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Veröffentlicht am 28.02.2021

A theatre for dreamers

Sommer der Träumer
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Angezogen von der griechischen Sonne, der Aussicht auf das Meer und Einblick in eine kleine boheme Clique auf einer Insel war mir zu Beginn der Lektüre nicht bewusst, dass Samsons fiktiver Roman sich im ...

Angezogen von der griechischen Sonne, der Aussicht auf das Meer und Einblick in eine kleine boheme Clique auf einer Insel war mir zu Beginn der Lektüre nicht bewusst, dass Samsons fiktiver Roman sich im Kern der Handlung auf reale Figuren bezieht. (Alle realen Figuren ausser Leonard Cohen, waren mir bis dato unbekannt)
Polly Samson beschwört in ihrem Roman den Sommer 1960 der illustren ausländischen Künstlergemeinde auf der griechischen Insel Hydra herauf. Im schillernden Zentrum lieben und streiten das Schriftstellerehepaar Charmian Clift und George Johnston, umgeben von mehr oder weniger bekannten Künstler und Aussteigern dieser Zeit.
´A theatre for dreamers’ lautet der wesentlich treffendere Originaltitel im Englischen : ‘Der Hafen von Hydra gleitet so plötzlich in Sicht..... ein magischer Trick auf nacktem Fels, ein Theater für Träumer, die Bühne beleuchtet von Sonne und See.`
Starke Persönlichkeiten, alternative Lebensformen, der grosse Wunsch nach Kreativität und Freiheit verbindet die Auswanderer und wird jeden Sommer von Neuankömmlingen und Sommergästen gespeist. So dient als Rahmenhandlung die Ankunft der jungen Erica, samt erster grosser Liebe und Bruder im Gepäck. Der Verlust der Mutter, ein despotischer Vater zu Haus im grauen England und ein Brief von Charmian Clift, im Roman eine Freundin ihrer Mutter, spülen sie auf die Insel und mitten in das spannungsgeladene Netz der residenten Clique. Der Retsina fliesst in Mengen, Zigaretten qualmen ohne Unterlass und die Schreibmaschinen der Schriftsteller und derer die es werden wollen klappern. Es wird gemalt und gedichtet und um Erfolg gerungen. Kinder `wìeseln ein und aus` oder werden nach Hause abgeschoben. Der grossen azurblauen sonnenbeschienenen Freiheit stehen Geldsorgen, Eifersucht und Rücksichtslosigkeit gegenüber und wirklich glücklich ist keiner für längere Zeit....
Die Geschichte und auch Erzählweise schwankt etwas eigenartig und nicht ganz rund zwischen betont lyrischen Beschreibungen, alltäglichen Wiederholungen, Ericas teilweise verzweifelter Sinnsuche und einer stark und interessant portraitierten Charmian Clift.
Die weiteren Figuren werden mehr oder weniger stark herangezoomt. Der junge Leonard Cohen zB., wohl später der Berühmteste dieser Gruppe,wird nur sehr distanziert und zaghaft portraitiert. Marianne Ihlen, die wunderschöne Blonde ‘´pfft´´ und lächelt sich durch die Geschichte. Ich bin mir nicht sicher ob der Roman ein Lob verdient für den Versuch dieses Szenario realer Figuren einzufangen (mittlerweile alle verstorben) oder ob ein gewisser voyereustischer Trieb damit zu sehr aktiviert wird. Einer, der einen wenn auch fikitven Blick auf die Intimsphäre dieser Menschen erlaubt und gleichzeitig der Autorin einen höheren Erfolg beschert. Vor allem in Hinblick auf die tragischen Aspekte ihrer Figuren. Inspiriert hat er mich auf jeden Fall etwas von Charmian Clift zu lesen....
Insgesamt ist der Roman unterhaltsam und eine Interesse weckende Milieustudie der Hydra - Clique von 1960. Ab der Mitte erschöpft sich die Thematik im künstlerischen Auf und Ab und die geneigte Leserin sträubt sich gegen einen weiteren Krug Retsina mit den Protagonisten. Das beschauliche Ende der sinnsuchenden Erica versöhnt und verwöhnt dann zu einem positiveren Gesamtempfinden der Erzählung.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.07.2019

Wasser ist Leben

Dry
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Spannende kompakte Erzählung, die die Fragilität des Alltages aufzeigt und seine scheinbar grenzenlos zur Verfügung stehenden Güter (zumindest in den privilegierten Teilen der Welt...) bedenken lässt; ...

Spannende kompakte Erzählung, die die Fragilität des Alltages aufzeigt und seine scheinbar grenzenlos zur Verfügung stehenden Güter (zumindest in den privilegierten Teilen der Welt...) bedenken lässt; beginnt recht banal mit einem anscheinend nicht funktionierenden Wasserhahn, was jedoch der Auftakt zu einer handfesten Wasserkrise in Südkalifornien ist. Der Fokus liegt auf drei, später fünf Jugendlichen die sich in einer rasch zum unmenschlichen Katastrophengebiet mutierenden Gegend durchschlagen müssen. Was passiert wenn lebensnotwendiges Wasser plötzlich nicht mehr verfügbar ist. Was tun, wer verhält sich wie, wie reagieren Staat und Behörden und wie schlimm kann es werden? Dies schildert das Vater - Sohn Autorenduo im Roman, wenn auch etwas oberflächlich, realitätsnah und spannend. Habe ich am Anfang die Geschichte noch distanziert und mässig neugierig verfolgt, vor allem da die (erste) weibliche Hauptfigur am wenigsten überzeugend und fassbar gezeichnet ist, hat sie mich nach ca. einem Drittel, mit Auftauchen der Aussenseiterin Jacqui in ihren Bann gezogen. Die ständig wechselnde Erzählperspektive zwischen den jungen Protagonisten ist typisch modern, manchmal verwirrend, stützt aber auch die Komplexität der Erzählung. Vom gewohnten Alltag hinauskatapultiert in eine Welt des Misstrauens, in einen immer brutaler werdenden Überlebenskampf, kurz vorm Verdursten. Das ist ein harter Trip, der im Buch hautnah, etwas zu flott, in einem Rutsch lesbar und nicht zu brutal umgesetzt wird. Gerade in Amerika, wo fast jeder Einwohner eine Waffe kaufen kann und geschätzt mehr als 300 Millionen Pistolen und Gewehre im Umlauf sein sollen, stell ich mir eine solche Krise besonders mörderisch vor.

Veröffentlicht am 03.04.2019

L(i)eben

Liebende
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Liebende - Jeong Ho-seung
Welch schöner Titel für diese liebevolle Fabel.
Von Sehnsucht und Neugierde getrieben,verlässt Blauperlenauge ihren angestammten Platz als Tempelglöckchen-Karpfen unter dem ...

Liebende - Jeong Ho-seung
Welch schöner Titel für diese liebevolle Fabel.
Von Sehnsucht und Neugierde getrieben,verlässt Blauperlenauge ihren angestammten Platz als Tempelglöckchen-Karpfen unter dem Dach. Sie entfaltet Flügel und fliegt in die weite Welt. Zurück lässt sie ihre alte Liebe Schwarzperlenauge, auf der Suche nach dem wahren Leben und der wahren Liebe. Es folgt eine abenteuerliche Reise für den kleinen fliegenden Fisch, der sich bald als Vogel fühlt und erkundet ob das Leben als Vogel bedeutungsvoller ist und glücklicher macht. Eine Reise die nach der Essenz des Lebens fragt und warum es manchmal so furchtbar schmerzt. Erfrischend und anmutig gestaltetes herzerwärmendes Büchlein, sanft, poetisch und ein bisschen verrückt :)
´´Ich freute mich sehr, dass er mich für einen Vogel hielt.
´´Wer bist Du ?’´
´´Ich bin ein Fink’´
Er lächelte mich an und blinzelte mit seinen kleinen Augen. Ich wollte schon sagen, dass ich eigentlich ein fliegender Fisch war, verkniff es mir doch, weil ich nicht wusste, wie er das aufnehmen würde.´´

Veröffentlicht am 27.03.2019

Abenteuer-Fantasy eher für Jugendliche

Clans von Cavallon (1). Der Zorn des Pegasus
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Wunderschön aufgemachte Abenteuer-Fantasy Geschichte in klarer bildhafter Sprache und gutem Erzähltempo, die mit einem ´´fetten´´ Cliffhänger endet und natürlich neugierig auf Band 2 macht.
Dem tollen ...

Wunderschön aufgemachte Abenteuer-Fantasy Geschichte in klarer bildhafter Sprache und gutem Erzähltempo, die mit einem ´´fetten´´ Cliffhänger endet und natürlich neugierig auf Band 2 macht.
Dem tollen Cover der fliegenden Pegasus folgt beim Aufschlagen des Buches eine Landkarte von Cavallon. Für mich ist das immer ein liebevolles Feature, einer in einem fiktiven Land angesiedelten Fantasygeschichte. Eingangs werden kurz die Clans von Cavallon vorgestellt und mit Kapitel 1 beginnt die Geschichte unmittelbar. Mit einem Satz ist man in der Freien Stadt beim Jungen Sam Quicksilver und seinen Freunden, Einhörner Zentauren und Kelpies, beim Würfelspielen. So lernt man breits auf der ersten Seite Vertreter der verschiedenen Clans kennen, die diese Geschichte bevölkern. Dies schaffte einen flotten und guten Einstieg in die Geschichte. Folgend überrascht die Erzählung mit einer eigenwilligen Darstellung dieser einzelnen Clans und ihrer komplexen Lebensweise, Beziehung miteinander und gemeinsamen Vergangenheit. Im Verlauf ist bald ist nichts genau, wie es scheint. So finden sich die sehr jungen Helden der Story wieder in einem unerwarteten Strudel von Ereignissen, welche alte Geheimnisse von Cavallon berühren und ein Netz aus Lügen, Intrigen und Vorurteilen offenbaren. Diesen Aspekt der Geschichte sich, wenn notwendig, gegen eine unehrliche Autorität zu stellen und Vorurteile als solche zu erkennen und auf ihren wahren Gehalt zu überprüfen finde ich sehr positiv. Unangemessen, in einem Buch für Kinder ab 10 Jahren, sind die teilweise brutalen und vor allem sehr kriegerischen Elemente. Diese erzeugen, vor allem bei jungen Menschen denke ich, nicht wünschenwerte Bilder und Normen im Kopf.

Veröffentlicht am 20.09.2018

Es ist kalt

TEXT
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Ich war sehr neugierig ein Buch von Dmitry Glukhovsky zu lesen. Sein Werk `Metro 2033`, welches er mit 18 Jahren im Internet veröffentlichte, wird teilweise sehr gelobt und klingt interessant; ebenso der ...

Ich war sehr neugierig ein Buch von Dmitry Glukhovsky zu lesen. Sein Werk `Metro 2033`, welches er mit 18 Jahren im Internet veröffentlichte, wird teilweise sehr gelobt und klingt interessant; ebenso der Beginn von `Text`:
`Die Fensterscheibe zeigte verschwommene Tannen, das weiße Bildrauschen eines Novemberschneesturms; Telegrafenmasten flimmerten, schoben sich ins Bild wie Streifen auf einem verkratzten Stummfilm. Russland wurde auf der Scheibe gezeigt, und seit Solikamsk sah es immer so aus: Tannen, Schnee, Masten, dann eine Lichtung mit gedemütigten Bauernhütten, dann ein Bahnhof mit anämischen Zweistöckern aus Silikatziegeln und wieder Tannen, die millionenfach entlang der Schienen steckten, dicht und undurchdringlich – wie Stacheldraht, kein Durchkommen. Aber in dieser Endlosigkeit und Einförmigkeit der natürlichen Bebauung Russlands lag auch seine ganze Kraft, Größe und Schönheit. Ja, schön war das, verdammt! `

Vom Klappentext erfährt man bereits die Grundgeschichte. Ilja ist nach sieben Jahren Haft auf dem Weg nach Hause zu seiner Mutter, seinem einzig verbliebenen positiven Fixstern in einer kalten korrupten Welt. Doch statt ihrer warmen Kohlsuppe und willkommenen Tränen, erwartet Ilja bei seiner Ankunft Leere und Kälte, die Mutter ist zwei Tage zuvor verstorben. Ohne Halt richtet Ilja seine Fokus auf Chasin, der ihn als korrupter Drogenfahnder vor sieben Jahren unrechtmässig hinter Gitter brachte. Ilja macht ihn ausfindig und ersticht ihn und die trist-tragische Geschichte wird noch trister und schrecklich hoffnungslos.
Durch Chasins iPhone, das er an sich genommen hat, lernt Ilja sein Opfer, dessen Opfer er war, intim kennen. Im Speicher des Mobiltelefons ist fast dessen gesamtes Leben erfahrbar. Unzählige Nachrichten, Chats, Bilder, Videos, vermitteln intime Kenntnisse die Ilja erforscht und er beginnt mit Chasins Mutter, dessen Freundin Nina, später dem Vater, Kollegen & Vorgesetzten hauptsächlich per Nachrichten an Stelle von Chasin zu kommunizieren. Was als zaghafte, ausweichende und hinhaltende Kommunikation beginnt, wird immer gewagter und intensiver, bis Ilja am iPhone zu Chasin mutiert. Als Chasin agierend, verschmolzen mit seinen eigenen Gedanken und Intentionen nimmt er Einfluss auf Chasins Umfeld, mit dem er sich immer mehr auseinandersetzt. Es gibt zB. einen Nachrichtenaustausch mit Chasins Vater, da habe ich zwischendurch vergessen, dass Ilja nicht mit seinem eigenen Vater kommuniziert, so stark emotional involviert ist Ilja in die Kommunikation. Chasins Vater ist eine Schlüsselfigur der Geschichte, hartherzig, im korrupten System erfolgreich und unehrlich. Hatte man zu Beginn wenig Mitleid für das Mordopfer Chasin, beginnt man ihn durch das Kennenlernen seines Vaters, ähnlich wie Ilja als Opfer, kranker, kaltherziger, korrupter Umstände wahrzunehmen. So senkt sich die Schuld und das Verbrechen über Chasins Vater und Chasin auf Ilja herab, der Schuld und Verbrechen weiterführt und mit dem Mord an Chasin ebenfalls zum Täter wird.
Eine Geschichte beinahe ohne Trost, in die einzig die lebendige, schöne Nina ein wenig Schimmer bringt und deren einzig wirklich rechtschaffene Person Iljas Mutter gewesen war. Es gibt nur wenige reale Begegnungen in der Erzählung, ein Dreh und Angelpunkt ist das iPhone, was gemäss unserer modernen Zeiten, seiner mittlerweile erschreckend zentralen Stellung in vielen Leben entspricht.
Der eigenwillige teils modern-poetische Stil und diese urbane, kranke Handy-verknüpfte Story, im kalten Russland angesiedelt, haben ihren Reiz und die schonungslose Schilderung eines unglücklichen Lebens und liebloser Umstände ist markant und herausfordernd. Jedoch ist die Geschichte frustrierend und teilweise langatmig bzw. mühsam zu lesen, vor allem im Mittelteil.
Lesenswert oder nicht ? Jein, das muss wirklich jeder selbst entscheiden, ich weiss es nicht...

’Übel war die Nacht: kein Schlaf, kein Ort, um rauszugehen, ein Plage-Mond, zu wenig Wodka, das Kissen heiß, die Decke dick, wirre Träume oder Nicht-Träume, der Kühlschrank rumpelte, die Autos draußen, motorenwach, drangen mit Scheinwerfern in die Wohnung, Schatten kahler Birken krochen die Wände hoch, und immerzu brummte ihm der Kopf. Dem ausgeschalteten Telefon wurden angstvolle Mitteilungen gesandt: wie Vögel mit Wucht gegen geputzte Fensterscheiben schlagen und einem den Schlaf rauben.’