Cover-Bild Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: E-Books im Verlag Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 11.04.2019
  • ISBN: 9783462319392
Domenico Dara

Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall

Roman
Anja Mehrmann (Übersetzer)

Eine Zeitreise in ein längst vergessenes Italien. Ein charmanter, lustiger, rührender Roman mit einem zu Herzen gehenden Protagonisten.
Süditalien in den Sechzigerjahren. Im verschlafenen Girifalco übt sich der Postbote des Ortes als guter Geist. Denn ohne, dass die anderen Dorfbewohner es ahnen, greift er heimlich in ihren Briefverkehr ein und versucht so, den Dingen die richtige Richtung zu geben.
Der Postbote von Girifalco führt ein zurückgezogenes Leben, liebt die Philosophie und hat ein ungewöhnliches Hobby: Er liest die durch seine Hände gehenden Briefe der Dorfbewohner mit, und wenn es sein muss, schaltet er sich sogar als heimlicher Korrespondent ein. Und ab und zu muss es sein: Liebende geraten auf Abwege, Mütter vermissen ihre in fremden Ländern das Glück suchenden Söhne, Dorfpolitiker und andere lokale Würdenträger mauscheln, was das Zeug hält.
Mit anderen Worten: Im beschaulichen Girifalco geht alles seinen gewohnten Gang – bis dem Postboten ein Brief in die Hände fällt, der Erinnerungen weckt: an ein Jahre zurückliegendes Verbrechen und zwei tragische Liebesgeschichten, eine davon seine eigene.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2019

Das Universum verbindet alle miteinander

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„…in einem Universum, in dem die Handlungen aller unaufhörlich miteinander verbunden waren.“ Kap.8

Domenico Dara entführt uns in seinem Buch in das
verstaubte süditalienische Dorf Girifalco im Jahre ...

„…in einem Universum, in dem die Handlungen aller unaufhörlich miteinander verbunden waren.“ Kap.8

Domenico Dara entführt uns in seinem Buch in das
verstaubte süditalienische Dorf Girifalco im Jahre 1969.

Der zurückgezogene, einzelgängerische Postbote zeichnet sich aus durch seine Leidenschaft fürs Philosophieren und seine Begeisterung für Liebesbriefe. Daraus resultiert sein recht ungewöhnliches Hobby: er öffnet Briefe, schreibt sie in gekonnter Imitation der Schrift ab und archiviert die Kopien systematisch. Ab und zu greift er auch in die Korrespondenz ein, indem er einen Brief nicht zustellt oder selbst ein Schreiben aufsetzt und in den Briefschlitz steckt. So werden Liebende zusammengeführt, sorgenvolle Mütter getröstet und die Dorfpolitik durcheinandergewirbelt.

Der Autor versteht es, die komplexen Zusammenhänge nicht von Anfang an in einer geradlinig verlaufenden Geschichte darzustellen, sondern mittels einzelner Episoden aus dem Dorfgeschehen Puzzlesteine vorzustellen, die sich erst nach und nach zu einem großen Ganzen zusammenfügen. So erfährt der Leser erst im Laufe der 36 Kapitel, wer die vielen unterschiedlichen Personen mit den schwierigen Namen sind (Register am Ende beachten!) und in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen, warum so manche wahre Liebe zu Ende war, bevor sie noch richtig begonnen hat, warum das Schicksal – oder ist es der Zufall? – so oft eine Rolle spielt, warum ein längst vergangenes Verbrechen Jahre später noch seine Wirkung zeigt.

Mit einer sehr klaren, sich aber trotzdem distanziert anfühlenden Sprache beschreibt Domenica Dara viele einzelne Vorkommnisse sehr präzise und anschaulich. Realität verschwimmt mit Phantasie, Jetzt mit Damals. Der Leser versinkt in kleine Details des Dorfes und lernt so die vielen unterschiedlichen Facetten kennen, die schließlich ein wunderbares Gesamtbild ergeben.

Wer Spannung sucht, wird sie in diesem Buch nicht finden, wer hingegen Geduld aufbringt, die Reise in die Vergangenheit anzutreten, alte und neue Briefe zu lesen, das Schicksal der Dorfbewohner kennenzulernen und damit auch jenes des Postboten, der wird am Ende zufrieden ein ganz besonderes Buch in Händen halten.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Herzensbrief

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Ende der 1960er Jahr im Süden Italien lebt ein Postbote eigener Art. Er ist seinen Mitmenschen gegenüber eher zurückhaltend. An den Briefen, die durch seine Hände gehen, hat er doch ein gewisses Interesse. ...

Ende der 1960er Jahr im Süden Italien lebt ein Postbote eigener Art. Er ist seinen Mitmenschen gegenüber eher zurückhaltend. An den Briefen, die durch seine Hände gehen, hat er doch ein gewisses Interesse. Briefe, die besonders aussehen, die besonders riechen, die einen besonderen Adressaten haben, diese Briefe erhalten eine besondere Behandlung. Vor der Zustellung prüft der Postbote erstmal, ob sie in der geschriebenen Form übermittelt werden können. Mit außerordentlichem Geschick gelingt es dem Postboten Schriftbilder nachzuahmen, so dass er eine Entdeckung kaum zu fürchten hat, wenn er den Inhalt den allzu harten oder schmerzlichen Inhalt eines Briefes in gefälligere Worte kleidet.

Etwas eigenartig ist die Arbeitsauffassung des Postboten des kleinen Ortes Girifalco schon. Doch in dem kleinen Dorf kennt jeder jeden und so sind die Briefempfänger auch dem Briefträger nicht fremd. Wenn er dann mit ungezügelter Neugier einige Briefe öffnet und schwer erträgliche Nachrichten glättet, kann man ihn durchaus verstehen. Vielleicht wird sein Berufsstand grundsätzlich eher unterschätzt, an diesem Postboten ist jedoch ein Philosoph verloren gegangen. Über alles und jedes kann er sich Gedanken machen und jeder Zufall ist eine Betrachtung wert. Seine Einsamkeit rührt jedoch nicht von ungefähr, musste er doch auf seine große Liebe verzichten.

Den Ort Girifalco gibt es wie Google Maps verrät im Übrigen tatsächlich. Hätte man diese Feststellung vor der Lektüre getroffen, hätten sich einige Wege des Postboten möglicherweise anhand der Karte nachvollziehen lassen. Dieser echte Bezug lädt zudem dazu ein, ein paar Momente auf den möglichen Echtheitsgehalt des Romans zu verwenden. Gut vorstellbar, dass so ein Postbote trotz der eher unerlaubten Handlungen als gute Seele des Ortes seine Bahnen zieht. Doch vernachlässigt er, indem er anderen zu schönen Briefen verhilft, nicht sein eigenes Leben? Wenn es gälte zu handeln, hält er sich zurück. Schon hat er sich die Szenerie visualisiert, durchdacht und das Ergebnis vorausgeahnt. Und so sicher ist er sich, dass er die eigentlich vorausgesetzte Frage nicht erst stellt. Je länger man den Postboten beim Austragen seiner Briefe begleitet, desto mehr wünscht man sich, er würde nicht nur die fremden Leben leben, sondern sich auf sich selbst besinnen.

Ein melancholischer und doch humorvoller Roman mit einem sympathisch knorrigen Helden, der die alten Gassen eines echten Ortes durchwandert.

Veröffentlicht am 11.04.2019

Wunder sind nichts anderes als absolute Zufälle

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Der Roman beginnt im Jahr 1969 und der Schauplatz ist ein Dorf im ländlichen Italien. Das Leben und seine Bewohner werden bildhaft geschildert und man fühlt sich in diese Zeit hineinversetzt. Protagonist ...

Der Roman beginnt im Jahr 1969 und der Schauplatz ist ein Dorf im ländlichen Italien. Das Leben und seine Bewohner werden bildhaft geschildert und man fühlt sich in diese Zeit hineinversetzt. Protagonist ist der namenlose Postbote, ein feinfühliger, poetischer Philosoph und Einzelgänger. Neben seiner Arbeit besteht sein Leben hauptsächlich aus seiner geheimen Tätigkeit am Nachmittag, nämlich die eingehenden Briefe zu öffnen, zu lesen, abzuschreiben, zu archivieren und wieder zu verschließen bzw. sogar zu versiegeln. Dies wird zu einer regelrechten Sucht. Er greift dadurch auch aktiv in das Schicksal einzelner Personen bzw. der Politik ein und lenkt es in Bahnen, die er für richtig hält. So bringt er es z.B. auch nicht fertig, daß eine Mutter die Todesnachricht ihres Sohnes erhält. Diesen Brief ändert er ab, indem er den Sohn auf eine Reise in eine abgelegene Region schickt, von welcher er nicht schreiben kann. Er betreibt diese Leidenschaft mit absoluter Akribie, so besorgt er sich auch authentisches Briefpapier aus der Schweiz und Deutschland, um seine Werke authentischer zu gestalten. Er hebt Zeitungsartikel auf, um Geschehnisse in seine Briefe einfließen zu lassen und er kann Handschriften zu imitieren.

Ein zweites Hobby von ihm ist ein Notizbuch über Zufälle, die er sogar noch in Kategorien unterteilt. Hier notiert er alles, was in seinem täglichen Leben geschieht und er für Zufall hält.


Die Idee zu diesem Roman gefiel mir zu Beginn gut, ebenso das Entschleunigen durch das Dorfleben im Jahr 1969. Aber nach ca. der Hälfte wurden es mir zu viele Geschichtchen, die aneinander gereiht wurden und es fehlte jegliche Spannung in der Erzählung. Ich wollte gar nicht wissen, was weiter passiert. Der Autor hat für mich viele Banalitäten (vor allem bei dem Notizbuch der Zufälle) aneinandergereiht und konnte mich dadurch nicht bei der Stange halten. Vielleicht hätte eine Kürzung auf nur 240 Seiten gut getan. Trotz begeisterter Stimmen aus Italien gibt es von mir für dieses Buch leider keine Leseempfehlung.