Eine Geschichte, die unter die Haut geht
Kennt ihr diese Bücher, die euch spontan in einer Buchhandlung anlächeln? Die euch voll und ganz ansprechen und zu denen ihr einfach nur Ja sagen wollt? Und die dann erstmal auf dem Stapel ungelesener ...
Kennt ihr diese Bücher, die euch spontan in einer Buchhandlung anlächeln? Die euch voll und ganz ansprechen und zu denen ihr einfach nur Ja sagen wollt? Und die dann erstmal auf dem Stapel ungelesener Bücher landen, weil ihr noch in einem anderen Buch lest? So ging es mir mit Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe, und zu meiner Schande muss ich sagen, dass dieses Buch ganze drei Jahre auf meinem SUB lag. Ich habe mir für dieses Jahr vorgenommen, meinen SUB endlich zu verkleinern und mit welchem Buch ginge das besser, als mit einer ordentlichen SUB-Leiche. Ich habe also endlich Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe gelesen und nun eine Buchbesprechung für euch verfasst. Viel Spaß beim Lesen.
Ich mag Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe sehr gerne. Dazu sei gesagt, dass ich nicht gerne Bücher über Krebs lese. Die Thematik macht mich traurig und meistens kommen früher oder später sehr tragische Passagen in diesen Büchern zutage. Bei diesem Buch ist es anders. Es gibt schon traurige Momente, aber sie sind keine, die mich zum Weinen brachten. Mia und Zac sind zwei starke Figuren, die authentisch und emotional mit ihrem Schicksal umgehen. Sie haben schwache Momente, in denen sie nicht mehr kämpfen wollen, aber trotzdem machen sie immer weiter. Und ich glaube, diese Stärke ist es, die mich an dem Buch begeistert hat.
Zac hat Leukämie und gerade eine Stammzellspende hinter sich. Da sein Körper vor sämtlichen Viren und Bakterien beschützt werden muss, muss er mehrere Wochen isoliert in seinem Krankenhauszimmer bleiben. Seine einzigen Gesprächspartner sind seine Mutter und das Pflegepersonal. Zac hat mich besonders mit seinem Optimismus angesprochen. Er ist in einer furchtbaren Situation, und die Chance, dass er trotz Stammzelltransplantation ein weiteres Mal Krebs bekommt, ist ziemlich hoch. Dennoch verliert er nur in den seltensten Momenten die Fassung und niemals seinen Lebenswillen. Als Mia in das Zimmer nebenan einzieht, ist sie das absolute Gegenteil von ihm. Sie ist wütend, hasst den Krebs und findet ihr Leben ungerecht. Zac hat eine tolle Art auf Mia einzuwirken und findet immer die richtigen Worte. Manchmal gibt es sie nämlich einfach nicht und er weiß, wann er etwas zu sagen hat und wann Schweigen die einfühlsamere Alternative ist.
Mia selbst war mir leider nicht immer sympathisch. Ich konnte sie sehr gut verstehen. Ihre Diagnose wäre für mich genauso niederschmetternd, wie sie es für sie ist. Dennoch empfand ich ihr Verhalten manchmal etwas überspitzt. Gerade im Verlauf der Geschichte – Zac und Mia sind beide aus dem Krankenhaus entlassen worden – finde ich ihr Verhalten unglaublich egoistisch und hinterhältig. Ich persönlich bin eine Leserin, die sich mit den Charakteren in Büchern wohlfühlen möchte und sie am liebsten als Freunde betrachtet. Figuren, mit denen ich mich in der Realität auch umgeben würde. Mia gehörte für einen Großteil des Buches nicht zu diesen Figuren. Ihre Art war mir einfach so unsympathisch. Ich kann zwar verstehen, woher ihre Gefühle kommen, aber ich verstehe nicht, wieso sie sich ihrer Familie und Freunden gegenüber so benimmt.
Ich habe »schönes« in der Zwischenüberschrift einmal in Anführungszeichen gesetzt, da es natürlich nie ein schönes Buch über Krebs geben kann. Aber ich finde, es ist das schönste Buch, das ich jemals über Krebs – und Krankheiten generell – gelesen habe. Das liegt zu einem großen Anteil an A. J. Betts’ Sprache. Die Autorin hat einen herrlich erfrischenden Schreibstil und findet die richtigen Worte, um Zacs und Mias Situation zeitgemäß zu schildern. Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe wird aus den Perspektiven beider Protagonisten erzählt und jede Perspektive hat ihren ganz eigenen Klang.
Zac und Mia haben vollkommen unterschiedliche Arten zu erzählen, weil sie ganz unterschiedlich mit ihrem Schicksal umgehen, und der Erzählstil passt zu beiden Figuren perfekt. Beide Perspektiven sind frisch und jugendhaft, gleichzeitig haben sie aber auch eine gewisse Ernsthaftigkeit innewohnend, die mit einer Diagnose wie Krebs wohl jeden Patienten trifft. Sowohl Zac als auch Mia erzählen mal traurig, mal humorvoll aus ihrem Leben, sodass das Lesen großen Spaß macht. A. J. Betts erzählt in meinen Augen eine überaus authentische Geschichte, die ich der Autorin voll und ganz abgenommen habe.
Was mir auch gut gefallen hat, ist, dass Liebe zwar eine Rolle in diesem Buch spielt, aber sie keinesfalls im Vordergrund steht. Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe behandelt im Vordergrund Themen wie den Umgang mit Schicksalsschlägen, Familie, Selbstfindung, innerer Stärke und Hoffnung. Dieses Buch ist bestimmt von einer Ruhe, die manchmal ganz laut sein kann. Leser, die nach Drama oder Action suchen, sind mit diesem Buch falsch bedient.
Eine Lebens- und zarte Liebesgeschichte, die unter die Haut geht und das schwerwiegende Thema Krebs überraschend optimistisch angeht. Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe ist authentisch, emotional und punktet mit zwei Protagonisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten.