Inselfarben
Die BücherinselSeit 5 Jahren schon lebt die 35-jährige Sandra Malien als Mieterin eines Verlegers direkt am Strand und verdient sich ihren Lebensunterhalt mit Putzen auf einer Fähre. Sie gehört bereits zur Inselgemeinschaft ...
Seit 5 Jahren schon lebt die 35-jährige Sandra Malien als Mieterin eines Verlegers direkt am Strand und verdient sich ihren Lebensunterhalt mit Putzen auf einer Fähre. Sie gehört bereits zur Inselgemeinschaft fest dazu, dabei weiß niemand, dass sie bis zu ihrem Auftauchen auf der Insel ein Schaustellerkind war und sie nie richtig lesen und schreiben gelernt hat. Doch sie besitzt ein ausgezeichnetes Gedächtnis, dass ihr bisher dabei geholfen hat, sich durchzumogeln. Doch dann landet sie eines Tages in Gretas Inselbuchladen bei einem dort stattfindenden Treffen des örtlichen Lesekreises, der nicht nur aus Krabbenfischer Jan und seiner besten Hälfte, der Polizistin Ellen besteht, sondern auch Arzthelferin Andrea ist Mitglied sowie der neue Grundschullehrer Björn und die zugfreiste Werbetexterin Franziska aus Hamburg. Gerade Björn hat es Sandra schnell angetan, so ist sie schnell Teil des Lesekreises, denn ihre Beiträge über die Landschaft und das Wattenmeer werden allseits geschätzt, vor allem von Björn. Doch sie muss die gemeinsam ausgesuchten und geplanten Texte auswendig lernen, damit sie den anderen weiterhin was vormachen kann und niemand von ihrem Handicap erfährt. Nebenbei arbeitet sie per Diktiergerät an einer Geschichte über die “Farben der Insel”. Als sie daraus unter falschem Namen zitiert, sind alle ganz hin und weg und wollen mehr von der unbekannten Autorin hören. Wird Sandra ihr Geheimnis weiterhin wahren können? Und was wird Björn dazu sagen?
Janne Mommsen hat mit seinem Buch “Die Bücherinsel” seinen neuen Roman vorgelegt, der mit vielen altbekannten Protagonisten irgendwie als Fortsetzung für “Die Inselbuchhandlung” gelten könnte, die nämlich auch eine größere Rolle in dieser Geschichte spielt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig und leicht, immer mit einem kleinen Zwinkern im Augenwinkel, der Leser wird mit den ersten Zeilen bereits an die Seite von Sandra gebeamt und darf sie auf ihren Inseltouren begleiten und gleichzeitig Einblick in ihr Herz und ihre Seele nehmen. Dem Autor gelingt es mit einer wunderbaren Leichtigkeit, die Inselstimmung mit wenigen Worten einzufangen. Gleichzeitig ist es toll zu beobachten, dass die jeweilige Landschafts- und Wetterszenerie immer irgendwie auch zur Stimmung der Hauptprotagonistin passt. Der Leser fühlt sich schnell als Teil der engen Inselgemeinschaft, streift per Kopfkino durch die Dünen und lässt sich ein Bad in der kalten See am frühen Morgen gefallen. Der Autor hat sich diesmal als Hauptthema Legasthenie und Analphabetismus vorgenommen und zeigt sehr schön auf, mit welchen Tricks und Eselsbrücken die Menschen durchs Leben gehen, um niemandem aufzufallen und nicht für dumm gehalten oder sogar ausgegrenzt zu werden. Solch ein Leben muss unwahrscheinlich anstrengend sein, die Scham ist verständlich, aber gleichzeitig fehl am Platz, da man gegen diese Schwäche ja etwas unternehmen kann.
Die Charaktere sind ein liebevoller Haufen unterschiedlichster Typen, die alle sehr detailliert gestaltet und mit Leben versehen wurden. Mit individuellen Eigenschaften schleichen sie sich in das Herz des Lesers und geben ihm so die Chance, mit ihnen zu fiebern und zu fühlen. Sandra ist eine fleißige Frau, die eine tolle Beobachtungsgabe sowie eine Händchen für Ausdrucksstärke besitzt. Sie liebt das Inselleben und kann mit Worten so wunderbar umgehen, dass man beim Zuhören regelrecht in Trance gerät. Sie hat sich mühsam von ihrer Familie abgenabelt und endlich ihr Leben so eingerichtet, wie es ihr gefällt. Franziska ist eine Frau, die unbedingt ihren ersten Roman veröffentlichen will, dabei kann sie besser organisieren oder Marketingstrategien umsetzen. Björn ist Lehrer und gibt den kleinsten Schülern Leseunterricht. Auch Greta, Eike, Jan oder Ellen tragen mit ihren Auftritten zum Wohlgefühl der Handlung bei.
“Die Bücherinsel” ist einmal mehr ein Buch, dass dem Leser während der Lektüre auf wundersame Weise einen wohligen Kurzurlaub beschert, während die Gedanken auf Inselreise gehen. Verdiente Leseempfehlung!