Hallo, ihr Lieben. Lange haben wir auf den Januar gewartet. Der Monat, in dem Verliere mich. Nicht. von Laura Kneidl endlich erschien. Nachdem mich Berühre mich. Nicht. vollkommen überzeugte, konnte ich die Fortsetzung von Sages und Lucas Liebesgeschichte kaum erwarten. Endlich hatte ich eine Bücherreihe aus dem New Adult Genre gefunden, die mir wirklich zusagte. Eine New Adult Reihe ohne Anhäufungen von Klischees und die mit tiefgängigen Figuren zu punkten wusste. Figuren, die nicht sexistisch sind, sondern höchst emotional und realitätsnah.
Als das Buch dann endlich bei mir zuhause lag, habe ich noch ein wenig mit dem Lesen gewartet, da ich Verliere mich. Nicht. mit ein paar lieben Instagram- und Blogmädels lesen wollte. Ab dem 19. Februar wollten wir jeden Tag drei Kapitel lesen, was die meiste Zeit über auch gut geklappt hat. Bis sich dann die Lektüre dem Ende näherte. Spätestens bei den letzten einhundert Seiten geriet unsere Leserunde vollkommen außer Rand und Band und plötzlich war Verliere mich. Nicht. auch schon vorbei. Interessieren euch meine Leseeindrücke? Dann lest doch weiter.
Verliere mich. Nicht. setzt nahtlos an das Ende von Berühre mich. Nicht. an und was war ich dankbar, dass es endlich weiterging. Nach dem schrecklichen Cliffhanger des ersten Bandes wollte ich unbedingt wissen, wie sich die Geschichte rund um Luca und Sage weiterentwickelt. Bei dem Roman gab es für mich einige Höhen und Tiefen. Ich las Passagen, die mich an die Geschichte fesselten und bei denen ich die drei zu lesenden Kapitel viel zu schnell beendete und die Tatsache verfluchte, dass wir uns nur diese tägliche Kapitelanzahl vorgenommen hatten. Andere Passagen wiederum ließen mich stutzig werden und die Stirn runzeln. Beendet habe ich das Buch mit gemischten Gefühlen und in den nächsten Absätzen erfahrt ihr wieso.
Laura Kneidls Schreibstil ist unvergleichbar und für mich, wie auch in Berühre mich. Nicht., ein absolutes Highlight des Buches. Mehr muss man eigentlich nicht sagen. Durch ihre wundervolle Wortwahl fällt es Lesern leicht, vollkommen in der Geschichte zu versinken. Verliere mich. Nicht. ist wie sein Vorgänger flüssig zu lesen und von vielen inneren Monologen der Protagonistin geprägt, so dass man den eigenen Alltag schnell vergessen kann. Mitreißend trifft es wohl gut – jedenfalls zeigt sich in Laura Kneidls neuester Lektüre wieder einmal, welches unglaubliches Talent sie für das geschriebene Wort besitzt. Als Leser weiß man genau, was die Charaktere der Geschichte gerade empfinden und teilt ihre Schmerzen und Freuden gleichermaßen. Dass man sich als Leser so involviert fühlt, ist für mich sehr wichtig.
Beim Lesen der Lektüre fühlt man sich ganz klar am meisten mit Sage verbunden. Da der Roman aus ihrer Perspektive erzählt wird, nimmt man aktiv an ihren Gedankengängen teil. Und Gedanken macht sich Sage nicht zu wenige … Ihr Trennungsschmerz zu Beginn des Romans ist herzzerreißend und greifbar. Ich hatte mitunter aber doch Probleme mit den Dingen, die sie beschäftigen. Klar, ihre Gedanken waren sehr ausführlich geschildert, so dass man ihr Handeln dementsprechend zuordnen konnte, allerdings gab es für mich viele Logikfehler. Ihr müsst es euch so vorstellen: Sage schildert ihre Gefühle, anhand derer sie ihre Entscheidungen trifft. Man weiß also, wieso sie sich so benimmt. Gleichzeitig ergaben ihre Gedanken in meinen Augen nicht immer Sinn, so dass ich trotz der ausführlichen Erklärungen Probleme mit dem Nachvollziehen hatte.
[Spoiler] Wie kann Sage beispielsweise nach so kurzer Zeit zu (ihrem Ex) Luca zurück ziehen? Gerade nachdem sich die beiden so sehr verletzt haben, sich dann in der Wohnung kaum in die Augen gucken können, sich aus dem Weg gehen und klare Schwierigkeiten mit dem anderen haben? Und wie kann Sage auf einmal Sex mit Luca haben, wenn sie offensichtlich Differenzen und eine große Distanz zwischen sich haben? Ich meine, Sage hat immer noch mit ihren Ängsten vor Männern zu kämpfen und hat, obwohl sie Luca im ersten Band vertraute, Schwierigkeiten gehabt, ihn nur zu umarmen. Und auf einmal ist deutlich mehr als eine Umarmung drin und alle Sorgen sind vergessen? Ich weiß ja nicht …
Im Vergleich zu Berühre mich. Nicht. wirkte Sage sehr verloren. Ja, sie hat Angstzustände, aber rechtfertigen diese ihre generelle Ziellosigkeit? Sage lebt von einen Tag in den nächsten, sie lernt für eine Klausur, bastelt Schmuck und dann? Wo waren ihre Stärke und ihr Mut hin? Was ist mit ihren Zielen passiert? Hin und wieder tauchte ihre Entschlossenheit aber auch wieder auf, gerade zum Ende der Lektüre, und diese Textpassagen habe ich sehr genossen. Sie erinnerten mich an die alte Sage, wie sie Leser in Berühre mich. Nicht. kennenlernten. Eine starke Kämpferin, die ihre Schwächen und Ängste überwindet, zu neuen Ufern aufbricht und endlich an sich denkt. Dies war für mich persönlich ein ausschlaggebender Punkt, weswegen ich den ersten Roman der Reihe so liebe: Ein New Adult Buch mit einer wirklichen Powerfrau, die sich nicht von Männern unterbuttern und definieren lässt.
Luca ist ein Charakter, den man einfach nur ins Herz schließen muss. Er ist, im Vergleich zu vielen anderen stereotypischen Charakteren des Genres, so erfrischend. Luca ist sensibel, loyal, immer für seine Freunde da und einfach kein 0815 Bad Boy, der eine Frau von oben herab behandelt. Er ist der Typ Mensch, mit dem man sich selbst gerne umgeben würde, weil man weiß, dass er das eigene Leben bereichern wird. Umso glücklicher war ich, als die Geschichte an Fahrt aufnahm und Luca und Sage sich gegenseitig wieder in das Leben des anderen ließen.
Neben Luca und Sage sind mir jedoch auch viele andere Charaktere ans Herz gewachsen. Von der quietschigen April hin, die ich schon in Berühre mich. Nicht. bewunderte, bis hin zu Connor, der in diesem Band der Reihe eine verhältnismäßig große Rolle spielt. Laura Kneidl zeigt Lesern in Verliere mich. Nicht. wie wahre Freundschaften aussehen. Sie führt Leser an Beziehungen heran, in denen weder Neid noch Konkurrenzkampf herrschen, sondern die von Verständnis, Mitgefühl und Liebe definiert werden. Gleichzeitig verleiht sie jeder Figur eine einzigartige Stimme, so dass jeder Charakter lebendig wirkt.
Die Handlung von Verliere mich. Nicht. ist mein größtes Problem bei dieser Rezension, denn leider überzeugte sie mich nicht. Der Beginn des Romans, oder nein, die ersten zwei Drittel des Romans haben sich gezogen wie nichts Gutes. Puh! Sie waren erfüllt von Sages Trauer und leeren Handlungen, die für mich einfach nur Puffer und Seitenfüller sind. Die Danksagung des ersten Bandes liest sich so, als wäre Laura Kneidls ursprüngliche Idee keine Dilogie gewesen, sondern ein einzelner Roman, und das merkt man in Verliere mich. Nicht. leider stark.
Die Spannung aus Berühre mich. Nicht. war zum größten Teil nicht vorhanden. Stattdessen füllten sich die Seiten mit vorhersehbaren Handlungen und Themen, die kurz angerissen, dann aber wieder verworfen werden. Der triste Alltag von Sage wird dargestellt und auch wenn er interessant zu lesen ist, ist er nicht mit dem spannenden Knistern und der Aufregung des ersten Bandes vergleichbar. Luca und Sage nähern sich langsam wieder, lassen sich aber doch nie vollkommen aneinander ran, bis es sich dann dem Finale nähert.
Bei den letzten einhundert Seiten der Lektüre nahm die Handlung dann rasant an Geschwindigkeit an und man konnte das Buch praktisch nicht mehr aus der Hand legen. Für mich kam das Ende alles in allem nur sehr abrupt. Während sich das Buch von Beginn an zieht und man sich beim Lesen ständig fragt, wo das alles hinführen soll (dazu später noch mehr), geht das Drama um ihn plötzlich los und ist genauso schnell wieder vorbei. Verliere mich. Nicht. wirkte auf einmal vollkommen überstürzt! Alles kam Schlag auf Schlag.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Problematik um ihn früher im Buch aufgegriffen wird. So hätte man sich nicht nur die schwachen, langatmigen Stellen des Romans sparen können, sondern ihm generell etwas mehr Spannung verpasst. Dieser Konflikt von Sage hat so viel Potenzial und könnte Sages Familie und übrige Beziehungen geschickt einspannen, dass ich etwas traurig war, dass er im Nachhinein doch eine verhältnismäßig kleine Rolle spielte – gerade, weil man seit Band eins auf die Konfliktauseinandersetzung gewartet hat.
Ich hatte ehrlich gesagt auch viel früher mit ihrem Geständnis gerechnet. Dass sich Sage ihren Freunden, ihrer Familie und vor allem Luca deutlich eher anvertraut. Aber gut, ich verstehe, dass dies der einfachere Weg ist, um ein fast fünfhundert Seiten langes Buch zu füllen. Meine Meinung ist jedoch, dass Berühre mich. Nicht. mit dem zusätzlichen Ende von Verliere mich. Nicht. eine wunderbar und in sich abgeschlossene Geschichte geworden wäre, bei der ein paar Seiten mehr niemanden gestört hätten.
Ein Punkt, der mir gut und gleichzeitig weniger gut gefallen hat, war, dass viele Knackpunkte unserer Gesellschaft in Verliere mich. Nicht. angesprochen werden. Die Autorin greift die unterschiedlichsten Lebensweisen auf und bringt sie den Lesern geschickt und sensibel näher. Neben Sages Angststörungen werden in diesem Roman sexuelle Orientierungen (Pan- & Homosexualität), Depressionen, Legasthenie und viele weitere Tabusthematisiert.
Es ist klar: Jede Figur in Verliere mich. Nicht. hat sein Päckchen zu tragen und auf einige wird dabei besonders detailliert eingegangen. Das hat mir gut gefallen, jedoch wird vieles auch nur kurz aufgegriffen. Ganz nach dem Motto »Aha, du bist pansexuell« wird es einmal erwähnt, definiert und wieder fallen gelassen. Diese Oberflächlichkeit hat mich gestört, weil gefühlt jede zweite Person in Sages Umfeld betroffen ist und es dennoch nur am Rande erwähnt wird. Natürlich, es entspricht der Realität und ich finde es klasse, dass diese Themen angesprochen werden, aber wieso greift man so wichtige Themen kurz auf, nur um sie wieder fallen zu lassen?
Ich hätte mir gewünscht, dass man sich statt etwa zehn verschiedenen »Päckchen« zwei oder drei rauspickt und gezielt auf sie eingeht. Mir persönlich war es einfach etwas zu viel und es wäre mir lieber gewesen, hätte man den Fokus auf ein oder zwei Figuren und Thematiken gesetzt, zum Beispiel Sages Auseinandersetzung mit ihm, und sich ausführlich mit ihnen beschäftigt, als diverse Themen anzukratzen.
Mein letzter Kritikpunkt schließt an das eben Genannte an. Es wurden viele Themen angerissen, aber nicht abgeschlossen und so beende ich Verliere mich. Nicht. mit vielen offen gebliebenen Fragen. Was geschah mit Connor und Aaron? Was passierte mit Megan? Beugte sie sich dem Willen ihrer Eltern oder nicht? Und was war eigentlich mit Cameron und April? In beiden Bänden wurde doch gemunkelt, dass zwischen ihnen etwas sei? Und wo war überhaupt Gavin?
Eine romantische Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen, die viel Spaß bringt zu lesen, von der ich mir jedoch erhofft hatte, sie würde etwas schneller in Fahrt kommen.