen. Im Nachhinein hat es dann aber dich weniger gestört, als anfangs gedacht. Das liegt auch daran, dass in jedem Kapitel eine andere der Freundinnen aus ihrer jeweiligen Sicht die Geschichte weitererzählt. Durch die längeren Kapitel hat man die Chance, sich ganz auf da Leben derjenigen einzulassen, die gerade erzählt.
Interessant ist, dass Sally, Bree, April und Celia so ganz unterschiedliche Charaktere sind, was sich auch in ihren Erzählungen niederschlägt und für entsprechende Abwechslung sorgt.
Sally, die früh ihre Mutter verlor, lebt eher das klassische Leben. Bree entdeckt sich selbst im College neu, hadert jedoch lange damit, während April ihren Prinzipien treu bleibt und für ihre Grundsätze kämpft. Celia kommt, neben Sally, aus einem reichen Elternhaus und ist von Beginn an die ehrgeizige Karrierefrau. Insgesamt macht es sehr viel Spaß den Frauen dabei zuzusehen, wie sie ihren Weg finden, sich selbst und einander verlieren, scheitern und siegen und durch das unsichtbare Band der Freundschaft stets verbunden sind.
Spannung entsteht dadurch, dass es der Autorin gelungen ist, in der Geschichte immer wieder Hinwiese zu streuen, die neugierig machen und die dann aufgelöst werden. Außerdem hat man keinesfalls das Gefühl, vier gleiche Leben zu verfolgen, sondern ganz unterschiedliche Lebenswege und jeder ist auf seine Art interessant.
Thematisiert werden außerdem schwierige Themen rund um Frauen, mit denen die Freundinnen, die mal mehr mal weniger feministisch unterwegs sind, in Berührung kommen.
Insgesamt ist „Aller Anfang“ ein tolles Buch, dass sowohl durch die Thematisierung der Benachteiligung und Misshandlung der Frauen in vielen Länder dieser Welt, als auch durch die Geschichte um die Freundschaft der vier Frauen eine tiefgründige Lektüre ist, die gleichzeitig Spaß macht.

Veröffentlicht am 30.03.2019

spannende Geschichte in einzigartiger Atmosphäre

Das schönste Mädchen Havannas
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Rezension zu „Das schönste Mädchen Havannas“ von Susana López Rubio
Mit „Das schönste Mädchen Havannas“ hat Susanna López Rubio einen Roman mit ganz viel Atmosphäre geschaffen. Dies liegt zum einen an ...

Rezension zu „Das schönste Mädchen Havannas“ von Susana López Rubio
Mit „Das schönste Mädchen Havannas“ hat Susanna López Rubio einen Roman mit ganz viel Atmosphäre geschaffen. Dies liegt zum einen an dem schönen Schreibstil, der sich flüssig lesen lässt, und zum anderen an den vielseitigen Charakteren. Erzählt wird aus zwei Perspektiven, nämlich jenen der zwei Protagonisten Patricio und Gloria. Diese Erzählweise bereichert den Roman, da so das Leben auf Kuba in zwei verschiedenen Gesellschaftsschichten deutlich wird.
Der Beginn des Romans ist für den Leser angenehm. Man kommt zusammen mit Patricio auf Kuba an und lernt damit auch zusammen mit ihm die Insel kennen. Schnell lernt er die guten und schlechten Seiten Kubas kennen. Patricio ist zunächst vom Glück gesegnet. Mit seiner fröhlichen, lustig-charmanten Art findet er eine Anstellung in Kubas größtes Kaufhaus, dem Encanto. Es ist spannend ihn dabei zu begleiten wie er namhafte Größen bedient und natürlich wie er Gloria kennenlernt. Die Verbindung zwischen den beiden ist sofort spürbar. Es könnte alles perfekt laufen, wäre da nicht Glorias Ehemann César, der zu allem Überfluss der größte Mafiaboss auf Kuba ist. Erschreckend sind daher Glorias Berichte über ihr Leben mit César, während man bei Patricio häufiger das schöne Leben auf Luba spürt, auch wenn bei ihm lange nicht alles gut läuft, vor allem, seit das schönste Mädchen Havannas in sein Leben getreten ist. Dazu aber nicht mehr, um nichts an Spannung zu nehmen.
Zu diesen Figuren kommen noch weitere hinzu, die den Roman interessant machen. Da wären zunächst Gúzman und Grescas, Patricios Freunde, die charakterlich sehr unterschiedlich sind, aber die sich immer aufeinander verlassen können und sich hier und da in Unannehmlichkeiten verstricken, um doch immer wieder aufzustehen. Außerdem ist da noch Nely, die sich in Patricio verguckt hat. Nely ist eine liebevolle, geduldige junge Frau, die Patricio sicherlich guttut. Interessant ist an ihr auch, dass sie politisch Interessiert ist und so die Revolution auf Kuba mit thematisiert wird. Dieser Aspekt hätte gerne noch mehr hervortreten dürfen, da er Kuba unwiederbringlich prägt.
Erwähnenswert ist auch Marita, Césars Schwester. Eine unangenehme Frau, die einem, je mehr man sie kennen lernt, nur Leidtun kann. Als Teil der Mafia-Familie kann sie sich dem Einfluss ihres Bruders nicht entziehen und ist auch selbst durchaus gefährlich, zumindest für Gloria, auf die Marita ein Auge haben soll. Gut das Gloria ihre Großmutter hat, die eine Affinität für Aberglaube und Magie durch Kräuter etc. hat. Eine sehr weise und freundliche Frau, die alles in ihrer Macht stehende tut, um Gloria zu unterstützen.
Die Geschichte insgesamt besticht, wie schon gesagt, durch die Atmosphäre und durch die Anziehung zwischen Gloria und Patricio. Der Leser spürt, dass die beiden etwas Besonderes verbindet. Das Gloria mit César einen äußerst gefährlichen Ehemann hat, macht die Geschichte spannend. Man hofft mit Gloria und Patricio, wird enttäuscht, hofft erneut, bis zum Ende des Romans. Insgesamt kann ich nur eine Leseempfehlung aussprechen. Das Buch fasziniert mit einzigartigem Charme und trumpft mit einer spannenden Geschichte auf.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Was geschieht, wenn Liebe dazukommt?

Auf dem Wasser treiben
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Rezension zu „Auf dem Wasser treiben“ von Theresa Prammer
„Auf dem Wasser treiben“ ist von Beginn an ein spannendes Buch. Der Schreibstil lässt sich angenehm und flüssig lesen. Die Geschichte wechselt ...

Rezension zu „Auf dem Wasser treiben“ von Theresa Prammer
„Auf dem Wasser treiben“ ist von Beginn an ein spannendes Buch. Der Schreibstil lässt sich angenehm und flüssig lesen. Die Geschichte wechselt zwischen verschiedenen Erzählperspektiven, die die Geschichte schön rund machen. Besonders schön erzählt sind die Gedanken Stefans (einer der drei Geschwister) zum Wasser. Er ist zwar Physiker, aber spricht keinesfalls hochkompliziert über dieses Thema, sondern gut verständlich und fast schon poetisch. Seine Faszination für dieses Element nimmt man ihm von Beginn an ab, obwohl er zu Beginn des Buches gar keinen guten Start hat. Insgesamt wird das Buch durch die drei, charakterlich doch sehr verschiedene, Geschwister bereichert. Stefan ist einer von ihnen. In sich zurückgezogen und schüchtern wünscht man sich von Beginn an, dass er aus sich herauskommt, ist er doch sympathisch und offensichtlich freundlich. Dann ist da Emma, die Schwester in dem Dreiergespann. Emma wirkt nicht nur unzufrieden, sondern richtig unglücklich. Für die Kinderbuchautorin in der Schaffenskrise hofft man, dass sie eben diese Krise überwindet, ebenso wie ihre gescheiterte Ehe. Zuletzt ist da noch Fred. Fred ist der Erfolgstyp, der sein Leben im Griff hat, aber gleichzeitig einen Kontrollzwang zu haben scheint. Außerdem wirkt er überheblich. Von den drei Geschwistern ist er der einzige, der unsympathisch erscheint. Näheres zu den Figuren lasse ich bewusst aus, um nichts vorwegzunehmen.
Im Zentrum der Handlung stehen jedoch nicht nur die Geschwister, sondern alles dreht sich um die Familie im gesamten. Der Vater ist früh abgehauen, als die Kinder noch klein waren. Nun ist ihre Mutter, mittlerweile glücklich neu verheiratet mit einem sehr netten und liebevollen Mann, verschwunden. Die Kinder machen sich auf die Suche und finden dabei nicht nur einiges über ihren Vater heraus, sondern vor allem lernen sie eine Menge über und für sich selbst.
Von Beginn an schafft es Theresa Prammer den Leser zu fesseln. Dies geschieht nicht nur durch die schöne Erzählweise, sondern vor allem durch einige kleine „Schreckmomente“, die die Geschichte lebendig machen.
Die Wassermetaphorik passt prima in die Geschichte. Sie wirkt nicht gekünstelt, sondern ist sowohl durch Anfang und Ende des Romans, als auch durch Stefans Affinität zum Wasser perfekt eingegliedert und sorgt für so einige schöne Zitate.
Fazit: „Auf dem Wasser treiben“ ist ein mitreißender Roman, der zeigt, wie Familien beeinflusst werden, wenn sich etwas Wesentliches verändert (in diesem Fall das Verschwinden des Vaters) und wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen. Gerne mehr davon!