Der Gesang der Bienen
Schwarzwald 1152: Der Zeidler Seyfried führt mit seiner Familie ein zufriedenes Leben im Schwarzwald – bis seine Frau zum Tode verurteilt wird. Seyfrieds letzte Hoffnung ist die Fürsprache der berühmten ...
Schwarzwald 1152: Der Zeidler Seyfried führt mit seiner Familie ein zufriedenes Leben im Schwarzwald – bis seine Frau zum Tode verurteilt wird. Seyfrieds letzte Hoffnung ist die Fürsprache der berühmten Hildegard von Bingen, daher macht er sich auf den Weg zu ihrem neu gegründeten Kloster auf dem Rupertsberg. Hildegard knüpft ihre Hilfe jedoch an schier unerfüllbare Bedingungen und für Seyfried und seine Frau beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Die Arbeit mit Bienen im Mittelalter sowie die Tatsache, dass die berühmte Hildegard von Bingen in dem vorliegenden Buch eine Rolle spielt, haben mich zu meinem ersten Roman von Ralf H. Dorweiler greifen lassen. Und es wird nicht das letzte Buch sein, denn die Mischung aus historischen Fakten und spannender Fiktion konnte mich fesseln und überzeugen.
Ein Zeidler bestritt im Mittelalter seinen Lebensunterhalt mit dem gewerbsmäßigen Sammeln von Honig und Wachs wilder oder halbwilder Bienenvölker. Wachs war zur damaligen Zeit ein wichtiger Rohstoff, denn mit ihm konnte man u.a. wertvolle Kerzen herstellen, die Licht in dunkle Nächte und Räume brachten.
In Seyfrieds Familie fällt sofort ihr liebevoller und zwangloser Umgang miteinander auf, man muss die einzelnen Familienmitglieder einfach in sein Herz schließen. Elsbeth ist eine Heilkundige, was zur damaligen Zeit Fluch und Segen bedeuten konnte. In ihrem Fall wird es ihr zum Verhängnis, als ihre Patientin Fronika. die Tochter des ministerialen Marschalls Gottfried von Staufen, verstirbt und sie daraufhin zum Tode verurteilt wird.
Seyfried selbst trägt ein dunkles Geheimnis mit sich, das sich vor allem durch seinen Zorn auf und seine Abkehr von Gott bemerkbar macht. Auch die Äbtissin Hildegard von Bingen erkennt das und versucht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
An Hildegard von Bingen muss man sich erst gewöhnen: sie kann stellenweise sehr ruppig und direkt sein und macht sich damit nicht nur Freunde innerhalb und außerhalb der Klostermauern. Aber ich denke, zur damaligen Zeit durfte man als Frau nicht allzu zimperlich sein, wollte man sich in einer männerdominierten Welt behaupten. Und je mehr man von ihr während des Romans kennenlernt, umso faszinierender wird sie, auch wenn man sie anfangs am liebsten schütteln möchte, weil ihr nicht bewusst zu sein scheint, dass Seyfried die Zeit davonläuft.
Erstaunt hat mich vor allem, wie vielseitig Hildegards Forschungen waren, sie hatte keinerlei Berührungsängste oder Vorbehalte, um sich Wissen anzueignen.
Überhaupt gibt es einige starke Frauenfiguren in dem Roman: Anna, die vierzehnjährige Tochter von Seyfried und Elsbeth, zieht mit ihrem kleinen Bruder Jasper während der Abwesenheit ihres Vaters in die Burg von Gottfried. Dabei lässt Anna nichts unversucht, um mit ihrer Mutter im Kerker sprechen zu können. Zudem gerät sie in den Fokus des undurchsichtigen und gefährlichen Ritters Theobald von Molsheim.
In Hildegards Kloster auf dem Rupertsberg lernt der Leser die junge Novizin Adelheyd kennen, die von Hildegard gerne als Schreiberin in Anspruch genommen wird. Adelheyd hat das Herz am rechten Fleck, hütet aber auch ein dunkles Geheimnis.
Starke Charaktere, viele interessante historische Fakten, tolle Beschreibungen und spannende Wendungen – das sind die Zutaten dieses historischen Romans, bei dem die Seiten nur so dahin fliegen. Der Autor hat eine Vorliebe für dramatische Höhepunkte, was die Spannung nochmal steigert, jedoch war es mir zum Ende des Buches hin fast schon zu viel Dramatik. Ansonsten fand ich das Ende des Buches jedoch absolut gelungen und raffiniert.
Was mir ebenfalls gut gefallen hat, ist das Personenverzeichnis und die sehr schön gestaltete Karte am Ende des Buches.