Langatmige Beschreibunge und von Gefühl keine Spur
Wir sehen uns wieder am Ende der SeineDer Designer Claude reist in seinen Heimatort Honfleurt in die Normandie, um dort nach dem Tod seines Vaters das Elternhaus zu räumen, den Nachlass zu regeln und das Haus zum Verkauf anzubieten, um eine ...
Der Designer Claude reist in seinen Heimatort Honfleurt in die Normandie, um dort nach dem Tod seines Vaters das Elternhaus zu räumen, den Nachlass zu regeln und das Haus zum Verkauf anzubieten, um eine Finanzspritze für das von ihm und seinem Partner geführte Unternehmen zu bekommen. Doch bei der Durchsicht des Schreibtisches findet er in einem Versteck alte Liebesbriefe an seinen Vater. Geschrieben hat sie eine junge Frau namens Marguerite. Claude ist verwirrt, denn er hätte nie gedacht, dass sein Vater eine Affäre hatte, zumal das elterliche Verhältnis sehr liebevoll war. Die Briefe gehen Claude nicht aus dem Kopf und er beginnt, erst in Honfleur, dann in Paris nach Marguerite zu suchen, von der er nur den Vornamen verbunden mit einem Briefdatum hat. Wird Claude sie finden?
Lucas Gauthier hat mit „Wir sehen uns wieder am Ende der Seine“ einen Unterhaltungs- und Liebesroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und eher pragmatisch zu nennen, wobei gerade bei der vorliegenden Thematik mehr Gefühl ansprechender gewesen wäre. Der Leser darf sich mit Claude auf Spurensuche begeben, um die geheimnisvolle Marguerite zu finden, wobei die Reise von Honfleur über Paris führt, zu Spiritanern, in alte verlassene Waisenhäuser und Kirchenarchive. Sehr ausführlich und detailliert behandelt der Autor die verschiedenen Suchpfade, die sich auftun nach den „les enfants blondes“, wie man Besatzungskinder aus dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich nannte. Obwohl es ein sehr spannendes Thema ist, wird dies leider eher kurz abgehandelt, dafür ergeht sich der Autor in der Beschreibung von Kirchentätigkeiten, alten restaurierten Gebäuden und den Suchwegen. Dabei gerät die eigentliche Handlung immer mehr ins Hintertreffen. Auch die vermeintliche Liebesgeschichte ist eher als Abhandlung denn als romantisch zu sehen. Der Vergleich des Verlages, dieses Buch auf eine Stufe mit Nicolas Barreau oder Nicholas Sparks zu heben, hinkt gewaltig. Dem Autor fehlt es sowohl an Gefühl als auch an Raffinesse, wie sie die beiden bekannten Autoren besitzen und mit ihren Geschichten immer wieder aufs Neue verzaubern können. Davon ist man hier meilenweit entfernt.
Die Charaktere sind leider auch eher oberflächlich ausgearbeitet, sie wirken irgendwie steif und ungelenk. Zum Leser besteht durchweg leider eine gewisse Distanz, deshalb kann man sich nur schwer in die Protagonisten hineinversetzen und mit ihnen fiebern. Claude ist ein netter Kerl, der sein Wissen über seinen Vater völlig neu überdenken muss und sein Geheimnis lüften will. Er ist freundlich, hartnäckig und neugierig. Susanne ist eine patente Künstlerin, die sich mit einem Nebenjob über Wasser hält. Sie ist optimistisch und hilfsbereit. Fred ist ein Computerfreak, der typische Nerd, aber mit einer gewissen Neugier für Geschichten und einem Händchen für die Beschaffung von Informationen.
„Wir sehen uns wieder am Ende der Seine“ ist ein recht langatmiger Unterhaltungsroman, der der Kurzbeschreibung zwar irgendwie gerecht wird, doch leider das Herz des Lesers nicht erwärmen kann. Das interessante historische Thema kommt zu kurz und wird ohne Fingerspitzengefühl und Empathie abgehandelt. Schade, aber das Buch konnte leider nicht überzeugen.