Erinnerungen
ViennaEva Menasse entwirft ein Portrait über drei Generationen einer jüdischen Familie in Wien. Von der Großmutter, die beim Bridgespiel beinahe die Geburt des Sohnes verpasst, über den Vater, der während des ...
Eva Menasse entwirft ein Portrait über drei Generationen einer jüdischen Familie in Wien. Von der Großmutter, die beim Bridgespiel beinahe die Geburt des Sohnes verpasst, über den Vater, der während des Krieges nach England evakuiert wird und Karriere als Fußballer macht, bis zum Bruder, der als Schriftsteller bekannt wird.
Grundsätzlich bin ich sehr gut unterhalten worden, aber es gibt in diesem Debutroman ein paar Schwächen. Zum einen bleiben die Figuren weitestgehend namenlos; so sind einige Passagen sehr verwirrend, wenn im gleichen Satz von seinem Vater, meinem Vater, dem ältesten Vetter, meiner Schwester, seiner Mutter die Rede ist. Kann sein, dass im gleichen Zusammenhang noch mehr Verwandte auftauchen. Das ist alles sehr witzig, aber doch schon sehr überzogen und wie angedeutet, manchmal ist nicht mehr nachvollziehbar, wer jetzt gemeint ist. Dazu haben manche Kapitel Längen (das Kapitel über den Tennisclub war unglaublich geschwätzig), bei anderen hätte ich mir noch mehr gewünscht (das Kapitel über das Verhältnis der Eltern zeigt die Klasse der Autorin; selten habe ich so gut über Zwischenmenschliches gelesen). Auch das Kapitel über die Beerdigung des Großvaters ist großartig gelungen. Zwei sehr unterhaltsame Charaktere bekommen allerdings einen Namen: Die Tante Gustl und ihr Mann Dolly sind Beispiele für die Verwandten, die wir alle haben: Wir wollen sie nie dabei haben und trotzdem liefern sie den meisten Gesprächsstoff; herrliche Szenen. Was sich mir nicht erschlossen hat, warum Tante Katzi totgeschwiegen wird, nachdem sie in Kanada gestorben ist; vielleicht habe ich das überlesen.
Viele Worte und auch ein Sinn: Trotz Schwächen ist Vienna ein gelungener Roman über das Judentum, über Familie, über Wien und gegen das Vergessen.