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Veröffentlicht am 05.04.2020

Fantastisch-magisches Jugendbuch, und doch so philosophisch

Serafin. Das Kalte Feuer
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An dieser Stelle möchte ich den S. Fischer Verlag herzlich dafür Danken, dass ich bei der Aktion mitmachen durfte und dafür alle 4 Bände des Merle Zyklus erhalten habe. Die ersten 3 Bände von Merle hat ...

An dieser Stelle möchte ich den S. Fischer Verlag herzlich dafür Danken, dass ich bei der Aktion mitmachen durfte und dafür alle 4 Bände des Merle Zyklus erhalten habe. Die ersten 3 Bände von Merle hat Kai Meyer vor 20 Jahren geschrieben. Diese hätte ich immer noch sehr gerne als Hörspiel, vor allem auf langen Autofahrten. Mit „Serafin. Das kalte Feuer“ setzt der Autor die Geschichte fort und schafft damit auch einen Abschluss der gesamten Reihe.

Coverbild
Für die Neuerscheinung des Buches wurden auch die 3 Merle Bücher in einer Neuauflage neu gestaltet und alle 4 Bücher erscheinen im gleichen Layout. Die Illustratorin Jana Heidersdorf hat für alle 4 Bücher das Cover neu gezeichnet. Das Cover von Serafin ist ganz in orangegelb gehalten. In der Mitte des Bildes steht ein Junge auf einem Dach, aus seiner Hand wächst eine Feuerkugel. Neben ihm fliegt eine goldene Katze mit Flügeln. Dahinter steht ein Mädchen ganz in schwarz gekleidet mit flatterndem rotem Schal und einen Säbel in der Hand. Es ist ein ganz typisches Cover für jugendliche Fantasy und gefällt mir sehr gut. Alle Bänder ergeben ein wunderschönes Gesamtbild.

Handlung
Auf der Suche nach Merles Vater und vor der Flucht der Kartographen landen die beiden Freundinnen mithilfe Junipas Spiegelmagie wieder in einem der vielen Abbilder von Venedig. Auch hier leben und walten die Personen, die sie auch aus ihrem eigenen Venedig kennen und auf die sie immer wieder in jeder Venedig-Spiegelung begegnet sind. So auch Serafin, der diesmal ein Schlammsammler, der in den leeren Kanälen Venedigs nach Schätzen sucht und so auf die beiden Mädchen stößt. 2 Jahre ist es nun her, seit dem Merle ihren Serafin verloren hat. Doch viel Zeit haben die Mädchen nicht, denn auch in diesem Venedig werden sie von mächtigen Gegnern gejagt. Die einzige Hoffnung ist, Merles Vater zu finden und damit auch das Herz der Stadt.
Buchlayout / Haptik
Die Gestaltung der gebundenen Ausgabe kommt eher schlicht daher. Die Buchdeckel sind in einfachem Karton und die Innengestaltung ist sehr einfach gehalten. So werden die Kapitel lediglich mit einer Ziffer eingeleitet. Da die Erzählung aus zwei Perspektiven erzählt wird, hätte ich mir hier eine optische Hervorhebung des Protagonisten gewünscht. Insgesamt werden die 350 Seiten in sehr angenehme 35 Kapitel eingeteilt.

Idee / Plot
Ganz klar war, dass die Geschichte mit Merles 3. Band, und dem Verlust ihrer großen Liebe Serafin, es keine Wiederauferstehung geben soll. Aber trotzdem ist die Idee, 20 Jahre nach der Erscheinung der Merle-Trilogie in die Spiegelwelten einzutauchen und die Figuren wieder aufleben zu lassen, wirklich grandios. Vor allem begeistert mich die Vorstellung, dass die Welten oder Städte allein durch die Vorstellungskraft existiert:

»Und jede dieser … Manifestierten Städte existiert mehr als einmal?«
»Dutzendfach, vielleicht hundertfach oder sogar noch öfter«, sagte Junipa. »Es hängt davon ab, wie viele Geschichten sich die Menschen darüber erzählen und wie klar die Vorstellung ist, die die Leute davon haben. Über Venedig gibt es so viele Legenden, Märchen, dann all die Bücher … Nicht jeder dieser Versionen manifestieren sich und wird real, aber doch sehr viele.«

Kai Meyer “Serafin - Das Kalte Feuer”, S. 143-144 (© 2020, Fischer Kinder- und Jugendbuchverlag / Sauerländer)

Was für eine hohe philosophische Ansicht! Sind wir wirklich real, oder nur der Vorstellung eines höheren Wesens entsprungen? Wie viele Realitätn gibt es von uns?

Emotionen / Protagonisten
Serafin ist ein anderer Serafin, als der, den Merle und Junipa in ihrem Venedig kannten. Aber er ist trotzdem immer noch ein draufgängerischer und mutiger Junge, der sein Herz am rechten Fleck hat. Um seiner schwerkranken Mutter zu helfen, geht er bewusst Risiken ein, und so war es auch nicht verwunderlich, dass er den beiden Mädchen auf ihrer Suche nach Merles Vater gleich geholfen hat. Ich habe Serafin gleich in mein Herz geschlossen.

Auch Merle und Junipa waren mir von Anfang an gleich wieder sehr präsent und ich konnte immer gut mit ihnen mitempfinden. Mir hat es gefallen, dass Merle sich bewusst ist, dass es ein anderes venedig und ein anderer Serafin ist, aber sie auch wehmütig an ihre Zeit damals zurück gedacht hat. Trotzdem ist sie tapfer mit ihrer Freundin Junipa durch dieses Abenteuer gegangen.

Natürlich gibt es noch viele andere Charakter, die Kai Meyer Leben eingehaucht hat. Zu erwähnen wäre hier Cagliostra, eine fliegende goldene Katze. Die Beziehung zwischen ihr und Serafin hat mir sehr gut gefallen. er ist schnippisch und typisch katzenhaft arrogant, hat aber ein sehr weiches Herz.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Wie auch schon in den vorangegangenen Merle Büchern wird die Handlung immer stetig vorangetrieben. Es gibt keine Längen und die Spannung wird kontinuierlich aufgebaut. Bis es zum Ende hin noch mal sehr aufregend und spannend wird für die Drei! Und ja, es gibt auch eine Liebesgeschichte, die mir sehr gut gefallen hat und der ganzen fantastisch magischen Welt noch einen zarten Hauch von Romantik verliehen hat, ohne kitschig zu werden.

Auch wenn es ein Folgeband der Merle-Trilogie ist, kann man das Buch unabhängig davon lesen. Was ich aber nicht empfehlen würde. Es gibt doch einige Situationen oder Parallelen, die man besser mit dem Vorwissen verstehen und nachvollziehen kann.

Szenerie / Setting
Wie von Kai Meyer nicht anders zu erwarten hat er auch hier wieder ein fantastisches Setting geschaffen. Denn dieses Venedig ist doch ganz anders als das von der Merle-Trilogie, und doch ist es einfach nur faszinierend und berauschend, wie Kai Meyer dem Leser die Umgebung und die Stimmung passend darstellen kann. Venedig kenne ich selber und es zählt zu meinen Lieblings-Städten, und diese Stadt hat einfach was extrem Magisches.

Sprache / Schreibstil
Wir erleben die Abenteuer der drei Freunde jeweils in der Multiperspektive aus der Sicht von Merle oder von Serafin als personaler Erzähler im Präteritum. Kai Meyer hat einen extrem flotten und eingängigen Schreibstil, so, dass die Seiten einfach nur dahin fliegen und trotzdem sprüht er vor lauter Fantasie.

FAZIT
Es ist eine wundervolle, magisch-fantastiche Geschichte für Jung und Alt und der Beweis, dass Jugendbücher sehr viel philosophischer sein können. Mir hat das Buch unheimlich Spaß gemacht! Ich kann aber nur empfehlen, vorher die Merle-Trilogie zu lesen bevor man sich in den Zauber dieses Buches begibt um die Zusammenhänge doch besser verstehen zu können.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.05.2019

Stimmige und spannende Fortführung mit kriminalistischen Zügen

Das Zeitenmedaillon – Die Seherin
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Den ersten Teil der Zeitenmedaillon-Trilogie “Die Auserwählte” habe ich im Zuge meiner Häppchenlesung-Challenge erst vor kurzem gelesen und es hatte mir sehr gut gefallen. Als nun die Autorin verkündete, ...

Den ersten Teil der Zeitenmedaillon-Trilogie “Die Auserwählte” habe ich im Zuge meiner Häppchenlesung-Challenge erst vor kurzem gelesen und es hatte mir sehr gut gefallen. Als nun die Autorin verkündete, dass der 2. Teil “Die Seherin” auf Netgalley schon verfügbar wäre, habe ich sofort mein Glück versucht. Ich danke Netgalley und dem Verlag 47North Verlag für die Möglichkeit, das Buch schon vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin lesen zu dürfen.

Coverbild

Analog zum Cover des ersten Bandes ist auch dieses gestaltet. In der Mitte sieht man das Zeitenmedaillon, das von zierlichen Blütenranken umrahmt wird. Die grafischen Zeichnungen glänzen golden auf nachtblauem Hintergrund. So simpel, so schön.

Handlung

Als dritte Tochter einer Medaillonträgerin übernimmt Amélie die Bürde ihres Erbes und beginnt ihr Abenteuer der Zeitreise. Nach einem kurzen Sprung in die Zukunft landet sie aber im Jahr 1473. Ein gefährliches Zeitalter, gerade für Frauen, denn die Hexenverfolgung ist allgegenwärtig. Prompt wird Amélie auch gefangen genommen und verschleppt. Zufällig lernt sie dort Holmger kennen, der sie kurzerhand befreit und mit nach Dänemark nimmt. Aber dort werden die Beiden durch eine Intrige am Königshof auf eine harte Probe gestellt und Amélie bleibt nichts anderes übrig als mit ihrem Medaillon in eine andere Zeit zu fliehen.

Buchlayout / eBook

Wie im ersten Band schon ist das eBook eher schlicht gehalten. Die gut 302 Seiten werden in 24 angenehme Kapitel eingeteilt, die jeweils mit der Nummer und nur dem Wort “Kapitel” eingeleitet werden.

Idee / Plot

Die Thematik der Frauenrechte, bzw. nicht vorhandenen Frauenrechte in der Vergangenheit, auch im Vergleich zur Gegenwart, ist auch hier - wie im ersten Band - gut präsent, bleibt aber dezent im Hintergrund und ist mehr auf das Thema Hexenverfolgung verschoben. Amélie bekommt Hilfe, indem sie Zeitsprünge macht und dabei wesentliche Informationen erhält. Aber dieses Wissen kann der Zeitreisenden gerade in der Vergangenheit, wie dem Mittelalter, zum Verhängnis werden. Denn Menschen mit heilenden und zukunftsvoraussehendem Wissen wurden ganz schnell als Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Es ist wohl nicht nötig zu sagen, dass Frauen einen Großteil der Opfer der Hexenverfolgung ausmachten.

Emotionen / Protagonisten

Verständlicherweise ist Amélie Laurent zunächst sehr unsicher auf ihrer Reise, wird aber von Tag zu Tag tougher und mutiger. Bis sie sogar auch moralische Grenzen überschreitet. Mir gefällt sehr gut, dass die Protagonistin nicht den Romantasy typischen, unterschwellig erwarteteten Handlungskonventionen entspricht, sondern auch mal über die Stränge schlägt. Ja, das ist gut so, denn es muss nicht immer moralisch korrekt sein! Und das Mittelalter war auch grausam! Trotzdem bleibt sie reflektiert und setzt sich mit ihrem Gewissen auseinander. Nicht nur die Zeitreisen, sondern auch Träume, die ihr einen kurzen Einblick in zukünftige Ereigne sehen lassen, lässt sie ständig in Gefahr leben.

Sie verliebt sich schnell in ihren Holmger, der sie mit einer List an sich gebunden hat. Holmger von Aalborg ist ein sympathischer, dänischer Abgesandter des Königs. Er verkörpert das nordische, rauhe Temperament mit einem weichen Kern. Er hat sich schnell in Amélie verliebt und ist ihr total ergeben.

Die Beziehung der beiden gefällt mir gut, obwohl ich mir da etwas mehr Tiefe gewünscht hätte. Besonders Holmger ist mir nicht so greifbar. Aber ich kann ihre und seine Handlungen gut nachvollziehen.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen

Nach einem Einblick in Amélies Familienleben und ihrer Beziehung zur ihrer Schwester Brigit geht Amélis Abenteuer auch schon gleich los. Das Medaillon führt sie in das 15. Jahrhundert. Die Spannung wird kontinuierlich aufgebaut und weitergetrieben bis es zu einem recht krassen Höheapunkt kommt. Hossa! Tanja Neise hat diesmal auch mehrere verschiedene Zeiten eingebaut und der Wechsel bringt noch mal viel Spannung mit.

Leider tauchen Amélis Träume recht kurzfristig vor dem Ereignis auf, bei dem Amélie das Wissen aus dem Traum benutzen kann. Hier hätte man das vielleicht besser übe das Buchaufteilen können, denn die nächsten Ereignisse wird dadurch nach dem zweiten oder dritten Traum schon fast vorhersehbar.

Trotzdem geht mir vieles zu schnell und ich hätte mir tatsächlich mehr Details gewünscht, auch wenn es dann mehr Seiten bedeutet hätte. Aber die Geschichte hätte definitiv das Potenzial dazu gehabt!

Schön ist aber, wie Tanja Neise mit dem Zeitparadoxon umgeht. In ihrer Zeitreisegeschichte kann und wird zwar die Zukunft durch die Handlungen die Madaillonträgerinnen verändert, das Schicksal der Personen bleibt aber das Gleiche, egal durch welchen Einfluss. Ein sehr spannender Ansatz.


Szenerie / Setting

Die Autorin kann mir alle Zeiten und Orte bildhaft vor Augen führen. Sie baut auch immer wieder geschichtliche Ereignisse oder Persönlichkeiten ein, was mir besonders gut gefällt.

Auch die Protagonistin kann sich in den verschiedenen Zeiten gut zurecht finden, wurde sie ja von ihrer Mutter auf vieles vorbereitet. Besonders lustig sind aber ihre Gedanken, als sie sich in einer jüngeren Zeit, den 80ern befindet. Wie erklärt man einem Menschen aus dem 18. Jahrhundert, wie eine Toilettenspülung funktioniert?

“Im nächsten Moment rauschte frisches klares Wasser wie durch Zauberhand in die Schüssel. Ich zuckte erschrocken zurück und bekreuzigte mich. Das war wie von Hexenhand herbeigeführt. Wie hatte sie das gemacht?”

Tanja Neise “Das Zeitenmedaillon - Die Seherin”, Pos. 3315 (kindle Edition © Tanja Neise, 47North Verlag)

Der technische Fortschritt der Neuzeit wirkt genauso beängstigend auf sie wie sie selber mit ihrem Wissen auf ihre Mitmenschen im 15. Jahrhundert. Hier stellt Tanja eine sehr nette Analogie auf köstlich humorvoller Art her!

Sprache / Schreibstil

Sprachlich hat mich Tanja Neise wieder voll überzeugt. Sie passt die Ausdrucksweise der Zeit angemessen an. Die Sprache ist verschnörkelter und gestelzter, was aber mit dem Setting absolut gut harmoniert. Dennoch lässt es sich sehr gut und flüssig lesen.

FAZIT

Eine wirklich schöne und stimmige Fortsetzung der Zeitreisegeschichte mit teilweise kriminalistischen Zügen. Ich hätte mir mehr Details und manchmal auch mehr Tiefe gewünscht, was aber das Leseerlebnis nur ein wenig beeinflusst. Vor allem die Messages gefallen mir sehr die Tanja durch viele manchmal unauffälligen Kleinigkeiten einfließen lässt.

Veröffentlicht am 31.03.2019

Ein fesselnder Jugendthriller in einer brandaktuellen Thematik

Erebos
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Dieses Buch hatte ich letztes Jahr beim Schrottwichteln erhalten und lag Sage und Schreibe 1 Jahr auf meinem Nachtkästchen. Nun endlich hatte ich es geschafft in die Hand zu nehmen. Der Name Ursula Poznanski ...

Dieses Buch hatte ich letztes Jahr beim Schrottwichteln erhalten und lag Sage und Schreibe 1 Jahr auf meinem Nachtkästchen. Nun endlich hatte ich es geschafft in die Hand zu nehmen. Der Name Ursula Poznanski ist mir bereits bekannt, jedoch hatte ich noch keinen Titel von ihr gelesen.

Coverbild

Auf einem roten Hintergrund, mit künstlichen Rissen und Abwetzungen versehen, blickt einem ein einzelnes Auge in schwarzer Farbe entgegen. Die Buchstaben des Titels sind in typischer Stempelschrift in großen Lettern platziert. Das Cover vermittelt schon gut das Genre des Thrillers.

Handlung

Ein geheimes Computer-Spiel namens Erebos kursiert auf dem Schulhof und immer mehr Klassenkameraden fangen an, sich komisch zu verhalten oder sogar tageweise zu verschwinden. Auch Nicks bester Freund Colin verhält sich ihm gegenüber plötzlich ganz anders und die Freundschaft beginnt zu zerbröckeln. Um dem ganzen auf die Spur zu kommen und die Freundschaft zu retten, versucht Nick an das Computer-Spiel heranzukommen. Doch auch Nick kann sich dem Sog des Spiels nicht entziehen und plötzlich ist das Spiel nicht nur mehr Virtual Reality, sondern wird zur Realität im Leben der Schüler.

Buchlayout / Haptik

Das Taschenbuch ist eher schlicht. Die 485 Seiten werden in 35 Kapitel eingeteilt, die jedoch nur mit der Kapitelzahl optisch abgesetzt werden. Die Kapitel an sich haben eine angenehme Länge und teilen die Geschichte in sinnvolle Abschnitte ein.

Idee / Plot

Wann wird die virtuelle Spielwelt zur Realität im Alltag? Auch wenn Ursula Poznanski diese Thematik hier in einer überspitzten Form näher bringt, ist dieses Thema so topaktuell. Inwieweit hat uns die virtuelle Realität im Griff und würde uns verleiten Dinge zu tun, die wir eigentlich nicht möchten? Nur um “dabei zu sein”? Was ist mit den viralen Phänomenen auf dem Schulhof, wie die Gruselbilder “Momo”, bei dem die Kinder Albträume bekommen, obwohl es eigentlich nur eine Plastikfigur ist, aber trotzdem die Schüler auf dem Pausenhof damit prahlen es auf ihrem Handy gespeichert zu haben. Oder das Spiel “Fortnite”, bei dem jedes 5 jährige Kind schon die komischen Tänze (Zahnseide, Looser-Tanz) tanzen kann. Wo ist die Grenze zwischen Spaß und Ernst?

Emotionen / Protagonisten

Nick ist ein ganz normaler Junge, der die Freundschaft zu seinem besten Kumpel nicht verlieren möchte. Zunächst geht er vernünftig an die Sache ran, und möchte dem Geheimnis auf die Spur kommen, doch um so mehr er sich in den Sog des Spiels begibt, entwickelt auch er den Ehrgeiz in der virtuellen Gemeinschaft anerkannt zu werden. Doch das Spiel zieht ihn immer mehr in die Spirale, der er sich einfach nicht entziehen kann. Aber ein kleiner Funke Skepsis bleibt ihm erhalten und plötzlich merkt er, wie gefährlich Erebos ist. Für mich ist er ein tougher und reflektierter Junge.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen

Gerade der langsame Aufbau der Handlung, wie Nick in das Spiel verwickelt wird und erst langsam den Ernst der Lage erkennt, hat mir gut gefallen. Die Spannung steigt leicht aber stetig an. Trotz der über 400 Seiten ist der Handlungsaufbau ausgewogen, der Spannungsbogen erfährt in der Mitte und am Ende einen Höhepunkt und lässt den Leser durchweg an das Buch fesseln.

Szenerie / Setting

Das Setting eines Schulhofes ist für diese Thematik absolut passend. Denn gerade Kinder lassen sich leichter manipulieren als Erwachsene. Mich erinnert es auch stark an das Buch “Die Welle” von Morton Rhue.

Sprache / Schreibstil

Sprachlich gefällt mir Ursula Poznanskis Stil sehr gut. Er ist dem Genre und der Zielgruppe entsprechend richtig eingesetzt. Wir erleben die Geschichte aus Nicks Perspektive als auktorialer Erzähler im Präsens ohne unnötige Wiederholungen oder ausschweifenden Erzählungen.

FAZIT

Eine fesselnde und authentische Geschichte, sprachlich ausgereift und flüssig erzählt. Ein Jugendthriller mit einer brandaktuellen Thematik. Dies wird ganz bestimmt nicht der einzige Poznanski-Titel bleiben!

Veröffentlicht am 31.03.2019

Showbiz vs. Hinterwäldler - spannende Charakterentwicklung zwischen zwei Welten

Wenn Liebe Wunden heilt
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Im Rahmen meiner Häppchenlesung Challenge für die LBM2019 habe ich mir als nächstes Buch die Neuveröffentlichung “Wenn Liebe Wunden heilt” von Emily Bold zur Brust genommen. Und ich muss sagen, es hat ...

Im Rahmen meiner Häppchenlesung Challenge für die LBM2019 habe ich mir als nächstes Buch die Neuveröffentlichung “Wenn Liebe Wunden heilt” von Emily Bold zur Brust genommen. Und ich muss sagen, es hat mich überrascht und Emily Bold hat mich sehr überzeugt.

Coverbild

Endlich mal wieder ein Cover ohne einem weiblichen Gesicht oder einem verliebten Pärchen. Das ist bei Liebesromanen nicht so einfach zu finden. Hier sieht man in der linken Hälfte eine lila Gitarre, auf der ein Pflaster in Form eines Herzens geklebt ist. In der rechten Hälfte steht der Buchtitel in großer handgeschriebener Schrift auf geweiselten Holzdielen. Ein rosa Seil rundet das Cover in Form eines Herzens ab. Eigentlich ist das Cover nicht wirklich mein Geschmack sondern ist mir zu sehr kitschig. Aber es kann das Genre ganz gut transportieren.

Handlung

Der junge Mechaniker Fynn Keller ist sehr betrübt und all seine Sorgen, Liebe und Schmerz legt er mit voller Inbrunst in einen Song, den er spontan in der Bar seines Heimatdorfes Palmer vor seinen Freunden performt. Dummerweise filmt sein Kumpel ihn dabei und stellt das Video in den sozialen Kanälen online. Die PR-Agentin Brooke Adams entdeckt das Video und ist ganz Feuer und Flamme. Nur blöd, dass sie gerade wegen einem Skandal aus der Plattenfirma Dream Music geflogen ist und sich mit ihrem Chef und ehemaligen Liebhaber Brennan überworfen hat. Doch sie setzt alles daran, den Hinterwäldler aus Alaska in nur kurzer Zeit an die Spitze der Charts zu bringen und sich damit wieder eine feste Position in der Firma zu erarbeiten. Aber dabei prallen 2 Welten aufeinander. Brooke, vom Erfolg verwöhnt muss um die Anerkennung kämpfen und mit Fynn, der den Vertrag nur aus einem ganz bestimmten Grund unterschrieben hat, aber mit der verlogenen Musik-Maschinerie eigentlich nichts zu tun haben will.

Buchlayout / eBook

Die 319 Seiten werden in 33 Kapitel eingeteilt, die eine angenehme Leselänge für mich haben. Ansonsten bleibt die Gestaltung des eBooks recht schlicht.

Idee / Plot

Es ist eigentlich der typische Cinderella-Plot, der in Liebesromanen häufig anzutreffen ist. Spannend aber hier ist der Rollentausch. Fynn ist derjenige, der aus dem Schmutz seiner Autowerkstatt die Chance erhält zum berühmten Star zu werden und Brooke die Prinzessin, die es vermag ihn an die Spitze zu katapultieren. Klar prallen hier zwei Gesellschaftsschichten aufeinander und geben jede Menge Zündstoff.

Emotionen / Protagonisten

Brooke ist verwöhnt, weil sie das bekommt was sie will oder es sich schlicht einfach nimmt. Aber sie trägt auch eine schwere Last mit sich, die sie hinter ihrer herrischen Maske versteckt. Bloß keine Gefühle zeigen, denn das bricht dir im Showbiz das Genick, und Brooke will zurück ins Business und kann sich keine Sentimentalitäten leisten. Brooke ist wahrlich kein Sympathieträger, sie ist regelrecht anstrengend und gewissenlos, dass man sich gar nicht vorstellen kann, wie aus den beiden Protagonisten ein glückliches Paar werden soll.

Das Spielchen des verlogenen Music Business macht Fynn zähneknirschend mit, denn es gibt einen ganz wichtigen Grund für ihn, warum er all diese Strapazen auf sich nimmt. Obwohl Brooke mit ihrer Sensationssucht und Ungeniertheit zu weit geht und Grenzen überschreitet, fühlt er sich sexuell zu ihr hingezogen. Und langsam beginnt auch Brooks zementierte Fassade zu bröckeln. Er ist und bleibt ein hoffnungsloser Romantiker, macht ihn mir aber ungemein sympathisch.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen

Besonders gut gefallen hat mir der rasche Handlungsaufbau ohne große Einführung oder Längen. Auch dass wir als Leser zunächst wenig wissen aus der Vergangenheit, welchen Skandal Brooke so belastet und und den Gründen, warum Fynn überhaupt dieses verlogene Spiel mitspielt. Die Autorin hat das für mich absolut gekonnt über die Handlung eingeflochten. Auch die Entwicklung dieser Beziehung, die zunächst nur auf körperlicher Basis besteht, treibt die Spannung sehr gut an. Denn man möchte wissen, wie die Autorin es schaffen könnte, aus dieser recht emotionslosen Situation doch noch in eine gefühlvolle Lovestory entstehen zu lassen. Und das gelingt ihr wunderbar! Und darum gefällt mir dieses Buch wirklich gut! Ja, die Protas dürfen ihre Ecken und Kanten haben, müssen dem Leser nicht von anfang absolut gefallen, denn die Protas dürfen und sollen auch ihre Entwicklung durch Konflikte machen müssen.

„Sie konnte in diesem Moment nicht länger Stärke vorspielen, wo doch in Wahrheit nur Verzweiflung war. Ihre Vergangenheit holte sie ein, und die tiefen Wunden ihrer Seele brachen qualvoll auf.“

Emily Bold, „Wenn Liebe Wunden heilt“, Pos. xxx (Cooyright 2019 Emily Bold)

Szenerie / Setting

Alaska, der Inbegriff der Abgeschiedenheit, bei dem Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen, und New York, die niemals schlafende Stadt, bei der nur Erfolg zählt, friß oder stirb. Das passt genau auf die Situation der beiden Protagonisten: tue es, oder du gehst unter. Und dafür muss man auch über seinen Schatten springen. Und nichts ist wahrscheinlich so knallhart wie das Showbusiness.

Sprache / Schreibstil

Emily Bold hat mich mit ihrer Sprache unheimlich begeistert. Sie schreibt unheimlich flüssig ohne zu weit auszuholen oder zu viel drumherum zu erklären. Mir gefällt das sehr und kenne ich in der Art und Weise am ehesten von Marah Woolf. Andeutungen werden hingeworfen und der Leser sammelt sich die Erklärung Stück für Stück ein. Auch die erotischen Szenen sind meines Erachtens sehr gelungen. Es kommen einige vor und sind anfangs erst nur körperlich. Und trotzdem gefallen mir die Szenen sehr gut, Sie sind authentisch, nicht zu ausladend und auch ohne komische Umschreibungen.

Emily Bold lässt uns die Story aus der Sicht von Brooke und Fynn als personaler Erzähler erleben. Der Perspektivenwechsel wird meistens durch einen neuen Absatz eingeleitet. Manchmal wechselt er aber auch mitten im Satz.

FAZIT

Schöne Geschichte mit spannender Charakterentwicklung und gelungenem Handlungsaufbau. Sprachlich hat es mich sehr begeistert, und das Buch hat mich sehr unterhalten. Von Emily Bold werde ich auf jeden Fall weitere Titel lesen!

Veröffentlicht am 31.03.2019

Berührende und emotionale Lovestory mit sehr viel Tiefgang

Barfuß im Regen
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Hannah Siebern Buch “Barfuß im Regen” hatte mich schon sehr begeistert. Und als nun doch “Barfuß im Herzen” vor der Häppchenlesung erschienen ist, hatte ich mich kurz dazu entschlossen es zu lesen. Das ...

Hannah Siebern Buch “Barfuß im Regen” hatte mich schon sehr begeistert. Und als nun doch “Barfuß im Herzen” vor der Häppchenlesung erschienen ist, hatte ich mich kurz dazu entschlossen es zu lesen. Das Schöne ist ja, dass alle Barfuß-Bücher unabhängig voneinander gelesen werden können und im kindle Unlimited enthalten ist.

Coverbild

Vor dem idyllischen Panorama eines schwedischen Fjords mit seinem typischen rot gestrichenen Häuschen an einem Gewässer sieht man ein Pärchen mit dem Rücken zum Betrachter auf einem Steg sitzen. Der Buchtitel ist mit handgeschriebenen Lettern großflächig in der oberen Hälfte platziert.

Handlung

Die junge Studentin Isabell möchte in den Semesterferien bei einem berühmten Autor nicht nur jobben, sondern auch von diesem für ihre große Leidenschaft des Schreibens auch Einiges lernen. Doch leider ist sie nicht die Einzige, denn auch Yannik arbeitet in den Semesterferien bei dem Autor. Das Problem dabei ist nur, dass der junge Mann Isi an jemanden erinnert, der sie in Angst und Schrecken versetzt. Zu allem Überfluss schickt ihr Arbeitgeber die beiden auch gemeinsam auf eine Recherchereise nach Schweden. Langsam gewöhnt sich Isi an Yannik, aber die Angst und ihre Psychose lässt Isi nicht los.

Buchlayout / eBook

Die gut 412 Seiten sind in 80 teilweise enorm kleine Kapitel aufgeteilt. Das liegt vor allem an den häufigen Perspektivenwechsel. Obwohl nur lediglich mit einer Zahl eingeleitet, hat sich hier die Autorin auch wieder viel Mühe gegeben die Kapitelanfänge hübsch zu gestalten.

Idee / Plot

Isabell hat wirklich tief sitzende Traumatas und Ängste. In dieser Geschichte geht es um Angst, Vorurteile und Traumabewältigung, aber auch über Mut, über seine Schatten zu springen um aus der Spirale heraus zu kommen und im Leben weiter zu kommen. Es gibt kein vorgeschriebenes Maß dafür, wie schlimm ein Ereignis sein muss oder welche Grenze es überschritten haben muss um im sozialen Umfeld als berechtigtes Trauma zu gelten. Denn jeder bewältigt und empfindet seine Erlebnisse auf seine eigene persönliche Art. Aber wie kann man ein Trauma bewältigen, wenn die Umwelt nichts davon weiß? Wird einem nach Jahren auch noch geglaubt?

Emotionen / Protagonisten

Das arme Mädchen kämpft mit ihren Dämonen. Vor allem die panische Angst, ihre Füße öffentlich zu zeigen sitzt bei ihr so tief, dass es sich zur regelrechten Psychose ausgeprägt hat. Und plötzlich bricht die Anwesenheit von Yannik alte Wunden in ihr auf, die sie jahrelang wohlweislich unaufbereitet unter den Teppich gekehrt hat. Denn er triggert Isi allein schon durch sein Aussehen, da er sie an eine Person erinnert, die Isabell einige Zeit vorher misshandelt hat. Es ist nicht immer ganz einfach Isis Psychosen und Überschussreaktionen auch nachvollziehen zu können. Aber jeder hat seine eigene Art mit schlimmen Ereignissen umzugehen und diese auch zu verarbeiten. Trotzdem ist es toll Isi dabei begleiten zu dürfen, wie sie ihre Ängste überwindet und sich immer mehr Öffnet. Es gibt aber immer wieder sehr berührende und tiefgehende Momente zwischen den beiden.

„Es wird Zeit, dass ich aufhöre, nur barfuß im Herzen zu laufen und anfange, es auch im wahren Leben zu tun.“

Hannah Siebern “Barfuß im Herzen”, Pos. 3300 (kindle Edition © 2019 Hannah Siebern in Selbstpublikation)


Yannik ist von Isi immer mehr fasziniert und gerade ihr paranoisches Verhalten weckt in ihm zum Einen den Beschützerinstinkt und zum Anderen die Neugierde, hinter Isabells Geheimnis zu kommen. Dabei muss er sehr behutsam ihr Vertrauen gewinnen. Aber auch er hat seine Dämonen aus der Vergangenheit, die er nicht geschafft hat zu bewältigen.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen

Durch eine sanfte Einführung wird man gut in die Story eingeführt. Trotzdem erlebt man Isabell direkt in ihrer Psychose. Dass Isi einen schlimmen Vorfall erlebt haben muss, wird auch schnell klar. Der Handlungsaufbau ist stetig und der Höhepunkt ist unglaublich ergreifend und bestürzend. Doch nach dem Höhepunkt ab ca. 70 % wird die Handlung leider langatmig und das Ende wirkt für mich nach dem aufreibenden Showdown, leider noch mehr in die Länge gezogen.

Szenerie / Setting

Schon bei “Barfuß im Regen” war ich von meiner Interims-Heimatstadt Münster sehr begeistert. Das weckt alte Erinnerungen. Zusätzlich begleiten wir Isi und Yannik auch nach Schweden, ein Land in das ich unbedingt irgendwann mal hin muss. Aber ich kann es mir dank der Beschreibung sehr gut vorstellen und passt meiner Meinung nach auch hervorragend zur Story.

Sprache / Schreibstil

Sprachlich finde ich Hannah Sieberns Stil sehr gut. Ein bisschen stören mich die doch sehr vielen Gedankenwiederholungen und manchmal zu häufigen Dialoge, die mir zum Ende besonders aufgefallen sind. Wir erleben die Geschichte aus den Perspektiven von Yannik und von Isi jeweils als Ich-Erzähler. Die Perspektive wechselt zu jedem Kapitel, die doch recht kurz sind.


FAZIT
Eine berührende und emotionale Lovestory, die sehr viel Tiefgang mit sich bringt. Auch wenn es am Ende für mich etwas langatmig wird, ist es insgesamt ein schöne Geschichte über Mut und Vertrauen.