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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.11.2018

Magischer Realismus oder doch schon Fantasy?

Ich, Santa
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Es ist schon eine Weile her, dass ich ein solch verwirrendes Buch gelesen habe. Nicht unbedingt im schlechten Sinne, aber der geneigte Leser sei gewarnt, das hier nichts ist, wie es scheint und man am ...

Es ist schon eine Weile her, dass ich ein solch verwirrendes Buch gelesen habe. Nicht unbedingt im schlechten Sinne, aber der geneigte Leser sei gewarnt, das hier nichts ist, wie es scheint und man am Ende des Romans ein wenig Zeit braucht um sich den Sinn des gerade "Erlebten" zu erschließen.

Das Marketing für die Geschichte ist dabei maximal schief gelaufen. Von außen wirkt das Buch wie ein Jugendroman, dazu legen Cover und Titel eine Verbindung zu weihnachtlichen Themen nahe, doch weit gefehlt! "Ich, Santa" von Jay Kay ist Teil einer Erzählungsreihe, "Die Kinder der Erde", und vermutlich braucht man das Wissen aus den Vorbänden um den Inhalt dieses Buches zu verstehen. Ansonsten ist es ein heilloses Durcheinander.

Der Protagonist wächst bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, muss nach deren Tod zu seinem Onkel ziehen und freundet sich dabei, vor allem mit seinem jüngeren Cousin, recht gut an. Auf dem Jahrmarkt findet er dann auch unter dem fahrenden Volk ein paar nette Bekannte und ab hier wird alles ein bisschen verwirrend ... Immer wieder kommen magische Elemente mit ins Spiel, bis sich dann alles in Richtung Fantasy verdreht und die Handlung ein (vorläufiges) Ziel bekommt. Nachdem das jedoch erreicht ist, wird alles noch verdrehter, man hat keine Ahnung mehr wohin das Ganze geht und letztendlich habe ich auch aufgehört zu versuchen, zu verstehen, was genau das vor sich geht.

Am Ende am größten geblieben ist bei mir die Frage nach dem "wie" und vor allem nach dem "warum", denn die Hintergründe und Ursachen bleiben irgendwie vollkommen unklar.

Sprachlich gesehen ist das Buch nicht schlecht, jedoch ist die Handlung so vollkommen durcheinander und undurchsichtig dass ich das Buch eher weniger weiter empfehlen kann. Fans des Autors werden sicher nicht enttäuscht werden, für alle anderen Leser wird es jedoch keine einfache Lektüre.

Veröffentlicht am 13.06.2018

Videokassette statt Livestream

Gott im Livestream
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Durch eine Lovelybooks Leserunde hatte ich die Chance, ein neues und anderes christliches Buch zu Lesen - so dachte ich zumindest, als ich mich beworben habe. "Gott im Livestream wurde von Sarah Schnell ...

Durch eine Lovelybooks Leserunde hatte ich die Chance, ein neues und anderes christliches Buch zu Lesen - so dachte ich zumindest, als ich mich beworben habe. "Gott im Livestream wurde von Sarah Schnell und Carlin Schubert herausgegeben und ist 2018 bei SCM Hänssler erschienen.
Worum geht es?

Das Buch wirbt mit dem Untertitel "

erlebt

erhört #Gottkann - wahre Geschichten" und im weitesten Sinne entspricht das auch dem Inhalt: Junge Leute erzählen von ihren Begegnungen mit Gott. Allerdings, und hier kommt das große ABER, nicht so, wie man es erwarten würde. Allein die Hashtags lassen einen modernen Kontext vermutet, doch tatsächlich sind nur 3 Texte in den letzten drei Jahren erschienen. Die Meisten sind älter als das Smartphone und sind so wohl unter einem Titel mit Hashtags fehl am Platz.

Wer beim Wort "erschienen" aufgemerkt hat, der denkt wahrscheinlich wie ich: Bei einem neuen Buch (anders als bei einer Neuauflage) erwartet man auch neue Inhalte, doch das ist hier nicht der Fall. Stattdessen wurde alles aus anderne Büchern zusammen kopiert. Natürlich wurde dabei darauf geachtet, dass die Texte so ungefähr in den Erlebnisshorizont der Jugend von heute passen, aber wirklich gelungen ist es nicht. Die Lebensrealität heute ist halt einfach ganz anders als die vor 20 Jahren.

An sich sind die Geschichten ganz nett, auch wenn keine dabei ist, die mich besonders angesprochen hat bzw. der ich mich verbunden gefühlt habe. "Der fürsorgliche, wilde Hund" aus "Heaven touching Earth" war dabei noch am Schönsten, wenn auch am weitesten von meinem Erfahrungshorizont entfernt.
Graphische und rethorische Gestaltung

Graphisch hat man sich bei diesem Buch viel Mühe gegeben - das Äußere weckt die Aufmerksamkeit junger Leser und auch im Inneren setzt sich das schicke Design fort. Diesbezüglich gibt es absolut nichts auszusetzen und zu dem "hippen" Style passen auch die vielen Hashtags.

Einen konstanten Schreibstil oder eine durchgängige Perspektive gibt es hier nicht, da Texte von ganz unterschiedlichen Autoren zusammen getragen wurden. Dabei ist jedoch alles sehr simpel gehalten und dadurch auch gut verständlich.
Meine Meinung

Dieses Buch richtet sich an junge Christen und genau zu denen gehöre ich - allerdings hat es zumindest mich recht enttäuscht zurück gelassen. Da ist zum einen der Aspekt des Evangelikalen: Als konservative Lutheranerin kann ich mich mit Themen wie "Übergangsgebeten" u.ä. überhaupt nicht identifizieren und logischerweise kann ich auch mit manch anderen Dingen/ Ansichten in den Texten theologisch überhaupt nicht mitgehen - was ich Schade finde, denn eigentlich sollte doch gerade ein Buch für junge Menschen alle ansprechen können! (Und wenn es schon nicht ökumenisch ist, könnte man sich doch zumindest Mühe geben, verschiedene Perspektiven aus der protestantischen Welt zu vereinen und nicht nur die evangelikalen Freikirchen.)

Was mir an diesem Buch am wenigsten gefallen hat, ist der mangelnde Bezug zur modernen Welt und dem im Titel angepriesenen "Livestream". Ich als junge Christin (und ich bin mir sicher, dass sich da auch Andere anschließen können) bin konstant auf der Suche danach, meinen Glauben in der heutigen Welt zu leben. Wie geht man dabei mit Social Media um? Sollte man sie meiden oder zur Mission nutzen? Wie kann man allgemein neben all den Ablenkungen seinen Blick auf Gott richten? Wie erlebe ich Gott im Livestream (und nicht in gefühlt uralten Geschichten)? Meine Hoffnung für dieses Buch war, dass es endlich mal eine geupdatete Perspektive auf den Glauben gibt und Geschichten wiedergibt, die unserem Lebensalltag tatsächlich nahe kommen. Das war allerdings leider nicht der Fall.
Fazit

Mit einer Empfehlung tue ich mich an dieser Stelle schwer. Sicher - es ist kein schlechtes Buch, aber man sollte sich nicht von seinen Hoffnungen fehlleiten lassen und erst recht nicht auf den Titel herein fallen. Vom Lebensalltag junger Christen, zu dem Smartphones, YouTube oder zumindest das Fernsehn gehören, ist dieses Buch (gefühlt) meilenweit entfernt. Wer nach ein paar netten Geschichten über (teilweise zeitlose) Glaubenserlebnisse sucht, ist hier an der richtigen Adresse. Allen anderen würde ich vom Kauf des Buches abraten.

Veröffentlicht am 06.04.2019

Überirdisch nur im wörtlichen Sinne

Der Planet der verbotenen Erinnerungen
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In seinem Roman „Der Planet der verbotenen Erinnerungen“ von Sebastian Pierling enführt den Leser ins dritte Jahrhundert, in dem die Menschen nicht mehr länger an die Erde gebunden sind und ihren Lebensmittelpunkt ...



In seinem Roman „Der Planet der verbotenen Erinnerungen“ von Sebastian Pierling enführt den Leser ins dritte Jahrhundert, in dem die Menschen nicht mehr länger an die Erde gebunden sind und ihren Lebensmittelpunkt ins All verlegt haben. Der Hauptcharakter, Benjamin, ist Dozent an der größten Universität des neuen Zusammenlebens, Alpha Zentauri und beschäftigt sich tagtäglich mit den menschlichen Erinnerungen und mit Möglichkeiten, diese zu manipulieren. Als sein ehemaliger Professor stirbt und mehr als kryptische Gedanken zurück lässt beschließt Benjamin, sich auf die Suche nach der Herkunft des Professors zu machen um aus dessen Vermächtnis schlau zu werden. Dafür reist er einmal quer durchs Universum und stößt auf die Spur der Exegeten, einer religiösen Gemeinschaft - obwohl die Religion schon seit Jahrzehnten verboten ist.

Seit über einem Jahr beschäftige ich mich nun schon intensiver mit aktueller christlicher Literatur in Deutschland und dieser Roman bestätigt in meinen Augen das Vorurteil das ich dazu von vornherein im Kopf hatte. Man meint es gut, aber an der Umsetzung scheitert‘s.

Benjamin ist an sich ein spannender Charakter, doch leider lernt man ihn nicht all zu genau kennen. Man erfährt so gut wie nichts über sein Leben oder seine Herkunft – dafür jedoch umso mehr über die seines ehemaligen Professors der auch als einziger Charakter selbst zu Wort kommt. Und so fühlt es sich auch so an, als ob eher dieser Professor der Hauptcharakter des Buches ist – nur, dass der schon zu Beginn der Geschichte tot ist.

Auch die Welt, die Pierling sich ausgedacht hat, hat viel Potential: Die Menschen des Alls sind optimierbar, durch technische Hilfsmittel genau wie durch biochemische Manipulationen und Forscher können nicht nur auf körperliche Daten sondern auch auf die Erinnerungen der Menschen zugreifen. Zwar ist die Technisierung immer noch eine freie Entscheidung, doch wer sich nicht den neusten technischen Standards anpasst gilt als kaputt und minderwertig. In all dem hat Benjamin einen der spannendsten Berufe – nur leider bekommt man nichts davon mit. Was genau bewirkt er mit seiner Erinnerungsforschung? Ist sein Gebiet für Laien zugänglich oder braucht es bestimmte Qualifikationen? Und lassen sich solche Veränderungen rückgängig machen? Der Leser erfährt nichts von alledem und auch Benjamin scheint dieses Wissen zwischendurch abhanden gegangen zu sein, denn er reagiert in Situationen, die er vorher als vollkommen normal beschrieben hat, wie jemand, der noch nie so etwas erlebt hat.

Am wenigsten Sinn ergibt jedoch die Geschichte selbst, denn Pierling verliert sich in Andeutungen und der Leser kann den konkreten Inhalt nicht erkennen. Was war nun die Hintergrundgeschichte des Professors, um die es ja anscheinend geht? Was hat es mit den Exegeten auf sich? Wie verhält es sich mit der Religion? All diese Fragen stellen sich zu Beginn des Buches und werden bis zum Ende nicht aufgelöst. Man möchte meinen, hier wurde bereits für einen Folgeband geplant, denn anders lassen sich die vielen inhaltlichen Lücken nicht erklären, doch dann wäre es doch wahrscheinlich zumindest zu einer Teilerkenntnis gekommen, auf der man dann hätte aufbauen können.

Dabei sieht das Buch so vielversprechend aus und auch das „Gütesiegel“ des C. S. Lewis-Preises verleitet zu der Annahme, dass hinter dem galaktischen Cover ein guter Roman wartet. Dazu jedoch eine Warnung: Sebastian Pierling erhielt den Preis 2016 (verliehen auf der Leipziger Buchmesse 2017), tatsächlich erschienen ist der Roman jedoch erst 2 Jahre später. Wer sich auf der Website des Preises die Buchbeschreibung durchliest wird den Roman nicht wiedererkennen (abgesehen davon, dass sich der Titel in der Zwischenzeit vollkommen verändert hat ist auch die Handlung eine ganz andere) und so ist wohl auch die Gültigkeit des Preises ein bisschen „abgelaufen“.

Insgesamt hat mich dieser Roman sehr enttäuscht. Da ich außerhalb der christlichen Szene viel Science Fiction und ähnliches lese hatte ich hohe Erwartungen an dieses Buch (schließlich erlebt man nicht oft eine Kombination aus Fantasy und Religion) und wurde entsprechend stark enttäuscht. Die Idee dahinter gefällt mir zwar immer noch sehr gut, jedoch lässt der Roman selbst massiv zu wünschen übrig und so kann ich das Buch nicht wirklich weiterempfehlen.