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Veröffentlicht am 19.04.2019

Die Legende der Schattenkrähe

Die Schattenkrähe der Rocky Mountains
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Der erste Band der Willow Ranch Reihe "Die Schattenpferde der Rocky Mountains" war 2017 eines meiner absoluten Lieblingsbücher des Jahres. Deshalb habe ich mich schon sehr auf den Nachfolgeband gefreut. ...

Der erste Band der Willow Ranch Reihe "Die Schattenpferde der Rocky Mountains" war 2017 eines meiner absoluten Lieblingsbücher des Jahres. Deshalb habe ich mich schon sehr auf den Nachfolgeband gefreut. Band 2 hat mir ebenfalls wieder sehr gut gefallen, reichte für mich allerdings nicht ganz an den ersten Band heran.
Schon der Prolog hat mich wieder verzaubert. Er erzählt eine Indianerlegende um die Regenbogenkrähe und wie sie ihr prächtiges buntes Federkleid und ihre wunderschöne Singstimme verlor und zur Schattenkrähe wurde. Somit haben wir gleich einen Bezug zum titelgebenden 2. Teil. Doch auch die Schattenpferde aus dem ersten Band spielen wieder eine Rolle.
Mittlerweile sind drei Jahre vergangen und Lyla lebt mit Nick in einem Wohntrailer nahe der Willow Ranch, die ihr Bruder Lee, seine Lebensgefährtin Naira und Tante Jeanne bewirtschaften.
Lyla möchte eine Stiftung zum Schutz der Wildpferde gründen, die ihre Seelentiere sind. Sie kämpft darum den Lebensraum der einzigartigen Tiere zu erhalten. Außerdem möchte sie mehr über ihre indianischen Wurzeln erfahren. Doch die Beziehung zwischen Nick und Lyla wird auf eine harte Probe gestellt, als seine alkoholkranke Mutter bei ihnen im Wohntrailer einzieht. Einzig die geheimnisvolle Wahleeah und der Indianer Lonefeather Jones verstehen Lylas Schwierigkeiten und ihre Rastlosigkeit. Auch Wahleeah ist auf der Suche nach ihrem inneren Frieden und sich selbst und die beiden Frauen werden gute Freundinnen. Doch die junge Frau birgt ein großes Geheimnis...

Im Mittelpunkt der Geschichte steht diesmal jedoch Chuck, Lee's Freund. Ein großer Streit vor drei Jahren hat die Beziehung der Beiden stark belastet und Chuck hat die Willow Ranch daraufhin verlassen. Im Yukon war er als Pelzjäger unterwegs und kehrt nun nach dem Tod seinens Vaters zurück. Chuck hat sich jedoch sehr verändert und ist zum mürrischen Einzelgänger geworden. Alles was er möchte, ist die Pelzjägerroute seines Vaters zu verkaufen und den Ort so schnell wie möglich wieder verlassen. Doch damit gibt es bald Probleme und auch Wahleeah geht ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Die wunderbare Leseatmosphäre, die indianische Mystik und die lebendige Darstellung der Bergwelt und der kanadischen Natur hat Natascha Birovljev wieder wunderbar eingefangen. Schon im ersten Band hat sie mich damit verzaubert. Das geheimnisvolle Flair rund um Indianerlegenden und ihre Weisheiten, sowie das Leben mit der Natur hat mich erneut gefesselt. Es macht jedoch auch nachdenklich, vorallem wenn man bedenkt, wie wir mit der Natur umgehen.

Die Figuren konnten mich diesmal, mit Ausnahme von Wahleeah und Lyla, nicht komplett überzeugen, jedoch haben sich alle weiterentwickelt.
Chuck hat sich seit Band 1 total verändert. Aus dem lustigen und wagemutigen Rodeoreiter ist ein menschenscheuer und verbitterter Mann geworden. Und so läuft er auch mit Scheuklappen herum und erkennt nicht, wer es gut und wer es schlecht mit ihm meint. Seine Sturheit hat mich manchmal richtig verzweifeln lassen. Auch Nick hat an Sympathie eingebüßt. Er unterstützt Lyla kaum und bürdet ihr mit seiner unberechenbaren Mutter ein weiteres Problem auf. Lyla fühlt sich überfordert. Ihre Liebe zu den Wildpferden hat für sie noch immer oberste Priorität.
Eric, Rob und Jeanne sind in Nebenrollen wieder mit dabei und es war eine Freude ihnen wiederzubegegnen.

Zum Ende hin gibt es einen spannenden Showdown, der einem das Buch nicht mehr aus der Hand legen lässt. Einige Fragen bleiben offen, die hoffentlichen im nächsten Band beantwortet werden.


Fazit:
Ein sehr atmosphärischer Roman über Indianerlegenden und vom Leben mit der Natur. Dazu gibt es eine spannende Geschichte und viele bereits liebgewonnene Charaktere aus dem ersten Band. Ich freue mich bereits auf Band 3, der hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lässt.

Veröffentlicht am 10.04.2019

Einen Ozean entfernt

Zeilen ans Meer
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Wer sucht nach einen Nachfolger zu "Gut gegen Norwind"?
Mit "Zeilen ans Meer" könnt ihr diesen Roman gefunden haben, denn er steht in seiner Poesie, Melancholie und Tiefgründigkeit Glattauers Bestseller ...

Wer sucht nach einen Nachfolger zu "Gut gegen Norwind"?
Mit "Zeilen ans Meer" könnt ihr diesen Roman gefunden haben, denn er steht in seiner Poesie, Melancholie und Tiefgründigkeit Glattauers Bestseller in keinster Weise nach. Allerdings handelt es sich hier um einen reinen Briefroman, wo wirklich Briefe und keine Emails getauscht werden. Da ich selbst seit meiner Kindheit Briefe schreibe, liebe ich diese Art Romane sehr und fühle mich dabei immer wie eine Art "Seelenverwandte".

Dieser Briefroman erzählt die Geschichte der ehemaligen deutschen Studentin Lena, die 1999 ein Work-and-Travel Jahr in Australien verbracht hat. Am Ende ihres Aufenthaltes schreibt sie ihre Empfindungen, Wünsche und Träume auf und verschließt diese in einer Flaschenpost. Am Strand von Perth schickt Lena diese auf Reise. 16 Jahre später findet Sam Lenas Flaschenpost beim Joggen am Strand nahe Sydney und schreibt spontan zurück. Somit erhält Lena nach dieser langen Zeit überraschend Post aus Australien. Mittlerweile ist die Übersetzerin Mutter einer Tochter und lebt in Trennung. Aus Kartengrüße zur Weihnachtszeit werden bald immer längere Briefe - eine wunderbare Brieffreundschaft entsteht. Über die Ferne hinweg tauschen Sam und Lena Gedanken aus, die sie oftmals nicht einmal mit ihren besten Freunden
besprechen. Über die Distanz sieht man oft Dinge aus einer anderen Perspektive und langsam kommen sich die Beiden immer näher. Doch kann man sich in einen Brieffreund verlieben?

Die Geschichte ist, obwohl in Briefform, wahnsinnig intensiv. Die wechselseitige Erzählung der beiden Protagonisten lässt dem Leser hinter die Fassade schauen. Man erlebt die Höhen und Tiefen von Sam und Lena mit und spürt die Intensivität der Gefühle. Beide haben ihre eigenen Probleme und eine Vergangenheit, die Spuren hinterlassen hat. Lenas Träume von damals sind dem Alltag und den Sorgen gewichen, ihre Unbeschwertheit verflogen. Die Liebe zur Musik ist tief vergraben, die Gitarre im Keller versteckt. Sam versucht Lena zu überzeugen, wieder ihren ehemaligen Leidenschaften nachzugehen und wieder zu leben.

"Dinge, die wir lieben, die uns begeistern, sind niemals Sackgassen, sondern immer der richtige Weg. Vielleicht haben sie kein Ziel, aber sie geben uns eine Richtung vor"- Seite 70

Seine Leidenschaft zum Surfsport hat Sam hingegen nie verloren, doch den Wunsch Berufssurfer zu werden, hat er aufgegeben. Die perfekte Welle hat er noch nicht gefunden. Sein bester Kumpel Daniel unterstützt ihn, wo er nur kann. Gemeinsam bauen sie Surfbretter aus Glasfaser.

Doch auch bei Brieffreunden gibt es nicht immer nur eitlen Sonnenschein. Vertrauen ist besonders wichtig und immer wieder überfallen beide große Zweifel. Einige überraschende Wendungen tun ihr Übriges dazu. In einem „normalen“ Roman wäre mir das Hin und Her zwischen den beiden vielleicht mit der Zeit etwas auf die Nerven gegangen, so aber fiebert man selbst dem nächsten Brief und einer Antwort entgegen.
Mit der Zeit wünschen sich sowohl Lena, als auch Sam, sich im realen Leben zu treffen. Denn auch wenn sie sich emotional so nah sind, fehlt einfach die körperliche Nähe und die Möglichkeit ein gemeinsames Leben zu teilen. Die Fernbeziehung von Lena und Sam droht mit der Zeit am Alltag zu scheitern. Doch kann überhaupt eine Liebe auf Distanz funktionieren?

In der heutigen digitalen Welt ist es nur mehr schwer vorstellbar, nur über Briefe zu kommunizieren. Auch ich werde immer wieder befremdlich angeschaut, wenn ich erzähle, dass ich noch ganz altmodisch Briefe auf Papier schreibe und mit der Post versende. Umso mehr genoss ich die Gefühle, wenn Lena auf den Briefträger wartet und voller Sehnsucht in den Briefkasten schaut. Erst nachdem sich beide in der realen Welt getroffen haben, schreiben sie sich auch hin und wieder Mails und skypen. Die Buchtipps, die die beiden austauschen, ließen mein Herz ebenso höher schlagen.

Schreibstil:
Sarah Fischers wunderschöne poetische Schreibstil verzauberte mich von der ersten Seite an. Mit sehr viel Empathie schreibt die Autorin über Gefühle und Ängste. Beide Protaginisten sind authentisch und sehr liebevoll dargestellt. Man kann die Entwicklung der aufkeimenden Gefühle wunderbar mitverfolgen. Die Dynamik steigert sich von Brief zu Brief. Sarah Fischer gelingt es großartig die wunderschönen Plätze in Australien darzustellen, die Sam Lena beschreibt. Lena hingegen bringt Sam München näher und einen ganz bestimmten Platz im Englischen Garten: der Eisbach und die berühmte Eisbachwelle...ein Surferparadies mitten in der Großstadt.

Fazit:
Ein zauberhafter Briefroman, der mich wunderbar unterhalten hat. Wer noch ähnliches wie "Gut gegen Nordwind" sucht, dem kann ich "Zeilen ans Meer" ans Herz legen. Mit viel Empathie und Poesie erzählt Sarah Fischer eine berührende Geschichte, realitätsnah, tiefgründig und packend. Ich empfehle dieses Buch gerne weiter!

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Veröffentlicht am 06.04.2019

Bezaubernder Roman um eine große Liebe

Das schönste Mädchen Havannas
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Was für ein bezauberndes Cover! Und gleich vorab...auch der Inhalt kann damit mithalten! Es ist das erste Buch der spanischen Autorin, welches auf deutsch übersetzt wurde und ich hoffe es wird nicht das ...

Was für ein bezauberndes Cover! Und gleich vorab...auch der Inhalt kann damit mithalten! Es ist das erste Buch der spanischen Autorin, welches auf deutsch übersetzt wurde und ich hoffe es wird nicht das letzte sein!

Patricio kommt 1947 mit großen Erwartungen auf die Karibikinsel. Der spanische Bürgerkrieg und die Not seiner Familie lassen ihn hoffen auf Kuba ein neues und vorallem besseres Leben zu beginnen. Er ist bezaubert von den Farben und Gerüchen, den Frauen in ihren bunten Kleidern und der Musik.
Doch zuerst benötigt er eine Unterkunft und etwas zum Essen. Als Schuhputzer hat er zu Beginn nicht leicht. Dabei lässt er, kaum auf der Insel angekommen, fast sein Leben, als er die weißen Schuhe des Mafiabosses Carlos Valdés mit schwarzer Schuhpaste einschmiert. Patricio weiß noch nicht, dass er nicht das letzte Mal den Weg des berüchtigten Mannes kreuzen wird.
Erst als er Arbeit im "El Encanto", dem größten Kaufhaus Havannas findet, wendet sich das Blatt, denn Patricios fröhliches Gemüt und seine Kunst alles zu verkaufen, macht ihn schnell beliebt. So steigt er bald in der Angestellenhierarchie auf. Mit Lily, der jungen Frau am Aufzug, die im Herzen eine Kommunistin ist, verbindet ihn bald eine enge Freundschaft und in Gúzman und Grescas hat er zwei Freunde fürs Leben gefunden. Eines Tages trifft er im Kaufhaus auf eine fremde junge Frau, die nach Schmetterlinsgslilien duftet. Er verliebt sich Hals über Kopf in Gloria, das für ihn das schönste Mädchen Havannas ist. Jedoch ist die junge Frau bereits die Ehefrau, des gefürchtetsten Mafiabosses der Insel, Carlos Valdés....

Ich mochte die Art, wie Susana López Rubin ihre Geschichte erzählt. Man ist von der ersten Seite an verzaubert. Ich hörte die kubanischen Klänge des Salsas, hätte am liebsten an einem Cuba Libre genippt und wandelte entlang der pastellfarbenen Häuser der Hauptstadt.
Der Roman ist zwar ein Liebesroman, aber einer der anderen Art, denn die beiden Liebenden haben keine Chance zueinander zu kommen. Die geheime Liebe ist voller Tragik und doch so bezaubernd, vorallem aber brandgefährlich.
Dazu kommt die Geschichte des Kaufhaues, das Leben im pulsierenden Kuba und die politischen Hintergründe. Während in Europa gerade der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen ist und alles in Trümmern liegt, die Menschen hungern und der Aufbau erst ganz langsam beginnt, pulsiert das Leben auf Kuba. Wer jedoch die politische Geschichte der Insel kennt, weiß auch, dass dies nicht so bleiben wird. Die aufkommende Revolution wird dabei wunderbar in die Geschichte integriert.

Neben den beiden Hauptprotagonisten ist das Kaufhaus "El Encante" Hauptausgangspunkt - nicht umsonst heißt der Roman im Original genauso. Man erlebt die Präsentation der ersten Rolltreppen und Fernseher, spürt die Aufregung der Verkäufer, als Ava Gardner das Kaufhaus besucht oder als Christian Dior aus Frankreich anreist, um den "New Look" mit einer Modeschau im El Encante vorzustellen.
Susana Lopez Rubio ist es nicht nur gelungen, die wunderbare Atmosphäre der kubanischen Insel einzufangen, sondern auch alle Figuren, bis hin zu den kleinsten Nebencharakteren, aussagekräftig und liebevoll zu zeichnen.

Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht von Patricio und Glora geschrieben. So erfährt man auch sehr viel über die Hintergründe zu Glorias Leben, das alles andere als leicht ist. Man durchlebt ihre Gefühle und Gedanken, genauso wie Patricios und hofft und bangt bis ganz zum Schluss um die Beiden. Man spürt schon zu Beginn das ganz besondere Band, das sie verbindet. Dabei wird die Autorin weder kitschig, noch überladen. Obwohl sich beide in einer auswegslosen Situation befinden, fühlt man die Leichtigkeit, die die Autorin trotz der schwierigen Situation vermittelt.
Gleichzeitg erlebt man auch die geschichtlichen Wendungen von Kuba hautnah mit. Der Roman beinhaltet Drama, Spannung, Politik, Liebe und eine ganz besondere Atmosphäre, der ich mich nicht enziehen konnte.

Fazit:
Ein bezaubernder Roman, mit einem ganz besonderem Charme und einer wunderbaren Atmosphäre. Man begibt sich mit Patricio auf Kuba, verliebt sich in das schönste Mädchen Havannas und erlebt dabei jede Menge - Gutes wie Böses. Neben einer Portion Spannung und Drama taucht man tief in die 50iger Jahre des letzten Jahrhunderts ein und erlebt die politische Wandlung der Insel hautnah mit. Ein besonderer Roman, den ich gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 27.03.2019

Interessanter Rückblick ins 15. Jahrhundert

Die Erleuchtung der Welt
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Heidelberg, Anfang des 15. Jahrhundert. Die junge Helena wächst als Kind armer Tagelöhner auf. Bei der Geburt des sechsten Kindes stirbt die Mutter und der Vater beginnt zu trinken. Als er seine Spielschulden ...

Heidelberg, Anfang des 15. Jahrhundert. Die junge Helena wächst als Kind armer Tagelöhner auf. Bei der Geburt des sechsten Kindes stirbt die Mutter und der Vater beginnt zu trinken. Als er seine Spielschulden nicht bezahlen kann, verschachert er seine älteste Tochter Helena an einem brutalen Winzer, wo das Mädchen die Hölle auf Erden erlebt. Sie flieht. Schwer verletzt wird sie von einer Nonne gefunden und lebt fortan im Schutz eines Klosters. Die Nonnen lernen ihr lesen und schreiben und bilden sie in der Kunst der Kräuterkunde aus. Helena fühlt sich endlich sicher, dennoch ist sie viel zu gerne unter Menschen, als ihr Leben als Nonne zu verbringen. Ein Zufall kommt ihr Zuhilfe...

Die Autorin, die ihren ersten historischen Roman unter Pseudonym veröffentlicht hat, ist eine großartige Geschichte gelungen. Johanna von der Wild aka Biggi Rist verknüpft die historische Figur Mechthild von der Pfalz mit einem fiktiven Charakter, der zur Hauptprotaginistin des Romanes wird. Mit ihrem feuerroten Haar hat Helena bereits als Kind Mechthilds Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die junge Prinzessin von der Pfalz hatte ein Püppchen mit genau denselben roten Haar wie Helena es hat. Bei einem Umzug warf ihr Mechthild diese Puppe, die Helena so ähnlich sieht, aus der Kutsche heraus zu. Ab diesen Zeitpunkt trägt die Tochter des Tagelöhners das kleine Püppchen als Talismann immer an ihrem Körper. Noch ahnt sie nicht, dass sie Mechthild wieder treffen wird...

Im Zentrum des Romans steht die Freundschaft der beiden Frauen, die trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft zu langjährigen Freundinnen werden. Mechthild ist für ihre Zeit eine sehr gebildete Frau, die ihr Wissen auch anderen Menschen zukommen lassen möchte. Die Liebe zu den Büchern und Schriften, ihr fortschrittliches Denken und der Versuch in einer Welt, die von Männern dominiert ist, zu überleben und ihre Frau zu stehen, vereint die beiden Freundinnen ihr ganzes Leben lang. Trotzdem reißt sie das Schicksal im Laufe ihrer beiden Leben wieder auseinander...

Johanna von Wild hat viele Themen in diesem spannungsgeladenen und vielschichtigen historischen Roman einfließen lassen. Es geht um arrangierte Ehen und Machtkämpfe einzelner Grafschaften (Wittelsbacher, Habsburger und Württemberger), die Stellung der Kirche und auch um die große Diskrepanz zwischen Armen und Reichen. Die Willkür einzelner Menschen, die Leben zerstören, aber auch um diejenigen, die sich auflehnen oder anderen Menschen helfen.

Die Figuren sind sehr lebendig beschrieben und ich habe von Beginn an mit Helena mitgefiebert und mitgelitten. Überraschende Wendungen erhalten den Spannungsbogen. Nur die Zufälle zu einer ganz bestimmten Person waren mir am Ende dann doch etwas zu viel. Trotzdem haben genau diese Vorfälle die Spannung noch erhöht und haben mein Lesevergnügen nicht geschmälert.

Schreibstil:
Johanna von der Wild schreibt bildhaft und voller Atmosphäre. Die Sprache ist der Zeit angemessen und trotzdem liest sich die Geschichte wunderbar flüssig. Man merkt auch, dass die Autorin sonst Kriminalromane schreibt, denn die Handlung ist spannend und oftmals brutal und grausam. Sie widerspiegelt ein lebendiges Bild der damaligen Zeit.

Orts- und Jahresangabe am Kapitelanfang erleichtern die Zuordnung. Ein Personenregister am Beginn des Buches erleichtert die Zuordnung. Im Nachwort findet man noch die Stammbäume und eine Erklärung zu den Häusern Wittelsbach und Württemberg.

Fazit:
Ein vielschichter historischer Roman, der nicht nur von den beiden interessanten weiblichen Hauptcharakteren lebt, sondern auch von der tollen Recherche der Autorin und der mitreißenden Handlung. Überraschende Wendungen, facettenreiche Figuren und ein interessanter Blick zurück in die Zeit des 15. Jahrhunderts ergeben ein tolles historisches Debüt der Autorin. Leseempfehlung für Historienfreunde und diejenigen,die es noch werden wollen!

Veröffentlicht am 21.03.2019

Heimat ist nicht Herkunft

Ein fesches Dirndl
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Der erste Eindruck betreffend Titel und Cover, wobei beide beim Beenden des Buches trotzallem hervorragend passen, ist etwas trügerisch. Hier handelt es sich um keinen Heimatroman oder um eine fröhliche ...

Der erste Eindruck betreffend Titel und Cover, wobei beide beim Beenden des Buches trotzallem hervorragend passen, ist etwas trügerisch. Hier handelt es sich um keinen Heimatroman oder um eine fröhliche Geschichte, sondern um die Themen Migration, Ausgrenzung, Verletzung, aber auch um Hoffnung, Geduld und Heimkommen. Es ist eine Geschichte der langen Suche nach Heimat und des Ankommens, denn Heimat ist nicht gleich Herkunft.

Dies ist bereits mein zweiter Roman der Autorin. In "Ein fesches Dirndl" erzählt sie uns eine fiktive, aber sehr persönliche Geschichte. Der Lebensweg unserer Hauptprotagonistin Bea Burger ähnelt nämlich ihrem eigen sehr. Als Bürgerin der ehemaligen Tschechoslowakei heiratet die Slowakin 1975, noch zur Zeit des Eiserenen Vorhangs, einen Österreicher. Angekommen im "goldenen Westen" fühlt sich Bea, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist, hilflos. Während ihr Mann Armin tagsüber studiert, ist Bea sich selbst überlassen. Im Selbststudium bringt sie sich nach und nach die wichtigsten deutschen Worte bei, bis sie von einem Deutschkurs erfährt. Bea ist ehrgeizig und erkennt vom Anfang an, dass die Sprache ihr wichtigstes Instrument ist. Sie ist der Schlüssel zu Integration. Innerhalb kurzer Zeit lernt sie Deutsch und stößt dennoch immer wieder viel zu schnell an Grenzen. Das Studium, das sie einst in der Slowakei abgeschlossen hat, wird in Österreich nicht anerkannt. Umso größer ist der Ehrgeiz nicht mehr als Ausländerin angesehen und nicht immer wieder "Woher kommen Sie?"gefragt zu werden. Auch die slowakische Verwandschaft hat völlig falsche Vorstellungen und wartet auf Pakete mit Geschenken aus Österreich. Doch Zdenka und Armin leben selbst in Armut. Erst nach der Geburt des zweiten Kindes ziehen sie von Wien aufs Land und bauen das Haus von Armins Großeltern um. Hier wartet auf Bea die nächste Hürde. Sie versteht den gesprochenen Dialekt nicht und will nicht nochmals mit dem Erlernen der "deutschen" Sprache beginnen...

Die Autorin zeigt sehr ehrlich und mit viel Einfühlungsvermögen die Zerissenheit ihrer Hauptprotagonnistin. Heimweh und Unsicherheit bestimmen den anfänglichen Alltag. Bea war zwar nie ein Flüchtling, sondern hat eingeheiratet, fühlte sich aber weiterhin als Fremde und zweitklassig. Als spätere Deutschlehrerin für Migranten erfährt sie von einigen sehr ergreifenden Schicksalen. Als Leser bekommt man durch einige dieser Erzählungen einen anderen Blick auf die Situation vieler fremder Menschen in unserem Land. Die Berichte machen nachdenklich und als gebürtige Österreicherin macht man sich so seine eigenen Gedanken.

Zdenka Becker hat ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen und dabei ein Stück ihres eigenen persönlichen Lebens an die Öffenltichkeit getragen. Die Geschichte berührt und lädt zum Nachdenken ein. Man beginnt seine eigenen Gedanken zu reflektieren und oft vorschnelle Meinungen zu überdenken. Einmal angefangen zu lesen, konnte ich schwer wieder aufhören. Sehr gefallen hat mir der Schluss, der mit einer Metapher zum Titel endet.

Schreibstil:
Zdenka Becker schreibt flüssig, kurzweilig und mit einer Prise Selbstironie, aber auch emotional und berührend. Der Roman wird aus der Sicht von Bea in der Ich-Perspektive erzählt. Slowakische Sätze und Wörter sind oftmals eingefügt und vervollständigen die Authentizität.
Das Buch ist in sechs Teile aufgeteilt, die jeweils eine neue Etappe in Beas Leben aufzeigen.

Fazit:
Ein wunderbarer und intensiver Roman, der aufzeigt wie schwer es ist, in einem fremden Land Fuß zu fassen und wie lange es dauert bis es zu einer Heimat wird. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!