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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2019

Einfach Wunderschön

Verrückt nach Karten
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Es ist als erstes ein schweres Buch, was man in den Händen hält. Der Einband und das Papier wirken sehr wertig. Ein Buch was ich erst einmal gestreichelt habe, als es per Post bei mir ankam. Schon der ...

Es ist als erstes ein schweres Buch, was man in den Händen hält. Der Einband und das Papier wirken sehr wertig. Ein Buch was ich erst einmal gestreichelt habe, als es per Post bei mir ankam. Schon der Einband ist wunderschön gestaltet, schon bei dieser Karte möchte ich verweilen und die einzelnen Grenzen nachzeichnen.
Das Buch ist inhaltlich in vier Kategorien geteilt, die sich für mich jetzt nicht eindeutig abgrenzen lassen. Während zu Beginn auch noch auf echte Karten eingegangen wird, beschäftigt sich die restlichen Kapitel mit literarischen Karten. Zu Essays zu mehr oder weniger bekannten Autorinnen gibt es immer wieder sehr unterschiedliche Karten. Karten mit vielen kleinen Details, wunderschönen Zeichnungen, aber auch ganz einfache Skizzen. Die Autorinnen beschreiben dazu, wie sie die Karten entwickelten und wie sie sie nutzen, um ihre Geschichten zu entwickeln. Das ist für mich ein neuer Ansatz gewesen, manche Aussagen wiederholen sich natürlich.
Das Buch ist für mich weniger ein typisches Lesebuch, was man von Anfang bis Ende liest, sondern eher ein Buch, was ich ab und zu zur Hand nehme, um darin zu blättern und einige Textpassagen zu lesen. Dabei ist es auch nicht wichtig, es der Reihenfolge nach zu lesen, man kann ruhig irgendwo starten. Das Buch findet jetzt einen offenen Platz im Haus, denn ich vermute, dass es sehr gerne von meinen Gästen durchgeblättert wird.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Atmosphärisch stark

Tage in Cape May
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Das Cover passt perfekt zur Atmosphäre des Buches: „ein entspanntes in den Tag-hinein-Leben“. Denn, dass wollen die zwei Protagonisten Henry und Effie als sie ihre Flitterwochen in dem Ferienort Cape May ...

Das Cover passt perfekt zur Atmosphäre des Buches: „ein entspanntes in den Tag-hinein-Leben“. Denn, dass wollen die zwei Protagonisten Henry und Effie als sie ihre Flitterwochen in dem Ferienort Cape May an der Ostküste der USA beginnen. Sie kennen sich seit Kindertagen, haben direkt nach ihrem Highschoolabschluss geheiratet und kommen aus einem verschlafenen Nest irgendwo in den USA.
Effie kennt den Badeort noch aus ihrer Kindheit, als sie dort Urlaub gemacht hat und ihr ein wenig das Gefühl der weiten Welt gegeben hat. Es ist aber Nebensaison und der Ort wirkt fast wie ausgestorben. Während Henry alles mit großer Neugier aufnimmt, es scheint seine erste wirkliche Reise zu sein, ist Effie etwas enttäuscht und beginnt sich zu langweilen. Das hilft es auch nicht viel, dass die beiden ihre neu entdeckte Sexualität aneinander ausprobieren. Alles ändert sich als sie auf eine Gruppe junger reicher New Yorker treffen, die sie zu ihren Partys einladen. Beide lernen eine ganz neue Seite an sich kennen.
Der Roman beginnt ganz allmählich und beschreibt wunderbar die Stimmung in dem verschlafenen Badeort. Die Ruhe und nun auch auftretende Langeweile wird durchbrochen, durch die Ankunft junger feierwütiger New Yorker der Upper class. Dies verändert nicht nur die Flitterwochen von Effie und Henry, sie müssen sich auch fragen, was ihre Beziehung aushält. Die Tage in Cape May sind ein Gegenentwurf ihres prüden und bürgerlichen Lebens ihrer Familien. Wie sie langsam ihre Konventionen über Bord werfen, ist spannend. Nur das Ende ist für mich nicht gelungen, auch wenn ich offene Enden nicht mag, hier wäre es angebracht gewesen. Das auf nur wenige Seiten beschriebene restliche Leben der Protagonisten hat für mich den Zauber von Cape May zerstört und passte für mich nicht zur Atmosphäre des Romans.
Insgesamt war es für mich ein sehr stimmiger und auch spannender Roman. Er hat sehr gut das Leben der 50er eingefangen, das konservative und gleichzeitig die sexuelle Zügellosigkeit hinter den verschlossenen Türen. Der Sex wird deutlich beschrieben, das sollten prüde Leser*innen wissen. Das ist auch kein Roman, wo viel „passiert“, sondern dessen Spannung von der Entwicklung der Charaktere und ihrer Beziehung zueinander, lebt.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Grausamkeit, nüchtern erzählt

Die Nickel Boys
1

Begeistert von seinem Vorgängerroman „Underground Railroad“ freute ich mich sehr auf die „Nickel Boys“. Auch diesmal hat er sich wieder einer wahren Geschichte aus der Geschichte der USA angenähert, die ...

Begeistert von seinem Vorgängerroman „Underground Railroad“ freute ich mich sehr auf die „Nickel Boys“. Auch diesmal hat er sich wieder einer wahren Geschichte aus der Geschichte der USA angenähert, die zeigt wie brutal mit Menschen schwarzer Hautfarbe umgegangen ist und wird.
Die Haupterzählung des Romans spielt in Florida der 60er Jahre. Protagonist Elwood Curtis, der durch einen dummen Zufall in einem geklauten Auto erwischt wird und deshalb des Autordiebstahls angezeigt wird. Schnell wird er verurteilt und kommt in die Besserungsanstalt Nickel. Dort sind nicht nur Jungs schwarzer Hautfarbe, sondern auch weißer Hautfarbe. Dennoch Elwood und die anderen schwarzen Jungs sind in der Hackordnung ganz unten und werden noch schlimmer behandelt. Es folgen Jahre des physischen und psychischen Terrors.
Ich hatte etwas Angst davor, dass Buch zu lesen, weil schon von Anfang an klar ist, was die Nickelboys aushalten müssen. Aber dank des sehr nüchternen Schreibstils, war es gut für mich zu ertragen und hat mich dennoch berührt. Wie auch in „Underground Railroad“ konnte ich mich nur langsam den Protagonisten annähern, ich konnte sie nur schwer fassen. Der Charakter und die Gefühle zeigten sich erst nach und nach. Die Vielzahl an Nebencharaktere blieben dagegen ein wenig blass und ich hatte auch Probleme sie auseinanderzuhalten.
Ein wenig schwierig, gerade beim Hörbuch, empfand ich die verschiedenen Zeit- und Handlungssprünge. Sie wirkten zum Teil sehr abrupt. Am spannendsten und emotionalsten waren die Zeit in der Nickelanstalt. Die Atmosphäre hat der Autor sehr gut getroffen. Der spätere Wechsel in das neue Leben von Elwood war auch interessant, hat für mich aber sehr an Spannung verloren. Insgesamt hat sich der Autor wieder an einem sehr spannenden Fall aus der Geschichte der USA bedient, der erst vor kurzem bekannt wurde und deren Aufklärung bis heute nicht abgeschlossen ist. Man kennt ähnliche Vorfälle aus katholischen Anstalten auch hier in Europa. Im Fall von den Nickelboys spielt der Rassismus Aspekt eine wichtige Rolle. Um auf die Ungerechtigkeit und Grausamkeit dieser Anstalten hinzuweisen, ist ein Roman nicht die schlechteste Möglichkeit. Colson Whitehead hält damit der amerikanischen Gesellschaft wieder den Spiegel vor das Gesicht. Ich bin sehr gespannt, welcher Ungerechtigkeit der Geschichte sich Whitehead als nächstes widmet.
Noch kurz zum Hörbuchsprecher Torben Kessler, der sich scheinbar auf anspruchsvolle Romane konzentriert hat. Ich mochte ihn bereits als Sprecher von „Ein wenig Leben“. Wie auch die Sprache des Romans eher nüchtern ist, hält sich auch die Stimme von Kessler zurück. Er betont die verschiedenen Charaktere sehr gut, aber übertreibt nicht und passt sich der sachlichen Art des Autors sehr gut an.

Veröffentlicht am 26.04.2019

Interessantes Thema

Die Frauen von Salaga
1

Bei diesem Buch hat mich das Cover angelockt. Es ist farbenprächtig und fällt dadurch auf. Der Hintergrund erinnert mich an afrikanische Stoffmuster. Man sieht sofort, dass es Afrika als Thema hat, ohne ...

Bei diesem Buch hat mich das Cover angelockt. Es ist farbenprächtig und fällt dadurch auf. Der Hintergrund erinnert mich an afrikanische Stoffmuster. Man sieht sofort, dass es Afrika als Thema hat, ohne das es mit diesen typischen Kitschbeladen Afrikabildern versehen ist.
Der Klappentext erzählt schon sehr viel über diese Geschichte, die zwar im vorkolonialen Afrika spielen soll, aber eigentlich ist Afrika schon mitten drin in der Zeit der Fremdbestimmung. Die Protagonisten sind zwei sehr verschiedene Frauen, die jede auf ihre Weise um Unabhängigkeit kämpfen. Wobei Aminah, gefangen von Sklavenjägern, das härtere Los erwischt. Wurche dagegen, Tochter einer Herrscherfamilie, kämpft vor allem um Emanzipation.
Im Buch wechseln sich die Kapitel über Wurche und Aminah ab, das erhöht natürlich die Spannung, da man gerne wissen möchte wie es mit dem Handlungsfaden weitergeht, der gerade unterbrochen wird. Das Aufeinandertreffen der Frauen erfolgt erst sehr spät, da erzählt der Klappentext einfach schon zu viel.
Der Schreibstil der Autorin hat mir gefallen, auch wenn er wenig Emotionen transportiert, was ich aber gerade bei den schrecklichen Ereignissen, die Aminah erlebt hat, gut fand. Aminahs Gefühle brauchten auch Schutz, weshalb sie ihre Gefühle anderen und auch dem Leser kaum zeigte. Dennoch die Trennung von ihrer Familie und deren Schicksal haben mich tief berührt. Wurches Charakter hat mich zu anfangs nicht so stark berührt. Sie ist doch sehr eigensinnig und zum Teil doch sehr egoistisch. Dennoch fand ich ihre Entwicklung sehr spannend.
Insgesamt fand ich die Hintergründe, vor allem das Leben am Hof bei Wurche sehr interessant, denn darüber habe ich bis jetzt sehr wenig gelesen. Gerne hätte die Autorin da noch ausführlicher sein können. Auch das Zusammentreffen mit den Europäern war für mich aus dieser Sichtweise, also von Wurche aus gesehen, sehr interessant.
Für mich ein sehr gelungener historischer Roman, der eine spannende und wenig beleuchtete Zeit in Afrika zum Thema hat. Insgesamt hätte er ruhig ausführlicher sein können und auch das Ende ließ mich nicht ganz befriedigt zurück. Dennoch hoffe ich in Zukunft noch mehr Bücher der Autorin lesen zu können.

Veröffentlicht am 02.04.2019

Guter Science Fiction

Die Reinsten
1

Der Roman spielt ca. 150 Jahre in der Zukunft. Die Menschheit wurde fast ausgelöscht. Die Umweltveränderungen durch den Klimawandel sind verheerend. Eine kleine Elite von Menschen hat überlebt und ihr ...

Der Roman spielt ca. 150 Jahre in der Zukunft. Die Menschheit wurde fast ausgelöscht. Die Umweltveränderungen durch den Klimawandel sind verheerend. Eine kleine Elite von Menschen hat überlebt und ihr Leben in die Hände einer künstlichen Intelligenz (KI) namens „Askit“ gegeben. Die sogenannten „Reinsten“ der letzten Menschen können sich direkt mit Askit verbinden und Askit wertet die Gedanken dieser aus. Protagonistin Eve (sehr bezeichnend ihr Name) gehört zu den „besten“ der Reinsten, sie steht kurz vor ihrem größten Karrieresprung, bis alles anders kommt und Eve ihr bisheriges Leben völlig hinterfragen muss.
Der Autor nimmt sich viel Zeit fürs Detail, besonders für die wissenschaftlichen Details. Die Theorien und die Technik wirken logisch und gut recherchiert auf mich. Das erdachte Zukunftsszenario ist sehr realistisch und erschreckend beschrieben. Es hat mich sehr zum Nachdenken gebracht, denn die beschriebenen Konsequenzen fußen auf unserer jetzigen Gesellschaft.
Die erste Hälfte des Romans las sich sehr gut, nach und nach erfährt man immer mehr über Askit, Eve und die Gesellschaftsordnung. Es ist spannend und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Dann aber fällt der Spannungsbogen ab. Für mich dreht sich die Geschichte irgendwie im Kreis und einige Handlungsstränge wurden nicht weiterverfolgt. Auch die Veränderung von Eve konnte ich nicht richtig nachvollziehen. Das Ende empfand ich als verwirrend. Vielleicht soll es einen zweiten Teil geben, dass würde dieses offene Ende ansatzweise erklären.
Insgesamt für mich ein sehr interessanter Science Fiction Roman, der leider ab der Hälfte an Tempo und Einfallsreichtum verlor. Aber dennoch gerade von wissenschaftlicher Seite sehr gut erklärt wurde und mich zum Nachdenken anregte.