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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.04.2019

Spannender Auftakt

Die Falkenburg Chroniken / Die Falkenburg-Chroniken: Der Ägyptologe
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„...Leider haben sowohl Howard Carter als auch Lord Carnarvon die Angewohnheit, dickköpfig zu sein. Selbst die Esel im Tal der Könige sind dagegen folgsam wie Lämmer...“

Gerade 19 Jahre sind Carl und ...

„...Leider haben sowohl Howard Carter als auch Lord Carnarvon die Angewohnheit, dickköpfig zu sein. Selbst die Esel im Tal der Könige sind dagegen folgsam wie Lämmer...“

Gerade 19 Jahre sind Carl und Richard von Falkenburg, als sie wie viele andere in der Schlacht an der Somme im Jahre 1918 verheizt werden sollen. Doch beide treffen auf einen englischen Offizier, der sich seine Menschlichkeit bewahrt hat und sie am Leben lässt. Es ist der Sohn vom Earl of Carnarvon.
Im Jahre 1922 treffen sich die Zwillingsbrüder wieder. Richard kommt von Ausgrabungen in Mexiko, und Carl hat sich für die Teilnahme an den Ausgrabungen in Luxor beworben. Die Erfolge von Howard Carter sind gerade in aller Munde.
Der Autor hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Dazu haben nicht zuletzt die umfangreichen und exakten Recherchen des Autors beigetragen, die in jeder Beschreibung zu spüren sind.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich und ab und an von einem feinen Humor durchsetzt. Das zeigt das obige Zitat, das einen Ausschnitt aus dem Gespräch in der Antikenverwaltung wiedergibt. Dort ist man bemüht, die Fäden in der Hand zu behalten.
Die innere Spannung entsteht durch die unterschiedlichen Interessen und Ansichten der Protagonisten. Hinzu kommt, dass Ägypten nun ein freies Land ist und selbst über seine Reichtümer entscheiden möchte.
Carter ist kein einfacher Charakter. Er muss sich aber damit abfinden, dass Lord Carnarvan derjenige ist, der die Grabungslizenz besitzt und das Geld zur Verfügung stellt. Also hat er das Sagen. Sonst hätte Carl zum Beispiel keine Chance gehabt, an der Grabung beteiligt zu werden.
Auch die Antikenverwaltung macht Carter Vorschriften. Hinzu kommt, dass das Militär ganz eigene Vorstellung hat, wer die Altertümer ausgraben darf und wer nicht. Dass man selbst die eigenen Leute nur benutzt, kommt in folgendem Zitat zum Ausdruck:

„...Schon die alten Pharaonen wussten, dass es manchmal ein wenig Zeit bedurfte, um in den Genuss der Rache zu kommen...“

Sehr detailliert wird das Vorgehen beim Öffnen des Grabes beschrieben. Interessant finde ich die Technik, mit der jeder Schritt exakt per Foto belegt wurde. Auch wer alles am Grab erscheint, um es zu besichtigen, wird genau dargelegt.
Eine der spannendsten Fragen für einen Teil des Teams ist die Frage nach der Herkunft des Tutanchamun. Ist er ein Sohn Echnatons? Probleme ergeben sich wiederum dadurch, dass sich die Wissenschaftler aus unterschiedlichen Ländern nicht grün sind. Jeder beäugt den anderen misstrauisch.
Nach dem plötzlichen Tod von Lord Carnarvon wird die Situation noch schwieriger. Das Gerücht vom Fluch des Pharaos kommt auf und verunsichert die einheimischen Arbeiter. Noch sieht Carter das gelassen:

„...Mister Falkenburg, wenn ich eines in meiner Zeit in Ägypten gelernt habe, dann, dass sich politische Verhältnisse manchmal schneller ändern, als ein Krokodil zuschnappen kann...“

Gleichzeitig gibt es Versuche, die Lizenz für Lord Carnarvons Erben nicht zu erneuern. Doch jetzt zeigt sich, dass es unter den Ägyptologen trotz aller Differenzen einen gewissen Ehrencodex gibt. Keiner ist bereit, Carters Aufgabe zu übernehmen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

Veröffentlicht am 07.04.2019

Annamirl ermittelt - klasse Krimi

Tatort Amper
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„...Der Hund guckte sein Frauchen missbilligend an und setzte sich dann auf die Hinterbeine. Auerbach aber ließ er keine Sekunde aus den Augen. Sein weißer Kollege gab keinen Ton von sich. Aber wie er ...

„...Der Hund guckte sein Frauchen missbilligend an und setzte sich dann auf die Hinterbeine. Auerbach aber ließ er keine Sekunde aus den Augen. Sein weißer Kollege gab keinen Ton von sich. Aber wie er Auerbach anschaute – so abschätzig, als wäre dieser Mensch entschieden unter seiner Würde...“

Der Roman beginnt mit einem Ehestreit. Dann vergehen ein paar Wochen. Die pensionierte Lehrerin Annamirl ist mit ihren beiden Hunden Loki und Odin in den Amperauen unterwegs. Die beiden Hunde laufen vor ihr her Richtung Brücke und bellen plötzlich heftig. Loki steht auf der Brücke neben einem Toten. Unweit davon liegt eine Pistole. Annamirl kennt ihn. Es ist Stefan Brunner. Doch auch Odin findet einen Toten. Der hängt unter der Brücke. Es ist Ludwig Ellmaier, Stefans Schwiegervater und der Mann von Annamirls Freundin Helga.
Annamirl reagiert gelassen. Sie nimmt die Hunde an die Leine und ruft die Polizei. Es erscheinen Hauptkommissar Auerbach und Patrick Scholl. Patrick ist neu im Revier. Außerdem war er Annamirls Schüler. Was die Hunde vom Hauptkommissar halten steht im Eingangszitat.
Die Autorin hat einen spannenden und verwickelten Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Die Personen werden gut charakterisiert. Annamirl weiß genau, was sie will. Sie liest mit Begeisterung englische Krimis. Sie kann mit Menschen umgehen, hat ungeahnte Einfälle, um ihre Ziele zu erreichen, und verfügt über eine gute Menschenkenntnis. Patrick wird ihr Kontakt zu den offiziellen Ermittlungen. Ihr feiner Humor zeigt sich in folgenden Zitat:

„...Cannolo ist der Name eines Gepäcks aus Sizilien. Das wird frittiert und hat eine süße Füllung. […] Sehr fettig, sehr schlechte für die Linie und absolut himmlisch...“

Hauptkommissar Auerbach fällt durch seine konservativen Ansichten auf. Eine ältere Dame, die ihn Paroli bietet, ist er nicht gewöhnt. Allerdings hat seine Frau auch ein gewisses Geschick entwickelt, bei ihm ihren Willen durchzusetzen. Gegenüber Patrick steht Auerbach auf dem Standpunkt: nicht getadelt ist schon gelobt.
Die Ermittlungen erweisen sich als schwierig. Erste Theorien werden schnell ad acta gelegt. Auerbach sucht die Täter im Familienkreis. Natürlich werden auch Nachforschungen in der Firma angestellt. Während Ellmaier in seiner Firma eher unbeliebt war, äußern sich über Stefan alle positiv. Dort muss Julia, die dafür abgeordnete Kriminalistin resigniert feststellen:

„...Ausgerechnet dieses Mal war sie auf eine Sekretärin getroffen, die nicht neugierig war. Zu dumm...“

Gut gefallen hat mir außerdem, dass die mögliche Partnerschaft von Ellmaiers Firma und einen chinesischen Investor geschickt in die Handlung integriert wurde. Erstaunlich, wie gekonnt der Chinese die Verhältnisse in der Firma durchschaute und analysierte. Seine eigen Pläne klingen so:

„...Und wenn ich erst einmal einen Fuß in der Firma gehabt hätte, hätte der Rest sich irgendwann ergeben. Unser Volk ist für seine Geduld bekannt....“

Bei Annamirls Ermittlungen sind die Hunde nicht etwa nur Statisten. Ab und an bekommen sie eine aktive Rolle.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich hoffe, Annamirl darf demnächst wieder ermitteln.

Veröffentlicht am 06.04.2019

Wettlauf mit der Zeit

Die Spur des Geldes
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„...Winter verschränkte die Arme und wartete. Das Warten gehörte zur Arbeit. Die allermeiste Zeit geschah nichts. Es lag in der Natur der Sache...“

Tom Winter arbeitet als Sicherheitschef bei einer Schweizer ...

„...Winter verschränkte die Arme und wartete. Das Warten gehörte zur Arbeit. Die allermeiste Zeit geschah nichts. Es lag in der Natur der Sache...“

Tom Winter arbeitet als Sicherheitschef bei einer Schweizer Bank. Er bekommt den Auftrag, die Konto von Otto Harnisch zu überprüfen. Die Anfrage kam vom BKA aus Berlin. Otto Harnisch war Brunnenmeister des dortigen Wasserwerks und wurde tot in einem Brunnenschacht gefunden.
Was sich wie ein Routineauftrag liest, wird für Tom Winter zu einem Wettlauf mit der Zeit.
Der Autor hat einen fesselnden Thriller geschrieben. Die Spannung ergibt sich nicht nur aus dem Handlungsablauf, sondern ebenfalls dadurch, dass das Szenario gar nicht aus der Luft gegriffen scheint.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er unterstützt das rasante Tempo der Handlung.
Die Personen werden gut charakterisiert. Tom Winter nimmt seine Aufgabe ernst. Er scheut kein Risiko, ist dadurch immer für Alleingänge gut. Dabei kann er, wie schon im Eingangszitat formuliert, eine Menge an Geduld aufbringen. Verlassen kann er sich auf Leonie, die sich am Computer exzellent auskennt und ihm im Büro den Rücken frei hält.
Es ist nicht besonders viel Geld, dass sich auf Harnischs Konto befindet. Bei den Nachforschungen über den Geldgeber fällt auf, dass die Spuren in weitere Wasserwerke führen. Winter recherchiert an Ort und Stelle. Schnell ahnt er, was hinter der Geschichte steckt. Doch offizielle Stellen können das so nicht nachvollziehen.
Als besonderes Stilmittel lässt mich der Autor am den Gedanken von Winters Gegenspieler teilhaben. Ich darf einen Blick in seine Kindheit werfe, erfahre, was ihm zu dem gemacht hat, der er ist, und kann Schritt für Schritt seine Taten verfolgen. Diese abschnitte werden kursiv wiedergegeben.
Ab und an gibt es Ruhepunkte im Handlungsverlauf. Dann zeigt sich, dass der Autor auch die bildhafte Beschreibung der Landschaft beherrscht.

„...Der blaue Himmel über ihm war wolkenlos, abgesehen vom Kondensstreifen eines am nahen Flughafen gestarteten Flugzeugs. Am Ufer fügten sich die unzähligen Baumknospen zu einem riesigen, in unzähligen Grüntönen schimmernden Mosaik zusammen...“

Gut gefallen haben mir die gekonnt eingefügten Sachinformationen. Ich denke dabei unter anderen an die Erklärung über die Reinhaltung des Trinkwassers im Züricher Wasserwerk.
Ab und an blitzt ein feiner Humor auf, so in dem Gespräch von Winter mit Schütz, dem Kundenberater der Bank. Das klingt so:

„...“Du rechnest mit einer Hungersnot?“ „Mindestens mit einer Sintflut. Die Welt ist schließlich gerade wieder einmal dabei, verrückt zu werden.“...“

Winters Weg führt von der Schweiz über Deutschland durch die Türkei bis nach Russland. Mehr als einmal ist er in Lebensgefahr und gezwungen, aus einer äußerst schwierigen Lage einen Ausweg zu finden. Doch die Zeit läuft ihm davon. Nur wenn er schnell genug ist, kann er eine Katastrophe verhindern. Politische Entscheidungsträger sind nicht gerade hilfreich. Kommissar Franke von der Berliner Polizei drückt das gegenüber Winter so aus:

„...BKA, BND, Europol stehen einander gegenseitig auf den Füßen herum. Jeder versucht, seinen Arsch zu retten. Der Herr Innenminister hat sich eingemischt. Ich bin nur noch der Laufbursche...“

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mich nicht nur spannend unterhalten, sondern auch durch das Spiel mit Möglichkeiten betroffen gemacht.

Veröffentlicht am 04.04.2019

Wenn ein Kind stirbt ...

Viel zu kurz und doch für immer
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„...Schreiben hat eine therapeutische Wirkung, sagt man. Das kann ich bestätigen. Was ich nicht herausschreien konnte, durfte ich aufschreiben, und meine Seele holte dabei Luft...“

Das Zitat stammt von ...

„...Schreiben hat eine therapeutische Wirkung, sagt man. Das kann ich bestätigen. Was ich nicht herausschreien konnte, durfte ich aufschreiben, und meine Seele holte dabei Luft...“

Das Zitat stammt von eine Mutter, die nach 54 Tagen ihren Sohn verloren hat. Sie hat dieses Buch geschrieben und erzählt darin unter anderen ihre Geschichte.
Nach zwei gesunden Kindern freuen sich Alex und Regina Neufeld auf das dritte Kind. Doch nach einer Routineuntersuchung beim Frauenarzt wird Regina wegen einer Unregelmäßigkeit auf dem Ultraschallbild zum Spezialisten geschickt. Weitere Untersuchungen und wechselnde Diagnosen folgen. Sicher diagnostiziert wird ein Herzfehler. Mittlerweile trägt das Ungeborene einen Namen: Samuel
Die Autorin beschreibt, wie die Familie zusammenhält und in dieser Zeit vor der Geburt gemeinsame Erlebnisse schafft. Gleichzeitig ringt sie um ihren Glauben. Sie beten darum, dass ihr Baby geheilt wird, sind aber auch bereit, die Situation zu akzeptieren, wenn das nicht geschieht.
Nach einer weiteren Routineuntersuchung muss Regina im Krankenhaus bleiben. Zwei Tage später wird der Junge mit einem Kaiserschnitt geholt, weil die Herztöne abnehmen. Erst nach der Geburt steht fest, dass Samuel neben seinem Herzfehler an einem Gendefekt leidet. Er hat nicht lange zu leben. Die Autorin fasst ihre Gedanken so zusammen:

„...Ich saß da, mit meinem kleinen Sohn auf dem Arm, und langsam wurde mir bewusst, dass er wirklich der kleine Vogel war, den ich vor mir gesehen hatte. Er war zu uns geflogen, aber er würde nicht lange bleiben...“

Die Hoffnung, den Jungen mit nach Hause nehmen zu können, wird sich nicht erfüllen. So nutzt die Familie jede Möglichkeit für Begegnungen im Krankenhaus.
Einen großen Raum im Buch nimmt die Zeit der Trauer. Hier beschreibt die Autorin nicht nur, was die Trauer mit ihr gemacht hat. Sie gibt aus ihren eigenen Erfahrungen heraus Ratschläge. Was hat ihr gut getan? Wie geht man damit um, wenn jeder in der Familie anders trauert? Wie schafft man Gemeinsamkeiten, aber auch Freiräume? Welche Reaktion der Umwelt war hilfreich, welche eher schmerzhaft?
Auch mit den medizinischen Möglichkeiten setzt sie sich auseinander. So stellt sie fest:

„...Pränataldiagnostik ist Segen und Fluch zugleich. […] Während sie vielen Babys das Leben rettet, raubt sie unzähligen Kindern das uneingeschränkte Lebensrecht. Und sie legt einen ungeheuren Druck auf die Eltern, die mit der Diagnose völlig überfordert sind...“

Der Schriftstil ist berührend. Die emotionale Achterbahnfahrt der Autorin zieht sich wie ein roter Faden durch die Seiten. Gebete und Blogeinträge werden kursiv wiedergegeben. Für besondere Momente sorgen die beiden Kinder. Sie haben Samuel von Anfang an geliebt und akzeptiert. Er ist in ihrer Erinnerung geblieben.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Allerdings bin ich keine Betroffene. Deshalb kann ich mitfühlen beim Lesen, aber nicht nachfühlen, was die Eltern wirklich durchgemacht haben.

Veröffentlicht am 02.04.2019

Ist die Venus von Cranach ein Plagiat?

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„...Kurz zögerte Albrecht – und griff nach einem Fetzen Papier und dem Kohlestift. Er tanzte mit den Fingern in der Luft, atmete tief und setzte an, auf dem Fetzen zu stricheln. Feine Poren fügte er zur ...

„...Kurz zögerte Albrecht – und griff nach einem Fetzen Papier und dem Kohlestift. Er tanzte mit den Fingern in der Luft, atmete tief und setzte an, auf dem Fetzen zu stricheln. Feine Poren fügte er zur Haut, zur Silhouette, zu einer schön gerundeten Frau. Die Brust klein und stehend, apfelgleich...“

Wir schreiben das Jahr 1507. In der Stunde der Dämmerung skizziert Albrecht Dürer seine Venus. Seine Reise nach Italien hat ihn zu neuen Ideen inspiriert. Dann aber erscheint Lucas Cranach, sein ehemaliger Schüler bei ihm. Kurz bleibt er im Atelier allein.
Dann wechselt die Handlung ins Jahr 2019. Die Doktorandin Nele Rosenbach hat sich intensiv mit den Werken von Albrecht Dürer beschäftigt. In wenigen Tagen ist allerdings die Ehrung eines anderen Malers geplant. Die Venus von Lucas Cranach soll der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Nele aber ist sich sicher, dass die Vorlage für das Bild von Dürer stammt.
Die Autorin hat ein beeindruckendes Buch geschrieben, das sich schwer in eine Schema pressen lässt. Einerseits ist ein Zeitreiseroman, denn Albrecht Dürer erscheint im Jahre 2019, um das Cranachbild zu signieren, andererseits ist es ein Kunstroman. Warum, werde ich später ausführen. Und nicht zuletzt geht es um Kulturpolitik und persönliche Nicklichkeiten.
Der Schriftstil ist über weite Strecken sehr poetisch, kennt aber auch sachliche Darstellungen.
Ein Moment voller Anspannung wird von der Autorin so beschrieben:

„...Ihre Lippen ein O. Die Knie wie Pudding. Kurz sah sie diese Nacht sich auflösen in ein Nichts und ihre Zukunft lief vor ihren Augen ab wie ein von fremder Hand beschriebenes Drehbuch...“

Die Geschichte wechselt zwischen Vergangenheit und Gegenwart. In der Vergangenheit darf ich Albrecht Dürer in seinem Atelier über die Schulter schauen. Ich lerne nicht nur, wie seine Bilder entstehen, sondern erfahre eine Menge darüber, wie damals Farben hergestellt und eingesetzt wurden. Dürer sieht seine Kunst so:

„...Es ist Technik, alles Technik. Es kommt immer auf die Mischung der Farben an und den Leim, auf die Bindung, die beides zu einem einzigartigen Fluid verschmilzt. Der Rest ist Mut und Hingabe, vor allem Fleiß. Gedanken nicht stoppen, fließen lassen vom Kopf in die Hand in den Pinsel aufs Holz...“

Auch die unterschiedlichen Techniken von Dürer und Cranach werden thematisiert. Genau deshalb ist die Geschichte für mich auch ein Kunstbuch.
Eine besondere Rolle spielt Albrechts Frau. Sie ist diejenige, die seine Kunst unter die Leute bringt und so dafür sorgt, dass immer genug Geld im Haus ist. Albrecht weiß, was er an seiner Frau hat, kann es ihr aber schlecht zeigen.
Im Vorfeld von der Präsentation des Cranachbildes sieht Professor Seltig seine Chance. Er möchte einen Club der Reichen gründen, die für neue Kunstwerke spenden. Sein überschäumender Ehrgeiz duldet niemand neben sich. Er glaubt, die Politiker der Stadt in der Tasche zu haben.
Die Autorin versteht es, die verschiedenen Interessen ihrer Protagonisten in Gegenwart und Vergangenheit gut herauszuarbeiten. Dadurch entsteht eine innere Spannung.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.