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Veröffentlicht am 20.04.2019

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Ein Cottage für deinen Sommer
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Die Mitvierzigerin Adie Lou muss gerade durch eine schwierige Scheidung, bei der ihr bald Ex-Ehemann verlangt, dass auch das Elternhause von Adie Lou verkauft wird. Dieses Feriencottage aber ist Adie heilig, ...

Die Mitvierzigerin Adie Lou muss gerade durch eine schwierige Scheidung, bei der ihr bald Ex-Ehemann verlangt, dass auch das Elternhause von Adie Lou verkauft wird. Dieses Feriencottage aber ist Adie heilig, so viele wunderschöne Sommer voller Unbefangenheit hat sie dort mit ihren Eltern verlebt. Adie Lou darf gar nicht daran denken, dass dieses Haus bald neue Besitzer haben soll. Deshalb kündigt sie ihren sicheren Job in Chicago und zieht zurück an den Michigansee in das alte Cottage, um dort ein Bed & Breakfast einzurichten. Doch so leicht, wie sie sich das vorgestellt hat, ist die Umsetzung dann doch nicht. Allein schon die Bauarbeiten kosten sie nicht nur den letzten Nerv. Aber wofür sind Freunde und Familie da, wenn nicht, um Hilfe und Unterstützung zu leisten. Dabei trifft sie auf alte Erinnerungen, neue Menschen und auch auf ein neues Glück….

Viola Shipman hat mit ihrem Buch “Ein Cottage für deinen Sommer” einen wunderschönen, warmherzigen und unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und oftmals berührend, der Leser taucht schnell in die Geschichte ein und lässt sich an Adies Seite nieder, um sie bei ihrem Start in eine neue Zukunft zu begleiten, wobei ihm ihre alten liebevollen Erinnerungen ebenso wenig verborgen bleiben wie ihre Sorgen und Nöte während der Umsetzung ihres Planes. Die Kapitelüberschriften lehnen sich an die alten Hausregeln spiegeln die alten Hausregeln von Adie Lous Eltern wieder, die auch in den neu gestalteten Gästezimmern wieder zum Einsatz kommen. Diese Regeln sind Teil der Erinnerungen und lassen ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit aufkommen sowie die alten Kindertage wieder lebendig werden. Die Autorin vereint in ihrer Geschichte all die Werte, die auch heute noch einen großen Stellenwert inne haben, so geht es nicht nur um die Familie und deren Zusammenhalt, um gemeinsame Erinnerungen, sondern auch um Freundschaft und Vertrauen. Während der Handlung hat man als Leser immer das Gefühl, sich ebenfalls häuslich in dem Cottage niedergelassen zu haben und sich wohl zu fühlen.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit Leben erfüllt. Sie besitzen glaubhafte Ecken und Kanten, wirken deshalb äußerst authentisch und lebensnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fiebern. Adie Lou ist eine starke Protagonistin, der gelebte Werte wichtig sind. Zudem besitzt sie eine Stärke und den Mut, ihr Leben völlig umzukrempeln. Hilfsbereit und optimistisch möchte sie ihre schönen Erinnerungen und Erfahrungen des Lebens teilen und verliert nie den Mut. Ihr 19-jähriger Sohn Evan ist ihr ein und alles. Die beiden sind ein enges Gespann, auch wenn Evan die Welt oftmals anders sieht als seine Mutter. Wunderbar ergänzen auch die weiteren Protagonisten wie Trish, Scooter oder auch Iris Dragoon die Handlung und lassen sie zu einer wahren Wohlfühlgeschichte werden.

“Ein Cottage für deinen Sommer” ist ein wirklich zauberhafter Sommerroman mit der Botschaft, immer an seine Träume zu glauben, dafür die Ärmel hochzukrempeln und nicht aufzugeben. Wunderschöne Lektüre, die gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 14.04.2019

Spannender Kriminalfall mit Gesellschaftsstudie

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Sommer 1994. In der amerikanischen Kleinstadt Orphea in den Hamptons werden am Rande eines Festivals der Bürgermeister samt Ehefrau und Sohn sowie ein Zufallsopfer ermordet. Schnell wird der Täter von ...

Sommer 1994. In der amerikanischen Kleinstadt Orphea in den Hamptons werden am Rande eines Festivals der Bürgermeister samt Ehefrau und Sohn sowie ein Zufallsopfer ermordet. Schnell wird der Täter von den zwei Polizisten Rosenberg und Scott ausgemacht und verhaftet. 20 Jahre später steht Detective Jesse Rosenberg kurz vor seinem wohlverdienten Ruhestand, während Derek Scott Innendienst schiebt, als die Journalistin Stephanie Mailer behauptet, Hinweise zu haben, dass die beiden damals eine Unschuldigen hinter Gitter gebracht haben und der wahre Mörder noch immer frei herumläuft und dies werde sie in einem Buch veröffentlichen. Kurz danach ist Stephanie wie vom Erdboden verschluckt. Rosenberg und Scott machen sich gemeinsam mit Anna, der stellvertretenden Leiterin der Polizei, daran, sowohl Stephanie Mailer zu finden als auch den 20 Jahre alten Fall erneut zu untersuchen…
Joël Dicker hat mit seinem Buch „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ seinen dritten Roman vorgelegt, der wieder einmal das Leserherz im Sturm erobert. Der Schreibstil ist flüssig, fesselnd, detailreich und so atmosphärisch dicht, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Der Autor bedient sich wechselnder Erzählperspektiven, die nicht nur die Spannung immer mehr in die Höhe schrauben, sondern auch die Ereignisse der Gegenwart und der Vergangenheit von allen Seiten unter die Lupe nehmen und die unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Personen zum Ausdruck bringen. Dicker lässt den Leser mit raten und das Puzzlespiel Stück für Stück zusammensetzen. Ebenso hebt er die menschlichen Abgründe und ein Wirrwarr an Intrigen so gekonnt heraus, dass der Leser in einen regelrechten Sog gerät. Durch immer wieder gut dosiert eingeworfene Wendungen und viele gleichzeitig ablaufende Handlungen hält er den Leser bei der Stange und animiert ihn gleichzeitig dazu, alles immer wieder zu überdenken und neu zu kombinieren, bis die Wahrheit mit einem Knall ans Licht kommt. Dicker versteht es ausgezeichnet, die Örtlichkeiten bildgewaltig zu beschreiben und seine Handlung in den malerischen Hamptons stattfinden zu lassen, einen Platz, den man sich für solche Verbrechen so gar nicht vorstellen kann.
Die Charaktere sind ein bunter Strauß an unterschiedlich angelegten Persönlichkeiten, die detailliert ausgestaltet und mit Leben versehen wurden. Jeder von ihnen hat seine Daseinsberechtigung und sei es nur, um den Leser noch mehr auf falsche Spuren zu locken. Dicker öffnet dem Leser die Tür zum Örtchen Orphea und seinen Bewohnern, deren Leben genauso beleuchtet wird wie der alte Mordfall oder das Verschwinden von Stephanie. Als Teil der Gemeinschaft nimmt der Leser unsichtbar an Tragödien und unterschiedlichen Lebensläufen teil, trifft auf exzentrische Menschen, auf Verzweifelte oder wahre Egoisten. Zu keiner Zeit hat man beim Lesen das Gefühl, die jeweilige Person genau zu kennen, sondern ist immer auf der Hut, denn jeder könnte der potentielle Täter sein, der nicht möchte, dass seine Identität aufgedeckt wird.
„Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ zeigt einmal mehr Joël Dickers Erzähl- und Schreibtalent, denn selten bekommt man eine so verschachtelte, aber in sich stimmige Geschichte zu lesen, an deren Ende man atemlos und auch zufrieden ist. Hier wird großartige Spannung neben einer tollen Gesellschaftsstudie geboten. Absolute Leseempfehlung für ein wahres Highlight!

Veröffentlicht am 13.04.2019

Hoffnung versetzt Berge

Von Hoffnung getragen
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1942. Der 16-jährige Harald Pfeiffer wird in das Zwangsarbeitslager für Deutschrussen in Tscheljabinsk einberufen, wo er um sich herum täglich viele Männer bei der harten körperlichen Arbeit und dem ständigen ...

1942. Der 16-jährige Harald Pfeiffer wird in das Zwangsarbeitslager für Deutschrussen in Tscheljabinsk einberufen, wo er um sich herum täglich viele Männer bei der harten körperlichen Arbeit und dem ständigen Hunger sterben sieht, was ihn umso mehr dafür kämpfen lässt zu überleben. Währenddessen kommt die 20-jährige Yvo Scholz mit ihrer Mutter Anna in die russische Stadt, um ihren Bruder Erich zu finden, der sich nach seiner Verschleppung in dem Arbeitslager aufhalten soll und herauszufinden, wo der Vater ist. Durch Zufall begegnen sich Harri und Yvo und ein erster Blick genügt, um in ihren beiden Herzen die Liebe entflammen zu lassen. Aber als Deutsche und Heimatlose stehen sie vielen Anfeindungen gegenüber, die ihnen den Aufbau für ein gemeinsames Leben sehr schwer machen…
Ella Zeiss ist mit ihrem Buch „Von Hoffnung getragen“ eine wunderbare Fortsetzung ihres Romans „Wie Gräser im Wind“ gelungen, in der sie die persönliche Geschichte ihrer Großeltern in emotionaler und packender Weise erzählt. Der Schreibstil ist flüssig, fesselnd und gefühlvoll, der Leser wird regelrecht in eine grausame Zeit katapultiert, um dort die erste Begegnung zwischen Yvo und Harald hautnah mitzuerleben, die erste zarte Liebe zu beobachten in einem Umfeld, wo nur Schrecken, Hunger, Angst und Tod regieren, die Deutschen heimatlos waren und sich in ihrer ehemaligen Heimat Russland wie Fremde fühlen und von den Russen als Feinde betrachtet und behandelt werden. Die Autorin lässt den Leser die Hoffnungslosigkeit ebenso spüren wie den Kampfeswillen, die Stärke und den Mut, sich doch noch durchsetzen zu können, um endlich wieder ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Immer wieder staunt man während der Lektüre über die Hartnäckigkeit und den Überlebenswillen, die manchem zu eigen sind, um sich durchzukämpfen und nie aufzugeben. Sehr bildgewaltig und lebhaft beschreibt die Autorin die Zustände in den Arbeitslagern und den täglichen Überlebenskampf bei rationalisiertem Essen, ständiger Angst und Folterungen, dass der Leser die Szenen wie einen Film während der Lektüre vor sich ablaufen sieht und emotional ebenso mitleidet.
Die Charaktere sind liebevoll gestaltet, wirken lebendig und authentisch, so dass der Leser sich von Beginn an mit ihnen fühlen, leiden und hoffen kann und sich einen positiven Ausgang für sie wünscht. Gleichzeitig wird er durch die Protagonisten und ihr Verhalten zum Nachdenken angeregt und fragt sich oft, wie stark man selbst wohl wäre in solchen Situationen, ob man ebenso die Hoffnung aufrechterhalten könnte. Anna ist eine Person, die man einfach ins Herz schließen muss. Sie überzeugt durch ihren ständigen Optimismus, egal, wie schlimm es das Schicksal mit ihr und ihrer Familie meint. Sie gibt nie die Hoffnung auf, während andere schon verzweifelt aufgegeben hätten. Aber auch Harald und Yvo überzeugen mit ihrem Überlebenswillen und ihrer Stärke, sich gegen alle Widrigkeiten zu behaupten. Während Harald dies schon als Teenager im Arbeitslager lernen musste, hat sich Yvo dies bei der ständigen Flucht und der Suche nach ihrer Familie angeeignet. Sie verlieren beide ihre Ziele nie aus den Augen und trotzen dem Leben alles ab.
„Von Hoffnung getragen“ ist ein spannendes und wertvolles Zeitzeugnis über Schicksale, von denen man bisher kaum etwas erfahren hat. Die biographische Darstellung durch die Autorin macht die Geschichte greifbar und glaubwürdig, ringt dem Leser Respekt ab und die Hoffnung darauf, dass solche Dinge sich nie wiederholen mögen. Eine ans Herz gehende wundervoll erzählte Geschichte, die eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient!

Veröffentlicht am 13.04.2019

"Freundschaft ist ein Band, unsichtbar und stark zugleich" (Peter Maffay)

Aller Anfang
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Die vier Studentinnen Celia, Bree, April und Sally lernen sich bei ihrem ersten Studienjahr auf dem Smith-College kennen, da sie als Zimmernachbarinnen im gleichen Wohnheim untergebracht sind. Schnell ...

Die vier Studentinnen Celia, Bree, April und Sally lernen sich bei ihrem ersten Studienjahr auf dem Smith-College kennen, da sie als Zimmernachbarinnen im gleichen Wohnheim untergebracht sind. Schnell freunden sich die vier recht unterschiedlichen Frauen miteinander an, ihre Freundschaft reicht sogar bis über das Studium hinaus, obwohl es sie in alle Himmelsrichtungen weht. Als eine von ihnen kurz vor der Hochzeit steht und die vier Frauen den letzten Abend gemeinsam verbringen, kommt es zu einem großen Streit, der die vier erst einmal voneinander trennt. Doch dann gerät eine von ihnen in Schwierigkeiten und so langsam setzen die Frauen die Scherben ihrer zerbrochenen Freundschaft wieder zusammen und stehen zueinander…
j. Courtney Sullivan hat mit ihrem Buch „Aller Anfang“ einen wunderbaren, tiefgründigen und gleichzeitig spannenden Roman vorgelegt, der mit einer Prise Witz gewürzt ist. Die Autorin versteht es hervorragend, den Leser mit ihrer intensiven und detailreichen Erzählweise in den Bann zu ziehen. Schnell taucht man ein in das Campusleben eines amerikanischen Frauencolleges und darf auf die vier Protagonistinnen treffen, deren Hintergrund sich völlig voneinander unterscheidet und deren Entwicklung man über die Jahre miterleben kann ebenso wie die Bande ihrer Freundschaft. Durch die wechselnden Erzählperspektiven, in denen immer eine der vier Frauen zu Wort kommt, bekommt der Leser einen Einblick in die jeweiligen Ansichten, Gedanken und Gefühle und kann sich so einen guten Rundumblick verschaffen. Durch immer wieder geschickt gelegte Wendungen schafft es die Autorin, die Handlung für den Leser gleichbleibend spannend zu halten und für kleine Überraschungen zu sorgen. Gleichzeitig bedient sie sich verschiedener Themen, sei es nun eine Schwangerschaft, über die man sich nicht freut, radikale Ansichten, Missbrauch, Homosexualität oder Gleichberechtigung, wobei sie diese so interessant in ihrer Geschichte verpackt, dass der Leser konstant bei der Stange bleibt und das Buch nicht aus der Hand legen kann. Der Blick durchs Schlüsselloch in ein amerikanischen Frauencollege ist dazu ein interessantes Beiwerk.
Die Charaktere sind durchweg sehr gut ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken gerade aufgrund ihrer unterschiedlichen Wesenszüge und ihrer verschiedenen familiären Hintergründe sehr realistisch und glaubhaft, was es dem Leser erleichtert, sich auf sie einzulassen und sich ihnen verbunden zu fühlen. Sally stammt aus einem reichen Elternhaus, ihre Mutter ist vor kurzem gestorben, worüber sie noch nicht hinweg ist. Sie hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann und besitzt einen zwanghaften Ordnungswahn. Bree ist eine Südstaaten-Beauty und bereits verlobt mit Doug, jedoch überdauert die Verlobung nicht, so dass Bree sich einer Frau namens Lara zuwendet, was ihre Familie auf die Barrikaden bringt. Celia kommt aus einer reichen katholischen irischen Familie, möchte Schriftstellerin werden und verdient sich nebenbei Geld als Lektorin. Sie ist die treibende Kraft innerhalb des Freundinnenverbundes und diejenige, die alles zusammenhält. April ist die extreme Rebellin und eine Kämpfernatur, die sich immer treu bleibt und für die Schwächsten einsteht, die ihr am Herzen liegen.
„Aller Anfang“ ist ein schöner tiefgründiger Roman, bei dem der Leser vier Frauen begleitet und durch sie erlebt, was Freundschaft bedeuten kann. Gespickt mit viel Humor, Gesellschaftskritik und Gefühl ist dieses Buch ein echtes Highlight. Absolut verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 13.04.2019

Das Frauenkleeblatt

Hill House - Die drei Freundinnen
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1912, England. Obwohl sie auch völlig unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen, sind Alice, Vera und Rose seit ihren Kindertagen enge Freundinnen. Vera kommt aus einem strengen und ärmlichen Predigerhaushalt, ...

1912, England. Obwohl sie auch völlig unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen, sind Alice, Vera und Rose seit ihren Kindertagen enge Freundinnen. Vera kommt aus einem strengen und ärmlichen Predigerhaushalt, den sie für eine Ausbildung zur Krankenschwester Richtung London verlassen hat und dort so richtig auflebt. Rose dagegen entstammt einer adligen Familie, die durch eine Pflichtheirat den Wohlstand der Eltern erhalten soll, was ihr gar nicht zusagt. Vielmehr setzt sie sich für Frauenrechte ein und hat sich insgeheim den Suffragetten angeschlossen, wovon nur die Dritte im Bunde, Alice, etwas weiß. Alice wuchs nach dem Tod ihrer Mutter allein bei ihrem Vater auf, der als Schriftsteller recht bekannt ist. Alice ist sein Ein und Alles, umsorgt ihn und kümmert sich um den Garten von Hill House. Als ihr der Assistent ihres Vaters, Sebastian Fitzroy, Avancen macht, tritt Alice die Flucht zu ihrer Tante Charlie an, die kränklich auf einem Landsitz an der italienischen Küste residiert. Wie es der Zufall will, trifft sie dort den Kriegsreporter Lorenzo Ranieri wieder, den Alice bereits in London kennengelernt hat. Schon bald merkt Alice, dass sie sich zu Lorenzo hingezogen fühlt. Dumm nur, dass Fitzroy ihre Flucht nicht so einfach hinnimmt und ihr nach Italien folgt, um Alice zu bedrängen. Während Alice sich über ihre Gefühle klar werden muss und mit wem sie ihr Leben verbringen will, beginnt der erste Weltkrieg, der das weitere Schicksal der drei Freundinnen lenken wird…
Annis Bell hat mit ihrem Buch „Hill House – Die drei Freundinnen“ einen sehr unterhaltsamen und fesselnden Roman vor historischer Kulisse vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, zeitgerecht und zudem sehr packend, der Leser darf eine spannende Zeitreise antreten und dabei drei recht außergewöhnliche Frauen kennenlernen, die ihre eigenen Lebenswege suchen und so manchen Stolperstein umschiffen müssen. Wie auch in ihren anderen Romanen gelingt es der Autorin wieder hervorragend, das gesellschaftliche und politische Umfeld zu Beginn des vorigen Jahrhunderts wunderbar mit ihrer Handlung zu verknüpfen und dem Leser vor Augen zu halten, dass Frauen damals kaum Rechte und sich den Männern zu unterwerfen hatten. Nur dem Umstand von starken Frauen, die sich über die damaligen Konventionen hinwegsetzten und „ihre Frau“ standen, ist es zu verdanken, dass Frauen heute wählen dürfen und ein selbstbestimmtes Leben führen können. So sind nicht nur die Suffragetten ein Thema, sondern auch die unterschiedlichen Gesellschafts- und Lebensformen der Menschen zu jener Zeit, was z.B. auch eine Pflichtehe beinhaltet. Neben dem historischen Hintergrund lässt die Autorin durch farbenfrohe Beschreibungen den Leser durch die Lektüre auch eine wunderbare gedankliche Reise durch das malerische Südengland sowie an die zauberhafte italienische Küste machen und lässt das Lesen zum Genuss werden.
Die Charaktere sind wunderbar ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften bestechen die Protagonisten mit Authentizität und Lebendigkeit. Der Leser wird nahezu ein unsichtbarer Teil des Frauenkleeblatts und kann sich gut in jede von ihnen hineinversetzen, während er ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernen darf. Rose denkt gar nicht daran, sich den Wünschen ihrer Eltern zu fügen. Sie hat ihren eigenen Kopf und steht für eine Frau, die selbst entscheiden will, was sie mit ihrem Leben anfangen will. Vera stammt aus einem beengten und strengen Elternhaus, aus dem ihr mit ihrer Ausbildung die Flucht gelungen ist. In London genießt sie die Freiheit, nicht ständig unter Aufsicht zu sein und eigene Entscheidungen zu treffen. Alice ist zwar bei einem Freigeist aufgewachsen, allerdings hatte sie schon früh die Verantwortung, sich um ihren Vater zu kümmern. Die Mutter fehlte und sie konnte sich nur ihren Freundinnen anvertrauen. Die Avancen von Fitzroy jagen ihr Angst ein, denn sie ist sich ihrer eigenen Gefühle so gar nicht sicher. Auch die weiteren Protagonisten sind wunderbar gezeichnet und stützen mit ihrem Auftritt die Handlung.
„Hill House – Die drei Freundinnen“ ist der sehr gelungene erste Teil der Trilogie um die drei Frauen Alice, Vera und Rose vor historischem Hintergrund. Ein wunderbarer Lesegenuss, bei dem man die Zeit vergisst. Auf den nächsten Band darf man gespannt sein. Absolute Leseempfehlung ist hier mehr als verdient!